Wolkig ist die Zukunft Kataloniens, wolkig ist auch die der EU. |
Die ersten Meldungen knirschten schon vor Verzweiflung. Wochenlange mediale Großanstrengungen, gefolgt von angestrengtem Schweigen - und dann auf einmal wieder dieses Gefühl wie bei Brexit und Trump. Nichts erreicht zu haben. Niemand überzeugen zu können. Immer nur Kämpfe zu fechten, die nicht gewonnen werden können. "Spanien gewinnt den Machtkampf", frohlockte die stets auf Seiten der Zentralmacht streitende "Süddeutsche Zeitung" nach der brutalen Niederschlagung der Unabhängigkeitsbestrebungen.
Es war ein kurzer Sieg, an dessen Ende der katalonische Separatismus triumphierte. Trotz Gewalt, Niederschlagung der katalonischen Unabhängigkeitsbestrebungen und der Verhaftung der Männer und Frauen, die die Regierung in Madrid "Rädelsführer" und "Rebellen" nennt, sieht das Ende wieder aus wie der Anfang. Die Hoffnung von Madrider Zentralregierung und einem ebenso beharrlich wie peinlich schweigenden Europa, dass der separatistische Spuk sich auflösen werde, wenn man dem widerspenstigen Volk nur die Instrumente zeige, ist zu Staub zerstoben.
Und was nun, Europa? Spanien wird Puigdemont weiterhin nicht als Gesprächspartner in Verhandlungen über eine geordnete Abspaltung anerkennen. Und Europa? Wird Europa weiter so tun, als gebe es inmitten eines vereinigten Europas mit gemeinsamen Werten "innere Angelegenheiten", zu denen sich jeder Kommentar der europäischen Partner oder der europäischen Kommission verbietet? Die EU handelte, als läge Spanien in Südamerika oder Asien. Dass gewählte Politiker eines EU-Landes in einem anderen um politisches Asyl bitten müssen? Kein Thema. Alle Hoffnungen in Brüssel und Berlin richteten sich auf die Neuwahlen, die das Problem lösen sollte: Keine Mehrheit für die Separatisten. Keine Unabhängigkeitsbestrebungen mehr.
Wenn überhaupt von der Gemeinschaft zu hören war, dann ließ sie wissen, dass ein unabhängiges Katalonien nicht der EU angehören würde. Das sollte eine Drohung sein. Doch die Wirkung zeigt, dass sich Brüssel da wohl verschätzt hat. In einer Gemeinschaft nicht mitmachen zu dürfen, die so innerlich zerstritten ist, dass sie sich nicht einmal auf einfachste Regeln einigen kann, scheint keine Furcht mehr zu erzeugen, sondern nur noch Gleichgültigkeit. Es hat keine Bedeutung mehr. Für niemanden außerhalb der Flure der Regierungsmaschinen.
Joschka Fischer, der Mann, der einst half, den Balkan neu zu ordnen, hat das vor Wochen schon geahnt. "Die Unabhängigkeit Kataloniens wäre ein Desaster für die EU" , sagte er im Oktober voraus. Elmar Brok, der letzte noch politisch aktive Zeitgenosse Leonid Breshnews, rudert inzwischen vorsorglich zurück. Auch Katalonien wolle ja in der EU bleiben. Und überhaupt sei ein "dezentraler Staat immer stärker als ein zentralistischer".
Der Mann ist 71. Und hat zum ersten Mal im leben etwas dazugelernt.
Im Archiv: Der letzte Zeitgenosse Breshnews
1 Kommentar:
>> Joschka Fischer, der Mann, der einst half, den Balkan neu zu ordnen, hat das vor Wochen schon geahnt.
Kann sein. Man sollte aber immer im Hinterkopf habe, daß der Joseph laut dem Blockbuster "The Balkan Files IV" im Cockpit gesessen hat und seine fickrigen Finger nicht vom Auslöser für den Bombenschacht lösen konnte. Sein Eintritt in das deutsche Establishment war mit Blut besuldet. Behauptet der Film.
Ansonsten war er sicher ein Ehrenmann, dem man die Schlüssel für seinen 911er anvertrauen täte. Sicherer wären sie nur noch im Schließfach der örtlichen Sprakassenzweigstelle.
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