Samstag, 23. September 2017

HFC: Nackenschlag am Nachmittag

Und wieder hängen die Köpfe:Beim HFC ist alles wie fast immer.
Hochklassigen Sport gibt es auch heute wieder im halleschen Erdgas-Sportpark, der früher, als er noch Kurt-Wabbel-Stadion hieß, eine Festung war. Es ist Halbzeit im Spiel gegen Chemnitz, das früher Karl-Marx-Stadt hieß, und der Turner Matthias Fahrig macht ein paar Flickflacks. Unglaublich, was menschliche Körper leisten können, wenn das Training stimmt, die Routine da ist, die Bewegungsabläufe sitzen und der Kopf weiß, wo sich Fuß und Hand befinden.

Nur drei Minuten Hoffnung


Ein Lehrbeispiel, das die Mannschaft des HFC verpasst, weil sie sich in der Kabine befindet. Das Spiel gegen den Chemnitzer FC ist zu diesem frühen Zeitpunkt eigentlich schon beendet, sogar schon seit einer runden halben Stunde. Nur drei Minuten lang hatten die Hallenser unter den 7.100 Zuschauern die Hoffnung hegen können, die klitzekleine Serie mit vier ungeschlagenen Spielen und immerhin zwei Siegen könnte gegen den aktuellen Tabellenletzten aus Sachen fortgesetzt werden.

Dann aber hat der Hallesche FC seine erste Ecke und Standards in der gegnerischen Hälfte bringen seit Monaten Momente höchster Gefahr - etwa so, wie eigene Standards vor dem gegnerischen Tor für die gegnerische Mannschaft das Zeichen ist, die Seele ruhig mal für einen Augenblick baumeln zu lassen, weil ohnehin nichts passieren wird. Hier kommt die Bestätigung: Der Ball fliegt vor den Kasten von Kunz, wird abgewehrt, rollt über zwei, drei Stationen schnell durchs Mittelfeld Richtung HFC-Keeper Schnitzler. Der steht ganz allein gegen den anstürmenden Daniel Frahn, will ihn vor dem Strafraum stoppen und springt ihn deshalb frontal an.

Die heroische Abwehrtat gelingt. Allerdings auf Kosten einer roten Karte. Der HFC nun nur noch zu zehnt, Tom Müller kommt für Schnitzler, Hilal El Helwe muss dafür raus.

Der alte Oberliga- und Zweitliga-Rivale Chemnitz übernimmt nun Ball und Spiel, die Gastgeber suchen nach Ordnung, finden sie aber nicht. Obwohl deutlich zu sehen ist, warum der CFC so weit unten in der Tabelle steht, fehlt es beim HFC einmal mehr an Spielanlage, einem Matchplan und der individuellen Klasse, die Unterzahl auszugleichen. Der einzige auffällige Spieler in Rot und Weiß ist einmal mehr Braydon Manu, der kleine Mann mit der Tretschok-Gedenknummer 23. Sobald er anzieht, trickst und Gegner im Spurt stehen lässt, ergeben sich vorn Gelegenheiten. Tut er es nicht oder misslingt eine Finte, bleibt nur der lange Ball von Müller aus Petar Sliscovic. Gefolgt von einer Brust- oder Kopfablage ins Nichts. Und der nächste Chemnitzer Angriff.

Eine Dreierkette wie ein Verkehrsunfall


Es ist schwer zu verstehen, was in den letzten Monaten aus Spielern wie Baumgärtel, Kleineheismann und Barnofsky geworden ist. Baumgärtels Freistöße und Ecken sind durchweg nicht mehr ligatauglich. Kleineheismann ist hüftsteif, langsam und wenn er die Übersicht verliert, dann tut er das gründlich. Barnofsky, sein Nebenmann in der Dreierkette, die Blicke anzieht wie ein Verkehrsunfall,  steht ihm darin in nichts nach. Wenn alle zusammen im Einsatz sind, sieht das dann so aus: Baumgärtel schießt Kleineheismann bei einem Freistoß an.

Der Fahrplan ist folglich klar. Eine Frage der Zeit, bis Chemnitz, die gefällig spielen, offensiv aber keine Bäume ausreißen, hier in Führung geht. Nach 20. Minuten ist es soweit und der Ablauf ist der übliche: Der HFC in der Offensive, Chemnitz kontert, Schilk ist auf der rechten Abwehrseite allein. Reinhardt verlädt ihn. Und trifft mit einem sehenswerten Schuss durch Schilks Beine aus 20 Metern.

Erik Zenga klatscht danach aufmuntern in die Hände, Kleineheismann rudert mit den Armen. Das soll wohl "hier geht noch was" bedeuten. Aber die Zeit der Wunder ist abgelaufen. Die Karl-Marx-Städter, von einer zunehmend lauter werden Kurve mit rätselhaften "Gamaschen - ich liebe Dich"-Rufen angefeuert, haben keine Mühe mit dem Spiel. Konzertiert lassen sie den Ball laufen, ohne Tom Müller im Tor allerdings großartig in Bedrängnis zu bringen. Starostzik, Kleineheismann und Barnofsky haben wieder auf Kamalla-Deckung umgestellt: Was ihnen vor die Füße gerät, wird lang und weit nach vorn oder ins Aus geschlagen.

20 Minuten geht das gut. Dann ist die 42. Minute und Myroslav Slavov wird im Strafraum angespielt. Er verlädt erst Bohl. Dann den bedauernswerten Staroszik. Dann auch noch Barnofsky. Und schießt an Müller vorbei ins lange Ecke des HFC-Tores. 0:2, nach Lage der Dinge gelaufen. Könnte man diesen HFC auf Flaschen ziehen, man hätte das Gegenteil von Champagner, aber auch das Gegenteil von Bier, Wein und Sekt erfunden.

Immerhin fast ein Lattentreffer


Es ist traurig, wie die nach der Halbzeitpause mit Martin Röser für Max Barnofsky und damit nun noch mit einer Zweierkette spielende Mannschaft agiert, die in dieser Saison um Platz 6 oder 5 kämpfen sollte. Die vor Saisonbeginn als "wuchtig" gepriesenen Verteidiger sind vor allem langsam. Röser versucht ein paarmal, auf außen durchzugehen. Bleibt aber ebenso wie Schilk an den eigenen Füßen hängen. Sliscovic und Manu, ab der 67. Minute von Königstransfer Mathias Fetsch unterstützt, erarbeiten sich zwei, drei Chancen. Wäre Kunz nicht, hätte ein Sliscovic-Schuss als Lattentrefffer zählen können.

Aber wo kein Glück, da ist das Pech zuhause: Als Röser seinen Gegenspieler auf links am Strafraumeck ausspielt, rennt er sofort anschließend in Schilk. Ball weg. Ohne Abschluss. Konter. Ohne Tor.

Das folgt erst in der 69. Minute, als die Rotweißen den Ball nach einem Flankenlauf über die rechte Chemnitzer Seite nicht wegbekommen. Slavov flankt, der Ball wird in die Mitte abgewehrt. Reinhardt, der Schütze des 0:1, guckt in Ruhe. Und schießt ins rechte untere Eck.

0:3. Chemnitz, bis dahin in neun Spielen zehnmal erfolgreich, trifft erstmals dreimal, feiert den höchsten Sieg der Saison und verlässt die Abstiegsränge.Wem es richtig schlecht geht in dieser Liga, der kommt zur Kur nach Halle. Hier wird jedem geholfen.

Nur den Gastgebern und den in der zweiten Häflte immer stiller leidenden Fans nicht.

Der HFC, bisher mit Unterhaching in einem engen Rennen um die löchrigste Abwehr von Liga 3, zieht mit der höchsten Heimniederlage seit dem ernüchternden 0:3 im Spiel gegen Bielefeld im Dezember vor drei Jahren souverän vorbei und hat nun schon drei Tore mehr kassiert als die an Platz zwei stehenden Kickers aus Würzburg.

Zudem spielt der Klub von der Saale zum ersten Mal seit Anfang August wieder zu null und hat nun nach Osnabrück und Karlruhe die drittschlechteste Tordifferenz. Ein Absturz gleich um sechs Plätze. In der Tabelle geht es nur um vier runter. Aber nach einem Viertel der Saison verfestigt sich der Eindruck, dass diese Mannschaft - selbst wenn eines Tages all die Verletzten zurückkehren - nicht mehr wird leisten können als gegen den Abstieg zu spielen.

Es war nicht alles schlecht. Manches ist auch nicht besser geworden, wie das Video von 1991 zeigt.




2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

So gut der Bericht auch geschrieben ist, so sehr merkt man dennoch die heiße Nadel. Einfach noch mal Korrekturlesen und vor allem auch die Schreibweise der Namen prüfen...

ppq hat gesagt…

danke, mache ich