Mittwoch, 19. Juli 2017

Steuerzahlergedenktag: Genug ist nie genug

Wer 1960 durchschnittlich verdiente, lag 95 Prozent unter dem Spitzensteuersatz. Wer 2016 durchschnittlich verdient, liegt nur noch 42 Prozent entfernt.

Diesmal ist es heute, am 19. Juli. Noch mal sieben Tage später als letztes Jahr und ganze 48 später als noch 1960. Nicht ab 5.45 Uhr, sondern ab 3.27 Uhr heute morgen wirtschaften Bürger und Betriebe rein rechnerisch in die eigene Kasse. Nachdem sie bis hierhin ausschließlich arbeiten mussten, um auf Steuern, Abgaben und Quasi-Steuern wie den Rundfunkbeitrag, die EEG-Umlage und vier weitere Sonderumlagen auf Strom sowie die Konzessionsabgabe auf Strom, Gas und Wasser für dieses Jahr zusammenzusparen.


Ein glücklicher Tag, der die nimmermüden, nie nachlassenden Bemühungen der Bundespolitik, den Staat zu stärken und den Bürger auszunehmen, gebührend feiert. Auch 2017 wieder mit großem Erfolg: Nie zuvor war der Anteil am Bruttoinlandsprodukt, den die Wähler vereinnahmen, so niedrig, nie zuvor war der Anteil des Staates und seiner Institutionen so hoch. In leichter Sprache für Spiegel-Leser und Abonnenten der "Welt": "Noch nie arbeiteten die Bürger so lange nur für den Staat".

Genug ist nie genug


Doch ist das genug? Geht es nach SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, sicherlich nicht. In einer Not-Rochade der SPD-Spitze aus dem vorläufigen Ruhestand geholt, hat der neue alte Chef im Willy-Brandt-Haus eben angekündigt, die SPD werde nach der Wahl "Geld mobilisieren", um endlich all das zu tun, wozu sie zwischen 1998 und 2009 und 2013 und heute einfach nicht gekommen ist.

Das klingt nach einem Griff in die Tasche, bei dem der Arm bis zum Ellenbogen verschwindet. Martin Schulz hat gerade erst eine ganze Latte von Ideen vorgestellt, wie ein von ihm geführter Staat das Geld der Bürger noch schneller und segensreicher wird ausgeben können.

Luft ist da noch, denn nach der vom Steuerzahlerbund berechneten volkswirtschaftlichen Einkommensbelastungsquote, bei der gesamte Aufkommen aus Steuern, Quasi-Steuern und den Zwangsbeiträgen zur Sozialversicherung ins Verhältnis zum Volkseinkommen gesetzt wird, greift der Staat derzeit noch immer nur 54,6 Prozent von allem ab. Das ist so viel wie nie, aber da von jedem verdienten Euro immer noch 45,4 Cent zur freien Verfügung derer bleiben, die ihn erarbeitet haben, bleibt immer noch eine Menge zu holen.

So lange noch Luft ist


Und darauf versteht sich der Staat, wie die Vergangenheit zeigt: Wer 1960 durchschnittlich verdiente, lag 95 Prozent unter dem Spitzensteuersatz. Wer 2016 durchschnittlich verdient, liegt nur noch 42 Prozent entfernt, weil der Durchschnittslohn sich etwa verzehnfachte, der Spitzensteuersatz aber nicht im selben Maße nach oben verschoben wurde.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Steuereinnahmen des deutschen Staates haben sich seit Anfang der 90er Jahre in etwa verdoppelt. Die nominalen Löhne und Gehälter im Land dagegen sind im selben Zeitraum gerademal um knapp sieben Prozent gestiegen. Fakt ist jedenfalls, ganz egal, wer regiert und wie viel Überschuss auch in der Steuerkasse klingelt: Steuern runter geht nicht. Geht gar nicht. Nicht jetzt. Nicht morgen. Und später erst recht keinesfalls.



4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wieviel prozent zahlt jakob augstein wohl auf seine kapitalerträge?

ppq hat gesagt…

25 + soli, aber nur auf das, was übrigbleibt, nachdem er den freitag gerettet hat

Volker hat gesagt…

Hatte ich bestimmt schon mal gepostet. Aber weil es zum Thema passt, ein Betrag aus dem schon lange nicht mehr existierenden Kewil-Blog

Ein simpler Taschenspielertrick, um die tatsächliche Belastung der Bürger statistisch zu kaschieren, ist der Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung.
Sowohl der Arbeitnehmer wie auch der Arbeitgeber zahlen 20% vom Bruttolohn an Arbeitslosen-, Renten-, Kranken und Pflegeversicherung. Tatsächlich ergibt sich daraus, daß der “echte” Bruttolohn 20% über dem liegt, was gemeinhin als Bruttolohn bezeichnet wird. Von diesen 120% werden nun 4/12 für diese Versicherungen abgeführt, was einem Drittel des tatsächlichen Bruttolohns entspricht, der sich hier in Wohlgefallen auflöst.

Wagen wir einen Blick auf die Steuern, die sich mit den verbliebenen 67% beschäftigen. Hier fallen v.a. Lohn- und Einkommenssteuer an, erweitert um den Solidaritätszuschlag. Diese bewegen sich, je nach Einkommens- und Familiensituation, zwischen 15,8% und 44,3% inklusive Soli. Von unseren 67%, die wir nach den Sozialversicherungen noch haben, bleiben also, nach Abzug von Lohn- und Einkommenssteuer bestenfalls 56%, wenn sie einen Hungerlohn nach Hause bringen, und 37%, wenn Sie z.B. Ingenieur sind, mit ein paar Jahren Berufserfahrung auf dem Buckel.

Es wird noch viel besser.
Generell fällt auf jede Wertschöpfung in der BRD die Umsatzsteuer an, die, von ein paar Ausnahmen im Bereich Grundnahrungsmitteln und irgendeinem Pipapo abgesehen, wo der Satz bei 7% liegt, regelmäßig 19% betragen. Der Anteil der Waren, die mit dem ermäßigten Satz besteuert werden, liegt schätzungsweise* bei 20%, was eine durchschnittliche MwSt. von 16% als realistische Annahme erscheinen läßt. Zieht man diese ab, bleiben 40% im Bereich der Hungerleider und 21% im besserverdienenden Milieu übrig.

Ein “Hochqualifizierter” mit ungünstigem Familienstand arbeitet von 160 Stunden pro Monat ungefähr 130 für andere. Wundert sich da noch jemand, daß hier kein einziger wirklich Hochqualifizierter einwandert, und stattdessen genau jene kommen, die von diesen Zuständen zu profitieren gedenken? Die Verhaltensanreize, die auf diese Art und Weise gesetzt werden, mit idiotisch zu bezeichnen, wäre noch eine höfliche Untertreibung. Sie sind zerstörerisch! Ach… Die deutsche Sprache kennt einfach (noch) kein Wort dafür, wie ungeheuerlich diese Umstände sind.

Letztlich gibt es noch die Lenkungssteuern, die vornehmlich der Volkserziehung dienen sollen, etwa auf Tabak, Alkohol und natürlich auch Benzin, Diesel und was weiß ich nicht alles. Diese kommen noch dazu und man kann sich in etwa denken, was von dem, was man eigentlich mal erwirtschaftet hat, noch zur freien Verfügung übrig bleibt. Ein Taschengeld…
Wie dem auch immer sei… Ich hoffe ich konnte mit diesem Gastbeitrag ein wenig dazu beitragen, die Angst vor einer DDRII etwas zu nehmen. Wir sind bereits mitten drin, haben es, im Gegensatz zu den DDR-Bürgern, nur noch nicht gemerkt. Entspannen Sie sich trotzdem, denn was will unsere Regierung noch machen? Mehr als 100% können sie uns auch nicht nehmen - und soweit ist es bis dahin, wie ich hoffentlich überzeugend dargestellt habe, nicht mehr.

* Hinweis: Einige Zahlen sind nach dem Komma gerundet worden und der Satz der durchschnittlichen Mehrwertsteuer ist eine auf destatis basierende Schätzung, die ein oder zwei Prozent höher oder auch niedriger sein kann. Der Ehrlichkeit halber ist mir gelegen darauf und auf den überschlagartigen Charakter hinzuweisen.

Unknown hat gesagt…

₤, ₯, ₧, ₣, €, ₠ ... und so Peanuts wie Inflation können wir dann unter sonstiges verbuchen.

Taschen-Spieler-Trick № 2:
Sozialbeiträge werden immer von 100 abgezogen.
Beispiel.
Habe ich meinen fürstlichen Rentenversicherungsbeitrag geleistet, zahle ich trotzdem auf 100 % Brutto meine Krankenversicherung, meine Arbeitslosenversicherung, Geld was ich gar nicht mehr habe.