Freitag, 21. Juli 2017

Martin Schulz: Der Nationalist

Martin Schulz und seine nationalistischen Anwandlungen.
Bei allem, was vor allem dagegenspricht: Um eine deftige Prise Nationalismus war SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz noch nie verlegen. So sehr der Mann, der sich Aussichten macht, nächste EU-Kommissionspräsident zu werden, im europäischen Alltag von „gemeinsamen Lösungen“ und „Partnerschaft“ schwadroniert, geht es ans Eingemachte, wie Schulz zu einem Deutschen, wie man sie weltweit kennt: Engstirnig, trotz der Verfehlungen der Vergangenheit stolz auf Dinge, die er gar nicht selbst erreicht oder gar erarbeitet hat. Martin Schulz droht dann geifernd damit, dass Staaten, die sich seinen Wünschen nicht unterwerfen, finanziell büßen müssten. Dass er entschieden haben, früher gefasste gemeinsame Beschlüsse zu trumpisieren. Und dass sowieso alle anders werde, wenn er erst an der Macht sei.


Ein Erz-Nationalist, dessen aus der Tiefe kommender Ton ernsthaften Glaubens an Konstrukte wie „Nation“ oder „Volksgemeinschaft“ ältere Mitbürger kaum überrascht. Im letzten Europa-Wahlkampf spielte Schulz schon schamlos die nationale Karte, als er deutschen Wählern vorgaukelte, nur er könne eine Art deutschen Präsidenten spielen.

 Jetzt nun ist es der Sport, dieses herrliche Vergnügen junger, global denkender Menschen, in dem sich die perversen Nationalfantasien des chancenlosen Zählkandidaten im Bundestagsrennen ausdrücken. „In den letzten 9 Europameisterschaften haben die deutschen Fußballerinnen 8 Mal den Titel geholt“, schwelgt Schulz bei Twitter in einem Rausch nationaler Aufwallung: „Jetzt ist Nr. 9 dran“, verspricht er, der sich selbst über Jahre hinweg als knapp vor dem Ziel gescheiterter Profifußballer bezeichnet hatte, obwohl er ernsthaft nie auch nur in der Nähe gehobenen Freizeitfußballs agierte.


So einer projiziert seine Fantasien auf andere, am liebsten auf Menschen, die aus seiner Sicht vom gleichen Stamm sind.Und am liebsten in einem Bereich, in dem der regressive Rückfall auf die mausetote Idee der "Nation" noch vor aller Augen gepflegt werden darf wie die Kippe danach vor der Kneipentür in Hamburg oder Köln.

In Schulz´ archaischen Verständnis von sportlichem Wettkampf scheint es gar nicht denkbar, als Deutscher für Norwegen, die Niederlande oder Schweden zu sein, allesamt honorige europäische Partnerländer, die teilweise mit derselben Währung zahlen. Oder sich ganz einem Wettbewerb zu verschließen, der statt Inklusion aller das Ballspiel unter Ausgewählten betreibt. Wo sind denn die Afrikaner, die südamerikanischen Nationen, die Russen? Die kleinen Chinesinnen? Wie der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker pflegt Martin Schulz eine kulturalistische, an Blutlinien und Abstammungsgedanken orientierte Anbetung der "Nation" als deren Voodoopuppe ihm die sogenannte "Nationalmannschaft" dient. Unsere soll seinem Verständnis nach ruhig auf andere treffen, sich mit ihnen messen und die Idee des globalen Gesamteuropäers als globalem Weltbürger zurückführen auf das dörfliche "Wir" und "die" des Kaiserreiches.

Der Offenbarungseid eines Politikers, der sich nur allzugern "weltoffen" und ressentimentfrei gibt. Doch tief im Inneren ist er derselbe Stammeskrieger wie seine Vorväter im Würselen des Mittelalters. Er bejubelt eine Veranstaltung, auf der die Geschlechterapartheid fröhliche Urständ feiert. Und wie beim G20-Gipfel bleiben die Führungsnationen lieber unter sich bei dieser sogenannten „Frauen-EM“, zu der sich auch der SPD-Kanzlerkandidat nicht wagt, die kritischen, antinationalistischen Anmerkungen zu machen, die die, die schon länger hier leben, ebenso sehr von Frau Merkel vermissen wie die, die noch nicht so lange hier sind, bald aber auch schon länger hier gelebt haben werden.

Martin Schulz, schon vom Habitus her der alte, hässliche weiße Mann, der bald aussterben wird, duckt sich weg vor der Verantwortung, dem wiederauferstehenden Nationalgefühl, das sich wie ein Krebs durch Europa frisst, die Tür zu weisen. Er hält es lieber mit der dumpfen Masse, die gegen andere dumpfe Massen siegen will, ganz egal, ob im Krieg oder im Endspiel, ob im Felde oder auf dem Rasen. „Drücke die Daumen!“, schreibt er. Wie er dazu so guckt, ein Missionar, der schon den Glauben an sich selbst verloren hat, ist er einmal echt.

Der wahre Schulz. Ein Salonhooligan.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Aber das ist Frauenfußball! Die kopieren doch nur das Verhalten der Männer und da muss man das nazionale Getue mitkopieren, weil sonst keiner genau weiß, was die da treiben. Also ist es Schuld der Männer.

Lattenrost hat gesagt…

Rächtd hadder, der 100%-Zwitscher-Maddin, denn mit Fußball erreicht man ansonsten wachkomatöse Schildbürger immer sofort. Das praktiziert unsere Gottkaiserkanzlerin schon länger sehr erfolgreich.

Ob das aber mit zivilisierte Männerersatzkriege nachäffendem Quotenweibergebolze auch so gut klappt wie mit maskulinen schwarzen ... sorry ... farbigen ... sorry ... bunten Importfachkraftkickern, das wird die Wahlkreuz-Zukunft zeigen.

Irgendwie scheint der Kleinfamilien-Michel einen archaisch grölenden Ersatzstamm zu brauchen, der ihm Zugehörigkeit und Stärke suggeriert. Das können ihm Mädels nicht bieten, egal wie virtuos die das Runde ins Eckige schießen. Die sollten besser bei ihren natürlichen Rundungen bleiben und damit zu punkten versuchen. Klappte schließlich hundertausende Jahre optimal, sonst existierten wir alle nicht.

Gernot hat gesagt…

Gut war der Hinweis auf Inklusion. Daran mangelt es im Profi-Sport - keine Geh- oder geistig Behinderten in den Nationalmannschaften; widerlich, diese Diskriminierung.