Von wegen sicher, von wegen verschlüsselt. Im Fall des Bundeswehr-Offiziers Franco A., der in Deutschland erfolgreich Asyl beantragte und als schutzsuchender Syrer anerkannt wurde, behaupten Behörden und Medien, dessen Whatsapp-Kommunikation sie mitgelesen worden. Das aber hat die Facebook-Tochter stets versichert, ist technisch nicht möglich.
Es ist ein Jahr her, da führte der US-Konzern Facebook bei seiner Tochter Whatsapp eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ein. Damit sei das Abhören einer Kommunikation zwischen zwei oder mehr Teilnehmern unmöglich, hieß es. Nicht einmal die Firma selbst könne nun noch mithören oder mitlesen. Weil Texte, Fotos, Videos oder Anrufe seitdem verschlüsselt werden, sind nur für die beteiligten Nutzer sichtbar – das, was auf den Whatsapp-Servern liegenbleibt, ist ohne den Schlüssel, den nur Absender und Empfänger besitzen, nur Datenmüll, den Whatsapp nicht einmal bei bestem Willen an Sicherheitsbehörden weitergeben kann, weil er auch für die unverständliche Datenreihen enthielte.
"Niemand kann diese Nachricht lesen"
So zumindest hieß es damals im April 2016. Praktisch über Nacht konnten rund eine Milliarde Menschen weltweit sicherer kommunizieren, lobte die „Zeit“. Der Guardian warnte zwar später vor einer Sicherheitslücke. Aber die betraf nur wenige Anwender mit veralteten App-Versionen.
Prinzipiell galt, was die WhatsApp-Chefs Jan Koum und Brian Acton versicherten: "Niemand kann in diese Nachricht schauen. Keine Hacker. Keine unterdrückenden Regimes. Nicht einmal wir." Die Verschlüsselungsverfahren sind dokumentiert und gelten in der Krypto-Community als State-of-the-Art. Umgesetzt wurden sie von Moxie Marlinspike und Open Whisper Systems, der auch den Open-Source-Messenger Signal beziehungsweise TextSecure entwickelt hat. Marlinspike gilt als Krypto-Koryphäe; er ist Privacy Aktivist und überzeugter Anarchist, also niemand, der freiwillig Hintertüren für Regierungen bauen würde.
Und die deutsche Polizei, so ist jetzt zu vermuten. Denn im Fall des als schutzsuchender Syrer registrierten mutmaßlichen Rechtsterroristen mit Bundeswehr-Offizierspatent stellt sich nun heraus, dass dessen Whatsapp-Kommunikation offenbar problemlos mitgelesen werden konnte. Während einer „Telefonüberwachung“ sei herausgekommen, „dass A. ein überzeugter Ausländerfeind sein könnte“, berichtet der „Spiegel“. Und beschreibt dann: „Über eine WhatsApp-Chatgruppe soll er mit Gleichgesinnten Hetz-Texte ausgetauscht und sich über Ausländer echauffiert haben.“
Ist Whatsapp also überhaupt nicht sicher? Können Polizei und Geheimdienste, sogar, wenn sie nur Deutsche sind und nicht wegen eines Kapitalverbrechens, sondern in einem Bagatellfall wegen Besitzes einer "historischen französischen Pistole" und Erschleichen von Sozialleistungen ermitteln, nach Belieben mitlesen, was sich Menschen in geschlossenen Whatsapp-Gruppen mitteilen? Während die meinen, sie seien durch die versprochene Verschlüsselung geschützt? Hat der BND nur eine falsche Spur gelegt, als er im vergangenen Jahr ankündigte, 150 Millionen investieren zu wollen, um Krypto-Messenger wie Whatsapp künftig knacken zu können? Oder ging es so schnell, die Verschlüsselung zu brechen?
Fake News über mitlesende Ermittler?
Fragen, die die deutschen Leitmedien nicht stellen. Von "Spiegel" über "Zeit", "Welt", "SZ" bis "Focus" und "Taz" wird die Mitteilung über die vermeintlich abgehörte Chatkommunikation protokolliert und kommentarlos abgelegt. Dass nur eines stimmen kann - die Behauptung, die Polizei habe den Chatverkehr des selbsternannten Syrers Franco A. mitgelesen oder die Behauptung von Whatsapp, das sei nicht möglich - bleibt unerwähnt und ungeklärt.
Whatsapp hat stets dementiert, dass es Hintertüren gibt. Und gäbe es sie doch, dürfte sicher sein, dass amerikanische Dienste hindurchgehen dürfen. Aber deutsche? Wegen des Verdachts, eine angeblich gefundene Waffe nicht abgegeben zu haben? Und wegen Hinweisen darauf, dass ein deutscher Offizier sich aus welchen Gründen auch immer als Syrer einen finanziell lukrativen Schutzstatus hat verleihen lassen? Würde ein Richter aus diesem, in Paragraph 100 Absatz a der Strafprozessordnung nicht nicht enthaltenen Grund eine Telefonüberwachung genehmigen? Und wenn ja - wie setzt die Polizei ihn um, wenn das technisch gar nicht möglich ist?