Montag, 27. März 2017

Wer Einsnull führt, verliert den Marathon

Nach dem Rausch der Kater: Martin Schulz schafft Beides nüchtern.
Weisheiten aus dem Sport, aus der Yoga-Lehre und aus dem politischen Kabarett, sie sind es, die den Wahlabend an der Saar zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Die Bonmot-Presse ist angeworfen, eine Jahresproduktion an Worthülsen steht bereit, unter den aufmerksam lauschenden Journalisten verklappt zu werden.

Alle sind wir heute enttäuscht, vom "Spiegel" über die "Taz" bis zur SZ, denn Martin Schulz, gekommen, Deutschland mit seinen feuchten Lippen aus dem Schlaf der Merkel-Jahre zu küssen, hat im ersten Anlauf versagt. Der Zaubertrank, der eine ganze Nation berauschen sollte, reichte eben aus, ein paar Redaktionsstuben zu verkatern.

Selbst der neue SPD-Chef, seit vielen Jahren trocken und mit mehr Partei im Rücken als jeder seiner Vorgänger, ernüchtert. „Für die Sozialdemokraten ist das kein schöner Abend“, sagt er im ZDF. „Die Bäume sind für die SPD nicht in den Himmel gewachsen“, assistiert ihm Bundesjustizminister Heiko Maas, selbst Saarländer und beim letzten Mal der, der die Niederlage im kleinsten Bundesland verschulden musste.

Jetzt dreht Maas größere Räder, er arbeitet an der Abschaffung der Meinungsfreiheit durch eine neue Verbotskategorie: Nicht mehr Strafbares allein soll nicht mehr gesagt werden dürfen, sondern auch "Rechtswidriges" fiele seinen Vorstellungen zufolge unter ein Veröffentlichungsverbot.

Rechtswidrig könnte künftig sein, was der deutschen Sozialdemokratie schadet. Wenn Partei-Vize Ralf Stegner das Wahlergebnis einordnet, dann tut er das beispielhaft: „Wir sind nicht zufrieden, das muss noch besser werden!“, heißt es da - was auch heißt: Gut ist es schon, das schlechte Ergebnis! Martin Schulz schlägt in dieselbe Kerbe, als er darauf verweist, dass es mal eine Umfrage gab, die die SPD bei nur noch 24 Prozent sah. Er allein hat nun mit seiner Popularität fast 30 Prozent daraus gemacht.

Das sind 100 Prozent mehr Stimmen als zu jener Zeit der französischen Besetzung des Saarlandes, als die SPD nicht eine einzige Stimme holte. "Gänzlich zufrieden kann ich auch nicht sein", sagt Jogi Löw.

Wahnsinn. Der sozialdemokratische Spruchbeutel ist noch lange nicht leer. "Da ist noch Luft nach oben", heißt es. "Die Karten werden bald neu gemischt" und "so leicht stecken wir nicht auf." Wer im Fußball 1:0 zurückliege, habe fast schon die Garantie, als Erster durchs Ziel zu gehen, denn "das hier ist kein Sprint, das ist ein Marathonlauf", sagt Schulz. Und beim Marathonlauf fällt der, der ankommt bekanntlich direkt hinter der Ziellinie tot um!

"Jetzt müssen wir noch eine Schippe drauf legen", versichern sich Sozialdemokraten überall im Land. Noch eine! "So schnell ist nicht aller Tage Abend." Hinten kackt die Ente. Vorn ist das Licht. Remember September. Ruft doch mal Martin!

Sechs Monate noch dieses Theater, zwei Landtagssiege und eine verlorene Bundestagswahl inklusive. Und dann wieder vier Jahre bleierner Tau.


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