So stolz flaggte die EU einst auf der Wall Street in New York. |
Ende, Aus, vorbei, es geht nicht mehr. Im zehnten Jahr der Rettung Europas muss die Führung des Kontinents eingestehen, dass alle Träume und wuchernden Wünsche von einer Staatengemeinschaft, die möglichst bald zu einem Bundesstaat mit gemeinsamer Finanz-, Wirtschaft- und Verteidigungspolitik unter deutscher Führung wird, in der geplanten Kürze der Zeit nicht zu erreichen ist.
Ursprünglich war noch der Ausbruch der Finanzkrise als große Chance gehandelt worden, die von Wirtschaftseinbruch und Staatsschuldenkrise verunsicherten Bürger zu überrumpeln und ihnen ein fix und fertiges „Mehropa“ vorzusetzen, das mit sicherer Hand aus Brüsseler Hinterzimmern hätte geführt werden sollen. Die Zentrifugalkräfte widerstrebender Interessen der Einzelstaaten, die sich teilweise seit einem Jahrzehnt weigern, deutschen Vorgaben und Vorschlägen zu folgen, sorgen nun aber dafür, dass die entscheidenden Institutionen das Ruder herumreisen.Nach einem Zweiergipfel mit Angela Merkel hat Komissionspräsident Jean-Claude Juncker jetzt entschieden, dass die Zukunft in einem Europa der verschiedensten Geschwindigkeiten liegt. EU-Staaten sollen nicht mehr alle Wege gemeinsam gehen, sondern jeder, wohin, wann und mit wem er will. Um ein von Juncker nach einer alten Idee von Helmut Kohl erdachtes „Kerneuropa“ entstehe damit ein lockerer Staatenbund, in dem wie früher jeder tun und lassen könne, was er wolle. Alle Länder sollen sich frei aussuchen dürfen, bei welchen Themen sie mitmachen, ob sie Vorgaben aus Brüssel befolgen oder nicht, ob sie den Euro nutzen, Luftreinhaltungsrichtlinien befolgen oder den Energieverbrauch von Duschköpfen eigenständig regeln.
Juncker zieht damit Konsequenzen aus einer Sachlage, nach der ohnehin stets eine Mehrzahl aller EU-Staaten jeweils störende Teile der europäischen Verträge ignoriert hat. Egal, ob es um überbordende Schulden ging, um die Ausgestaltung des Rechtsstaates, die innere Sicherheit oder die gemeinsame Verteidigung – stets fanden sich Regierungen bereit, nicht zu akzeptieren, was Brüssel ihnen vorgab. Zur Zeit liegt die EU-Kommission deshalb etwa mit Polen im Krieg: Die dortige Regierung weigert sich, Auflagen zur Umgestaltung der Justiz zu befolgen. Die EU könnte auf diese Haltung eigentlich nur mit einem Entzug der polnischen Stimmrechte in der EU reagieren. Polen allerdings würde das vermutlich als unfreundlichen Akt ansehen und seinerseits noch weiter von der deutsch dominierten Gemeinschaft abrücken.
Auf ihrem exklusiven Zweiergipfel, der auch für die traditionell von informellen Zirkeln geleitete EU ein ganz neues demokratisches Entscheidungsformat ist, haben Juncker und Merkel nun offenbar verabredet, wie die EU auseinanderfallen kann, ohne dass der Vorgang als Auseinanderfallen bezeichnet werden muss. Das „Europa der zwei Geschwindigkeiten“, mit dem Kohl und Mitterand noch scheiterten, wird zum „Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten“, ein Kontinent geht auf Gas und Bremse gleichzeitig, denn, das kündigte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an: "Es ist nicht mehr zeitgemäß, wenn wir uns vorstellen, dass alle dasselbe zusammen tun".
Die neue Idee ist, manche zurückzulassen, während andere vorpreschen. Schließlich stören sie die letzten in der Kolonne damit nicht, argumentiert Juncker. "Diejenigen, die schneller vorankommen wollen“, glaubt er, können „dies tun können, ohne die anderen zu beeinträchtigen?"
Es ist das Ende der EU, wie sie einst gedacht war, nur noch bemäntelt mit akrobatischen Wortungetümen wie der „strukturierteren Konstruktion“ einer neuen EU, die „offen für alle" sein werde. Um einen „festen Kern“ europäischer Staaten wird es künftig „verschiedene konzentrische Kreise“, abgehängte Länder, ausgetretene wie Großbritannien, rechtspopulistisch beherrschte wie Ungarn oder Staaten wie Frankreich, die eines Tages vielleicht an einem vorübergehend verhängten Ausnahmezustand festhalten wollen, den ihnen die EU nach fünf, sieben oder zehn Jahren nicht mehr genehmigen will. Europa übt den EUxit, ein Selbstmord auf Raten, der zurückführt zum Nationalstaat.
1 Kommentar:
Die halten schon noch zusammen, nur keine Panik. Wenn es um einen Platz an den Zitzen der deutschen Goldeselin geht, kommen sie alle im Karacho herangestürmt, da gibt es keine unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Das ist auch gut so, denn was sollte unsere Kanzlermamsell sonst mit ihrem prall gefüllten Euter machen? Jede Kuh weiß, wie weh der tut, wenn er bis zum Platzen gefüllt ist.
Kommentar veröffentlichen