Donnerstag, 19. Januar 2017

Wie Martin Schulz Europa zum Besseren verändert hat

Als er antrat, lag die Arbeitslosenrate in Europa bei über elf Prozent, durchschnittlich zwölf Prozent aller Jugendlichen waren ohne Ausbildung oder Job, die Verschuldungsquote aller Länder betrug 85,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und die Partnerstaaten trafen sich beinahe wöchentlich, um den Euro zu retten. Krise allüberall, bedenkliche Stimmung und nirgendwo ein Lichtblick.


Es schlug die Stunde des Martin Schulz. Der altgediente Sozialdemokrat im EU-Parlament erkannte seine Chance, als er sie sah: Im Gegenzug gegen die Aufhebung einer von ihm verhängten Blockade über Beschlüsse der damaligen Kommission Barroso handelte Schulz für sich den Posten des europäischen Parlamentspräsidenten aus. Die informelle Einigung zwischen den Konservativen und den Sozialdemokraten im Parlament war die Eintrittskarte des gescheiterten Buchhändler aus Würselen in die große Politik.

Zwei Jahre später, die Krise hatte sich unter der Ägide des Mannes, der von sich gern und ohne jeden Beleg behauptet, er wäre beinahe mal Profifußballer geworden, immer nur weiter verschärft. Die deutsche Sozialdemkratie aber dankte es ihm, indem sie ihn als ihren Spitzenkandidaten in der erstmals als Karikatur einer Personenwahl durchgeführten Europa-Wahl aufstellte.

Aus dem Hinterzimmer ins Präsidentenamt


Infolge einer Hinterzimmerabsprache durfte Schulz nach der Wahl, die er trotz eines Wahlkampffonds von zehn Millionen Euro und gezielter Flirts mit längst überholten Nationalismen krachend verlor, wieder auf seinem Parlamentspräsidentenstuhl platznehmen.

Dort verbrachte der Endfünfziger zwei weitere Jahre, in denen die Staatsverschuldung in Europa davongaloppierte, die Arbeitslosigkeit in den meisten EU-Ländern stieg, die Jugendarbeitslosigkeit zunahm, ein Flüchtlingszustrom die letzte Reste von innereuropäischer Solidarität auslöschte, der Schengen-Vertrag Makulatur wurde, Europa sich nach außen wie nach innen hinter neuen Mauern versteckte, der Terror in der EU ankam, Mitgliedsländer begannen, unter permanentem Ausnahmezustand zu leben, der Rechtspopulismus grassierte und die Politik aus Furcht vor dem Volk jeden Versuch einstellte, anders als über über Talk Shows zu kommunizieren.

Die Staatsverschuldung liegt inzwischen bei 91 Prozent des BIP, die Jugendarbeitslosigkeit bei 21 Prozent und die durchschnittliche Arbeitslosenquote ist auch nur auf 8,3 Prozent gesunken, weil Deutschland und die anderen Länder des Nordens vom kostenlosen Geld der EZB profitieren und der durch die gemeinsame Geldpolitik um ein Drittel seines einstigen Wertes befreite Euro starke Exportwirtschaften noch stärker macht.

Schulz hinterlässt einen Trümmerhaufen 


Ein Trümmerhaufen, der für Schulz auch keine persönliche Perspektive mehr bot. Angesichts der Aussicht, seinen Posten gemäß des vor drei Jahren ausgekungelten Staffelstabwechsels zu den Konservativen räumen zu müssen, entdeckte der Spezialdemokrat nun sein Herz für die nationale Politik. Den Job als Bundespräsident hätte er sich ebenso zugetraut wie den als Kanzler oder Außenminister. Schulz hat ja in Würselen regieren gelernt und in Europa bewiesen, dass er es kann.

Zumindest ist das die gegen jede Realität öffentlich demonstrierte Überzeugung seiner Partei, die dem an allen Fronten Gescheiterten anlässlich seiner kläglichen Demission ein beherztes "Lieber @MartinSchulz, Du hast #Europa zum Besseren verändert. Wir danken Dir!" hinterherruft.




6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Was ist Martin Schulz? Kann man es essen? Ist es wohlschmeckend? Ist es knusprig? Mein Schatz?

Anonym hat gesagt…

Tolle Satire.

Anonym hat gesagt…

In einer Republik wird derjenige der gewählt wird zum Herrscher ernannt.

In der EU wird Martin Schulz EU-Parlamentspräsident, obwohl er die Wahl verloren hat.

Und in einer besseren Welt baumelt Herr Schulz an einem Baum.

Sturmbock hat gesagt…

DORIS AHNEN, NIELS ANNEN, KATRIN BUDDE, UDO BULLMANN, PETRA CRONE, MARTIN DULIG, MICHAELA ENGELMEIER, ELKE FERNER, PETER FRIEDRICH, KERSTIN GRIESE, MICHAEL GROSCHEK, HUBERTUS HEIL, NATASCHA KOHNEN, GABRIELE LÖSEKRUG-MÖLLER, HEIKO MAAS, CHRISTOPH MATSCHIE, DR. MATTHIAS MIERSCH, FLORIAN PRONOLD, DAGMAR SCHMIDT, DR. CARSTEN SIELING, ANDRÉ STINKA, JAN STÖSS, SASCHA VOGT, UTE VOGT oder
DR. DIETMAR WOIDKE

- wer von den Genossen vom Parteivorstand der ehemaligen Arbeiterpartei hat da getwittert? Hat möglicherweise der Genosse Heiko höchstselbst die FakeNews über die Welt ergossen und die Partei blamiert? Ist der Heiko Putins Agent?

ppq hat gesagt…

wenn da steht "spd parteivorstand", dann haben sicher alle zusammen nach einer telefonschalte zum wording ein twittermanuskript in die spd-twitterredaktion gegegeben, wo dann unter kundigen händen dieser vielleicht wahrhaftigste aller bisher veröffentlichten tweets überhaupt entstand

Fragolin hat gesagt…

Ich finde auch, dass Martin Schulz Europa verbessert hat.
Genau in dem Moment seines Abgangs.