Sonntag, 25. September 2016

Innovative Geschäftsideen: Die Rückkehr des Zigarettenbilderalbums


Sie waren der große Trend des ersten Weltkrieges und erlebten eine Renaissance im Zweiten: Zigarettenbilderalben schilderten einer begeisterten Bevölkerung die heroischen Taten der Frontkämpfe, deutsche Superwaffen wie die dicke Berta wurde farbenfroh ins Bild gerückt und zackige Offiziere zeigte sich in ihren schneidigen Uniformen. Es wurde fleißig geraucht und gesammelt, in jeder Packung klebte ein Bild, das sich auf der richtigen Seite des Sammelalbums einkleben ließ, bis die eigene Kollektion endlich komplett war.

 Anknüpfen an eine große Geschichte

Eine Idee, die Roger Knabendorf immer geliebte hat. "Seit ich bei meinem Großvater all die wunderbaren alten Alben durchschmökern durfte, war ich fasziniert von der Idee des Zigarettenbilderalbums", erzählt der 26-jährige Chef des Suhler Startup-Unternehmens smoknread.org. Eine platonische Liebe, denn durch den Rufschaden, den das Rauchen in den vergangenen Jahren erlitten hat, schien es Knabendorf lange "völlig unmöglich, an diese große Geschichte anzuknüpfen".

Das änderte sich erst, als die Bundesregierung eine Notverordnung des EU-Parlaments umsetzte, nach der Zigaretten in Deutschland - im Unterschied etwa zu Polen, Tschechien oder Spanien - nur noch verkauft werden dürfen, wenn sie wieder Sammelbilder enthalten. "Das war für uns das Signal, smoknread.org zu gründen", beschreibt Roger Knabendorf. Die Idee dahinter: Rauchern und deren Kindern die Gelegenheit geben, die kostenlosen Sammelbilder archivieren zu können. Das typische smoknread-Album hat deshalb Platz für etwa 250 sogenannte Schockbilder, die thematsich geordnet an die jeweils vorgesehene Stelle im Buch geklebt werden können.

Von der dicken Berta zum Bluthusten

Eingeteilt ist das liebevoll gemachte und mit vielen Hintergrundinformationen versehene Buch in Kapitel wie "äußere Schäden", "innere Schäden" und "Blut husten", wobei Knabendorf selbst empfiehlt, sich von der oft vergeblichen Jagd auf fehlende Motive nicht verrückt machen zu lassen. "Wir sind dabei, im Internet eine Tauschbörse einzurichten", sagt der junge Gründer, "dort werden Sammlerinnen und Sammler schon in Kürze überzählige Bilder gegen andere tauschen können, die ihnen noch fehlen".

Die Sammelalben sind wie ihre historischen Vorbilder überall dort kostenlos zu haben, wo es Zigaretten gibt. Finanziert wird das Unternehmen über Werbung des Gesundheitsministeriums. "Bei denen sind wir offene Türen eingerannt", erklärt Roger Knabendorf, der es heute für einen "echten Segen" hält, dass die EU "uns diese Geschäftsgrundlage geliefert hat".

Mehr heiße Gründer-Stories von jungen Deutschen, die es geschafft haben, in der großen PPQ-Serie "Geschäftsideen, die wir auch gern gehabt hätten":

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Street View kehrt zurück
Schottereis gegen Schlaglöcher
Kampfkolonne Bengalo
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Mietmob 24
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4 Kommentare:

Heidjer hat gesagt…

Bei all den morbiden Charme-Initiativen, die das mitteleuropäische Suizidalistan-Volk aktuell überfluten, werden diese Bildchen neben den Folter- und Abschlachtkunstwerken des IS aber wohl kaum eine treue Fangemeinde finden können, denn ein verwöhntes Publikum entwickelt nun mal immer höhere ästhetische Ansprüche an den Ekelfaktor.

Über ein faules Gebiss oder eiterndes Krebsgeschwür lachen doch bereits Vorschüler, denen ihre Helikoptereltern trotz Helmpflicht draußen ja freien Internetzugang innen ermöglichen, damit ihr hochbegabtes Erbgut uneingeschränkt lernen kann.

Zudem wandert die deutsche Schnäppchenjäger-Sammelleidenschaft längst eher in eine heimatverbunden-bodenständige Richtung, und fragt: Warum nur ein Bild, wenn ich im Orient und in Afrika kinderleicht das Original bestellen kann und auch prompt geliefert bekomme?

Sogar diese kreativen Daesh-Videos kann jeder Willkommens-Schnösel mit einem coolen Smartphone bald live vor seiner Haustür drehen.

Wenn das kein innovativer Fortschritt ist ... was dann?

Gernot hat gesagt…

Ich glaub´s alles nicht mehr.
http://liebeisstleben.com/2016/07/16/schuetzt-rauchen-wirklich-vor-lungenkrebs/

Anonym hat gesagt…

Es geht denen mitnichten um des Volkes Gesundheit, sondern darum, jetwedes Plaisier zu vermiesen. Saufen, Inläinskäting, Modderadfahren, und vor allem, der Liebe Lust.

Halbgott in Weiß

Gernot hat gesagt…

Silvesterfeuerwerk, Naturgenuss, Süßigkeiten, Pornos, Satire ... zumindest gibt es solche Tendenzen. Doch, man fragt sich, zu welchem Behufe?
Ora et labora statt panem et circenses bei Wegrationalisierung der Hälfte aller Arbeitsplätze innerhalb der nächsten 20 Jahre?