Es ist das sogenannte Drehrumbum-Prinzip, nach dem deutsche Leitmedien seit Jahrzehnten von der "Gewaltspirale im Nahen Osten" (dpa) erzählen. Immer ist der Jude schuld. Selbst wenn er nur zurückschießt, besetzt er zuverlässig die Täterrolle.
Diese große deutsche Tradition aufgeklärter und von keiner Spur Hass geleiteter Berichterstattungsweise führt auch die Hamburger Wochenzeitschrift Die Zeit stolz und unabhängig fort. Geschult am aufgeklärten, modernen und urbanen Antisemistismus eines Jakob Augstein, gelingt es dem Blatt sogar in einer Schreibtischreportage über einen Molotowcocktail-Angriff palästinensischer Jugendlicher auf den Highway 443, der Tel Aviv mit Jerusalem verbindet, israelische Soldaten als Täter, die Angreifer aber als bedauernswerte Opfer darzustellen.
Der Trick dabei ist stets derselbe: Das Prinzip von Actio und Reactio wird außen vor gelassen, die Reaktion tritt an den Anfang, das sie auslösende Ereignis hingegen ans Ende. Für den flüchtigen Leser wird die Reaktion so zum Auslöser, die ursprünglich reaktionsauslösende Aktion dagegen verschwindet in Nebensätzen.
"Soldaten erschießen Palästinenser nach Steinwurf", überschreibt die "Zeit" ihren Text, in dem dann "Soldaten der israelischen Armee sind eigenen Angaben zufolge an einer Autobahn mit Waffengewalt gegen zwei Palästinenser vorgegangen" sind. Dabei "wurde ein 20-Jähriger getötet und eine weitere Person verletzt", heißt es in der "Zeit", die nicht vergisst, mit leichtem Zweifel zu zitieren, dass "die israelische Armee" mitgeteilt habe, dass "die beiden Männer Steine auf vorbeifahrende Autos geworfen" hätten.
Ist das nicht ungerecht? Erschossen zu werden wegen eines übermütigen Streichs? haben wir nicht schon mal Münzen auf Schienen gelegt? Steinchen auf Züge geworfen? Oder von einer Autobahnbrücke gespuckt?
Münzen? Steine? Spucke? Der geduldige Leser, geschult in langen Jahren der Entschlüsselung von Meldungen wie "Gaza-Krieg: Israel erwidert trotz neuer Waffenruhe Beschuss aus Gaza" (Der Spiegel), wird hier belohnt. Im zweiten Absatz, Zeile zehn, kommen dann noch Molotow-Cocktails hinzu. In Zeile zwölf schließlich tauchen auch noch zwei verletzte Autofahrer auf.
Aber damit nicht der Eindruck hängenbleibt, hier seien ein paar Terroristen bei der Arbeit erwischt und niedergestreckt worden, hängt die Redaktion noch ein themenfremdes Stückchen über den Abriss eines Terroristenhauses an.
"Die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen wird aber im In- und Ausland angezweifelt", heißt es da. Abschließend folgt eine Gesamtschau der israelischen Verbrechen mit einem unverkennbaren Zungenschlag, der an der Unverhältnismäßigkeit des Handelns der einzigen Demokratie im Nahen Osten keinen Zweifel lässt: "Seit acht Monaten gibt es Angriffe meist einzelner Palästinenser auf Israelis, dabei wurden 28 Israelis und zwei Amerikaner getötet". Einzelne Palästinenser, ermordet von einer augenscheinlich durchgeknallten Soldateska.
Kein Zweifel, dafür spricht schon der abschließende Zahlenvergleich: "Israelische Sicherheitskräfte töteten in dem Zeitraum rund 200 Palästinenser."
Palästinenser. Terroristen waren offenbar nicht darunter.
10 Kommentare:
Anhand des geistigen Klimas solcher Zeitungsartikel kann man sich ausmalen, wie weit bzw. ob(!) der deutsche Staat bereit ist, seine Bürger effektiv verteidigen zu wollen.
Ausserdem: die Araber haben wohl lieber Israel zum Feind, als Israel Deutschland zum Freund.
"der einzigen Demokratie im Nahen Osten"
Und der befreite Irak?
da wächst die demokratie noch
...bis der Sensenmann kommt und ordentlich aberntet.
Naja, DIE ZEIT. Heil Naumann, der die 9000
Bernanke-Shekel wegen des durchgeknallten Staatsanwaltes dann doch - was a Wunder - letzten Endes n i c h t latzen mußte.
Was dem auserwählten Jupiter (JHWH) erlaubt ist, ist dem goyischen Ochsen noch lange nicht erlaubt. Als da ist: Waffen privat zu führen, und sich seine Feinde mit angemessener Gewalt vom Leibe zu halten.
Nun ja, in Deutschland wird man nicht gleich erschossen, wenn man Steine von Autobahnbrücken wirft. Selbst nicht bei geworfenen Gullydeckeln...
Vielleicht hätte es auch gereicht, dem 20jährigen ins Bein zu schießen...??
Was ich irritierend finde ist, dass bis heute niemanden die Resolutionen 181, 242 etc. zu scheren scheinen.
Dass weiterhin palästinensisches Land systematisch enteignet wird (wahlweise aus logistischen, aus militärischen Gründen oder weil das 'Agrarland 1 Jahr nicht bestellt/bearbeitet wurde'). Es bleibt trotzdem völkerrechtswidrig.
8 Meter hohe Mauern quer durchs Gebiet (gern auch deutlich abweichend von der offiziellen 'Grenzlinie') , Kollektivsprengungen von Häusern der gesamten Familie (tja, halt Pech für Oma, Mutter und Schwestern...) und weiterer munterer Großsiedlungsbau mitten im palästinensischen Westjordanland inkl. überdimensionaler Wasserabzwackung vom Jordan sind vielleicht auch nicht die super demokratischen Maßnahmen und friedensfördernden Schritte...
Wenn man früher mal etwas Kritisches zur Politik der israelischen Regierung zu schreiben wagte, hat sich die 'Zeit' in geifernder Israel-Apologetik ereifert.
Hat sich da was gedreht?
Nicht mehr 'vom Nil bis zum Euphrat'?
Nun ja.... sind halt beide Seiten stur und unnachgiebig.
Hat da schon wieder einer Jehova gesagt?
Unrecht Gut gedeihet nicht, sagte schon Shlomo der Weise.
Wenn sich Warane und Hyänen darüber zanken, wer mich fressen darf, muß ich nicht für die einen oder anderen Partei ergreifen.
Hallo ppq,
im Zeit-Artikel steht:
> Einige Stunden später sagte eine Sprecherin [der Armee]: "Unsere Ermittlungen ergaben bisher, dass bei der Verfolgung der Täter offenbar unbeteiligte Passanten von Schüssen getroffen wurden." Auf die Frage, ob dies auch den Getöteten betreffe, sagte sie: "Es geht um den Toten und die vier Verletzten. Die näheren Umstände werden weiter untersucht".
Es wurde also ein Unbeteiligter erschossen. Und du machst aus ihm einen Terroristen. Soviel zur vermeintlichen vorliegenden Verdrehung von Actio und Reactio.
Liebe Grüße
Jakob
Jakob, danke, dass du mich darauf aufmerksam machst. Die "Zeit" hat den kompletten Beitrag inzwischen gelöscht und durch einen neuen (unter derselben URL) ersetzt. Siehe Screenshot oben bei uns - so sah der alte Artikel aus. Um den ging es, nicht um den, der da jetzt steht. Dass die "Zeit" sich bemüßigt fühlte, das ursprüngliche Werk zu löschen, zeigt eigentlich, dass wir so falsch nicht gelegen haben können - nach Stand der Kenntnisse damals war ihre Überschrift parteilich, manipulativ und antisemitisch. Punkt
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