Sonntag, 24. April 2016

Armenhaus feiert Regierungsbündnis: Kenia-Partys im ganzen Land


Stolz feiern Menschen auf dem Magdeburger Domplatz mit den Farben ihrer neuen Regierung.


Eine Wegmarke, eine Pioniertat, ja, eine ganz kleine, bescheidene Revolution. Ex oriente pax: Tief im Osten, wo der Holzweg den Highway in die Zukunft bildet, gehen die etablierten Parteien der politischen Mitte nach anstrengendem Wahlkampf und aufreibenden Koalitionsverhandlungen in Vertrauensvorleistung: Eine Kenia-Koalition auf Schwarzen, Roten und Grünen eint die Verlierer des letzten Urnenganges zu einer stabilen Regierung des verlorenen Vertrauens.

Eine Premiere für ganz Deutschland, die nur hauchdünn gelingen konnte. 0,2 Prozent weniger für die Grünen - umgerechnet etwa 800 Stimmen - und CDU und SPD wäre wegen eines verpatzten Fälschungsversuches nur eine Partnerschaft mit der Linken geblieben, um Neuwahlen zu verhindern

Deshalb dieses große Aufatmen im Land, das überall zu spüren ist. Die Nachricht vom Abschluss der Koalitionsverhandlungen wurde in Stadt und Land mit Erleichterung aufgenommen, hier und dort brandete spontaner Jubel auf. Die Angst, anderenfalls könnte die rechtspopulistische AfD die Macht an sich reißen, war bei vielen Jüngeren, vor allem aber bei vielen Älteren und Angehörigen des Mittelstandes und des liberalen Bürgertums groß gewesen.

Jubel bricht aus, Fahnen werden geschwenkt. Auf dem Riesenbildschirm, der da in der Innenstadt von Magdeburg aufgestellt ist, erscheinen gerade die Köpfe von Reiner Haseloff, Burkhard Lischka und Claudia Dalbert. Die drei grüßen aus dem Fenster der Staatskanzlei ihre jubelnden Landsleute auf dem Domplatz der Landeshauptstadt. "Reiner, Reiner", schallt es aus tausenden Kehlen.

Oben auf dem Balkon liegt man sich in den Armen. Zusammen mit den neuen Partnern wird Reiner Haseloff nun an der Strategie festhalten, ohne neue Schulden auszukommen, um das Haushaltsvolumen wie in den zurückliegenden 26 Jahren stabil bei 10 Milliarden Euro D zu halten.

Haseloff war einst angetreten,das Landeshaushaltsvolumen auf 6,5 Milliarden Euro im Jahr 2020 zu drücken. Inzwischen aber hat sich herausgestellt, dass das schwerer ist als Geld auszugeben, das man nicht hat. Dagegen protestieren die Bürger nicht wütend, nein, sie genießen fröhlich. Es gibt kaum jemanden, der nicht ein Lächeln im Gesicht hat und an der Mütze oder am Handgelenk ein Bändchen in Kenia-Farben.

Schwarz-Rot-Grün bedeutet Optimismus, es ist die Kampagnenfarbe der stabilen Mitte. Zigtausende von Magdeburgern ziehen mit Fahnen zum Zentrum, Autokorsos fahren hupend die Straßen entlang. Auf dem Domplatz spielen die besten Rockgruppen des Landes auf, umsonst, wie ein Bandleader erklärt: "Denn heute geht es um eines - unsere Freiheit und Solidarität."

Taxifahrer nehmen Fahrgäste mit Kenia-Fähnchen umsonst mit, Verkehrspolizisten und Ordnungsamtsmitarbeiterinnen, sonst als Blutsauger verschrien, winken die Autos durch. Und, ein kleines Wunder: Autofahrer halten vor dem Zebrastreifen an, um Demonstranten durchzulassen. Die städtische Polizei hat vom populären Bürgermeister Trümper Anweisung bekommen, die Demonstranten gewähren zu lassen und die 200 Zelte, die sie in der Nacht auf dem Domplatz aufgebaut haben, nicht anzurühren.

Ein Redner verliest Pressestimmen und Politikerkommentare aus dem Ausland, in denen die Kenia-Koalition begrüßt wird. Nach jedem Zitat applaudiert der ganze Platz. "Wir haben hier alles auf einmal", triumphiert ein Wahlkampfhelfer. "Sportarena, Rockkonzert und Dankgottesdienst." Sachsen-Anhalt, das spüren die Menschen, wird im Abwehrkampf gegen extreme und extremistische Kräfte zur Pionierregion, zum Labortisch der Republik. Hier muss sich die Strategie der Mitte der Mitte bewähren, hier kann der Angriff der Populisten, Putin-Trolle, GEZ-Feinde, EZB-Skeptiker, Euro-Pessimisten und Zweifler zurückgeschlagen werden.




1 Kommentar:

Carl Gustaf hat gesagt…

Wenn die heutigen Zeiten nicht so verdammt politisch korrekt wären, dann könnte man angesichts der Wortschöpfung "Kenia-Koalition" die Frage stellen, ob es für die neue Regierung in Sachsen-Anhalt wieder eine Busch-Zulage gibt.

Das lassen wir abber mal besser sein.