Mittwoch, 2. Dezember 2015

Vorwurf. Ähm. Irgendwas mit Nazi.

Gestickter Nazispruch der Bundeswehr.
Als die Feldjägertruppe der Bundeswehr sich den Spruch „Jedem das seine“ zum Motto wählten, blieb es ruhig im Land. Auch als Nokia, Rewe, Microsoft, Burger King, die Deutsche Telekom und die Münchner Merkur-Bank den Satz übersetzten und mit "Jedem das Seine" Reklame machten, regte sich kein Protest. Erst als der Kaffeeröster den Slogan vor sechs Jahren zusammen mit Esso zur Verkaufsförderung einsetzte, machten erste aufgeregte Meldungen in den Medien die Runde: Durfte ein zweieinhalb Jahrtausende alter Spruch wirklich weiterverwendet werden, wo ihn die Nazis doch zwischendrin knappe sieben Jahre als Türschild eines Konzentrationslagers missbraucht hatten?

Nein, nein und nochmals nein. Tchibo musste kuschen. Suum cuique auf deutsch, das war seinerzeit "geschmacklos" (Spiegel). Jeder Verweis auf Platons Werk "Der Staat" (ca. 370 v. Chr.) und Ciceros "Von den Pflichten" (44 v. Chr.) blieb vergeblich. Selbst der Umstand, dass „jedem das Seine“ Preußens Staatswahlspruch war, verhallte.

Doch immerhin – keine Staatsanwaltschaft ermittelte, niemand musste vor Gericht, keiner ins Gefängnis. „Jedem das Seine“ war kein kluges philosophisches Konzept mehr, aber auch kein Aufruf zu Völkermord und Rassenhass.

Damals, in einer anderen Zeit. Vor drei, vier Jahren.

Heute, mitten im Jetzt, sieht das auch ohne zwischenzeitliche Gesetzesänderung anders aus. Ein Badegast mit einem Arschgeweih-Tattoo „mit den Umrissen des Konzentrationslagers Buchenwald und dem Nazi-Spruch "Jedem das Seine"“ (DPA) wurde erst von einem hellwachen Privatermittler in einem Oranienburger Spaßbad entdeckt. Dann fotografiert. Dann dem Bademeister gemeldet. Und von dem schließlich aus dem Nassbereich expediert.

Anschließend nahm die Polizei keine Ermittlungen auf. Warum auch? Weder der Spruch noch die Silhouette von Auschwitz sind strafbar. Doch als erste Zeitungsberichte ein Durchgreifen forderten, wurde denn doch „ein Verfahren wegen Volksverhetzung aufgenommen“. Vorwurf. Ähm. Irgendwas mit Nazi.

Inzwischen konnte durch weitere intensive Medienrecherchen auch die Identität des Tattoo-Trägers geklärt werden. Nach einem Bericht der "Potsdamer Neuen Nachrichten" soll es sich nicht um einen Nobelpreisträger, Fußballnationalspieler oder sächsischen Minister, sondern um einen Brandenburger Kreistagspolitiker der NPD handeln.

Die Staatsanwaltschaft habe bisher nicht bestätigen wollen, dass diese Information zutreffend sei, so meldet DPA. "Wir ermitteln seit Freitag gegen einen namentlich bekannten Mann", habe eine Oberstaatsanwaltin zugegeben, die Lolita Lodenkämper heiße. Trotzdem, das ist alles ernst gemeint.




5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es ist nicht entscheidend, was einer sagt oder zeigt, sondern unter welchen Phantasien die Denunzianten dadurch leiden.

***
Lolita Lodenkämper
Den bürgerlichen Zwang zum Namen satirisch zu brechen ist die Hohe Schule fortschrittlicher Gesinnung! Glückwunsch an die Eltern!

Gernot hat gesagt…

Entwickeln wir uns zu einer Gesellschaft mit dem Niveau eines Kaffeekränzchens alter Damen, die ihre Wohlanständigkeit und Entrüstung pflegen? Das soll jetzt nur ein typisches Bild aufzeigen, nicht sexistisch sein. Es könnten vielleicht auch Männer beim Frühschoppen nach dem Kirchgang sein.

Jedenfalls scheinen wir so "fein" geworden zu sein, dass bloße Geschmacklosigkeiten mit den Mitteln des Strafrechts verfolgt werden und bürgerliche (oder bourgoise?) Empörung Gefängnisaufenthalte, Geldstrafen oder Besserungsverwahrungen auszulösen vermag.

Dann sehe ich schwarz bzw. Gitter für die Zukunft von Linken, Punkern, Femen, Aktionskünstlern usw.

Wir wär´s gleich mit einem Gummi-StGB-Paragrafen "Hervorrufen von Entrüstung"?

Wir entwickeln uns immer mehr zum freiheitlichsten Land, das es je auf deutschem Boden gab - die Freiheit der Mächtigen, alles zu verbieten, was ihnen nicht gefällt, nimmt zu.

Anonym hat gesagt…

https://www.facebook.com/agantifaschismus/?ref=stream


AG Antifa
16 Std. ·
An diesem Samstag findet unsere Konferenz "Das Nachleben des Nationalsozialismus" statt. Wer noch überlegt, über Nacht zu bleiben: Hier zwei Links zu einem Hostel und der Jugendherberge in Halle:
http://www.jugendherberge-halle.de/
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Jugendherberge Halle: Startseite
JUGENDHERBERGE-HALLE.DE


wir kommen auch

wolpertinger hat gesagt…

Verflixt,dann bekomme ich demnächst wohl auch ein Verfahren an den Hals.Falls sich herumspricht,daß ich in meiner Schulzeit einen Freund mit dem Vornamen Anton hatte.Mein Anwalt meinte,ich sollte ihn auf Aron umbennen,dann wären eventuell strafmildernde Umstände gegeben.

wolpertinger hat gesagt…

Heutzutage gilt man als Nazi,wenn auf dieses lästige,doofe„Hallo“ mit einem guten Tag,oder guten Morgen antwortet.Sch...ade,was aus D geworden ist.