In einem ökologisch nachhaltigen Schwarzwald-Köhlerofen in Oberharmersbach werden die inkriminierten Werke falschen Denkens derzeit CO2-neutral verbrannt. |
Pünktlich zum Jahrestag der ersten Bücherverbrennung der Neuzeit, die im August 1914 wurde in der Universitätsbibliothek der Katholischen Universität Löwens stattfand, kehrte die Fachstelle für Verbotspolitik im Freiburger Regierungspräsidium in einer Sommeraktion mit eisernem Besen: Mehr als 3.000 Sachbücher seien aussortiert, fortgeschafft und zur Sicherheit der Bevölkerung vernichtet worden. Neben Sigmund Freud, einem Ehrengast schon bei den Säuberungsunternehmen der Nationalsozialistischen Fachstellen, musste auch Erich Kästner weichen, der seinerzeit Zeuge der Verbrennung seiner eigenen Bücher auf dem Berliner Opernplatz war.
Kästner, diesmal verhindert, hatte die erste Verbrennung seiner Werke damals als "theatralische Frechheit" kritisiert - ein Vorwurf, den er diesmal nicht hätte machen können. Statt gegen den Werke von "undeutschem Geist" richtete sich die Säuberung diesmal gegen Bücher mit „falscher“ Schreibweise: Alte Rechtschreibung, Romane, die Worte wie das bereits seit Jahren verbotene "Neger" enthalten oder irritierend genderfeindliche Begrifflichkeiten. "Konformität mit dem Zeitgeist ist das Maß der Dinge", lobt Roland Tichy den Mut, Literatur davor zu bewahren, "zum eigenständigen Denken" zu veranlassen.
Eine einsame Stimme. Abgesehen von regionalen Medien blieb der Beifall aus. Vielleicht auch, weil einerseits die von Kästner seinerzeit so geschätzten "Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners" während der Verbrennung fehlten, andererseits aber die zur Erlangung öffentlicher Aufmerksamkeit notwendige Vernichtung der richtigen Bücher unterblieb. Eher sachlich teilten die Behörden mit, dass das “Wording”, das verschiedene Autoren in ihren Büchern gewählt hätten, heute nicht mehr zeitgemäß sei, weshalb das betreffende Schrifttum "ausgemerzt" (Franz Müntefering) werden müsse.
Mehr aus der bürgerschaftlich-engagierten Chronik Verbot der Woche
6 Kommentare:
Wer Bücher verbrennt, verbrennt auch Menschen
VS
Es ist eine Schande. Man hätte die Bücher, auch wenn sie den Volkskörper vergiften, doch wegschließen können, so dass sie nur GenossX mit einem ausreichend entwickelten Bewusstsein resp. dem korrekten Parteiausweis zugänglich sind.
frank.zimmermann@badische-zeitung.de
http://www.badische-zeitung.de/freiburg/muenstereck-solidarisieren-und-anpacken--109932905.html
zimmermann hetzt und hetzt .
Wer es fassen kann, der fasse es. Matze 19.12.
Ich seh das nich so verbissen. Es wurden schon mal ganze Müllhalden gefüllt mit Büchern, nur weil sie von Verlagen der DDR verlegt wurden. Direkt aus der Buchhandlung auf die Kippe. Und damit keine Müllplünderer den Verwertungskreislauf störten, wurde noch Teer oder Ölfarbe über die Bücher gekippt. Damals, 1990.
Kurt = Peter Sodann
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