Montag, 4. Mai 2015

Spionage: Nichts wissen, nichts sagen, nichts tun

Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist. Und noch mehr Glück hat der, der behaupten kann, nie etwas gewusst zu haben, wenn sich herausstellt, dass seine Geheimdienste es mit den Vorgaben des Grundgesetzes nicht gar so streng gesehen haben. Die Bundesregierung hat nach einem ersten Schock, als der National Sozialistische Untergrund sich als Baby des Verfassungsschutzes herausstellte, schnell geschaltet: Mit großem Brimborium ließ sie aufklären. Gleichzeitig wurden die Spitzen der Koalition nie müde zu erklären, dass das alles natürlich irgendwo tief unten und ohne Wissen der Entscheidungsträger ganz oben geschehen sei.

Eine Strategie, die seitdem immer wieder verfolgt wird. Als Edward Showden über die Überwachungsmethoden der US-Geheimdienste berichtete, stand niemals die Frage, wieso deutsche Spionageabwehrbehörden niemals gewarnt hatten. Die Bundesregierung wusste einfach nichts und hätte so auch nie etwas tun können. Selbst als das Kanzlerinnenhandy sich als offenes Buch für die NSA herausstellte, blieb der Skandal auf technische Einzelheiten beschränkt. Die drei Affen saßen am Kabinettstisch: Sie wollten nichts gewusst haben und konnten nun auch nichts dazu sagen.

So geht es immer weiter. Wie im Kasperletheater gibt die Regierungsspitze sich unwissend selbst dort, wo eigene Behörden mit US-Geheimdiensten bei widerrechtlicher Spionage auf deutschem Boden zusammengearbeitet haben. Drohnenangriffe von deutschem Boden aus? Keine Ahnung. Zehntausendfaches Ausspionieren von Telefonanschlüssen und elektronischer Kommunikation in Deutschland? Nie gehört.

Erneut steht nirgendwo die Frage, wie das alles geschehen sein soll, ohne dass die professionellen Spionageabwehrinstitutionen der Bundesrepublik Wind davon bekamen. Erneut steht nirgendwo die Frage, wieso sie es vermieden haben sollten, über Jahre andauernde Ausspähbemühungen nicht an die Verantwortungsträger weiterzumelden. Und erneut bleibt offen, wozu ein Staat sich eigentlich eine Spionageabwehr hält, wenn sie Spionage weder abwehrt noch ihrer Regierung Meldung von Angriffen macht.

So ist es am einfachsten für alle, so bleiben die Grundlagen des Gemeinwesens intakt und arbeitsfähig. Vorbei die Zeiten, als Verantwortungsträger zurücktraten, weil sie nicht wussten, was sie hätten wissen müssen. Heute reicht es völlig, die Verantwortung so lange herumzuschieben, bis sie niemand mehr hat.

5 Kommentare:

derherold hat gesagt…

"Als Edward Showden über die Überwachungsmethoden der US-Geheimdienste berichtete, stand niemals die Frage, wieso deutsche Spionageabwehrbehörden niemals gewarnt hatten.

Es ist ja noch besser: Niemand fragt, was getan werden muß, um die Überwachung zu beenden. ;-)

DAS ist mE der Dreh- und Angelpunkt der Diskussion. Es erfolgt eine Dekonstruktion des Themas, indem scheinbar Verantwortlichkeiten benannt und thematisiert werden ... der Zustand selbst aber erhalten bleiben soll.

ppq hat gesagt…

das ist der punkt, in der tat. aber das eine folgt aus dem anderen. die geben jährlich millionen aus für spionageabwehr, allerdings ist die nur pro forma unterwegs, wenn der chinese spitzelt. ist es der amerikaner, dann gehen die augen zu, weil: machen kann man sowieso nichts.

oder soll die merkel die gsg9 loschicken, um den nsa-chef zu verhaften, wenn er mal in reichweite kommt? also zeitspiel und ablenkung. ich habe den weselsky seit heute im verdacht, auf jemandes payroll zu stehen. besser als mit dem streik konnte die debatte nicht beendet werden

Le Penseur hat gesagt…

Wie kommen Sie eigentlich darauf, daß bloß drei Affen am Kabinettstisch sitzen? Es sind deutlich mehr!

ppq hat gesagt…

stimmt, mit merkel, de maiziere und steinmeier kam ich auf drei, aber altmeier ist ja auch noch da

Anonym hat gesagt…

" ich habe den weselsky seit heute im verdacht, auf jemandes payroll zu stehen."

Weselsky vielleicht nicht. Aber es könnte sein, dass das Kanzlerinnenamt der DB-Leitung augenzwinkernd geraten hat, nicht nachzugeben, sich nicht erpressen und es notfalls darauf ankommen zu lassen. Wir werden später eine Lösung finden, die Kosten auf einer anderen Seite (Subventionen) wieder auszugleichen.

VS