Dienstag, 31. März 2015

Ein Schulzomat fürs Kanzleramt

Er ist der Mann mit der Superkraft Opportunismus, ein Bürokrat mit Brille, dessen großes Streben nach Macht und Einfluss ihn ganz nach oben geführt hat, dorthin, wo ein Wort die Wirklichkeit bezwingen kann und wo jedes peinliche Scheitern nicht mürbe macht, sondern immer nur mehr Macht und mehr Macht bringt.

Martin Schulz, ein "wortgewaltiger wie populärer" (Berliner Zeitung) Euro-Bürokrat, ist nach einem Versagen als Bürgermeister, einem Auflaufen in der nationalen Politik und einer Niederlage als Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokratie am Gipfel seines Einflusses angekommen. Schulz, Gurkennase, Dreitage-Bart, Wartburgbrille, Schmoll-Lippe und Zottelhaar, ist das Aushängeschild der SPD, ein Meinungssegler reinsten Wassers, der heute noch mehr Bomben auf Lugansk fordert, um morgen schon davor zu warnen, mehr Bomben auf Lugansk zu werfen.

Martin Schulz wird nie rot, denn er ist es schon. Wendig hat er das Präsidentenamt im EU-Parlament als Belohnung dafür kassiert, dass er den von Anfang an verlorenen Wahlkampf um den Kommissionspräsidentenposten aufrecht stehend geführt hat. Zeit für die nächste Etappe: Martin Schulz, da ist er selbst sehr sicher, kann auch Kanzlerkandidat.

Aus der Traum von der Machtübernahme durch King Gabi, vorüber die Tage, als die deutsche Linke von einem Dreieraufbruch in rot und rot und grün träumte. Die große Koalition, gebildet aus staatspolitischer Verantwortung den vielen Genossen gegenüber, die versorgt werden müssen, wird nicht abgelöst werden durch eine nationale linke Front, die mit der bereits existierenden linken Mehrheit zur nächsten Bundestagswahl durchmarschiert. Denn die große Koalition ist selbst längst linke Mehrheit, geführt allerdings von einer Kanzlerin, mit der die Menschen Mitte assoziieren.

Schulz, in Europa unsichtbar bis auf gelegentliche Talkshow-Auftritte, soll Gabriel die Niederlage in einem Wahlgang ersparen, dessen Ausgang nicht zuletzt schon durch seine Spitzenkandidatur feststeht. Die SPD der Gabriels, Nahles, Schwesigs und Steinmeiers hat nicht das Personal, eine Alternative zur übermächtigen Kanzlerin-Partei anzubieten. Schulz ist so die naheliegendste Wahl, ein Kandidat, der prinzipienlos schwafelt, seine Positionen je nach Popularität anpasst und schmerzfrei auch böse Tiefschläge einsteckt. Martin Schulz wird auch in einer erneuten Niederlage triumphieren. Und weiter aufsteigen.

NSU: Todesursache blauer Fleck

Wenn es um alles geht, geht es sogar noch schneller als bei der Aufklärung von Flugzeugkatastrophen! Am Samstagabend erst hatte der Lebensgefährte der früheren Freundin eines NSU-Insiders seine Freundin mit einem Krampfanfall in ihrer Wohnung gefunden. Der Krankenwagen kam, Ärzte kämpften um das Leben der 20-Jährigen. Doch vergebens. Melisa Marijanovic, die Ex-Freundin des Ex-Nazis Florian Heilig, der sich direkt auf dem Weg zu einer Vernehmung selbst angezündet haben soll, starb im Krankenhaus.

Polizei und Staatsanwaltschaft in Karlsruhe, ohnehin unter Druck, weil im Fall Heilig auch nach zwei Jahren noch ungeplant immer neue peinliche Einzelheiten über Ermittlungen der Marke "was ich nicht weiß, macht keinen heiß" bekannt werden, reagierte preußisch gründlich, zugleich aber in Weltrekordgeschwindigkeit. Das Todesermittlungeverfahren war kaum eröffnet, da konnte es auch schon wieder beendet werden. Mit beruhigenden Ergebnissen: Wie zahllose junge Frauen jedes Jahr starb auch Melisa Marijanovic "an den Folgen einer Lungenembolie", wie Polizei und Staatsanwaltschaft nach etwa 36-stündigen intensiven Untersuchungen mitteilten.

Verursacht worden war der Gefäßverschluss durch einen blauen Fleck am Knie, den sich die junge Frau am vergangenen Dienstag bei einem leichten Motorradunfall zugezogen hatte. Trotz mehrfacher ärztlicher Behandlung der Prellung habe die Verletzung letztlich eine Verstopfung eines Blutgefäßes der Lunge ausgelöst. "Anzeichen für eine wie auch immer geartete Fremdeinwirkung haben sich bei der Obduktion nicht ergeben", hieß es in der Mitteilung. Zur Beruhigung der Leitmedien, die auf den insgesamt fünften unnatürlichen Todesfall rund um den Nationalsozialistischen Untergrund nun doch leicht irritiert reagiert hatten, sollen nun noch feingewebliche Untersuchungen mit dem Mikroskop sowie eine chemisch-toxikologische Analyse durchgeführt werden. Damit werde ausgeschlossen, dass die Blaue-Fleck-These öffentlich angezweifelt wird.

Die renommierte "Zeit" hat bereits erklärt, dass sie jeder Erklärung folgen wird. Eine "angeblichen Todesserie" gebe es nicht, "ein Selbstmord, eine chronische Erkrankung und eine Verletzung" seien "sehr unterschiedliche Ursachen und deuten keineswegs zwingend auf eine Fremdeinwirkung".

Alle Fakten und Akten zum Fall NSU beim Sicherungsblog


Ein Land schreibt einen Thriller:

NSU: Morde aus dem Grab heraus
NSU: Mit großem Pomp am Ziel vorbei
NSU: Beweisschau im Internet
NSU: Klein, schmal und knochig
NSU: Die Toten auf dem Rücksitz
NSU: Hundert Tage April, April
NSU: Banküberfalltäter im Tattooarchiv
NSU: Die Fassade auf der Anklagebank
NSU: Nicht nur sauber, sondern rein

NSU: Doppelselbstmord zu dritt
NSU: Vorladung für Hollywood
NSU: Rufnummernmitnahme
NSU: Robert Redford gegen rechts
NSU: Strafe muss sein
NSU: Terror fürs Museum
NSU: Herz, Stern oder Halbmond
NSU: Schweigekomplott am Bosporus
NSU: Nazi per Nachname
NSU: Platznot auch im Alex-Prozess
NSU: Killerkatzen im Untergrund
NSU: Das weltoffene Deutschland im Visier
NSU: Liebes Terrortagebuch
NSU: NSU: Push the forearm fully forward
NSU: Heiße Spur nach Hollywood
NSU: Die Mutter von Hirn und Werkzeug
NSU: Musterstück der Selbstentlarvung
NSU: Rettung durch Rechtsrotz
NSU: Schreddern mit rechts
NSU: Softwarepanne halb so wild
NSU: Neues Opfer beim Verfassungsschutz
NSU: Im Namen der Nabe
NSU: Handy-Spur ins Rätselcamp
NSU: Brauner Pate auf freiem Fuß
NSU: Rufmord an den Opfern
NSU: Heiße Spur ins Juwelendiebmilieu
NSU: Eine Muh, eine Mäh, eine Zschäperättätä
NSU: Von der Zelle in die Zelle
NSU: Die Spur der Schweine
NSU: Gewaltbrücke zu den Sternsingern
NSU: Gebührenwahnsinn beim Meldeamt
NSU: Nun auch auf dem linken Auge blind
NSU: Die Welt ist klein
NSU: Verdacht auf Verjährung
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NSU: Terrorwochen abgebrochen
NSU: Rechts, wo kein Herz schlägt
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NSU: Neue Spuren ins Nichts
NSU: Tanz den Trinitrotoluol
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NSU: Honeckers rechte Rache
NSU: Die Mundart-Mörder
NSU-Todeslisten: Sie hatten noch viel vor
NSU: Was wusste Google?
NSU: Kommando späte Reue
NSU: Die tödliche Bilanz des braunen Terrors
NSU: Mit Hasskappen gegen den Heimsieg
NSU: Mordspur nach Möhlau

Montag, 30. März 2015

NSU: Morde aus dem Grab heraus

Erst verbrannte sich Florian Heilig, ein Zeuge im Mordfall Kiesewetter, Stunden vor einer Vernehmung durch das LKA in seinem Auto. Dann erlitt Corelli alias Thomas Richter, ein V-Mann des Bundesverfassungsschutzamtes mit Verbindungen zur NSU, einen Zuckerschock und verstarb in seiner Wohnung, nicht einmal 30 Jahre alt. Und nun hat es auch noch die Ex-Freundin von Florian Heilig getroffen: Die 20-Jährige erlitt "einen Krampfanfall in ihrer Wohnung" (Spiegel) und starb wenig später im Krankenhaus.

Drei junge Menschen, nicht einmal 40 Jahre alt, gesund und einsatzbereit, und alle auf einmal tot. Ist es Zufall, ist es Pech oder ist es der NSU, der da mit langem Arm aus dem Grab heraus weitermordet? Thomas Richter, der während seiner aktiven Tätigkeit als Vertrauensmann des Bundesamtes für Verfassungsschutz rund 180.000 Euro für seine Dienste gezahlt bekommen haben soll, befand sich zum Zeitpunkt seines tragischen Frühablebens in einem Zeugenschutzprogramm. Seit zwei Jahren bereits, allerdings hatten ihn noch immer weder BKA noch Untersuchungsausschüsse angehört. Kurz vor einer geplanten Vernehmung wurde Richter dann am 7. April 2014 von seinem Vermieter tot in seiner Wohnung gefunden, gestorben an einer bisher nicht bemerkten Diabeteserkrankung.

Bei Florian Heilig, der behauptet hatte, er kenne den wahren Mörder der Polizistin Kiesewetter, war es noch ein bisschen enger. Der frühere Nazi mit Verbindungen zum NSU soll sich erst direkt auf dem Weg zu einer Vernehmung selbst angezündet haben.

Ein Fremdeinwirken schlossen Ermittler monatelang aus. Ähnlich wird es nun bei der 20-jährigen Melisa Marijanovic laufen, die im NSU-Untersuchungsausschuss in Stuttgart in einer nicht-öffentlichen Sitzung erklärt hatte, sie fühle sich bedroht, wobei sie nicht sagte, von wem. Marinkovic wurde zuvor beschuldigt, ihren damaligen Freund Florian Heilig per Handy auf den Parkplatz bestellt zu haben, auf dem er sich später verbrannt haben soll. Sie wäre damit die einzige gewesen, die hätte aussagen können, wer sie veranlasst hat, Heilig nach Bad Canstatt zu bestellen.

Ein großes Sterben im Dienst einer großen Sache, so scheint es, denn schon Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten den Ermittlern mit ihrem Abgang im Wohnmobil unlösbare Denksportaufgaben hinterlassen: Selbstmord mitten im Feuer, aber kein Ruß in der Lunge. Patronenhülsen, die verraten, dass nach dem letzten Schuss noch jemand durchgeladen hat. Spätauftauchende Bekenner-DVDs. Rucksäcke ohne Brandspuren. Ähnlich wie bei Florian Heilig, hier wurden wichtige Beweismittel Monate später von Verwandten des Toten aus dem ausgebrannten Autowrack geborgen.

Passt alles zusammen, alles ergibt ein einheitliches Bild. In jedem Mafia-Thriller läuft das so, kein Tom-Clancy-Roman kommt diese Konstellation aus. Im Fall NSU stört allerdings die Aufklärung nach Aktenlage, die das Ermittlerkollektiv der Seite NSU-Leaks seit Monaten in beeindruckender Weise verfolgt. Jeder tote Zeuge wird in dieser Situation nicht zu einem Garanten für mehr Sicherheit, sondern zu einem Anlass, noch misstrauischer nachzuforschen. Am Ende kommt dann irgendwann vielleicht doch noch alles raus.

Und die Republik ist wirklich nicht mehr dieselbe wie vorher.


Ein Land schreibt einen Thriller:

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NSU: Mordspur nach Möhlau

Hades-Plan: Jetzt mit "Spiegel"-Siegel

Es war das erklärte Ziel jener kleinen, überaus mächtigen Kungelrunde, die damals im Bonner Kanzlerbungalow zusammenkam, eine deutsche Dominanz über Europa herzustellen. Der Hades-Plan, in dem Helmut Kohl und eine Handvoll Getreuer kurz nach dem Zusammenbruch des Ostblocks festgeschrieben hatten, wie Deutschland Europa zuerst über monetäre Sparwirtschaft erobern und später dann als Großgläubiger des Restkontinents dauerhaft dominieren würde, ist ein Vierteljahrhundert nun tatsächlich nicht nur Realität, sondern auch vom Nachrichtenmagazin "Spiegel" anerkannte Wirklichkeit geworden: In einer vielbeachteten Titelgeschichte erklärt das Repetiergewehr der alternativlosen Demokratur jetzt die schwierige Rolle, die die Bundesregierung spielen muss, seit der "Hades-Plan" als Musterbeispiel für deutsche Machtpolitik durch die Hintertür bekannt wurde.

Die "German Übermacht" hat ein Team aus Dichtern und Auslandskorrespondenten entdeckt - und obwohl der "Hades-Plan" nicht einmal ausdrücklich erwähnt wird, wissen die Völker Europas nun um das geschickte deutsche Doppelspiel, das zuerst zum Vertrag von Maastricht führte, dann zur Einführung des Euro, schließlich zur großen Schuldenkrise und letztlich zum von Anfang an anvisierten Ziel: Der Eroberung Europas durch Deutschland.

Dabei stellt der "Spiegel" "Merkel in eine Reihe mit Nazis" (Süddeutsche), um zu verdeutlichen, wie es Kohl, Seiters, Bohl und ihren Kollegen gelang, die Ergebnisse zweier Weltkriege ohne einen einzigen Schuss umzudrehen. Die Vergangenheit vergehe nicht, darum sei die die Nazi-Zeit in der Euro-Debatte wieder zum Thema geworden, seit Deutschland wie geplant die unumschränkte Führungsrolle auf dem Kontinent übernommen habe. Belegt werde das durch die Vier-Augen-Gespräche, die Angela Merkel zuletzt mit dem griechischen Regierungschef Tsipras führte. Die europäischen Institutionen, in den vergangenen Jahren zumindest pro forma auf v ielen Fernsehschirmen präsent, rutschten erstmals wieder in die Kulisse zurück.

Angela Merkel, ausgeschnitten und "plump" (Spiegel) mit Klebestreifen in einen Kreis aus Nazi-Offizieren eingefügt, die Europa unterjochen, ist im zehnten Jahr ihrer Regierung erfolgreicher als alle ihre Vorgänger. Versuchte Ludwig Erhardt seinerzeit, den Russen 100 Milliarden für die DDR zu bieten, um 17 Millionen Konsumenten und Steuerzahler nebst einer Immobilie von 108.333 Quadratkilometer zu übernehmen, was erfolglos blieb, gelang es Merkel, für eine Summe, die nicht einmal dem Sechsfachen entspricht, 400 Millionen Steuerzahler und fast vier Millionen Quadratkilometer unter deutsche Herrschaft zu bringen.

Dass der "europäische Blick auf Deutschland" (Spiegel) die Kanzlerin mit Hitler-Bart zeigt, ist ein kleiner Preis für diesen gloriosen Sieg über die unselige Geschichte deutscher Versuche, sich Europa untertan zu machen. Der "Spiegel"-Titel zeigt es - und ist zugleich Beweis, dass Deutschland und die deutschen Medien die neue Rolle als Führungsmacht für den restlichen Kontinent zunehmend selbstbewusst annehmen.

Sonntag, 29. März 2015

Zitate zur Zeit: Euroland ist abgebrannt

Der Euro hat Europa augenscheinlich nicht nur nicht geeint, er hat es auch nicht, wie verkündet, zu einem mächtigen Global Player gemacht. Die Kosten dieses politischen Experiments zum Nachteil der ökonomischen Vernunft sind unüberschaubar.

Cora Stephan zur Umsetzung des Hades-Planes

Doku Deutschland: Als Zigarettenschmuggler in Griechenland

Der Dolphin vom russischen Hersteller Kometa - das schnellste Schmugglerboot im ionischen Meer.
Als ich noch gearbeitet habe, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen. Aber dann fing das mit der Krise an, bei uns, ich war der Post, wissen Sie, wurden Stellen abgebaut, wie man das sagt. Meinen tun sie damit ja, dass Leute rausgeworfen werden. Am Anfang hatte ich noch Glück, ich bin lange dabei, seit 1978, da wird Rücksicht genommen. Aber es ging ja immer weiter, es wurde immer dünner bei uns, nicht nur vom Gehalt, das sie uns um 20 Prozent gekürzt haben. Manchmal war gar keiner mehr da, um Post zuzustellen, aber das war auch nicht mehr so wichtig, wichtiger war, dass wir diese Sparpläne erfüllen.

Ich habe meinen Brief dann letztes Jahr vor Weihnachten bekommen. Tut uns leid. Nein, das stand nicht mal drin. Zwei Gehälter haben sie mir noch mitgegeben, Abfindung haben sie das genannt. Ich bitte sie, Abfindung für 36 Jahre!

Ich bin jetzt 54 und meine Frau bringt rundgerechnet 1200 Euro im Monate nach hause. Die arbeitet im Fischladen, aber Fisch ist auch so eine Sache. Teuer, jedenfalls zu teuer, wenn es nach den Leuten geht, die nichts haben. Leute wie ich im Grunde. Ich bekomme im Moment noch Arbeitslosenhilfe, aber nun auch nur noch zehn Monate. Die Abfindung wird angerechnet, haben sie mir gesagt.

Deshalb bin ich dann Schmuggler geworden, eigentlich gleich an dem Abend, an dem ich das erste Mal diesen amerikanischen Film "Breaking Bad" gesehen habe. Wenn einen das Leben zwingt, sich zu wehren, dann darf man nicht mehr fragen, ob das erlaubt ist, so habe ich das verstanden.

Nicht, dass sie denken, dass ich Drogen herstelle oder schmuggle oder so. Das käme mir nicht in den Sinn, ich bin ein gesetzestreuer Bürger, eigentlich immer noch. Aber die hundertprozentige Gesetzestreue kann sich ein Mensch nicht mehr leisten, wenn er Rechnungen zu bezahlen und eine Familie zu ernähren hat.

Die Schengen-Außengrenze wird scharf bewacht.
Ich schmuggle also Zigaretten. Das war naheliegend. Wir leben hier in Korfu-Stadt direkt am Hafen, dort fährt um neun jeden Tag die erste Fähre rüber nach Saranda. Das ist, falls sie es nicht wussten, in Albanien. Mit dem "Flying Dolphin", einem russischen Kometa-Tragflügelboot, ist man in einer halben Stunde drüben. Ich halte mich in Saranda nicht lange auf. Ich bin nur kurz bei Gerrasim, der hat einen Kiosk gleich am Hafen. Gerassim ist der Neffe einer früheren Kollegin. Zehn Schachteln Zigaretten bekomme ich bei ihm für 10 Euro, die kosten bei uns daheim inzwischen 50. Dann stehe ich auch schon wieder unten am Pier und warte auf die Rückfahrt.

Da ist nicht illegal, ich weiß also nicht mal, ob ich wirklich ein Schmuggler bin. Die Fähre fährt dreimal am Tag, ich bin immer an Bord. Zurück in Korfu-Stadt, bringe ich meine Zigaretten zu Wassil, der einen Kiosk am Hafen hat. Er gibt mir 35 Euro für die Stange.

Sie werden jetzt sagen, wie rechnet sich das denn, wenn das Ticket für die Fähre 25 Euro kostet? Wissen Sie, wir sind hier in Griechenland. Die Mannschaft auf den Fähren, die Kapitäne, die Zöllner, die Grenzpolizei, die kennen mich alle. Das sind Söhne von Bekannten, Mitschüler meiner Söhne, Bekannte von Freunden, Freunde von Verwandten. man darf eigentlich nur eine Stange mitnehmen. Mich lassen sie drei im Beutel haben, auch vier, wenn es mal eng wird.

Sie können das selbst ausrechnen. Ich habe einen Gewinn von 25 Euro pro Stange, also ungefähr 75 Euro pro Fahrt. Das Ticket muss ich bezahlen, es gibt leider auch keine verbilligten Monatskarten oder so etwas. Nehme ich den Kometa, bin ich schneller, jede Tour kostet aber 38 Euro. Nehme ich die Fähre, dauert es länger, kostet aber nur 25. Wirtschaftlich gesehen ist es besser, die teuren Touren zu nehmen. Nach Abzug der Kosten bleiben mir da nach drei Fahrten 111 Euro am Tag, mache ich nur zwei mit dem billigen Ticket, sind es nur 100 Euro.

Sie rechnen noch mit, ja? Aber sie liegen falsch. Ich komme mit meinem bisschen Schmuggelei nicht auf fast 3500 Euro im Monat, bei weitem nicht. Am Wochenende trete ich kürzer, ich fahre höchstens einmal, manchmal gar nicht. Und auch in der Woche lasse ich manchmal eine Fahrt aus, man darf nicht überziehen, sage ich immer.

Zurück daheim, trinke ich erstmal einen Kaffee auf meine erfolgreiche Rückkehr.
Mehr Doku, mehr Deutschland in der preisgekrönten O-Ton-Reihe

Samstag, 28. März 2015

Sozialdemokraten machen sich für Islamisten stark

Österreich macht ernst im Kampf gegen den Islamischen Staat und verbietet die Kennzeichnung von Fahrzeugen mit dem islamistischen Kürzel IS, die SPD hingegen setzt auf stärkere Identifizierungsmöglichkeiten für Islamisten: In Deutschland sollen sich Anhänger der extremistischen Auslegung der Friedensreligion künftig wieder offen zu ihrem fundamentalistischen Weltbild bekennen dürfen.

Wie die "Zeit" berichtet, sind Genossinnen und Genossen in Iserlohn dafür, das alte „IS“-Kennzeichen wiedereinzuführen. Seit 2012 haben Landkreise und kreisfreie Städten, die Rechtsnachfolger von aufgelösten Landkreisen und kreisfreien Städten sind, die Möglichkeit, Kfz-Unterscheidungszeichen zu vergeben, die eine größere regionale Identifizierung der Bürger mit Gebietskörperschaften wie dem kleinen verlassenen Städten in Mecklenburg, maroden Ruhrgebietsgemeinden oder aufstrebenden Diktaturen wie dem Islamischen Staat zulassen.

Das österreichische Innenministerium hatte dagegen erst kürzlich Kfz-Kennzeichen mit dem Kürzel "IS" untersagt. Zudem kündigte die Behörde die Veröffentlichung einer Liste mit "30 bis 40 Buchstabenkombinationen" an, die wegen ihrer umstrittenen Bedeutung bei personalisierten Autokennzeichen nicht mehr erlaubt sein sollen. Dabei orientieren sich die einstigen Alpen- und Donau-Reichsgaue am deutschen Vorbild, nach dem Buchstaben-Kombinationen, die von Neonazis verwenden werden könnten, nicht vergeben werden dürfen. Darunter fallen etwa NSDAP, AH oder SS sowie Zahlen-Synonyme wie 88 oder 18, aber auch HH, NS und NSU.

Mehr Verbote der Woche

Germanwings 4U9525: Atemgeräusche ohne Axtlärm

Vom Varoufakis-Fake zur Sonnenfinsternis und von dort aus direkt weiter Richtung Germanwings 4U9525 - wie im ersten Gesetz der Mediendynamik beschrieben, passt die Welt auch in Stunden höchster Aufregung zwar in keinen Schuhkarton, unweigerlich aber in 15 Minuten Tagesschau. Dort wie in den federführenden Schreibstuben der Leitmedien wird unweigerlich im Gleichklang musiziert, wobei naheliegende offene Fragen zugunsten abseitiger Spekulationen unbeachtet bleiben. Eifrig stürzen sich die Liveticker aller eingeschworenen Abspielstationen der staatlichen Nachrichtenagentur DPA auf die Psyche des Co-Piloten, die Mechanik der Türblockierung und die Tränen der Regierenden. Kaum Platz bleibt da für die tatsächlichen Rätsel, die Flug 4U9525 stellt.

Und davon gibt es selbst aus der Ferne betrachtet einige. So ist es durchaus beachtlich, dass die Auswertung des Flugschreiber, die im Fall der über der Ukraine abgestürzten Malaysian-Airlines-Maschine MH17 seit acht Monaten andauert, im Fall der Germanwings-Maschine bereits nach 48 Stunden mit einem amtlichen Ergebnis beendet wurde.

Was an Informationen veröffentlicht wird, mutet an wie ein Best-Of der Uneindeutigkeit. Der Pilot geht auf die Toilette, der Co-Pilot verrammelt das Cockpit und leitet den Sinkflug ein. Der stellt das Flugzeug auf einen Winkel von zehn Grad abwärts - doch während der Voicerecorder die "Atemgeräusche" (DPA) des Co-Piloten getreulich aufzeichnet, sind in den sieben Minuten vor dem Aufprall weder Rufe des zurückkehrenden Piloten, der sich ausgesperrt findet, noch dessen spätere Schläge mit der "Axt gegen die Cockpittür" (n-tv) zu hören. Dafür eindeutig belegt: Der schweigende Mann im Cockpit ist der Co-Pilot, der nicht zu hörende Mann draußen ist der Pilot.

Auch in der Kabine bleibt es erstaunlich still, keine Stewardess versucht, den Co-Piloten um Öffnung zu bitten, keiner der 144 Passagiere versucht zu Telefonieren oder eine SMS abzusetzen. Verschwunden ist aus der Berichterstattung inzwischen auch jeder Hinweis auf einen oder sogar drei Mirage-Abfangjäger, von denen es je nach Quelle anfangs hieß, sie seien wegen des schweigenden Flugzeuges aufgestiegen oder aber bereits zuvor in der Nähe in der Luft gewesen.

Statt mit wachsender Menge verfügbarer Informationen plausibler zu werden, gerät das Bild zusehends unschärfer. Was nicht zusammenpasst, wird passend geschneidert, trostspendend ist nach 72 Stunden ein Täter zur Hand, dessen irrationales Handeln darauf gerichtet war, "eiskalt seinen grausamen Plan in die Tat umzusetzen" (Bild). Dagegen, so der Tenor, gebe es nun mal "keine hundertprozentige Sicherheit". Ganz ungeachtet des Fläschchenverbots für Passagiere an Bord, der Millionen beim Sicherheitschech eingesammelten Nagelfeilen und Feuerzeuge, der geröntgten Laptops und hightechinspizierten Wanderstiefel.

Nun folgt die übliche Routine der Gesetzverschärfungen, Forderungen nach Regeländerungen für Toilettengänge und häufigere Psycho-Checks von Kabinenpersonal.

Der frühere Lufthansa-Pilot Peter Haisenko, der schon nach dem Absturz von MH17 interessante Fragen gestellt hatte, gibt im Video oben eine ganze Reihe von Hinweisen darauf, wo Aufklärungsbedarf besteht.

Der nächste Liveticker aber kommt bestimmt. Und dann wird alles andere wichtiger sein.

Themensterben in der Medienlandschaft: Angewandte Entropie

Freitag, 27. März 2015

Flugzeug-Abstürze: Mit diesen Tipps erhöhen Sie Ihre Überlebenschance

Flugzeuge stürzen ab, Medien jauchzen auf, jeder Restmüll an Nicht-Information kann nun meistlesend in die Öffentlichkeit verklappt werden.
Fliegen bleibt trotz zahlreicher Abstürze eine der sichersten Transportarten, Ausnahmen bestätigen die Regel. Schaden kann es aber nach Ansicht führender Berichterstatter nicht, wichtige Verhaltensregeln für den Notfall zu kennen. Sechs besonders hilfreiche Tipps lesen Sie hier - keiner hätte in irgendeinem aktuellen Fall irgendeinem Passagier irgendetwas geholfen. Aber in Zeiten wachsender Flugangst dokumentiert PPQ den kompletten Lebensrettungsbeitrag einer renommierten Großzeitung, der in Form einer lange vorab veröffentlichten spannenden Lesestrecke alltagsnahe Folgerungen aus der akuten Krise der Luftfahrt zieht.

Etliche Flugzeugunglücke mit vielen Todesopfern erschüttern die Menschen weltweit, der Absturz von Germanwings 4U9525 durch den mutmaßlichen Selbstmordanschlag des Co-Piloten auf die mitreisenden Passagiere ist kein Einzelfall. Im letzten Jahr verschwand der Malaysia-Airlines-Flug MH370 spurlos auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking, eine Boeing des Malaysia-Airlines-Flugs MH17 auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur stürzte über der Ukraine ab, ein Air-Algérie-Flugs 5017 über Mali und Air-Asia-Flug QZ8501 auf dem Weg von Surabaya nach Singapur ins offene Meer.

Insgesamt kamen dadurch im vergangenen Jahr 970 Menschen ums Leben. Das sind etwa viermal so viele wie im Vorjahr (251).

Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: Außerhalb von Flugzeugen sterben sehr viel mehr Menschen. Und nicht immer sterben alle Insassen eines verunglückten Fliegers. Am 23. Juli vergangenen Jahres überlebten zum Beispiel zehn von 58 Passagieren den Absturz des Trans-Asia-Airways-Flugs GE222 über Taiwan. Grundsätzlich sind die Überlebenschancen sogar relativ hoch: Laut dem US-amerikanischen National Transportation Safety Board liegt die Rate bei rund 76 Prozent. Auch die Wahrscheinlichkeit, in einen Flugzeugunfall verwickelt zu werden, ist extrem gering.

Die Frankfurter Rundschau zitiert den britischen „Daily Mirror“, der den Wissenschaftler Arnold Barnett vom renommierten Massachusetts Institute of Technology in den USA folgendermaßen zitiert: „Wenn Sie jeden Tag einmal fliegen, müssten Sie durchschnittlich 55.000 Jahre täglich fliegen, bevor Sie in einen Flugzeugabsturz verwickelt werden.“

Der Wahrscheinlichkleit nach wäre man dann zudem nur zu 24 Prozent tot.

Aber trotz dieser ermutigenden Zahlen, nach denen die 150 Menschen an Bord von Germanwings-Flug 4U9525 mindestens 24 Millionen Jahre täglich einmal hätten fliegen müssen, um einmal dabei umzukommen, kann es nicht schaden, zu wissen, wie man seine Überlebenschance im Fall der Fälle steigert. Die Frankfurter Rundschau hat auf dem letzten Inlandsflug die Waschzettel eines Billigfliegers abfotografiert und aus den lesbaren Resten einem Qualitätsbeitrag arrangiert, den Flugpassagiere hinten im Pass kleben haben sollten, um im Ernstfall stets nachlesen zu können.

1. Gurt

Wie im Auto sollte der Gurt im Flugzeug an der Hüfte geschlossen werden. In Notfällen handeln Menschen instinktiv und würden daher aus Gewohnheit zuerst an diese Stelle fassen. Wer sich vor dem Start mit dem Gurt vertraut macht und sich mehrmals an- und abschnallt, schult das Gedächtnis und ist damit im Vorteil.

2. Rettungsweste

Nicht jede Airline verstaut die Rettungswesten unter dem Sitz. Informieren Sie sich deshalb vor dem Abflug über den Aufbewahrungsort. Blasen Sie die Weste unbedingt erst im Freien auf. Sollte sich das Flugzeug mit Wasser füllen, würde Sie eine aufgepustete Weste an die Decke schwemmen – dann sitzen Sie in der Falle. Selbst wenn die Maschine nicht mit Wasser vollläuft, machen Sie sich mit einer aufgeblasenen Weste unbeweglich und kommen schlechter nach draußen.

3. Fensterrollos

Schieben Sie im Notfall unbedingt die Fensterrollos nach oben. Damit helfen Sie der Crew, die Gefahrenlage draußen einzuschätzen und die richtigen Maßnahmen für die Evakuierung zu treffen.

4. Sauerstoffmaske


Wenn die Sauerstoffmasken herunter fallen, haben Sie rund zwölf Sekunden Zeit zum Aufsetzen, bevor Sie ohnmächtig werden. Ziehen Sie die Sauerstoffmaske deshalb unbedingt auf, bevor Sie anderen helfen. Versorgen Sie zum Beispiel zuerst ein Kind, könnte die Zeit für Sie selbst knapp werden. Das Kind hat dann außerdem niemanden mehr, der sich um es kümmert.

5. Rauch


Befindet sich Rauch in der Kabine, fallen keine Sauerstoffmasken herunter. Die Gefahr einer Explosion wäre zu hoch, denn die Sauerstoffzufuhr könnte ein Feuer entfachen. Da die Maske nicht luftdicht ist, sondern nur Luft ausströmt, würde sie vor einer Rauchvergiftung ohnehin nicht schützen.

Bleiben Sie also so ruhig wie möglich und kontrollieren Sie Ihre Atmung. Zwei tiefe Atemzüge mit Rauch reichen, um ohnmächtig zu werden. Drei oder vier sind tödlich. Legen Sie sich auf den Boden. Da Rauch leichter ist als Luft, steigt er auf. Je näher am Boden Sie sind, desto besser können Sie atmen.

Falls vorhanden, bedecken Sie Mund und Nase mit einem feuchten Tuch, das schädliche Partikel aus der Luft filtert. Rote Lichter im Flugzeug markieren den Weg zum nächsten Ausgang. Im Vorteil sind Sie, wenn Sie sich die Lage des Notausgangs schon vor dem Abflug merken oder die Sitzreihen bis dorthin zählen. Bei besonders dichtem Rauch können Sie sich dann bis nach draußen „abzählen“.

US-Waffen in der Ukraine: "Spiegel" in der Zeitschleife

Ein amerikanischer Humvee, den Separatisten Mitte Februar von der ukrainischen Armee eroberten.
Wunder der Wissenschaft! Einen Monat nach der exklusiven PPQ-Meldung, wonach Separatisten in der Ostukraine von Truppen der Kiewer Regierung Humvee-Geländewagen aus amerikanischer Produktion erbeutet haben, hat das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" jetzt nachgezogen. Washington habe "begonnen, militärische Ausrüstung an die Ukraine zu liefern", schreibt das Blatt, Präsident Poroschenko selbst habe in Kiew "die ersten zehn Geländewagen in Empfang" genommen.

Die "ersten" Humvees aus den USA, die einen Monat später geliefert wurden.
Besonders erstaunlich an der Wiedergabe einer offiziellen Pressemitteilung der Poroschenko-Administration ist der Hinweis, dass die USA damit "zum ersten Mal Armeegeländewagen in die Ukraine geschickt" hätten - das passt zwar zu früheren Behauptungen des ukrainischen Militärs, keine US-Waffen zu besitzen. Nicht aber zur Faktenlage, nach der Humvees bereits lange vor der Lieferung der angeblich ersten Fahrzeuge in der ukrainischen Armee im Einsatz waren.

Offenbar eine  fraktale Zeitschleife. Anders ist nicht zu erklären, wie zumindest einer der jetzt gelieferten Humvees  bereits vier Wochen vor seiner Auslieferung an die ukrainische Armee in der Ostukraine in die Hände der Separatisten fallen konnte.

Der "Spiegel" hält es trotz dieses offenkundigen Widerspruchs wie alle deutschen Leitmedien: Er wird einfach ignoriert. Keine Erwähnung der bereits in der Ukraine herumfahrenden Humvees oder des Umstandes, dass die verhassten Separatisten inzwischen nachweislich zumindest eines der Fahrzeuge erobert haben. Keine Nachfrage, auf welchen Wegen Humvees, die als gepanzerte Geländewagen immerhin unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, bereits Wochen vor der angeblich ersten Lieferung in die Ukraine geraten konnten.

Donnerstag, 26. März 2015

Flugschreiber: Nur manchmal dauert es

So verschieden läuft das. Im Fall der über Frankreich abgestürzten Germanwings-Maschine 4U9525 dauerte es ganze drei Tage, bis Flugschreiber gefunden, Stimmrekorder ausgelesen und die ersten Informationen öffentlich geworden waren. Die entscheidenden sieben letzten Minuten im Cockpit sind danach überwiegend stumm verlaufen, ein Pilot nur war an seinem Platz, der andere versuchte vergebens, die blockierte Tür von außen zu öffnen. Schlechte Nachrichten ür eine Heuchler-Parade von Spitzenpolitikern, die in den letzten Stunden Krokodilstränen an der Unglücksstelle vergossen hatten, um Wahlen zu gewinnen (Hollande), Europa zu einigen (Merkel) und das eigene Land zu befrieden (Rajos). Ihre bevorzugte Unglücksursache wäre nicht der aufgrund der Tatsachen naheliegende Terroranschlag, sondern technisches Versagen gewesen.

Wenn man aber nicht bekommt, was man gern hätte, dann wird normalerweise wenigstens das vermieden, was man am wenigsten gebrauchen kann. Im Fall der Flugschreiber der vor einem Jahr über der Ostukraine abgestürzten Malaysian Airlines-Maschine mit der Flugnummer MH17 ist das hervorragend gelungen. Auch acht Monate nach der Tragödie ist keine einzige Information aus der Auswertung der Flugschreiber an die Öffentlichkeit gedrungen. Auch Informationen aus der Aufzeichnung des Flugfunkverkehrs, die der Bundesregierung seit letztem Sommer vorliegen, blieben geheim. Angeblich verlange das die "internationale Chicagoer Konvention der International Civil Aviation Organisation“, nach der die Veröffentlichung solcher Informationen der federführenden Flugunfalluntersuchungsbehörde obliegt.

Die sitzt bei 4U9525 in Frankreich, bei MH17 hatten den Flugschreiben malayische Behörden, ehe sie britische in die Hand bekamen, während die Zuständigkeit bei der niederländischen Flugsicherheitsbehörde OVV liegt. Trotz der zahlreichen Beteiligten drang bei MH17, dem nach westlichen Willen von Separatisten abgeschossenen malaysischen Boing 777, über sieben Monate kein Ton nach außen. In Frankreich hingegen dauerte es nur 72 Stunden, bisder Kern der Information aus der Blackbox öffentlich war.

Selbst der "Spiegel", der mit den Opfern von MH17 eine heute schon legendäre Titelseite und den Begriff Kriegspropaganda damit mit völlig neuem Inhalt füllte, staunte über "Das seltsame Schweigen der Ermittler". Und verfiel gleich anschließend in dieselbe Katatonie: Seit September vergangenen Jahres keine Frage mehr nach dem Voicerecorder, keine Erwähnung der Blackbox, kein Nachhaken, kein Versuch, öffentlich Druck zu machen, um den nichtssagenden "ersten Bericht" der Ermittler, nach dem an Bord alles ganz normal gewesen sei, bis das Flugzeug plötzlich auseinanderbrach, durch Details zu ergänzen.

So viel und so schnell hier, so wenig und so langsam dort.

Boykottforderung nach Flugzeugtragödie

In Russland zeigte ein knallharter "Spiegel"-Titel nach dem Absturz des malaysischen Fluges MH17 über der Ukraine sofort Wirkung - die EU und die USA einigten sich auf scharfe Sanktionen, so dass der russische Diktator Putin schließlich für fünf Tage von der Bildfläche verschwand. Nach dem Absturz des Germanwings-Flug 4U9525 hat der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann nun gefordert, dieselbe kompromisslose Linie auch gegen die Verantwortlichen für die Tragödie über den französischen Alpen zu fahren: "Vor Germanwings kann man nur noch warnen. Überalterte Maschinen und miserabler Service. Mit denen werde ich nicht mehr fliegen", schrieb der Hauptberichterstatter der Unions-Fraktion für die Ukraine, Weißrussland und Russland auf seiner Facebook-Seite.

Wellmann, der als Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe ein bisher unauffälliges, aber auskömmliches Dasein im Schatten diverser Kriege führte, gilt als harter Hund, dem Völkerrecht und Gesetz schonmal richtig schnurz sind, wenn er vor eine Kamera gerät. Im August 2013 forderte Wellmann im ARD-Morgenmagazin aufgrund der Giftgasangriffe von Ghuta, für die bis heute keine Verantwortlichen ermittelt werden konnten, einen Militärschlag gegen Syrien auch ohne Mandat der Vereinten Nationen. Ein Jahr später sagte der Experte den wirtschaftlichen Zusammenbruch Russlands voraus.

Mittwoch, 25. März 2015

Verbot der Woche: Licht aus, wenn Augen zu

Wohnzimmer, Badezimmer, Küchen - ab heute gelten für Beleuchtungskörper in Europa neue Energievorgaben. Im Zuge des Energieausstieges verbannt die EU besonders energiehungrige Stromverbraucher herkömmlicher Art vom Markt.

Ab heute gelten deshalb auch neue Vorgaben für Zimmerbeleuchtung: Mit Strom betriebene Lampen müssen zwingend mit einem sogenannten Lidbewegungsmelder ausgestattet sein, der mit der Lichtquelle gekoppelt ist und die Beleuchtung abschaltet, sobald die im Raum befindliche Person die Augen schließt. Die EU-Kommission argumentiert mit dem Energiesparpotenzial dieser sogenannten Blindmannschaltung: Mit geschlossenen Augen, etwa in der Mitte einer Zwinkerbewegung, könne der Mensch ohnehin nichts sehen, daher sei es Verschwendung, die Beleuchtung für diesen Zeitraum aufrechtzuerhalten.

Pro Minute blinzelt ein Mensch etwa 10 bis 15 Mal, jeder einzelne Zwinkerer dauert bis zu 400 Millisekunden an. Nach Berechnungen der EU ergibt sich daraus ein täglicher sogenannter natürlicher Dunkelraum von etwa 1,6 Stunden für jeden Menschen - für die gesamte EU-Bevölkerung seien das, so hieß es in Brüssel, etwa 720 Millionen Stunden täglich, in denen eine Beleuchtung theoretisch wegfallen könne.

Zwar verengt sich der Bereich, den die neue Verordnung erfasst, in der Praxis letztlich auf die Stunden, in denen künstliche Beleuchtung gefragt ist. Hier aber will die EU ab heute entschieden nachregulieren und Produkte aus dem Handel nehmen lassen, die nicht über Lidbewegungsmelder verfügen.

Geräte ohne die neue Technik, die schon im Handel sind, dürfen aber noch verkauft werden. Die Leistungsfähigkeit der Geräte werde nicht leiden, betont die EU-Kommission. Verbraucher würden den Unterschied gar nicht bemerken. Allerdings könnten sie durch den geringeren Energieverbrauch aufgrund der bis zu 14000 Abschaltungen am Tag bis zu 17 Euro pro Jahr sparen, wenn sie Geräte der höchsten Effizienzklasse wählten.

Energiesparvorgaben gibt es in der Europäischen Union für eine ganze Reihe an Produkten, darunter Staubsauger, Kaffeemaschinen oder Kühlschränke.

Mordfall Khaled: Aufrüttelnde Umbenennung

Am Abend des 22. Januar fiel der eritreische Asylbewerber dem Mordanschlag eines Mitbewohners aus Dresden zum Opfer. Obwohl früh viele Hinweise darauf deuteten, dass die seinerzeit durch Dresden marschierende Pegida-Bewegung mit dem Mord zu tun haben könnte, stellte ein Notarzt offiziell fest, dass es keine Anzeichen für Fremdeinwirkung gebe. Auch die hinzugerufene Polizei vertuschte nach Kräften und ging aufgrund der Auffindesituation von einem Fenstersturz als Todesursache aus. Es handele sich wohl um einen Unfall oder Suizid, hieß es.

Erst nachdem der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck von Berlin aus zu anderen Schlüssen kam und Strafanzeige gegen den gesamten sächsischen Justizapparat stellte, dem er Kollaboration mit den rassistischen Mördern vorwarf, kam die Aufklärung in Gang. Elizabeth Chyrum, Direktorin der in Großbritannien ansässigen Menschenrechtsorganisation Human Rights Concern Eritrea, sandte einen dringenden offenen Brief an den deutschen Bundesjustizminister Heiko Maas, in dem sie schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsarbeit der deutschen Polizei äußerte. „Angesichts von Demonstrationen gegen Migranten und Muslime in Dresden“ habe sie „kaum Zweifel, dass Herr Bahray ein Opfer dieser Extremisten ist“.

Zugleich regte sich auch in Dresden Widerstand gegen die Akzeptanz von rechtspopulistischen, ausländerfeindlichen Positionen: Es gab unter dem Motto "Ich bin Khaled" und "Rache für Khaled" Kundgebungen, Mahnwachen und Proteste. Der Fall erregte national wie international Aufsehen, Dresden stand wie schon nach dem Mord an der Ägypterin Marwa El-Sherbini, die 2009 von dem Dresdner Alexander Igorewitsch Nelsin aus islam- und ausländerfeindlichen Motiven erstochen worden war, am Pranger.

Nachdem sich der Staub gelegt hat und der Fall restlos aufgeklärt werden konnte, reagiert die Stadt jetzt, indem sie eine Straße im Stadtteil Leubnitz-Neuostra, in dem Khaled Idris Bahray ermordet worden war, zu Ehren des Opfers umbenennt. „Uns war es wichtig den Blick auf das Opfer zu lenken und die Angehörigen in ihrer Forderung nach einem würdigen Gedenken zu stärken“, kommentierte Manuel Liebrich vom Initiativenbündnis die Umbenennung der Johannes-Paul-Thilman-Straße. Zu häufig werde den Wünschen der Betroffenen nicht entsprochen, dauerhaft Öffentlichkeit für den Fall herzustellen. Bei Khaled Idris hatten sämtliche Medien weltweit die Berichterstattung mit der Ergreifung des 26-jährigen Täters eingestellt. Bis heute ist deshalb unklar, welche Verbindung der in Dresden lebende junge Mann eventuell zur Pegida-Bewegung unterhielt.

In anderen Städten hat die Initiative 22. Januarzugleich zahlreiche symbolische Straßenumbenennungen durchgeführt, um gemeinsam die Perspektive der Angehörigen der Opfer des rassistisch motivierten und gesellschaftlich und politisch gedeckten Mordes stark machen. In Köln wurde die Schanzenstraße, die in die Keupstraße mündet, umbenannt, um sich solidarisch zu zeigen mit der Forderung, eine prominente Straße in Kassel umzubenennen. Neben einem Redebeitrag der Initiative “Khaledstraße ist überall” wurde die Gedenkveranstaltung von Musikstücken mit Geige und Cello begleitet.

Die zusammenfassende Pressemitteilung der Initiative zur bundesweiten Organisation findet sich hier.

Dienstag, 24. März 2015

Provokativer Genuss: PPQ wird Fastfood-Speise

Seit sieben Jahren bietet Reinhold Herger weltweit gebratene Singvogelspezialitäten mit seiner Festaurant-Kette "Hot Bird" an, früh berichtete der Nachrichtenblog PPQ.so über die ungewöhnliche Geschäftsidee des Sohnes eines Grenztruppenoffiziers der DDR.

Nicht erst seit den vielbeachteten "Rote-Liste-Wochen", als Herger aussterbende Arten wie äthiopische Lerche, Galapagos-Fink und kolumbischen Kolibri als Hauptspeisen und Desserts anbot, hat sich ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Vogelköchen um Herger und der Redaktion entwickelt.

Ein Vertrauensverhältnis, das jetzt in eine Partnerschaft mündet: Vom kommenden Montag an werden alle 276 Hot-Bird-Filialen weltweit ein spezielles "PPQ-Basket" anbieten, das zum Preis von 6,95 Dollar (7,99 Euro) eine vollwertige Mahlzeit für Schülerinnen, Schüler, Studierende, Büroangestellte und Bauarbeiter enthält.

Pünktlich zur Veröffentlichung der neuen Aussterbezahlen von der Wildvogelfront werden Papagei im Federmantel und Ibis auf Salat damit erstmals Genußmainstream, Amsel, Drossel, Fink und Star kommen gebacken, gesotten, gebraten und mit exotischen Gewürzen angemacht zusammen mit einem Wahlgetränk (Wasser, Saft oder ein Energydrink) frisch aus der Küche.

Reinhold Herger ist hochzufrieden mit den Perspektiven der neuen Partnerschaft. "Wir setzen traditionell auf dieselbe Kombination von Provokation und Genuss wie PPQ", sagt er, "damit fühlen wir uns alle sehr wohl."

Kampf gegen rechts: Wohlfühlphänomen kollektiver Widerstand

Sieben Jahrzehnte Demokratieschule - und nichts gelernt. So sieht es aus in Deutschland, einer Weltgegend, die ihrem medialen Selbstbild zufolge von Nazis, Rechten, Rechtsradikalen, Rechtsextremen und Rechtsextremisten besiedelt ist. Siebzig Jahre nach Hitlers Tod vergeht kein Tag, an dem der ehemalige Führer und Reichskanzler nicht Schlagzeilen und das Fernsehprogramm macht, der Hitlergruß ist ein aktuelles Problem, rechte Musik gefährdet die Jugend.

Auch wenn oder gerade weil der organisierte rechte Rand den Schwächeanfall als Dauerzustand konserviert hat, "Rechts" ist das Feld auf der Welt, vor dem am häufigsten gewarnt wird, gegen das Politik am entschiedensten Geld ausgibt, das zu bekämpfen sich Menschen vom konservativen Ende der AfD über die Nationale Front der Mitte mit der Kanzlerin an der Spitze bis zum durchgegenderten Fortschrittsflügel der linkesten Grünen in Sekundenbruchteilen einigen können.

Ein Phänomen, dass die rechte Gefahr trotz dieses breiten Widerstandes und Millioneninvestitionen in die Aufrüstung gegen rechts seit Jahren unablässig zu wachsen scheint. Je entschiedener der Protest und je weniger wahrnehmbar die Gefahr, desto häufiger die Warnungen und desto breiter das Gefechtsfeld, auf dem Hitler und seine Erben gestellt werden. Was vor einem Vierteljahrhundert der Rechtsextremist, der in der Wehrsportgruppe Hoffmann für den Tag trainierte, an dem er die freiheitlich-demokratische Grundordnung hinwegfegen würde, sind heute die Pegida-Demonstrantin, der Genderverweigerer, der Russland-Versteher und der wütende Flüchtlingsheimnachbar.

Nichtlinks ist konservativ ist rechts ist rechtsradikal ist rechtsextrem ist rechtsextremistisch. Die FAZ ist dem Wohlfühlphänomen des kollektiven Widerstandes nachgegangen und hat "Ein Volk von Antifaschisten" gefunden, das sich einig in der Sehnsucht ist, "garantiert auf der richtigen Seite" stehen zu wollen.

Die braune Gefahr, wenigstens in der Einbildung ist sie immerdar. Und der gute Deutsche stets bereit, gratismutig Lippenbekenntnisse dagegen ablegen: Kein Ficken für Nazis, kein Bier für sie, kein Handschlag, kein Studienplatz. "Rechts heißt das Zauber-, Schmäh- und Schlusswort schlechthin. Mehr muss man gar nicht sagen und auch nicht wissen. Rechts? Alles klar. Sattelt die Pferde!", schreibt Markus Günther in der FAZ.

Nie sei Antifaschismus so billig zu haben gewesen wie wie heute, wo er kostenlos ausliegt. "Früher konnte er das Leben kosten, heute kostet er nicht mehr als ein Lippenbekenntnis unter Gleichgesinnten - und schon gehört man dazu, zum erlesenen Kreis der Aufrichtigen, Anständigen, Tapferen."

Bei der Jagd auf den rechten Popanz findet die Mitte zueinander wie sonst nur in der Ablehnung von Menschenfresserei, Kinderschädnung und Ehrenmord. Der Nazi ist nicht mehr Neonazi wie früher, sondern wieder ganz er selbst, der kleinste gemeinsame Nenner des gesellschaftlichen Konsens. "Die Kämpfer gegen Rechts bilden den Adelsstand der aufgeklärten Gesellschaft. Oder noch einen Schuss polemischer: Hier findet ein Ablasshandel statt; die moralische Überlegenheit kann man einfach erwerben, indem man dem Kampf gegen Rechts beitritt", heißt es bei Markus Günther.

Der gesamte Beitrag über die Sehnsucht nach Entsühnung und den nach einem beinharten Antisemiten benannten Preis, der eine Wirteinitiatve gegen Nazis steht hier.

Montag, 23. März 2015

Ein Karlspreis für den Unbezahlbaren

Nun endlich bekommt der Würselenser Spaßbadbauer Martin Schulz, zuletzt als Spitzenkandidat der deutschen Sozialdemokratie für den Posten des ersten Mannes in Europa gescheitert, doch noch die verdiente Anerkennung! Mit der Verleihung des renommierten Karlspreises an den gelernten Buchhändler steht der Charismat "wortgewaltige wie populäre" (Berliner Zeitung) Euro-Bürokrat nun in einer Reihe mit Winston Churchill (1955), Papst Johannes Paul II (2204), der gesamten Bevölkerung von Luxemburg (1986) und dem Euro (2002).

Der 58-Jährige habe die Rolle des europäischen Parlaments und damit die Rolle der europäischen Volksvertreter mit seinem millionenteuren Wahlkampf maßgeblich gestärkt, heißt es. Der Preis wurde nach Karl dem Großen benannt, einem Sproß der Hausmeier-Dynastie Karl Martell, der zeitlebens entschlossene Eroberungskriege gegen Langobarden, Italien, Spanier und Sachsen führte, um Europa mit Feuer und Schwert zu einigen. Karl der Große gilt als erster großer Europäer, weil er 782 etwa 4.500 Sachsen den Kopf abschlagen ließ, nachdem die sie sich geweigert hatten, Christen zu werden. Geachtet wird der Namenspatron des Preises auch dafür, dass er als erster europäischer Herrscher die bis heute immer wieder angewandten Deportationen ganzer Bevölkerungsgruppen als Mittel der Unterwerfung einsetzte.

Der Karlspreis ist mit 5000 Euro dotiert, eine Summe, die dem bisher auf karge Dienstbezüge von monatlich 26.892 Euro brutto angewiesenen Präsidenten des Europaparlamentes hilft, weiter engagiert und zu einem Steuersatz von 10,62 Prozent für Europa zu streiten.

Für seine engagierte Arbeit als Kämpfer für soziale Gerechtigkeit hatte Martin Schulz kürzlich erst das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich erhalten, das vor ihm auch andere große historische Figuren wie Willy Brandt und Kofi Annan verliehen bekamen.

Schulz ist ebenfalls Träger des „Goldenes Karussellpferdes“, des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse, des Großes Goldenes Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich, des Offizierskreuzes der französischen Ehrenlegion, der Europa-Lilie der EUD-Hauptstadtgruppe Europa-Professionell, des Wenzel-Jaksch-Gedächtnispreis der Seliger-Gemeinde, des Sonderorden „Närrischer Grenzlandschild“ und des „Lachenden Amtsschimmels“. Schulz, Ehrendoktor der Hebräischen Universität Jerusalem, der Staatlichen Technischen Universität Kaliningrad, der der İstanbul Bilgi Üniversitesi und der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, war zudem bereits "Mann des Jahres" der Illustrierten GQ und „Politiker des Jahres“ des Magazins Politik & Kommunikation.

Billigöl-Krise: Verschwörung der fossilen Vergangenheit

Am Anfang war noch Hoffnung. Doch im sechsten Monat eines auf rekordtiefen gefallenen Ölpreises macht sich langsam Verzweiflung breit. Verzweiflung bei den Energiewender. bei der Weltrettern. Bei Elektroautopionieren, Windparkbetreibern und den letzten verbliebenen Solaranlageneignern. Die Energieverbraucher atmen auf. An der Tankstelle, beim Heizölkauf, bei der Aussicht auf das Konjunktur- und Jobprogramm. Es ist wie eine Verschwörung der fossilen Vergangenheit gegen die leuchtende, nachhaltige Zukunft. Billig-Erdöl überschwemmt die Erde, schwemmt gute Vorsätze weg, ertränkt Peak-Oil-Propheten und E10-Ideologen.

„Noch vor wenigen Monaten hätte niemand so etwas erwartet“, staunt die dem Ökologischen nahestehende Frankfurter Rundschau. Heute traut sie ihren Augen kaum. „Der Spritpreis ist so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Diesel rutschte an einigen Tankstellen sogar unter einen Euro pro Liter. Mieter und Hausbesitzer sparen eine Stange Geld, wenn sie mit Öl heizen.“ Ist das nicht grauenhaft? Rückt nicht mit jedem verbrannten Billigliter Öl der Untergang der Welt, die wir nur von unseren Enkeln geborgt haben, näher?

Freude über die Entlastung im Portemonnaie und auf dem Bankkonto ist deshalb so gar nicht angebracht. „Die Schwemme des Rohstoffs, die den Preisrutsch ausgelöst hat, droht“ (FR), alles zunichte zu machen, was permanent geschürte Umweltangst, Klimahysterie und Peak-Oil-Studie über Jahrzehnte aufgebaut haben. Die Billigöl-Krise wird „ganze Länder in Not bringt und dem Klimaschutz schaden“!

Die Verfechter der Peak-Oil-Theorie, zu denen die Frankfurter Rundschau ungeachtet aller Fakten, die schon lange dagegen sprachen, stets treu gehörte, „haben sich verschätzt“, heißt es jetzt. Nun muss die EU handeln, um die Ölschwemme zu beseitigen, die Preise wieder hochzutreiben und dem Umbau Europas zu einem vollwertigen Öko-Kontinent wieder eine Chance zu geben.

Dagegen arbeiten die Öl-Herrscher mit allen Mitteln. Statt die Förderung wie früher bei Überangebot zu drosseln, lässt die Opec die Quellen weiter sprudeln. Motiv dahinter: Öl billig machen, um die Ölverbraucher bei der Stange zu halten. Ein solarbetriebenes Gesamtdeutschland fiele schließlich als Öl-Großkunde aus. Weshalb die Saudis, die über die größten bekannten Reserven gebieten, schon lange versuchen, der vom Oil-Peak überzeugten Welt Ölsand in die Augen zu streuen: Nach einer Einschätzung der staatlichen saudi-arabischen Öl-Fördergesellschaft Saudi Aramco aus dem Jahr 2007 sollen die weltweiten Öl-Reserven nämlich "noch über viele Jahrzehnte einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung mit Energie leisten".

Das wäre vernichtend für die zarte Ökoenergiewirtschaft, die sich Deutschland aufgebaut hat. Nach dem kompletten Rückbau der Solarenrgie und der Abkehr von Atom, Gas, Biosprit und Kohle könnte die Windenergie das nächste Opfer des geplanten Energieausstiegs sein. Auch Elektroauto - bis 2020 müssen die Deutschen nach den derzeitigen Plänen der Bundesregierung mindestens eine Million kaufen - könnten schwieriger abzusetzen sein.

Zeit für eine "intelligente Energie- und Klimapolitik" (FR), die die außer Rand und Band geratenen Öl-Spekulanten bändigt und mit einer neuen Öko-Steuer dafür sorgt, dass Benzin und Diesel wieder so viel kosten, dass andere Energieträger wettbewerbsfähig werden. Der Direktor des UN-Entwicklungsprogramms UNDP, Kemal Davis, und der renommierte deutsche Umweltforscher Ernst Ulrich von Weizsäcker haben vorgeschlagen, sie flexibel anzulegen – sie soll steigen, wen der Ölpreis fällt, und sinken, wenn das Öl am Markt wieder teurer wird. Damit wäre Öl immer teuer. 

Sonntag, 22. März 2015

Zitate zur Zeit: Buschkowskys heiliges Buch

Wer das Töten von Juden verherrlicht, Frauen zur Lustmaterie des Mannes degradiert und sich im Dunstkreis des Islamismus bewegt, steht nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes. Und das ist unser Heiliges Buch!

Heinz Buschkowsky in der Augsburger-Allgemeinen

Einbruch: Jede dritte Minute - und keine einzige Zeitung

120 Städte, zehntausende Taten, ein Schaden von mehr als 420 Millionen Euro und all das in einer hübschen Grafik leicht verständlich aufbereitet: Jede dritte Minute geschieht in Deutschland ein Einbruch, jede 176. bewohnte Wohnung wurde allein im vergangenen Jahr ausgeraubt, die Zahl der Taten stieg um 3,7 Prozent auf nahezu 150.000 und 85 Prozent der Fälle werden nie aufgeklärt, so hat es das zum Leipziger Unister-Konzern gehörende Portal geld.de zusammenrecherchiert und Ende vergangenen Jahres veröffentlicht. Passend zur Jahreszeit, denn im November und Dezember passiert ein Viertel der Wohnungseinbrüche.

Ein Kracher, klicktechnisch. Das Erstaunliche aber ist die mediale Reaktion: Es gab sie nicht.

Keine einzige große Zeitung, kein Nachrichtenmagazin und keine Onlinepräsenz eines Leit- oder auch nur Regionalmediums berichtete über die Studie aus Leipzig oder verwendete die dort zusammengetragenen Zahlen. Den Grund dafür lieferte geld.de allerdings mit, wie ein Blick in die "Thüringer Allgemeine zeigt, die einen Text nach Motiven der Leipziger Daten veröffentlichte, dabei aber gezielt auf das Geschäftsmodell aller großen Medienhäuser zurückgriff: Bereinige kostenlos Informationen um alles, was dir nicht gefällt. Und verkaufe es dann gegen Geld als Nachricht an dein Publikum.

Bei den Einbruchszahlen berichtet die Thüringer Allgemeine folglich von Hochburger und sicheren Gebieten, von Schadenssummen und einer "brutalen Wirklichkeit" (TA), in der "fast jede dritte Minute eine Wohnung oder ein Haus gewaltsam aufgebrochen und ausgeräumt" werde. Nicht berichtet wird hingegen davon, dass geld.de "bis zu 73 Prozent ausländische Tatverdächtige" in einzelnen Einbruchshochburgen entdeckt und im Durchschnitt aller Taten in den 120 am meisten betroffenen Städten einen durchschnittlichen Anteil nicht-deutscher Täter von 31,8 Prozent ausmacht.

Bei einem Ausländeranteil von 9,2 Prozent liegt der Anteil ausländischer Täter damit etwa dreieinhalb mal höher als er rein statistisch sollte - ein Stück "brutale Wirklichkeit" (TA), das offenbar allein schon durch sein schieres Vorhandensein unsagbar wird, wie die mediale Reaktion deutschlandweit belegt.

Leser und Fernsehzuschauer könnten aus den Daten falsche Schlüsse ziehen, sie könnten verwirrt sein oder anfällig für krude Thesen werden. Die nie ausgesprochene, aber getreulich exekutierte Fürsorgeplicht, die die vierte Gewalt in den zurückliegenden Jahren mehr und mehr als Teil ihrer Informationspflicht begriffen hat, führt so dazu, dass nach Artikel 5 Grundgesetz nicht nur eine Zensur, sondern auch eine Berichterstattung nicht stattfindet.

Samstag, 21. März 2015

Zitate zur Zeit: Und der Zukunft zugewandt

"Die Grünen verkennen nicht, daß es bereits Zwänge zu Computernutzung und technisierter Kommunikation in Arbeit und Privatleben gibt...

Die Grünen unterstützen den Widerstand gegen IuK-Techniken und fordern:

Keine Digitalisierung des Fernsprechnetzes.
Keine Dienste- und Netzintegration im Fernsprechnetz (ISDN).
Keine Glasfaserverkabelung (Breitband-ISDN).
Stopp des Kabel- und Satellitenfernsehens.
Wirksame parlamentarische Kontrolle der Post.

Die Grünen sind für Boykottmaßnahmen gegen Erzeugnisse der IuK-Industrie wie Bildschirmtext und sind für die Entwicklung alternativer Technologien und nicht-technologischer Alternativen.

Die Grünen wollen eine breite öffentliche Debatte über diese Techniken, damit nicht wieder einmal die Interessen weniger Mächtiger über die Zukunft entscheiden. Diese öffentliche Auseinandersetzung wird notwendig konfliktorientiert verlaufen müssen."

Wahlprogramm Die Grünen 1987

Einwanderung: Weit entfernt vom Klassenziel

Das wird wohl mächtig knapp. Vor kurzem erst hatte Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut errechnen lassen, dass Deutschland in den kommenden 20 Jahren 8,5 Millionen Arbeitskräfte verliere und etwa 32 Millionen Einwanderer benötige, um den Verlust durch Migration aufzufangen. Um den drohenden Kollaps abzuwehren, hat der Ifo-Chef unkonventionelle Vorschläge.

Jetzt zeigen neue Statistiken, dass das Land derzeit noch weit weg davon ist, dieses Ziel zu erreichen: Nach neuen Zahlen kamen im letzten Jahr nur 1,23 Millionen Migranten nach Deutschland. Hochgerechnet auf die von Sinn genannten 20 Jahre würde das Ziel von 32 Millionen Zuwanderern bis 2035 damit mit nur 24,6 Millionen deutlich verpasst.

Noch übler sieht die Bilanz aus, werden die 800.000 Wegzüge ins Ausland trendfolgend eingerechnet. Statt 32 Millionen Bürgerinnen und Bürger zusätzlich zur Stützung der Rentenkassen zu gewinnen, könnte sich Deutschland nur über 8,6 Millionen neue Helfer bei der Stabilisierung des Wohlstandsniveaus freuen. Mit dann knapp über 90 Millionen Einwohner aber wäre die führende europäische Wirtschaftsnation allen Berechnungen von Experten nach nicht mehr überlebensfähig: Nach derzeitigen Prognosen wird die Zahl der Rentner die Zahl der Beitragszahler bereits ab 2030 übersteigen.

Aus 25,6 Millionen Senioren, die derzeit von 42,7 Millionen Erwerbstätigen unterhalten werden, werden dann mehr als 33 Millionen Senioren werden, um deren Ernährung, Kleidung und Wohlfahrt sich nur noch etwa 31 Millionen Erwerbstätige kümmern können.

Aus einer Gesellschaft, in der die einzelnen Altergruppen jeweils etwa ein Fünftel der Bevölkerung stellen - ein Fünftel Heranwachsende, ein Fünftel Rentner, drei Fünftel Menschen im Erwerbsalter zwischen 20 und 64 Jahren - wird ein Gemeinwesen, das vom Alter dominiert wird. Im Jahr 2035 werden die 65-Jährigen und Älteren bereits ein Drittel der Bevölkerung ausmachen, im Jahr 2060 schließlich sind ist ein Drittel der Bevölkerung 65 Jahre oder älter und etwa jede siebte Person sogar mindestens 80 Jahre alt.

Diesen Trend könnte nur eine Öffnung des Landes für - die Abwanderung eingerechnet - jährlich etwa 1,2 Millionen zusätzliche Einwanderer stoppen. Bei 2,4 Millionen Zuzügen und stabil 800.000 Abgängen wäre es in den kommenden beiden Jahrzehnten möglich, die Einwohnerzahl Deutschlands allmählich zu erhöhen und am Tipping Point des Umschlages Deutschlands von der Wirtschafts- zur Seniorennation über ausreichend Arbeitskräfte zu verfügen, die die vorhandenen Rentner beköstigen und einkleiden können.

Schwieriger gestaltet sich dann allerdings die weitere Perspektive: Durch den Zuzug altert Deutschland in den Jahren nach 2035 noch einmal schneller, zudem müssen die zusätzlich erworbenen Rentenansprüche der Neuankömmlinge ab 2060 von noch weniger Erwerbstätigen erarbeitet werden.