Dienstag, 17. Februar 2015

Kosovo: Wie man mit ganz wenigen Milliarden einen failed state aufbaut

Es war die erste gewaltsame Grenzänderung in Europa nach der von Hans-Dietrich Genscher und Helmut Kohl beförderten Abtrennung von Kroatien und Slowenien vom ehemaligen Jugoslawien. 1999 begann das überwiegend muslimische Kosovo, bis dahin eine serbische Provinz, mit Waffengewalt für seine Abspaltung vom überwiegend christlich-orthodoxen Serbien zu streiten. Unterstützung kam vom Westen, die nach Unabhängigkeit strebenden Kräfte hatten schließlich Erfolg: Zuerst blieb zwar noch eine formelle Zugehörigkeit zu Rest-Jugoslawien bestehen, allerdings wurde der Kosovo unter die Verwaltungshoheit der Vereinten Nationen gestellt. In einem zweiten Schritt dann verlor Serbien den Zugriff ganz, am 17. Februar 2008 proklamierte das Parlament die Unabhängigkeit, 109 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen erkannten die Republik Kosovo nachfolgend als unabhängigen Staat an.

Die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates hatte zwar alle UN-Mitgliedstaaten zur Wahrung der „Souveränität und territorialen Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien und deren Rechtsnachfolger Serbien verpflichtet. Praktisch aber spielte das keine Rolle: Der Internationale Gerichtshof beschied, dass die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nicht gegen das Völkerrecht verstoße. Gleichzeitig vermieden die Richter es jedoch, eine verbindliche Aussage zum derzeitigen Status des Gebietes zu treffen, das von Serbien beansprucht, aber nicht kontrolliert wird. Während der Staat Kosovo es ebenfalls beansprucht, aber etwa den Bereich Nordkosovo ebensowenig zu kontrollieren vermag.

Mit Milliarden von Förder- und Aufbaumitteln hielt die westliche Staatengemeinde den fragilen Status Quo lange aufrecht. Fortschritte in der Entwicklung aber gab es nicht: Das selbsternannte Land mit 1,8 Millionen Einwohner importierte stets rund 30 mal so viele Waren wie es im Ausland zu verkaufen vermochte, die Armut hielt sich, die Arbeitslosenquote 2014 bei 45 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit bei 70 Prozent, Mafiaclans beherrschen das öffentliche Leben, der einzige Exportartikel sind Menschen, die zum Betteln nach Norden geschickt werden.

Es gibt keine Perspektive, keinen Aufbauplan, kein Entwicklungsziel. Die EU lebte in der Hoffnung, den kleinen Zipfel Land mit ungeklärtem Status irgendwie durchfüttern zu können. Nur dass die Menschen im Kosovo nicht durchgefüttert werden wollen: Statt daheim weiter auf einen fernen Aufschwung zu warten, machen sich viele einfach auf den Weg nach Norden, wo das Leben von den Brosamen der Reichen paradiesisch zu sein verspricht, verglichen mit der Armut daheim. Und obwohl die EU vorsorgend schon 2013 erlaubt hatte, dass Länderdie Visafreiheit für bestimmte Nicht-EU-Bürger aussetzen dürfen, gibt es einfache Wege ins gelobte Land.

Plötzlich ist das Thema Kosovo ein deutsches, plötzlich schreiben Ministerpräsidenten aufgeregt Alarmbriefe, erzählen Nachrichtenmagazine unwillig von den einfachen Tricks, mit der kosovarischen Staatsbürgerschaft Serbe zu sein und über Ungarn in die EU einzureisen.

Was damals in der DDR noch gut war, klingt hier wie ein Verbrechen, obwohl es doch nur ausnutzt, was die versammelte Klugheit der Staatenlenker an Voraussetzungen geschaffen hat. Das Wort Wirtschaftsflüchtlinge taucht selbstverständlich aber nirgendwo auf, weil es sich nicht schickt.



1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Gibt es Leute, die da meinen, daß die verkorkste Situation im Kosovo - natürlich nicht nur dorten - ungewollt wäre, auf Grund irgendeiner Einfältigkeit der Politiker? Wahrlich, ich sage Euch*: Die sind nicht im mindesten unfähig - die sind zu allem fähig. Schon Rosenfeld (nicht der Teddybär) sagte sinngemäß, daß, was da abgeht, auch so geplant war.
Istinno gawarju wam:...