Samstag, 31. Januar 2015

HFC: Einszwei im Zehn gegen Zwölf


Was ist dieser Pierre Kleinheider für ein Glückspilz! Erst verletzte sich der neue erste HFC-Torwart Dominik Kisiel schon nach drei Spielen - und Kleinheider stand plötzlich im Tor. Dann überholte ihn der neugeholte Lukas Königshofer - der sich wenig später das Kreuzband riss, wonach plötzlich wieder Pierre Kleinheider zur Nummer 1 wurde. In der Winterpause dann kam Niklas Lomb von Bayer Leverkusen, den HFC-Trainer Sven Köhler noch im Trainingslager zur Nummer 1 ernannte. Und im ersten Heimspiel dauert es genau fünf Minuten - und dann steht doch wieder Pierre Kleinheider im Kasten.

Schuld war ein anämischer Beginn der Gastgeber, die in der Anfangsphase des Spieles gegen den MSV Duisburg kaum an den Ball kommen. Es spielt nur der MSV, in dieser fünften Minute über links. Die HFC-Abwehr ist aufgerückt, Ivica Banovic macht den letzten Mann. Und beim Versuch, einen Pass nach innen zu Lomb zurückzuspitzeln, fehlt es ihm an Präzision: Bohl läuft auf Lomb zu, der trifft ihn. Rote Karte, Lomb geht, Kleinheider kommt. Elfmeter, 0:1 wie immer in Halle, wo seit August vergangenen Jahres bei fast jedem Heimspiel ein Theaterstück namens Heimniederlage aufgeführt wird.

Es ist der Tiefpunkt eines Spieles, das in den ersten 45 Minuten kaum auf die Beine kommt, am Ende aber eines der besten des HFC in dieser Saison sein wird. In Unterzahl wagen die Männer in Rot und Weiß sich in der ersten Halbzeit kaum einmal, den Gast, der hier traditionell ohne viel Arbeit Punkte mitnimmt, offensiv zu bespielen. Zu groß scheint die Furcht, die in Schwarz und Gold gekleideten Duisburger könnten ihren Ruf, ein Aufstiegskandidat zu sein, nicht ganz zu Unrecht vor sich hertragen.

Nicolas Lomb am Ende seines Kurzauftritts.
So ist der junge Schiedsrichter Benjamin Brand, dessen Liebe zum süddeutschen Fußballverein 1. FC Heidenheim ihn schon verschiedentlich zu Höchstleistungen angestachelt hatte, das einzige belebende Element auf dem Platz. Brand hat in Halle Spuren hinterlassen, und er arbeitet daran, diese zu vertiefen und zu verbreitern: Foulspiele werden konsequent nur gegen den HFC gepfiffen, ein Handspiel im Strafraum sieht er nicht, selbst Einwürfe gehen unabhängig davon, wer zuletzt berührt hat, an den MSV.

Da kocht die Fanseele, es gibt "Schieber"- und "Hoyzer"-Rufe. Aber es ist natürlich trotzdem nicht Benjamin Brand, der das Spiel entscheidet. Zu zaghaft ist der HFC, zu viele Fehler macht vor allen Ivica Banovic, der vielleicht wegen seines Patzers zu Beginn völlig von der Rolle zu sein scheint. Vom MSV kommt gar nichts, von Halle wenig.

Das ändert sich erst mit Beginn der zweiten Halbzeit. Jetzt ist es vor allem Kapiätn Tim Kruse, der sich in jeden Zweikampf wirft, als solle es sein letzter sein. Neben ihm sind nun auch Max Jansen, Andy Gogia und Timo Furuholm zu sehen. Marcel Franke, Florian Brügmann und Marco Engelhardt stehen ihnen nicht nach. Selbst Dominic Rau, der wegen der Auswechslung von Sascha Pfeffer, der Platz für Kleinheider hatte machen müssen, die rechte Seite ganz allein beackert, zeigt jetzt Ansätze von Offensivdrang.

Vom MSV noch immer gar nichts, vom HFC nun immer mehr. Die zehn belagern das Tor der elf, die auf Brand als zwölften Mann zählen können. Der "Schiedsrichter, der der Sache nicht gewachsen war" (Südwestpresse) bleibt bei seiner Linie, kleinlich und großzügig akkurat aufzuteilen: Der HFC bekommt kleinlich, der MSV großzügig.

Trotzdem sind die die Rot-Weißen, die sich nun Chancen erspielen. Engelhardt versucht es aus der Entfernung, Franke mit dem Kopf, Betram, der für den weiter unterirdischen Banovic gekommen ist, flankt präzise vors Tor, findet aber keinen Vollstrecker. So geht es Minute für Minute, eine verpasste Gelegenheit reiht sich an die andere. Als Brand, der seine Linie jetzt in Richtung unparteiisch geändert hat, Wolze Gelb-Rot gibt, riecht Sven Köhler, der Defensivliebhaber, den nahen Punkt. Er bringt Selim Aydemir, den Gewinner der Vorbereitung, für Jansen und beordert Marcel Franke aus der Innenverteidigung in den Sturm. Zwei-, drei-, viermal haben die 6200 Zuschauer den Torschrei nun auf den Lippen. Aber Furuholm verpasst, Kruse trifft nur den Torwart, der fängt auch Gogias Freistöße und Bertrams Flanken.

Das Ergebnis ist absehbar. Nachdem Andy Gogia den Ball an der Mittellinie vertändelt, laufen zwei MSV-Spieler auf den letzten HFC-Verteidiger Engelhardt zu. Kingsley Onuegbu, der wenige Minuten zuvor noch mit spontanen Krämpfen im Mittelkreis seinen außergewöhnlichen Fitnesstand nachgewiesen hatte, wird sauber angespielt und hat keine Mühe, das 0:2 zu machen.

Beim HFC sind sie jetzt wütend, alles schimpft und schreit. Anstoß, Aydemir hat den Ball, es ist die 90. Minute, Aydemir hat den Ball immer noch, er kurvt durch die Duisburger Verteidigung wie beim Stangenlauf, spielt ab. Timo Furuholm trifft. Nur noch 1:2.

Aber Kleinheider hat wohl doch das ganze heute verfügbare Glück aufgebraucht. Benjamin Brand pfeift ab.
Von wegen.

Zitate zur Zeit: Der bodenlose Graben

Mir war bereits klar geworden, dass der sich seit Jahren verbreiternde, inzwischen bodenlose Graben zwischen dem Volk und jenen, die in seinem Namen sprachen - also Politikern und Journalisten -, notwendigerweise zu etwas Chaotischem, Gewalttätigem und Unvorhersehbarem führen musste.

Michelle Houellebecq, Unterwerfung

Fremde Federn: Wir Hetzer

Der Aufbau einer umfassenden Einheitlichkeit der Berichterstattung der deutschen Medien ist auf einem guten Weg, seit der erfolgreichen Durchführung der Randale-Nachrichtensperre zur Fußball-WM 2006 konnten bereits große Fortschritte erzielt werden und der Großteil andersdenkender Schreiber konnte nachhaltig zur Ruhe gebracht werden. In Restbereichen der Kommentarspalten allerdings tummeln sich nach wie vor Verfechter kruder Thesen, geistige Brandstifter und lautstarke Nörgler. Hendryk M. Broder ist einer von ihnen, unerbittlich in seinem Hass, den er hinter einer Fassade aus vermeintlich gesundem Menschenverstand versteckt.

In einem neuen Text hat der bärbeißige Handwerkersohn sich einmal mehr dem faszinierenden Thema der Intoleranz der Toleranten gewidmet, die er auf den Anti-Pegida-Demonstrationen angetroffen hat. Dort, wo Grönemeyer, Niedecken und andere gratismutig einer Mehrheit ein Ständchen singen, auf dass die Minderheit die Schnauze halten solle, entdeckt er "mitten in der Menge eine junge Frau mit Wollmütze, die ein pinkfarbenes Plakat an einer Holzlatte in die Höhe hält. Darauf steht: „Menschenrechte statt rechte Menschen”." Broder stellt sie, die offene Frage: „Was soll denn mit den rechten Menschen passieren? Wollen wir sie umbringen, einsperren, ausbürgern? Und wo fängt für Sie rechts an?”

In Zeiten, in denen schon der bloße Hinweis darauf, "dass das Demonstrationsrecht unabhängig von den politischen Zielen der Demonstranten gilt, so lange sich diese an die Gesetze halten" (Broder), machen einen solche Sätze natürlich zum rechten Hetzer. Nicht die plumpe "Bild"-Propaganda gegen Russland, die alle goebbelsschen Register zieht, nicht die inhaltlichen Auslassungen im "Spiegel, nicht die plumpen Versuche der Frankfurter Rundschau, Meinungen als Nachricht zu verkaufen.

Es gilt die Regel, das eigene Publikum vor allem zu schützen, was es auf falsche Gedanken bringen könnte. das Publikum wiederum dankt es mit Abbestellungen. Was die Medienmacher dazu veranlasst, noch genauer hinzuschauen, was Leser und Zuschauer wirklich wissen müssen.

"Wer diesem Club der Selbstgerechten angehören möchte, der muss an die Klimakatastrophe glauben, die Energiewende unterstützen, einen Toyota Prius fahren, auf seine CO2-Bilanz achten, kulturzeit auf 3sat schauen und immer eine Erklärung dafür parat haben, warum „der Westen” an allem schuld ist, während es „den Islam” als solchen gar nicht gibt", folgert Hendry M. Broder, der nicht, wie es für Medienarbeiter mittlerweile vorgeschrieben ist, "über ein sehr selektives Wahrnehmungsvermögen" (Broder) verfügt.

Deshalb betreibt er Gleichmacherei, die großen Leitmedien aber differenzieren. "Wenn eine Autonomengang eine Polizeiwache überfällt oder Veranstaltungen der AfD und der taz sprengt, weil dort „falsche Ansichten” geäußert werden, dann sind das Petitessen, die achselzuckend ad acta gelegt werden. Wenn aber ein älterer leicht besoffener Herr einer jungen Journalistin etwas zu lange in den Ausschnitt guckt, dann ist das „menschenverachtend” und ein Vorratslager für wochenlange Entrüstung."

Man könnte auf den Gedanken kommen, darin ein Bild der Wirklichkeit zu entdecken. Man könnte glauben, da gehe etwas nicht mit rechten Dingen zu. Oder man könnte wie Broder sagen: "Dieser Gesellschaft ist der innere Kompass abhanden gekommen. Sie hat sich nicht liberalisiert. Sie ist autoritärer, dogmatischer und rigider geworden, wobei es die Antiautoritären von gestern sind, die heute den Ton angeben."

Der ganze Text "Deutschland am Rande des Nervenzusammenbruchs"

Freitag, 30. Januar 2015

Screenshots, die Sie zum Weinen bringen

Der "Hilferuf aus Kiew". Die dringende Warnung der US-Regierung vor den mörderischen Pegida-Demos in Deutschland. Und der "irritierende Hitler-Vergleich" von CDU-Vize Klöckner. Drei bizarre Themen, die die nach der Huffington Post bizarrste Internetseite des Landes bündelt: "Artikel, die Sie zum Lachen bringen" überschreibt der Online-Arm der Bild-Zeitung die Sammlung von Quengelei, Quark und aufgedonnertem Quatsch.

Ein Geständnis, irrtümlich zwischen "Merkel und die Tanzmariechen", die "Twitter-Armee des IS" und den Bericht über die "schrägen Typen im Tsipras-Kabinett" gerutscht. Während die "80-jährige Judi Dench" im "Spiegel" gesteht, "reif fürs erste Tattoo" zu sein, die "Welt" noch einmal "das unappetitliche Problem der Pegida-Bewegung" erörtert und die Süddeutsche Zeitung die Anwendung von Alkohol beim Radfahren im Beitrag "Die Vernunft schwindet mit jedem Schluck" anprangert, zeigt das Boulevardjournal, dass "Lügenpresse" ein Vorwurf ist, der völlig am Kern der Dinge vorbei zielt.

Kriegsschuld: Israel zuerst

In der offiziellen Pressemitteilung des UN-Sicherheitsrates lässt Generalsekretär Ban Ki-moon keinen Zweifel. "A rocket attack on an Israel Defense Forces (IDF) patrol killed two IDF soldiers and injured others; the attack was claimed by Hizbullah", heißt es da, gefolgt von "the Israel Defense Forces retaliated".

Das ist nicht falsch zu verstehen, da muss niemand Muttersprachler sein, um sich die Handlungsfolge aus der Erzählung zu erschließen. Hisbollah vor Israel, das Prinzip von Actio und Reactio, auch Wechselwirkungsprinzip und drittes Newtonsches Axiom genannt. Es besagt, dass bei der Wechselwirkung zwischen zwei Körpern jede Krafteinwirkung von Körper A auf B eine gleich große Reaktion in Form einer Gegenkraft von Körper B auf A erzeugt, die auf den Verursacher der Aktion zurückwirkt.

Doch in den Überschriften der deutschen Onlinemedien ist das dann wie von Zauberhand andersrum. Bei Reuters verwandelt sich das Geschehen in "Kämpfe zwischen Israel und Hisbollah", die Deutsche Welle meldet "Israel tötet Hisbollah-Mitglieder bei Luftangriff", bei der Südwestpresse und im "Spiegel" beschießt "Israels Militär syrische Stellungen" und bei der Süddeutschen ist es Israels Luftwaffe, die "Militärstellungen in Syrien angreift".

Immer geht es um den "Konflikt zwischen Israel und Hisbollah", (ORF.at) oder um "Feuergefechte zwischen Israel und der Hisbollah" (Mopo). Und immer steht Israel vorn, als sei die Initiative zur Eskalation vom Judenstaat ausgegangen.

Ein Formulierungsfehler ist das nicht, sondern übliche Praxis von "Stern" über Taz bis zum Spiegel, die im Fall Israel traditionell eine sogenannte Drehrumbum-Regel anwenden: Wird Israel aus dem Gaza-Streifen beschossen, woraufhin die IDF dann zurückschießt, lautet die klassische Meldungsüberschrift "Israel beschießt Gaza". Erst im Kleingedruckten findet sich dann ein Hinweis auf die Vorgeschichte, die den Beschuss als Reaktion auf einen vorhergehenden Beschuss ausweist.

Donnerstag, 29. Januar 2015

Kölner gegen die Karnevalisierung der Freiheit


Es ging um die "Freiheit, uns ohne Zurückhaltung über alles lustig zu machen", wir standen danach mit Angela Merkel "mit Frankreich und ganz Europa für Freiheit und Demokratie" und nur wenige entmenschte Scharfmacher wüteten gegen den Konsens, dass wir alle Charlie sind und es nun darauf ankomme, die wenigen Nicht-Charlies mit coolen Mohammed-Witzen von den Vorteilen der westlichen Lebensart zu überzeugen.

Nun aber schert das Festkomitee des Kölner Karnevals aus der breiten Front der  Islamisten-Gegner aus: Ein geplanter „Charlie Hebdo“-Wagen, der nicht etwa Allah oder seinen Propheten samt Ehefrau Aische im durchsichtigen Negligé, sondern ein paar Comiczeichner zeigen sollte, wird gestrichen. Stattdessen soll wie immer über die üblichen lokalen Witze, die faulen Griechen und Angela Merkel gelacht werden.

Ein mutiger Schritt des Festkomitees, das sich entschlossen zeigt, "die Freiheit des Karnevals" nicht einschränken zu lassen, wie es in Köln zur Begründung hieß. Der Persiflage-Wagen zu den Pariser Terroranschlägen habe die Gefahr heraufbeschworen, dass Andersgläubige sich provoziert hätten fühlen können. Islamisten hatten im Internet bereits geklagt, dass sie sich durch die Darstellung der Darsteller des Pariser Terroraktes in ihren Gefühlen verletzt sähen.

„Wir möchten, dass alle Besucher, Bürger und Teilnehmer des Kölner Rosenmontagszuges befreit und ohne Sorgen einen fröhlichen Karneval erleben“, ließ das Festkomitee daraufhin wissen. Ein Wagen, der „die leichte Art des Karnevals einschränkt“, passe da nicht ins Bild. Zur Freiheit, seine Meinung frei zu äußern, gehöre auch die Freiheit, das nicht tun zu müssen, hatte die Frankfurter Rundschau schon zuvor in einer Fatwa des renommierten Freiheitsforschers Stephan Hebel festgelegt. "Wer Freiheit leben will, muss auch über ihre Grenzen reden", hatte der dekreditiert und eine Diskussion um die Frage gefordert, "wie wir mit Freiheit verantwortlich umgehen wollen".

Die Kölner Karnevalisten gegen die Verunendlichung der Freiheit (KöKaVerFre) haben eine klare Antwort gegeben. Obwohl "keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung" vorliegen, hatten sie die Größe, schon vor einer abstrakten Anschlagsgefahr zurückzuweichen. Der Klügere gibt nach, schließlich gibt es in einem freien Land, das weit weg ist von einer Islamisierung des öffentlichen Lebens, zahlreiche Möglichkeiten, auch über den Islam, die Islamisten und den Terror zu lachen. So könne „Charlie Hebdo“ hierzulande im privaten Rahmen jederzeit ebenso gezeigt werden wir provokante Mohammed-Karikaturen, hieß es in Köln.

Rückzug des Islamismus: Arme junge Männer

Der „Spiegel“ nennt sie „Männer“, die „Zeit“ spricht von „Russen“, die Welt ist wieder in Ordnung. Drei Wochen nach den verheerenden Anschlägen von Paris hat sich alles wieder so zurechtgerüttelt, wie es immer war. Der islamistische Terror, für einen Moment fast in Gefahr, als Ausfluss nicht von Armut, Unbildung und Krieg, sondern als Produkt einer intoleranten, entwicklungsunfähigen und selbstbezogenen Religion erkannt zu werden, verschwindet wieder im Schrank. Aus dem zugleich die alten Geister gezogen werden: Der böse Russe. Der nicht genügend geförderte junge Mann. Die „Großfamilie“ ungenannter Herkunft.

Alles beim Alten, alles wie gehabt, keine Angst! Das Gespräch mit moderaten Taliban muss möglich sein, eine Gleichsetzung von rechtmäßigen Prügelstrafen in Saudi-Arabien und kaltherzigen Pegida-Aufmärschen in Deutschland hingegen ist ausgeschlossen. Saudi-Arabien ist ein Verbündeter, Pegida eine Schande. Man muss das genau unterscheiden: Pegida ist selbstverständlich für jeden Menschen verantwortlich, der auf einer Pegida-Demo mitläuft. Der Islam hingegen ist für niemanden haftbar zu machen, der in seinem Namen mordet. Er kann nichts dafür, und auch seine Prediger, seine Gelehrten, seine Verteidiger sind schuldlos.

Sippenhaft ist machbar, aber nur manchmal. So einfach. Alles lässt sich herumdrehen, bis es passt, obwohl es wackelt. Der niedersächsische CDU-Fraktionschef Björn Thümler etwa betont, "wer Angst vor Fremden hat, grenzt unwillkürlich aus". Einen Tag, nachdem in Dresden das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit vorübergehend suspendiert wurde, weil Angst herrscht, dass ein Anschlag passieren könnte, besteht dazu nach Thümlers Expertise „kein Anlass“. Seid mutig! Vertretet Mehrheitsmeinungen!

Es kommt auch nicht drauf an. Der Islamismus war ein rein temporäres Problem, er füllte sieben Tage nach "Charles Hebdo". Dann war er schon wieder auf dem Rückzug, überlagert und marginalisiert vom viel größeren Problem Pegida. Das stellt in der öffentlichen Wahrnehmung inzwischen sogar den Terror der armen jungen Männer in den Schatten, die gegen Benachteiligung und mangelnde staatliche Förderung zur Waffe greifen.

Die Gewalt der Gewaltlosen obsiegt in der Bedeutungshitparade über den blutigen Terror der Russen, der Islamisten, der Großfamilien: Mehr Schlagzeilen für viel weniger Tote, mehr Fernsehrunden, mehr Kommentare, mehr Abscheu, mehr Gegendemonstrationen.

Der Islamismus muss, will er wieder ernstgenommen werden,   zweifellos umdenken.

 

Mittwoch, 28. Januar 2015

Unerträglich: "Sie schwenken auch Deutschlandfahnen!"

Grauenhafte Bilder, die da aus der früheren Heldenstadt Leipzig kommen! Es ist dunkel in Dunkeldeutschland, ein entmenschter Mob ist auf der Straße, der aggressive Parolen ruft, darunter auch "Lügenpresse". Ein Wort, das nach bindenden Absprachen zwischen Nato, Bundeskanzleramt, Bundesblogampelamt, dem deutschen Presserat und den Ordnungsbehörden nicht mehr gerufen werden sollte, wie Springer-Praktikantin Nadine Mierdorf vom Straßenrand der Messemetropole berichtet.

Doch es kommt noch schlimmer, noch gräßlicher, noch brutaler, noch unerträglicher für jeden Menschen, der noch ein gesundes Volksempfinden sein eigen nennt. "Sie schwenken auch Deutschlandfahnen", beschreibt Nadine Mierdorf live bei N24. Die junge Frau aus Bad Soden im Taunus ist sichtlich fassungslos und ihr ist anzumerken, wie schwer es fällt, vor den Augen der Welt einzugestehen, dass wohl doch schon wieder soweit ist: Vor 25 Jahren war es Bundeskanzler Helmut Kohl, der von verstockten Nationalisten in Dresden mit hochgereckten deutschen Fahnen beleidigt und beschämt wurde. Heute nun ist es Nadine Mierdorf, ein frisches junges deutsches Mädel mit blitzweißen Zähnen, das in Leipzig Journalismus und Politik studiert hat, nur um sich jetzt von enthemmten Neo-Nationalisten vorführen lassen zu müssen.

Nein, das ist nicht mehr unser fröhliches Deutschland von der WM, das sind nicht die jungen Leute, die wir wollen.

Claudia Roth bringt Charlie nach Teheran

In Teheran übergab Claudia Roth ein Tee-Tablet mit der Aufschrift "Je suiz Charlie" an die Ex-Terroristin Ebtekar (Mitte).
Sigmar Gabriel (SPD) hat  in Dresden an einer Diskussionsveranstaltung mit Pegida-Angängern teilgenommen. Zur gleichen Zeit führte Claudia Roth (Die Grünen) in Teheran Gespräche mit ranghohen Vertretern des autoritären Regimes im Irans. Gerd Buurmann von tapferimnirgendwo hat die beiden Namen Claudia Roth und Sigmar Gabriel in die News-Suche auf Google eingegeben.

Und erstaunliche Ergebnisse erhalten: "Sigmar Gabriels Gespräch mit einer fragwürdigen Protestbewegung innerhalb einer demokratischen Bürgergesellschaft löst ein größeres Medienecho aus und provoziert mehr Kritik als Claudia Roths Gespräch mit einem autoritären Regime innerhalb einer Theokratie, in der homosexuelle Menschen und jene, die sich vom Islam abwenden, hingerichtet, Christen und Juden verfolgt und Frauen diskriminiert werden", staunt Buurmann.

Aber das ist ja auch kein Wunder. Denn Roth hat dem Mullah-Regime entschlossen die gelbe Karte gezeigt: Bei einem Treffen mit Vize-Staatspräsidentin Massoumeh Ebtekar, 1979 eine der Geiselnehmerinnen in der US-Botschaft in Teheran, überreichte die meinungsstarke Grüne ihrer Gesprächspartnerin ein originales "Je suis Charlie"-Schild.

"Bei meinem Besuch ging es auch darum, all diejenigen zu stärken, die für Reformen und die Universalität der Menschenrechte eintreten“, sagte die Politikerin der "Bild"-Zeitung. Roth hatte es 2013 bereits gewagt, den iranischen Botschafter Ali Reza Sheik Attar, der Frauen normalerweise nicht einmal die Hand reicht, bei der Sicherheitskonferenz in München mit einem lockeren High-Five zu grüßen, um gegen die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen im Iran zu protestieren.

Gespräche mit Pegida lehnt Claudia Roth ab. "Pegida ist und bleibt eine rassistische Veranstaltung", sagte sie.

Iranische Frauen erweisen Roth ihren Respekt

Dienstag, 27. Januar 2015

Die Rückkehr der Kommunisten

Siebzehn lange Jahre mussten die Verdammten dieser Erde warten, ehe es wieder so weit war. Mit Alexis Tsipras hat zum ersten Mal seit der Erschießung des Rumänen Nicolae Ceaușescu am 25. Dezember 1989 wieder ein kommunistischer Regierungschef die Geschicke eines europäischen Landes in die Hände genommen. Mit der rechten Partei Unabhängige Griechen rückt zudem erstmals seit dem Ende der Franco-Diktatur wieder eine ultranationalistische Partei der radikalen Rechten ins Kabinett eines Landes des mit dem Freidensnobelpreis ausgezeichneten Euro-Kontinents.

Jetzt muss Griechenland nur noch Reformen durchführen, die Jugendarbeitslosigkeit muss verboten werden, die Zinsen müssen runter, die Investitionen rauf und das Freihandelabkommen mit den USA unter Dach und Fach. Bodo Ramelow, noch vor Tsipras als Kommunist auf lokaler Ebene an der Spitze einer Regierung, hat vorgemacht, dass moderner Kommunismus mehr sein kann als Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes: Die Schuldenbremse wird auch in Thüringen eingehalten. „Und auch die Linke verpflichtet sich auf einen ausgeglichenen Haushalt“, sagt der Ministerpräsident.

Es ist wie damals, als Frankreich kurz davor stand, kommunistisch zu werden. Georges Marchais, Chef der französischen KP, schickte 1981 vier Kommunisten in eine bürgerliche Regierung, um das Kräfteverhältnis zu verändern. Ziel war es, „einen originären Sozialismus mit demokratischen Mitteln aufzubauen.“ Das geschah dann durch ein deregulierendes Arbeitsgesetzbuch, das den werktätigen Massen viele Errungenschaften nahm, durch eine reduzierte Sozialversicherung und eine Abkopplung der Gehälter vom Preissteigerungsindex.

Kommunismus ist seitdem machbar, auch unter den Lebensbedingungen des alten, absterbenden kapitalistischen Systems. Niemand muss die renitenten Griechen fürchten, denn dank des Euros verfügen sie über keine einzige Notenpresse mehr, die sie selbst bedienen können. Sie werden es machen müssen wie die französischen Genossen nach 1997, als sie wiedereinmal mit drei Ministern Anlauf nahmen, einen originären Sozialismus aufzubauen.

Es gab dann einen Privatisierungsschub, der Verkauf von Air France wurde sogar von dem kommunistischen Transportminister Jean-Claude Gayssot persönlich überwacht. Auch Thomson, France Telecom, die Versicherungsgesellschaften GAN und CIC, die Societe marseillaise de crédit, CNP Aérospatiale gingen an den Markt, während die Kommunisten am Kabinettstisch blieben, als Premier Jospin in die Koalition der Willigen eintrat, die Flugzeuge schickte, um das zerfallende Jugoslawiens ohne völkerrechtliches Mandat zum Gehorsam zu bomben.

Eine Renaissance des demokratischen Sozialismus im Clownskostüm des Nationalismus, die der deutsche Europa-Experte Elmar Brok erfreut zur Kenntnis nimmt. Waren es bisher die "Rechtspopulisten" (Spiegel), die an Europa zerrten, kommen jetzt auf der anderen Seite die Linkspopulisten hinzu. Europa im Jahr sechs der Eurorettung im Ausnahmezustand: Frankreich vor einer Machtübernahme durch Le Pen, die Freiheitspartei in den Niederlanden, Nigel Farages Ukip in Großbritannien, die Dänische Volkspartei mit den meisten Sitzen in Kopenhagen, in Polen der Kongress der Neuen Rechten, in Österreich die FPÖ, Fidesz in Ungarn als führende Regierungspartei, die wahren Finnen in Helsinki drittstärkste Kraft und Griechenland regiert von einer Art linker Linke.

Elmar Brok würde es als erneuten Beweis dafür sehen, was für ein das „Erfolgsmodell“ das zusammenwachsende Europa ist.

Auschwitz: Brecht zur Feier des Tages

Wer hat denn nun Auschwitz befreit?
Auf der Festbühne stehen die Präsidenten.
Haben die Politiker die Tore geöffnet?
Waren es wirklich nur die vier Panzersoldaten und ihr Hund?

War nicht einmal der Georgier Grigori dabei,
ein Sowjetmensch seinerzeit?
Nicht der Hund Scharik,
gebürtig aus Sibirien?

Bronisław Komorowski feiert.
Francois Hollande feiert schon wieder.
Joachim Gauck feiert mit,
Er allein?

befreite er Auschwitz,
oder war es Amtskollege Fischer aus
den Alpen-und Donaugauen?
Hatten sie nicht wenigstens einen Koch bei sich?

Oder einen Sowjetsoldaten?
Angela Merkel siegte über das Böse.
Wer siegte außer ihr?
Jede Seite ein Sieg.

Wer legt die Kränze nieder?
Wem gehört denn Buchenwald?
Wer bezahlt die Spesen?
So viele Berichte. So viele Fragen.

Montag, 26. Januar 2015

In Steinmeiers Welt

Bundesaußenminister Walter Steinmeier sieht "das Ansehen Deutschlands in der Welt" wegen der islamkritischen Pegida-Demonstrationen in Gefahr. „Bei uns wird unterschätzt, welchen Schaden die fremdenfeindlichen und rassistischen Sprüche und Plakate der Pegida schon jetzt angerichtet haben“, sagte der SPD-Politiker der „Bild am Sonntag“. „Ob wir das wollen oder nicht: Gerade bei diesen Fragen blickt die Welt mit großer Aufmerksamkeit nach Deutschland.“

Bei seinen Besuchen im Ausland werde er "ständig" auf das Thema angesprochen, sagte Steinmeier, ohne genauer zu werden.

Doch welche Länder sind das, in denen Deutschland wegen Pegida für fremdenfeindlich und rassistisch gehalten wird? Wo ist das Ansehen der größten Demokratie des vereinigten Europas fast schon irreparabel beschädigt?

Ein Blick auf Steinmeiers Reiseroute in den vergangenen Wochen zeigt es: Tunesien, Marokko und Algerien hat Steinmeier zuletzt besucht. Seit dem Beginn der Demonstrationen in Dresden war er zudem auch in Frankreich, in Nigeria und Saudi-Arabien.

Tunesien, wo ein 88-jähriger Ex-Schützling des früheren Diktators Ben Ali gegen eine islamistische Partei regiert, die die meisten Sitze im Parlament hat.

Marokko, dessen Rechtssystem sich an der Scharia orientiert und gleichgeschlechtlichen Sex mit Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren ahndet.

Algerien, das im Demokratieindex des Economist den 130. von 167 Plätzen belegt, weil hier öffentliche Proteste zumeist gewaltsam aufgelöst und regierungskritische Medien vom autoritären Regime Bouteflikas behindert werden.

Frankreich, wo der Front National „Franzosen zuerst“ fordert und damit stärkste Partei bei den letzten Wahlen geworden ist.

Nigeria, wo das Scharia-Recht für Homosexuelle die Todesstrafe durch Steinigung vorsieht und Schwulen-Propaganda mit fünf Jahren Gefängnis bestraft werden.

Und Saudi-Arabien, wo Frauen nicht Autofahren dürfen, sunnitische Terrororganisationen finanziert und kritische Blogger für ein Jahrzehnt weggesperrt werden..

Eine Hitparade der lupenreinen Demokratien, eine Liste von vorbildlichen Staaten, auf deren Urteil auch die Pegida-Marschierer in Sachsen und anderswo viel mehr Wert legen sollten.

Kritik einfach wegtanzen

7. Oktober 1989: Während im Palast der Republik die kommunistischen Partei- und Staatsführer den 40. Jahrestag der DDR feiern, wird draußen demonstriert. „Wir sind das Volk!“, rufen die Demonstranten, doch sie werden nicht gehört. Polizeibataillone stehen bereit, um „Ruhestörer“ zu verhaften und für Ordnung zu sorgen, die Sicherheitsdienste sind alarmiert, die Staatsspitze schaut beim Sektchen zur Jubiläumsparty aus dem Fenster auf feindliche Ansammlungen von Menschen, die dem Klassenfeind auf den Leim gegangen sind und staatsfeindliche Losungen rufen.

Die Zeit vergeht, aber so viel ändert sich denn doch nicht auf der Erde. Vom Landespresseball in Hamburg, der "auch in seiner 66. Ausgabe aus allen Nähten", platzte, wie der Veranstalter stolz mitteilt, meldete sich Familienseniorenfrauenjugendministerin Manuela Schwesig mit einem mutigen Facebook-Eintrag: "Gute Stimmung auf dem Landespresseball" schreibt sie, und "viele folgen dem Aufruf von Olaf Scholz "Das Schimpfwort Lügenpresse einfach wegtanzen".

Beim "rauschenden Fest in großer Garderobe" (Veranstalter) wurde damit nicht nur die gleichlautende Formulierung der offiziellen Presseball-Pressemitteilung von 2013 noch einmal wörtlich nachgestellt, sondern gleichsam auch der letzte große Auftritt der DDR-Elite: Drinnen fleischgewordene Gegenstände der Berichterstattung und Protokollbeamte in Maßgarderobe und im engen Schulterschluss. Draußen renitentes Volk, das diesmal allerdings nicht nach Gorbi ruft, sondern den "Versuch, in Hamburg ein Asylbewerberheim mitten in eine Villengegend zu pflanzen" (Spiegel) per Gerichtsentscheid stoppen lässt. "Gebietsuntypische Störungen", gaben die Richter vor, müssten "vermieden" werden.

Bei Landespresseball wurden sie es. Sangen seinerzeit für Honecker beim Unterhaltungsprogramm im Großen Saal des Palastes der Entertainer Wolfgang Lippert und der DDR-Swing-König Andrej Hermlin, ist es diesmal „Tatort-Kommissar“ Miroslav Nemec samt Band, der die Ballgäste mit seiner Bühnenshow "mitreißt".

Sonntag, 25. Januar 2015

Zitate zur Zeit: Paternalistischer Gutmenschenrassismus

Auf eine perverse Art artikuliert sich hier ein paternalistischer Gutmenschenrassismus, der auch 50 Jahre nach der Entkolonialisierung den muslimischen Anderen nicht als Subjekt seiner Geschichte begreifen kann, sondern nur als reagierendes Objekt westlichen Handelns.

Ernst Hillebrand, Leiter des Referats Internationale Politikanalyse der Friedrich-Ebert-Stiftung, im IPG-Magazin zum Thema "Charlie Hebdo und das linke Appeasement"

Khaled: Das laute Schweigen der Eiligen

"Wir haben solche Angst“, sagte der mutmaßliche Mörder. "Rache für Khaled!" riefen tausende Freunde des Ermordeten auf den Straßen von Dresden und Berlin. Alle waren Khaled, niemand blieb zurück. Ein Volk in Angst vor Nachahmungstäten, die erst Hakenkreuze schmieren und dann wie stets zum Messer greifen, gedeckt von einer "sächsischen Polizei" (SZ), von der jedermann weiß, dass sie zwar Bodo Ramelow verfolgt, nie aber gegen echte Naziverbrecher vorgeht. Volker Beck schaute von Berlin aus ganz genau hin und erstattete Anzeige gegen alle Beteiligten an der Vertuschung des wahren Tathergangs.

Dann der Schock. Es war kein Pegida-Marschierer, der den 20-jährigen Khaled Idris tötete, nicht einmal ein gewöhnlicher Naziextremist. Schlagartig brach das Interesse am Schicksal des eritreischen Flüchtlings ein. Niemand wollte nun mehr Khaled sein, niemand mochte mehr behaupten, es seien dem "kaltblütigen feigen Mord etliche Bedrohungen vorausgegangen" . Volker Beck hatte noch zwei Sätze für das Opfer. "Es ist gut, wenn der Mord an Khaled B. trotz der Pannen schnell aufgeklärt werden konnte. Die Fragen zu der späten Spurensicherung bleiben m.E. trotzdem klärungsbedürftig."

Klärungsbedürftig wie das eilige Vorpreschen der Antifa. Klärungsbedürftig wie die Ursachen des überflotten Anklagens einer "Vertuschung", die es offenkundig nie gegeben hat. Klärungsbedürftig auch wie das plötzliche Schweigen über den Tod eines jungen Menschen, der aufgrund der Herkunft seines Mörders, die sich politisch nicht ausschlachten lässt, vom Opfer erster zu einem Opfer zweiter oder dritter Klasse geworden ist.

Samstag, 24. Januar 2015

n-tv lässt den Euro hüpfen

Der Nachrichtensender n-tv entdeckte als erster, dass die Talfahrt des Euro eine Pause einlegte. "Die Gemeinschaftswährung rutschte in der Spitze zwar bis auf 1,115 Dollar ab und damit auf den niedrigsten Stand seit September 2003", meldeten die Wirtschaftsspezialisten am Tag nach der 11550-Milliarden-Kaufentscheidung der EZB. "Am Nachmittag erholte sich Europas Gemeinschaftswährung wieder und stieg über die 1,20-Dollar-Marke - aktuell notiert sie bei 1,248 Dollar - immer noch mehr als ein Prozent weniger als am Vortag."

In Wirklichkeit hatte der Euro natürlich keinen Zehn-Cent-Sprung nach oben gemacht, sondern seinen Weg in Richtung Dollar-Parität stur fortgesetzt. Wie auch sonst - mit dem Ankauf von rund zehn Prozent aller europäischen Staatsschulden bewegt sich schließlich eine Geldwelle auf die Euro-Länder zu, die die Welt noch nicht gesehen hat. Seit April vergangenen Jahres hat die erfolgreichste Gemeinschaftswährung der Welt ein Fünftel ihres Wertes verloren. Würde Öl heute noch so viel kosten wie damals, stände der deutsche Benzinpreis bei rund 1,86 Euro.

Ein Segen für das Weltklima. Doch ob es dann noch so ruhig wäre im Land und niemand n-tv-Meldungen über den Euro-Kurs lesen würde?

Taz: Lange Liste des Versagens

"Die Medien im Außeneinsatz" nennt die Taz eine mutige Reportage aus dem Archiv, die unter dem Titel "Alles verhältnismäßig?" eine Liste von Merkwürdigkeiten bei den deutschen Leitmedien aufstellt. Immer wieder wurde wild skandalisiert, immer wieder musste leidse zurückgerudert werden. Hier ein paar Beispiele aus den vergangenen Jahren – bis in die jüngste Zeit. PPQ dokumentiert die Recherche der Berliner "Tageszeitung":

Es gibt besser beleumundete Institutionen in der Gesellschaft als die sogenannten Leitmedien. Bereits vor der umstrittenen Berichterstattung über einen Zusammenhang zwischen den inzwischen verbotenen Pegida-Demonstrationen mit der Ermordung eines eritreischen Asylbewerbers in der sächsischen Landeshauptstadt sorgten die Zeitungen und Magazine immer wieder für Negativschlagzeilen, von denen am Ende wenig übrig blieb:

Januar 1994: Ein in Halle an der Saale im Rollstuhl sitzendes Mädchen behauptet, dass Skinheads ihr ein Hakenkreuz in die Wange geritzt hätten. Die Medien berichten unisone. Tags darauf demonstrierten mehr als 10.000 Menschen gegen rechtsextreme Gewalt. Wenig später räumte das Mädchen auch hier ein, die Tat vorgetäuscht zu haben.

November 2000: der Medienkriminologe Christian Pfeiffffer berichtet, dass der sechsjährige Joseph Kantelberg-Abdullah am 13. Juni 1997 in einem Sebnitzer Freibad von rassistischen Jugendlichen ertränkt worden ist. Die Vorgänge um den Tod des Jungen führen zu einer monatelangen bundesweiten intensiven Berichterstattung über das braune Nest, is sich der Tod des Jungen als Unfall herausstellt, der von einer von der Mutter verschwiegenen Herzschwäche verursacht wurde. Eine geplante Pressereise für Chefredakteure zum Dialog mit Sebnitzer Jugendlichen kommt nicht zustande, terminprobleme.

Dezember 2002: Die 14-jährige Tochter eines Kubaners erscheint auf einer Wache im brandenburgischen Guben, nachdem ihr Neonazis ein Hakenkreuz in die Wange geschnitten hatten. Zunächst glaubten ihr die Beamten, die Medien berichteten unisono. Dann gestand das Mädchen, die Geschichte erfunden zu haben.


Ostern 2005: Ein brutaler Überfall zweier Neonazis auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas Mulugeta an einer Potsdamer Straßenbahnhaltestelle ruft die Bundesanwaltschaft auf den Plan. Alle Medien ebrichten unisono, als der Täter Björn L. im Guantanamo-Anzug per Helikopter ins Gefängnis geflogen wird. Monate später ist von einem "rassistischen Mordanschlag" nicht mehr die Rede. Nach sieben Monaten werden die beiden Angeklagten aus dem Gefängnis entlassen.

Dezember 2007: Im sächsischen Mittweida überfallen drei Rechtsradikale ein fünfjähriges Mädchen und ritzen einer 17-Jährigen, die dem Kind helfen wollte, ein Hakenkreuz in die Hüfte. Alle großen Medienhäuser schickten Reporter nach Mittweida, das in der Folge als braunes Netz enttarnt werden konnte. Die 17-Jährige wurde mit Preisen für Zivilcourage geehrt. Dann gestand sie, die Geschichte erfunden zu haben.

Dezember 2008: Der Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl wird berühmt, als drei Rechtsextreme ihn vor seiner eigenen Haustür mit einem Lebkuchenmesser angreifen. „Du trampelst nimmer auf den Gräbern unserer Kameraden herum“, ruft einer der Täter, woraufhin eine 50-köpfige Sonderkommission die Ermittlungen aufnimmt und sämtliche deutschen Medien sechs Wochen lang nur ein Thema kennen: Der im Gesicht grün tätowierte Haupttäter, sein Flucht, seine Vernetzung mit anderen Rechtsextremisten. Nach einem jahr wird die Sonderkommission ergebnislos aufgelöst. Zeitungen berichten da schon lange nicht mehr über die „neue Dimension rechtsextremistischer Gewalt“.

Februar 2009: Drei Neonazis verschleppen eine im dritten Monat schwangere Frau aus Brasilien "an einen entlegenen Ort" in der Nähe von Zürich und ritzen ihr dort mit einem Teppichmesser, wie es die Terroristen vom 11. September benutzten, auf Oberschenkel und Bauch die Buchstaben "SVP", Kürzel einer rechtskonservativen Schweizer Partei.


Juli 2009: Der aus Georgien stammende Iraker Azad Murad Hadji kommt völlig verbrannt nach Hause, röchelt noch "Nazis haben mir das angetan", duscht und bricht zusammen. Vier Tage lang war der Mann, der acht Jahre lang in Deutschland lebte, das jüngste Opfer rechtsradikaler Gewalt, das "bei lebendigem Leib angezündet" worden war. Die Polizei stellt später fest, dass es keinerlei Spuren zu Neonazis gibt. Der syrische Besitzer eines Dönerladens, den Hadji vermutlich niedergebrannt hat, kann nicht mehr vernommen werden, weil er sich dauerhaft im Auslandsurlaub befindet. Der Mann, ein Freund des georgischen Irakers, sei "im Urlaub" und habe noch nicht befragt werden können, teilt die Polizei mit. Die Presse hat da allerdings schon das Interesse verloren.

Dezember 2014: In Dresden wird eine Gruppe von migrantischen Jugendlichen von rund 500 Pedigisten und Hooligans brutal angegriffen. Der Übergriff geschieht „unter dem Applaus von Passanten“, wie die Taz berichtet. Eine Anzeige der Jugendlichen will die Polizei nicht aufnehmen. Im Gebäude hatten sich die Pegida-Anhänger, die Schals und Bekleidung vom Fußballverein Dynamo Dresden trugen, vermummt, danach griffen sie die Jugendlichen an. „Scheißkanacken“, schimpften sie und riefen „Wir sind das Volk“. Die Angreifer waren mit Messern, Schlagstöcken, Pfefferspray und Tasern bewaffnet. Es gibt einen Verletzten, der mit einem Messer gestochen wurde. Tage später stellt sich heraus, dass der Mann ein Pegidist ist. In der Folge wird von dem Vorfall nicht weiter berichtet.

Januar 2015: Nach dem Tod des Asylbewerbers Khaled Idris Bahray aus Eritrea bricht ein Medienorkan über die Polizei in Dresden herein. Sie wird beschuldigt, Ermittlungsfehler begangen zu haben, gleichzeitig legen Zeitungen nahe, dass Anhänger der Pegida-Bewegung mit dem Tod des 20-Jährigen zu tun haben. Der Grünen-Politiker Volker Beck begutachtet die Lage von Berlin aus und erstattet Anzeige gegen alle Beteiligten an der Ermittlung. Elf Tage später ist alles vorüber: Ein Mitbewohner des Toten gesteht die Tat. Hassan S. habe Khaled mit meheren Messerstichen getötet. Danach gab er Interviews, in denen er "sich besonders betroffen" (FAZ) zeigte.

Eigentümlich frei: Journalismus: „Der erste Pegida-Tote“

Freitag, 23. Januar 2015

Verbot der Woche: Krampfanfälle durch Kaffee

Nachdem koffeinhaltige Energydrinks in Litauen schon nicht mehr an Kinder und Jugendliche verkauft werden dürfen, fordert die Verbraucherorganisation foodwatch auch in Deutschland ein Verkaufsverbot für Kaffee an Minderjährige. Erst im Oktober warnten Wissenschaftler der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor den Risiken der aufputschenden Getränke und empfahlen ein Verbot des Verkaufs an Jugendliche unter 18 Jahren. Kaffee enthält fast dreimal so viel Koffein wie die als überaus gefährlich geltenden Energydrinks“. Kaffee ist seit dem Start von Starbucks vor allem bei jungen Leuten sehr beliebt, steht aber laut Foodwatch im Verdacht Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Nierenversagen und sogar Todesfälle zu verursachen.

„Litauen zeigt den EU-Partnern, wie es geht – in Deutschland verhindert die Lebensmittellobby noch immer einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen“, erklärte Oliver Huizinga von foodwatch. „Ernährungsminister Christian Schmidt muss endlich auf die eindringlichen Warnungen der Wissenschaftler reagieren und den Verkauf von Kaffee an Kinder und Jugendliche unterbinden.“

Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten im Oktober 2014 eine Studie zu den Gesundheitsrisiken veröffentlicht, in der vor Energydrinks gewarnt wurde. 100 Milliliter Red Bull enthalten so zum beispiel rund 32 Milligramm Kofein – dieselbe Menge Kaffee hingegen kommt auf 80 Milligramm. Wissenschaftler verweisen seit längerem auf mögliche Gefahren von stark koffeinhaltigen Getränke, sie werden mit Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen, Nierenversagen und sogar Todesfällen in Verbindung gebracht.

Die Bundesregierung erkennt die Risiken zwar an, handelt aber nicht. So hatte sich die frühere Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner für einen Warnhinweis auf Energydrinks ausgesprochen, wonach der „Verzehr größerer Mengen, insbesondere bei ausgiebiger sportlicher Betätigung, sowie ein gleichzeitiger Genuss alkoholischer Getränke vermieden werden sollte“. Doch eine Initiativ für einen solchen Warnhinweis auf Kaffee gibt es nicht. Die Lebensmittellobby hatte sich vehement dagegen ausgesprochen.

Foodwatch fordert auch in Deutschland eine Altersbeschränkung für Kaffee ab 18 Jahren, um Minderjährige vor den gesundheitlichen Risiken zu schützen. Zudem sollten nach Ansicht von foodwatch die besonders hoch konzentrierten „starken“ Kaffees generell verboten werden. Diese im Vergleich zu herkömmlichen Kaffee mit mehr Pulver gekochten Kaffees enthalten Koffein in noch stärkerer Konzentration – die Gefahr einer Überdosierung ist daher besonders groß.

Einer Studie der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) zufolge konsumiert fast jeder dritte Jugendliche und junge Erwachsene Kaffee, besonders beliebt sind zahlreiche ischsorten mit Aromen, die den strengen Kaffeegeschmack überdecken. Davon sind laut der Behörde 12 Prozent „high cronic consumers“ (Konsum mindestens viermal wöchentlich) sowie 12 Prozent „high acute consumers“ (mehr als ein Liter pro Konsum).

Doku Deutschland: Diese Seife ist nicht mein Islam

Frech, falsch und wiedereinmal unglaublich diskriminierend, so habe ich die öffentliche Darstellung des Seifenverbotes bei Aldi empfunden. Ja, ich bin Moslem. Und ja, ich habe in der vergangenen Woche mehrfach bei Deutschlands größtem Discounter dagegen protestiert, dass eine Flüssigseife unter dem verharmlosenden Namen "1001 Nacht“ bei Aldi Süd angeboten wird! Aber die Hintergründe waren ganz andere, das können Sie mir glauben.

Vielleicht erzähle ich erst einmal etwas über mich. Ich bin 32 Jahre alt, lebe seit sechs Jahren in Deutschland. Damals musste ich mein Heimatland, das ich hier aus Gründen des Persönlichkeitsschutze nicht genauer nennen will, verlassen. Alle Strukturen bei uns im Land brachen zusammen, es fand eine Islamisierung statt, die jedem aufgeklärten Muslim binnen weniger Monate deutlich machte, wohin die Reise gehen wird. Es gab kein Bier mehr zu kaufen, nicht einmal mehr an der Hinterpforte des christlichen Friedhofes in meiner Heimatstadt. Das Schaubrauhaus in der Innenstadt musste schließen, an der Moschee tauchte ein Schild auf "nur für Moslems". Auch unsere einheimischen Weine, die seit tausenden von Jahren gekeltert werden, wurden verbannt, ebenso gab es keine Möglichkeit mehr, etwa eine Liebesbeziehung zu Andersgläubigen zu haben.

Ich bin geflohen, mit meiner Frau, die Christin ist. ich hätte bleiben und mich arrangieren können. Als Ingenieur findet man immer Arbeit, unter jedem Regime. Aber für Edda gab es an irgendeinem Punkt keine Alternative mehr. Sie hatte ihren Job verloren, sie fühlte sich immer öfter bedroht. Wir gingen also, um den Nachstellungen der Islamisten zu entgehen.

Sechs Jahre später nun stehe ich im Aldi und sehe eine Moschee auf einer Seifenflasche. Ich war echt wütend. Nicht wütend über den Missbrauch meiner Religion, das ist Quatsch. Bei uns zu Hause findet man Bilder von Moscheen auf allerlei Waren. Ich erinnere mich sogar einmal, Taschentücher gekauft zu haben, auf denen die Silhouette einer der berühmtesten Moscheen abgebildet gewesen war. Nein, mich hat eher empört, wie der Islam nun auch hier, im säkularen Deutschland, ganz subtil Werbung für sich macht. Eine Moschee auf einer Seife, ein Mullah, der Werbung für einen Elektrofachmarkt macht. So fängt es doch immer an. Sind wir deshalb vor den Wahnsinnigen weggelaufen? Dass die uns hier wieder einholen mit ihrer Religionspropaganda?

Ich habe daraufhin zweimal bei dem Discounter angerufen und mich über diesen klitzekleinen Schritt zur Islamisierung des Abendlandes beschwert. Einmal habe ich meinen Namen gesagt und mich als besorgter säkularer Moslem geäußert. Ich will die Antwort nicht wiederholen. Es war eine sehr dumme Antwort. Beim zweiten Mal habe ich dann angerufen und mich im Namen einer "Arbeitsgemeinschaft betroffener Muslime bei Pegida" (AbMP) gemeldet. Ich habe gesagt, wir seien ein paar Dutzend moderate Moslems aus dem Mittelstand, die Angst hätten, von den Mullahs nun auch hier belästigt und in ihrer Freiheit eingeschränkt zu werden.

Ich habe mit der Frau am Telefon dann ganz lange über meine Sorge darüber gesprochen, dass Deutschland seine eigenen Regeln vergessen könnte, wenn es zu sehr auf die Regeln derer hört, die sich für die einzig wahren Gläubigen halten. Ich habe ihr gesagt, das sind die nicht! Die meisten Moslems sind wie ich. So sehr Moslem, wie Deutsche evangelisch oder katholisch sind. Wir gehen in die Moschee, aber nicht immer. Wir fasten, aber nicht den gesamten Ramadan durch. Wir beten fünfmal am Tag, aber nur, wenn wir Zeit haben. Und wir meiden Alkohol, trinken aber auch mal ein Bier, weil wir sicher sind, dass Allah in seiner Güte kein Bier erfunden hätte, wenn er nicht gewollte hätte, dass es jemand trinkt. Allah guckt nicht hin, sagen wir dann immer. في صحتك! Fī ṣiḥatik, das heißt so viel wie Prost.

Was soll ich ihnen sagen? Die haben mich beide Mal abgebügelt. Die Seife sei bloß ein Saisonartikel, ich solle das mal nicht so hoch hängen. Sie verstünden schon, was ich meine, fänden meine Sorge aber übertrieben. Es gebe keine Islamisierung in Deutschland, auch nicht durch Artikel, die mit islamischen Symbolen werben. Die Kanzlerin habe das kürzlich erst bestätigt, auch die Zeitungen seien da einig. Da müsse ich mal etwas entspannter sein.

Ich habe geschluckt und mich damit abgefunden, dass das nun so ist. Bis ich dann auf die Idee gekommen bin, bei Facebook gegen die Moschee-Seife zu protestieren. das habe ich dann nicht mehr als besorgter Moslem gemacht, der Angst vor einer Islamisierung hat. Sondern als Moslem, der seine religiösen Gefühle verletzt sieht. Ein Freund von mir ist mit eingestiegen und hat auch einen aufgeregten Kommentar verfasst, er fühle sich beleidigt und in seiner Ehre verletzt. Es hat dann nur sieben Stunden gedauert, bis der Discounter die seife aus den Regalen genommen hat. Aber ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll.

Donnerstag, 22. Januar 2015

Dylan des Dschihad: Mit Musik kontra Mohammed



Dänemark, natürlich, was auch sonst. Der Mann, der dem internationalen Islamismus als erster weltweit mit Musik die Maske vom Gesicht reißen will, kommt aus Dänemark. Eine kleine Stadt ziemlich in der Mitte, ein Nine-to-five-Job in einer Verwaltung. Nach Feierabend aber spielt der Sänger, Gitarrist und Komponist, der sich hier bei uns aus gegebenem Anlass Carl Ladeplads nennt, in einer Band, die sich dem Punkrock verschrieben hat. „Da sind wir nicht sehr politisch“, hat Ladeplads uns in einer Mail mitgeteilt.

Er selbst aber war immer schon interessiert an allem, was „um mich herum vorgeht“. Gerade die Diskussion um die Mohammed-Karikaturen seines Landsmannes Westergaard habe ihn damals aufgeschreckt. „Ich will nicht in einer Welt leben, in der Zeichnungen und Musik verboten sind.“ Dennoch hat es erst des erneuten Anstoßes durch das Mohammed-Massaker von Paris bedurft, ehe Ladeplads sich vorwagt. „Ich habe ein Lied zu Ende geschrieben, das ich seinerzeit begonnen habe, als sie anfingen, Westergaard zu verfolgen.“ Ob es Angst war, die ihn damals davon abhielt, das Lied mit dem Titel „What a prophet“ zu veröffentlichen, weiß Ladeplads nicht mehr zu sagen. „Das Thema war auf einmal weg und mein Interesse auch.“

Umso heftiger aber kehrte es nun wieder, kaum dass das Blut in Paris getrocknet war. „In meinem Song frage ich einfach nur danach, was das eigentlich für ein Prophet und was das für ein Gott sein soll, der sich anmaßt, so sinnlose Anordnungen zu treffen wie Gesicht verschleiern, kein Bier trinken oder Hand ab bei Dieben.“

Carl Ladeplads möchte mit seinem Werk, das er im Studio eines guten Freundes unter großer Geheimhaltung eingespielt hat, niemanden beleidigen, versichert er. „Aber ich will auch klar machen, dass ich nicht verstehe, wie Leute, die etwas anderes glauben als ich, versuchen, mich zu zwingen, mich an ihre Regeln zu halten.“ Er erwarte von niemandem auf der Welt Respekt für Punkrock, Pogotanz und leichte Drogen, habe er aber dennoch selbst seinen Spaß daran. „Wenn jetzt jemand sagt, Punk ist vom Teufel, soll ich dann beleidigt sein?“

Der Mittdreißiger, der nach Jahren als Seemann und Mitarbeiter einer Ölbohrfirma heute in seiner alten Heimatstadt sesshaft geworden ist, möchte in seiner Weltanschauung respektiert werden. „So, wie ich jede andere Weltanschauung respektiere.“ Was er nicht ertragen könne, sei aber das ständige Gejammer darüber, wer alles wo von wem benachteiligt, unterdrückt und beleidigt werde. „Was denken die denn, wie es mich beleidigt, wenn ihr Eure Frauen steinigt oder einem Blogger tausend Peitschenhiebe verpasst?“

Carl Ladeplads hat seine Gedanken in Fragen gekleidet und aus diesen Fragen ein Lied gemacht, das das „Blowing in the Wind“ der Generation Dschihad sein könnte. Was ist das für ein Prophet, singt er im Geiste Bob Dylans, welche absurden Regeln denn noch? Mehr als sieben Tage habe er gezögert und überlegt, ob er seinen Song wirklich öffentlich machen solle. "Man hat da schon Angst, sich öffentlich zu äußern", gesteht er ehrlich.

„Es ist ja schon so weit, dass man dabei bedenken muss, was einem passieren kann.“ Ein Freund aus Deutschland verwies ihn schließlich an PPQ, wo eine Veröffentlichung anonym schon allein dadurch bleiben muss, dass wir hier in der Redaktion den richtigen Namen von Carl Ladeplads nicht erfragt haben, weil wir ihn besser nicht kennen wollen. Das Lied, per Dropbox eingesandt und im Untertitel schlicht „Belief“ genannt, bleibt auch aufgrund dieser Begleitumstände seiner Veröffentlichung, die eher an die Samisdat-Kultur einer Diktatur als an freie und offene westliche Demokratien erinnern, wichtig: Ein stiller Aufschrei, ein leiser Protestsong. Er sollte gehört werden.

Licht aus für die Demonstrationsfreiheit

Es muss nicht immer gleich ein Demonstrationsverbot sein, über das sich im Nachhinein alle empören. Viel einfacher lassen sich demokratiefeindliche Aufmärsche unterbinden, wenn die angemeldete Demonstration auf einen Veranstaltungsraum zurückgestutzt wird, der von der Polizei hermetisch abgeriegelt werden kann. Dorthin zu gelangen, schaffen viele nicht: Der Straßenbahnverkehr ist weitgehend lahmgelegt, die Bahn fährt nach mehreren Anschlagen auf den Zugverkehr nicht mehr.

Knapp zwei Dutzend Gegendemonstrationen dazu, so dass Anhänger von kruden Pegida-Thesen durch ein Spalier an Gegnern spießrutenlaufen müssen, um zu ihrer Kundgebung zu kommen, die zudem im Zwielicht stattfindet, weil die Stadtverwaltung Verdunklung angeordnet hat: Leipzig, die Stadt der friedlichen Revolution in der DDR, hat 25 Jahre nach den unangemeldeten Demonstrationszügen vom Herbst 1989 gezeigt, dass sie angekommen ist in einer gelenkten Demokratie, die Stolz darauf ist, mit allen Mitteln der Macht gegen die öffentliche Bekundung von Minderheitenmeinungen vorzugehen.

Der restliche Ablauf ist Routine. Hier von Experten schon "äußerlich als Rechtsextremisten erkennbare Demonstrationsteilnehmer" und attackierte Journalisten, dort "Zusammenstöße von Legida-Anhängern und Gegendemonstranten" und die rituelle Beschießung der Polizei mit Feuerwerkskörpern.

Den Sieg jedenfalls nehmen die Guten mit nach Hause, das sind die, die gegen die sind, die gegen etwas sind, von dem alle Welt weiß, dass es nicht existiert. Eine gesellschaftliche quasi Auseinandersetzung auf Quadratmetaebene. Glückliches Land, das an solchen Zwistsich laben kann.

Mittwoch, 21. Januar 2015

Hinter des Führers Fassade

Obwohl die Darstellung von Hitler unter das deutsche Abbildungsverbot fällt und auch in verunglückten Fällen hart bestraft wird, hat ein bekannter Schauspieler offenbar bereits vor Jahren Bilder von sich als sogenannter "Führer" verbreitet. Wie die Bild-Zeitung berichtet gab der Mann sich lange eine bürgerliche Fassade, der Verdacht auf eine rechte Gesinnung kam gar nicht erst auf. "Doch die Fassade bekommt Risse!", heißt es nun in dem Blatt, das Fotos vorliegen hat, die den bekannten Schauspieler verkleidet als Hitler zeigen, mit markantem Bart und gegeltem Seitenscheitel, darunter der Kommentar: „Mein Führer!“

Der Mann versucht inzwischen, das Foto als "harmlos" zu diskreditieren. Er habe nicht Hitler darstellen wollen, sondern Bruno Ganz in seiner großen Paraderolle als Charlie Chaplin in "Der große Diktator", hieß es offiziell. Das Bild sei in der Badewanne entstanden, bei dem abgebildeten Schiff handele es sich nicht um den Panzerkreuzer Potemkin, sondern um ein Modell der "Niedersachsen", der dienstältesten Fregatte der Bundesmarine, die in der gedachten Szene gerade den Affenfelsen von Gibraltar passiere.

Guido Knopp im Ruhestand: Fällt jetzt die Hitler-Pflicht?

Tabaksteuerschwindel: Feinschnitt mit falschen Zahlen

Jubelgeschrei aus dem Finanzministerium, Jubelgeschrei auch bei den Leitmedien. „Raucher in Deutschland haben 2014 so wenige Zigaretten gekauft wie noch nie seit der Wiedervereinigung, der Staat nahm aber trotzdem mehr Geld damit ein“, freut sich der „Focus“. Das zeige, „die höhere Tabaksteuer für Zigaretten und Feinschnitt greift also“.

Und wie! Die im vergangenen Jahr in Deutschland versteuerten Zigaretten spülten rund 12,3 Milliarden Euro in die Staatskasse, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte, 100 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Das ist umso erstaunlicher, als das Statistische Bundesamt für 2013 einst nicht die vom „Focus“ genannten 12,2 Milliarden Euro Einnahmen aus der Tabaksteuer vermeldet hatte, sondern 13,8 Milliarden.

„Mehr Geld eingenommen“ hat der Finanzminister, der die Tabaksteuer auch im Januar 2014 wieder erhöht hatte, um Raucher abzuschrecken und die Einnahmen zu erhöhen, also nur, wenn er die richtigen neuen Zahlen mit den falschen alten vergleicht, wie das der Focus tut. Langfristig hingegen ist der Versuch, Erziehungsarbeit für Erwachsene mit der Steuerschraube durchzuziehen, eine Pleite in allen Belangen. Auch die einst von einem heute längst vergessenen Finanzminister namens Hans Eichel erwarteten "Mehreinnahmen in Milliardenhöhe" sind die Fantasie geblieben, die sie immer waren.

Die Tabaksteuer, anfangs zur Finanzierung von Maßnahmen zur Terrorabwehr, später zur Rettung der Krankenkassen, zur Finanzierung von Steuervereinfachungen, zur Entlastung energieintensiver Betriebe von der Ökosteuer und zur Erhöhung der durch die Steuererhöhungen fortlaufend rückläufigen Tabaksteuereinnahmen in insgesamt 14 Stufen erhöht, hat 2014 die niedrigsten Einnahmen seit 2001 erbracht – trotz einer Erhöhung des Steueranteils auf mittlerweile rund 75 Prozent des Kaufpreises.

Schon nach der dritten Stufe der Tabaksteuererhöhung, die den Steueranteil pro Zigarette von 8 auf 14 Cent erhöhte, hätten die Einnahmen aus der Tabaksteuer um 4,5 Milliarden Euro höher liegen sollen als 2003. Stattdessen liegen sie elf Jahre später - der Steueranteil pro Zigarette liegt nun bei 19,63 Cent - um mehr als zwei Milliarden niedriger. Statt 145 Milliarden wie 2002 kauften deutsche Raucher im Inland zuletzt nur noch 79 Milliarden Zigaretten – die fehlende Menge wird steuerfrei aus dem europäischen Ausland bezogen.

Ein Förderprogramm für die EU-Partnerländer, in denen die Deutschen inzwischen rund ein Viertel ihrer Rauchware kaufen. Polen freut sich, Tschechien freut sich, der Zoll hat endlich wieder zu tun. Weil auch nach der 14. Stufe der geplanten Erhöhung der Tabaksteuer keinerlei Mehreinnahmen fließen, hat der ratlose Finanzminister die legal einführbare Zigarettenmenge zuletzt von 800 auf 300 Stück reduziert. Bei offenen Grenzen eine Aktion, die erwartbar ohne Erfolg bleiben musste.

Die Politik verfährt daraufhin wie immer. Wo kein erfolg ist, wird einer verkündet: "Der Staat nahm mehr ein, heißt es von "Spiegel" bis LVZ, weil alle wortgetreu eine Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur dpa drucken, ohne auch nur einen Moment zu verschwenden, um die Angaben zu prüfen.

Neben dem völlig neuen Massenphänomen des Privatimports, der 2013 zu einem Steuerschaden von vier Milliarden Euro führte, kommen auch noch Probleme mit Zigarettenschmuggel und organisierter Kriminalität, die Billigware per Lkw einführen. Preiserhöhungen führen bereits seit Jahren kaum noch zum Rückgang des offziellen Verbrauchs. Nicht weil weniger geraucht wird. Sondern weil weniger in Deutschland eingekauft wird.

Steuerfrei in den Mai

Dienstag, 20. Januar 2015

Zitate zur Zeit: Der dünne Firnis der Zivilisation

Der Anblick der «Pegida»-Wutbürger deprimiert, genauso wie derjenige der ebenso stumpfsinnigen Gegendemonstranten mit ihren inadäquaten, sogenannt antifaschistischen Slogans («Nazis raus!»). Der Betrachter denkt unweigerlich an die Weimarer Republik, als Nazis und Kommunisten auf der Strasse aufeinander losgingen und es bald darauf mit der deutschen Demokratie zu Ende ging.

Basler Zeitung zu Pegida

Pegida: Neue Fatwa von Fahimi

Während einige CDU-Politiker mit Pegida ins Gespräch kommen wollen, reagiert die SPD mit einer neuen Fatwa von Generalsekretärin Yasmin Fahimi auf Versuche, die deutsche Sozialdemokratie in einen Dialog mit der "Schande" (Maas) zu verwickeln.

Die SPD lehnt nach den Worten ihrer Generalsekretärin Yasmin Fahimi Gespräche mit den Pegida-Organisatoren geschlossen ab. "Unmittelbar mit den Organisatoren von Pegida den Dialog zu suchen, sehe ich für uns nicht", sagte Fahimi. In einer kardiologischen Ferndiagnose aus Berlin habe sie die Bewegung als nicht hilfreich enttarnt. Sie "schürt Ressentiments und Hass und versucht, einen Keil durch Deutschland zu treiben". Ihr Eindruck als SPD-Generalsekretärin mit langer Ausbildungsgeschichte in der Gewerkschaftsbewegung sei, dass sich die Pegida-Bewegung "einem vernünftigen Dialog bisher verweigert hat". Nun nehme sie für die SPD in Anspruch, mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Fahimi verwies zudem auf deren "zunehmende Vernetzung mit gewaltbereiten Neonazis und Hooligans", von der sie im Fernsehen gelesen habe.

Statt eines Dialoges biete die SPD, in deren stolzen, starken Reihen Männer wie Sebastian Edaythy und Thilo Sarrazin wirken, zahlreiche Veranstaltungen nicht nur in Sachsen und anderen Städten an, wo sie sich den Sorgen und Nöten der Bürger stelle, sagte Fahimi weiter. Möglich seien Reisen in den unterdrückten Iran unter dem Motto „Von Zarathustra zur Schia" , ins krisengeplagte Griechenland unter dem Motto „Herz der Antike“ und nach Sizilien, wo gemeinsam Flüchtlingsboote aus Nordafrika begrüsst werden.

„Die Mehrheit der Deutschen denkt anders als Pegida", hat Fahimi durchgezählt. Sie könne das "wiederaufkeimende Verständnis für die Bewegung und ihre Anhänger nicht nachvollziehen", fügte die SPD-Politikerin hinzu, schließlich lehre das politische Geschäft, dass man seinem Gegner nie zuhören und seine Beweggründe keinesfalls anerkennen dürfe. Kein Sozialdemokrat dürfe mit einem Pegida-Marschierer sprechen,  Parteimitglieder müssen familiäre oder freundschaftliche Beziehungen mit Pegida-Extremisten sofort beenden.

Dass ihre eigene Dialogbereitschaft mit Pegida "sehr eingeschränkt" sei, erklärte Fahimi auch damit, dass sie selbst Anfeindungen aus den Reihen der islamkritischen Bewegung ausgesetzt sei, obwohl sie kürzlich erst gefordert hatte, die Terrorgruppe IS nicht mehr als "radikal-islamisch" zu bezeichnen, weil das die Muslime beleidige.

Sie zitierte aus einem Schmäh- und Drohbrief von Anfang Januar, der gespickt ist mit sexistischen und rassistischen Beleidigungen. “Ich habe geweint“, bekannte Fahimi. Als Absender ist "Pegida Magdeburg" aufgeführt, seinen Namen gab der Verfasser selbst nicht preis. Damit sei klar, dass es ein fanatischer Pegida-Anhänger sein müsse. Fahimi ist Niedersächsin mit iranischem Vater und deutscher Mutter. "Auch ich werde offensichtlich als Gefahr der deutschen Identität wahrgenommen", sagte die SPD-Generalsekretärin in etwas verquerem Deutsch.

Montag, 19. Januar 2015

Merkel macht mobil: Unterhaken für die Grundrechte

Es dauerte nur wenige Stunden, bis das Bundeskanzleramt in aller Entschiedenheit auf das Verbot weiterer Demonstrationen in Dresden reagierte. Die offenbar von der Bundeskanzlerin selbst veranlasste Antwort auf die vielerorts als Kapitulation vor rechten, linken und islamistischen Extremisten verstandene Aussetzung des Grundrechtes, "sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln" (Grundgesetz, Artikel 8) kam schnell und sie kam ungewohnt scharf. In einer .Pressemitteilung, die zuerst über Facebook verbreitet wurde, ließ Angela Merkel keinen Zweifel daran, wie sie zur Verbotsverfügung steht. PPQ dokumentiert das kurze, aber überaus entschiedene Papier, das unmissverständlich mit +++EILT+++EILT+++" überschrieben ist:

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Mitglieder der Bundesregierung werden am Montag, dem 19. Januar, in Dresden eine Kundgebung für Meinungsfreiheit und das uneingeschränkte Versammlungs- und Demonstrationsrecht anführen.

"Wir wollen ein Zeichen setzen", so die Bundeskanzlerin, "gegen Feinde der Demokratie und des politischen Diskurses." Die Bundeskanzlerin erwartet, dass die Ministerpräsidenten aller Bundesländer mit ihr untergehakt wie zuletzt in Paris die Kundgebungsmeile abgehen.

"Wir als Demokraten müssen nicht alle einer Meinung sein. Aber ich erwarte als Bundeskanzlerin aller Deutschen, dass wir der Bedrohung grundlegender Rechte unserer Gesellschaft entschieden entgegentreten. Ich sehe hier die Solidarität aller politisch Verantwortlichen aus Bund und den Ländern gefordert."

Bundeskanzlerin Merkel hat zu diesem Protestmarsch für die freie politische Meinungsäußerung geladen, nachdem die Dresdner Polizei erklärte, sich außer Stande zu sehen, die Sicherheit einer weiteren Pegida-Kundgebung zu gewährleisten. Teilnehmern und Organisatoren der Kundgebung war mit Gewalt gedroht worden, daraufhin hatten die Behörden in Dresden zum Entsetzen der Bundeskanzlerin eine Absage aller öffentlichen Meinungsäußerungen angeordnet.

Im Archiv: Immer dort, wo die Menschen sind: Bundespräsident Gauck mischt sich spontan unter Pegida-Extremisten

Demokratie trocknet Terror aus

Diese Entscheidung war überfällig: Die Polizei in Dresden hat die für Montag geplante provokative Pegida-Demonstration abgesagt. Die Polizei erließ am Sonntag eine Allgemeinverfügung, die alle öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge innerhalb der Ortsgrenzen der sächsischen Landeshauptstadt untersagt.

Die Behörden reagieren damit - eine Woche nach einer entsprechenden Initiative des politischen Magazins "Der Postillon" - erstmals direkt auf irrationale Ängste, wie ein Polizei-Sprecher der Süddeutschen Zeitung bestätigte. Die seien dort am größten, wo viele demonstrationen stattfänden. Deshalb habe man sich entschieden, krude Demos zuerst in Ostdeutschland zu verbieten. In Dresden sollen die Menschen heute zu Hause bleiben, erlaubt sind kurze Gänge zum Supermarkt oder zum Zigarettenautomaten.

Joachim Gauck begrüßte die Absage. "Wir haben entschlossene Bürger, und wir haben Gesetze und Institutionen, um Fanatismus und Gewalt zu begegnen." Zum Instrumentarium gehöre eben auch die Absage von Demonstrationen, die nicht hilfreich seien, hieß es im politischen Berlin. Der Umbau der Meinungsfreiheit von der unbegrenzten Möglichkeit, alles zu sagen, hin zu einem kontrollierten Respektsrecht nehme mit der Entscheidung von Dresden eine weitere Hürde. "Die Demokratie trocknet den Terror aus", sagte ein Sprecher.

Wohin unangemeldete und spontane politische Kundgebungen führen könnten, habe nicht zuletzt das Schicksal der DDR gezeigt: Nachdem dort im Oktober 1989 eine quasi schrankenlose Demonstrationsfreiheit um sich gegriffen hatte, überlebte der Staat nur noch ein knappes Jahr.

Das Demonstrationsrecht, hierzulande durch das Versammlungsgesetz schon seit vielen Jahren erfolgreich geschützt, diene dem Wohl aller, von den Scharfmachern der Pegida bis zu denvielen friedlichen Muslimen. Die Aussetzung der Demonstrationsfreiheit vermindere zudem die Gefahr der politischen und gesellschaftlichen Folgen eines möglichen Anschlags, wie ihn Pegida seit Monaten herbeizureden versuche, um ihn populistisch zu nutzen.

Das prinzipielle Recht aller Bürger auf freie Versammlung und Meinungsäußerung bleibe ungeachtet der zeitweisen Suspendierung geschützt.

Sonntag, 18. Januar 2015

Verbot der Woche: Moscheedarstellungen

Eben noch war es nur Mohammed, den niemand malen durfte, neben Allah dem Allerlöser selbst natürlich, von dem nur ganz wenige Bilder existieren, die ihn als jungen Mann zeigen. Der Umbau der Meinungs- zur Respektsgesellschaft erfordert aber eine unablässige Kontrolle der geltenden Abbildungsverbote - und so kommt zum bereits seit Jahren geltenden Verbot von Moscheedarstellungen auf Bierdeckeln, gotteslästerliche Reklame für "Liebigs Fleischextrakt", Koransuren-Geheule als Klingelton und beleidigende Burger-King-Eiscreme nun auch das Verbot der Darstellung von Moscheen auf Flüssigseifeverpackungen.

Die provokante Creme-Seife "1001 Nacht“ war von Aldi Süd nach zwei massiven Beschwerden von betroffenen Gläubigen bei Facebook aus dem Sortiment entfernt worden.

Als nächstes soll der Vertrieb der berüchtigten "Mekka"-Cola verboten werden, hieß es in Berlin. Das von moderaten Moslem erfundene Coca-Cola-Ersatzgetränk war ursprünglich entwickelt worden, um auch denen Cola-Genuss zu ermöglichen, die den großen Teufel USA nicht mit ihrem Geld reich füttern wollten. Angesichts der veränderten Situation auf dem weltweiten Religionsmarkt könne der Name nun aber religiöse Gefühle verletzen. Der Vertrieb der Mekka-Cola in Deutschland wird deshalb ab 1. Februar untersagt.

Ebenfalls auf der Short List zur Vermeidung unnötiger Provokationen stehen das von der Band Allman Brothers vertriebene T-Shirt "Syria Mosque", eine von Ungläubigen vertriebene Uhr in Moscheeform, beleidigende Moschee-Kuchen und der hetzerische Anthony-Quinn-Film "Mohammed".

Zur Chronik "Verbot der Woche"