Fast schon zum Jahrgedächtnis der Schlacht um die Ukraine, die nach ersten Scharmützeln von Hilfstruppen wie Femen und Julia Timoschenko vor der Fußball-EM 2012 im Herbst 2013 in die heiße Phase der unmittelbaren Systemauseinandersetzung ging, hat sich mit John Kornblum der inoffizielle Sprecher des Westens mit einer überraschenden Zurücknahme der Kriegspläne zu Wort gemeldet. Kornblum, ehemals US-Botschafter in Deutschland und seit seinem Ruhestand als Talkshow-Tourist zu einiger Berühmtheit gelangt, wirft den Konfliktparteien im Zwist um die Ukraine vor, sowohl Russland als auch der Westen hätten sich "irrational" verhalten.
Der Deutschland-Experte Kornblum, schon in den 60er und 70er Jahren stets dort eingesetzt, wo die Weltmächte sich aneinander rieben, sieht die Verantwortung für die verfahrene Situation natürlich nicht in den westlichen Weichenstellern, die auch in der Ukraine nach dem CIA-Handbuch für friedliche Revolutionen vorgegangen sind. Kornblum, ehemals Nato-Planer und eine ganze Karriere lang eng mit der CIA verbandelt, nennt stattdessen die "Clowns vom Maidan" als Schuldige: Weil die das Joch einer der Russen "und deren gesponserter Korruption" hatten abschütteln wollen, seit Europa aus dem Gleichgewicht geraten, fantasiert er getreu der Maxime, dass eine schwachsinnige Erklärung manchmal nützlicher ist als eine wahrheitsgetreue.
Zudem habe auch die EU versagt: "Die östliche Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union war nicht durchdacht und flattert nun richtungslos über dem Schlachtfeld, ohne auch nur den Anschein von Relevanz für die Krise, die sie selbst hervorgerufen hat, zu erwecken", heißt es, als gäbe es gar keine USA mehr. Und richtig: Der Begriff USA taucht im Text auch nicht auf.
Nahezu zwölf Monate nach Beginn der medialen Mobilmachung gegen die Ukraine, wie sie bis dahin war, schwindet der amerikanische Wille, mit der Krise zu tun gehabt zu haben. Kornblum, der bis heute nicht ohne Arbeitsauftrag in einer Talkshow sitzt, darf hier wohl als offizieller Sprecher der USA gelesen werden, wenn er erklärt: "Was als ein Konflikt an der Peripherie begann, hat Gegenströme der Gewalt und Konfusion entfacht, die schon nahe an eine Farce grenzen."
So war das nicht geplant. Eigentlich, auch das hier deutlich herauszulesen, war an einen kurzen Konflikt gedacht, bei dem die Ordnung anschließend so wiederhergestellt wird, "wie es nach der Entscheidung Bill Clintons, 1995 in Bosnien zu intervenieren, der Fall war". Putin aber, dieser Teufel, hat er nicht zugelassen.
Und nun steht die Welt da, wie sie war, nur so verändert in ihrer Gestalt, dass Kornblum, der nur Deutsch und Politikwissenschaft, nicht aber Geschichte studiert hat, düster orgelt, "dass ihre Beziehungen niemals wieder "normal" werden können".
Solche "Niemals" und "nie wieder" halten in der Geschichte erfahrungsgemäß zwischen fünf und 25 Jahren, allerdings hat John Kornblum sicher recht, dass es jetzt "eine russische und westliche Aufgabe sein" müsste, "das zu retten, was von den Visionen der damals neuen Weltordnung von 1990 übrig geblieben ist". Doch beide Seiten, kritisiert er, "scheinen nicht zu wissen, wie sie das bewerkstelligen sollen".
Im Fall Putins könnte das ein Irrtum sein. Der Kreml-Herrscher hat, betrachtet man die Gesamtlage zwei Jahre nach Beginn der offen antirussischen Medienkampagne im Westen, wenig verloren, was er nicht bald - gemessen in geschichtlichen Zeiträumen - zurückbekommen wird. Der Westen hingegen wird dauerhaft mit dem Wissen leben müssen, dass es eine weitere Ausdehnung des eigenen Machtbereiches, ein Wachstum der Nato und eine Ausbreitung der EU nach Osten nicht geben wird.
Was für die Nato ein gutes Zeichen ist, bekommt sie doch mit der Institutionalisierung der Frontstellungen ihre einstige Bedeutung zurück, ist für die EU eine schlechte Nachricht. Vom ersten Tag an hat das Bündnis fehlendes inneres Wachstum mit räumlicher Ausdehnung ersetzt. So schwach die Einheit nach innen war, so groß war der Appetit auf Erweiterungsrunden. Dem sind nun Grenzen gesetzt, die Putin mit Blut markiert hat. Wenn Kornblum schreibt, "niemand kann Wladimir Putins Strategie dechiffrieren", dann stellt er sich dümmer als er ist: Jeder in Berlin, Brüssel, Paris und Washington kann diese Botschaft lesen.
Kornblum will es nur nicht, genausowenig, wie er die Ursachen des aus dem Ruder gelaufenen Konfliktes öffentlich anerkennen will. Dem krachenden Scheitern der westlichen Ukraine-Politik ging eine lange Phase der Versuche voraus, das dort herrschende Regime sturmreif zu schießen. Im Nachhinein möchte John Kornblum das nun gern als eine vom Zufall geschriebene "Tragikkomödie" erklären, die irgendwie eskaliert ist, weil "alle alten Kategorien einfach nicht mehr passen" (Kornblum). Wahr ist aber wohl eher, dass nicht anonyme "Netzwerke der Hochgeschwindigkeit und modernen Logistik" oder die "radikale Zusammenführung der Welt" die "gewohnten geostrategischen Karten" neu schreibt (Zitate Kornblum). Sondern ein ganz gewöhnlicher Machtkonflikt um Einflußzonen schulbuchmäßig bis zum offenen Stellvertreterkrieg eskaliert wurde, ehe nun eine Seite am Pokertisch sich nun eingesteht, dass die andere Seite vielleicht blufft. Dass man aber selbst ein zu schlechtes Blatt hat, um "Sehen" zu sagen.
Als offizieller Botschafter der inoffiziellen Auffassungen der US-Administration spricht John Kornblum das kaum mehr verschlüsselt aus. Botschaft 1: Die USA will mit diesem Konflikt nichts zu tun haben. Botschaft 2: "Es wäre für die allgemeine politische Atmosphäre besser, wenn die Ukraine künftig eher eine Brücke zum Osten hin wäre als ein westlicher Vorposten". Botschaft 3: "Es wird Zeit, dass beide Seiten an Frieden denken."
Rückblick: Zeitleiste III. Weltkrieg
Der Deutschland-Experte Kornblum, schon in den 60er und 70er Jahren stets dort eingesetzt, wo die Weltmächte sich aneinander rieben, sieht die Verantwortung für die verfahrene Situation natürlich nicht in den westlichen Weichenstellern, die auch in der Ukraine nach dem CIA-Handbuch für friedliche Revolutionen vorgegangen sind. Kornblum, ehemals Nato-Planer und eine ganze Karriere lang eng mit der CIA verbandelt, nennt stattdessen die "Clowns vom Maidan" als Schuldige: Weil die das Joch einer der Russen "und deren gesponserter Korruption" hatten abschütteln wollen, seit Europa aus dem Gleichgewicht geraten, fantasiert er getreu der Maxime, dass eine schwachsinnige Erklärung manchmal nützlicher ist als eine wahrheitsgetreue.
Zudem habe auch die EU versagt: "Die östliche Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union war nicht durchdacht und flattert nun richtungslos über dem Schlachtfeld, ohne auch nur den Anschein von Relevanz für die Krise, die sie selbst hervorgerufen hat, zu erwecken", heißt es, als gäbe es gar keine USA mehr. Und richtig: Der Begriff USA taucht im Text auch nicht auf.
Nahezu zwölf Monate nach Beginn der medialen Mobilmachung gegen die Ukraine, wie sie bis dahin war, schwindet der amerikanische Wille, mit der Krise zu tun gehabt zu haben. Kornblum, der bis heute nicht ohne Arbeitsauftrag in einer Talkshow sitzt, darf hier wohl als offizieller Sprecher der USA gelesen werden, wenn er erklärt: "Was als ein Konflikt an der Peripherie begann, hat Gegenströme der Gewalt und Konfusion entfacht, die schon nahe an eine Farce grenzen."
So war das nicht geplant. Eigentlich, auch das hier deutlich herauszulesen, war an einen kurzen Konflikt gedacht, bei dem die Ordnung anschließend so wiederhergestellt wird, "wie es nach der Entscheidung Bill Clintons, 1995 in Bosnien zu intervenieren, der Fall war". Putin aber, dieser Teufel, hat er nicht zugelassen.
Und nun steht die Welt da, wie sie war, nur so verändert in ihrer Gestalt, dass Kornblum, der nur Deutsch und Politikwissenschaft, nicht aber Geschichte studiert hat, düster orgelt, "dass ihre Beziehungen niemals wieder "normal" werden können".
Solche "Niemals" und "nie wieder" halten in der Geschichte erfahrungsgemäß zwischen fünf und 25 Jahren, allerdings hat John Kornblum sicher recht, dass es jetzt "eine russische und westliche Aufgabe sein" müsste, "das zu retten, was von den Visionen der damals neuen Weltordnung von 1990 übrig geblieben ist". Doch beide Seiten, kritisiert er, "scheinen nicht zu wissen, wie sie das bewerkstelligen sollen".
Im Fall Putins könnte das ein Irrtum sein. Der Kreml-Herrscher hat, betrachtet man die Gesamtlage zwei Jahre nach Beginn der offen antirussischen Medienkampagne im Westen, wenig verloren, was er nicht bald - gemessen in geschichtlichen Zeiträumen - zurückbekommen wird. Der Westen hingegen wird dauerhaft mit dem Wissen leben müssen, dass es eine weitere Ausdehnung des eigenen Machtbereiches, ein Wachstum der Nato und eine Ausbreitung der EU nach Osten nicht geben wird.
Was für die Nato ein gutes Zeichen ist, bekommt sie doch mit der Institutionalisierung der Frontstellungen ihre einstige Bedeutung zurück, ist für die EU eine schlechte Nachricht. Vom ersten Tag an hat das Bündnis fehlendes inneres Wachstum mit räumlicher Ausdehnung ersetzt. So schwach die Einheit nach innen war, so groß war der Appetit auf Erweiterungsrunden. Dem sind nun Grenzen gesetzt, die Putin mit Blut markiert hat. Wenn Kornblum schreibt, "niemand kann Wladimir Putins Strategie dechiffrieren", dann stellt er sich dümmer als er ist: Jeder in Berlin, Brüssel, Paris und Washington kann diese Botschaft lesen.
Kornblum will es nur nicht, genausowenig, wie er die Ursachen des aus dem Ruder gelaufenen Konfliktes öffentlich anerkennen will. Dem krachenden Scheitern der westlichen Ukraine-Politik ging eine lange Phase der Versuche voraus, das dort herrschende Regime sturmreif zu schießen. Im Nachhinein möchte John Kornblum das nun gern als eine vom Zufall geschriebene "Tragikkomödie" erklären, die irgendwie eskaliert ist, weil "alle alten Kategorien einfach nicht mehr passen" (Kornblum). Wahr ist aber wohl eher, dass nicht anonyme "Netzwerke der Hochgeschwindigkeit und modernen Logistik" oder die "radikale Zusammenführung der Welt" die "gewohnten geostrategischen Karten" neu schreibt (Zitate Kornblum). Sondern ein ganz gewöhnlicher Machtkonflikt um Einflußzonen schulbuchmäßig bis zum offenen Stellvertreterkrieg eskaliert wurde, ehe nun eine Seite am Pokertisch sich nun eingesteht, dass die andere Seite vielleicht blufft. Dass man aber selbst ein zu schlechtes Blatt hat, um "Sehen" zu sagen.
Als offizieller Botschafter der inoffiziellen Auffassungen der US-Administration spricht John Kornblum das kaum mehr verschlüsselt aus. Botschaft 1: Die USA will mit diesem Konflikt nichts zu tun haben. Botschaft 2: "Es wäre für die allgemeine politische Atmosphäre besser, wenn die Ukraine künftig eher eine Brücke zum Osten hin wäre als ein westlicher Vorposten". Botschaft 3: "Es wird Zeit, dass beide Seiten an Frieden denken."
Rückblick: Zeitleiste III. Weltkrieg
2 Kommentare:
Glückwunsch an pqq, dass er sich den Artikel von Kornblum zu Gemüte führen und dann noch gefasst eine kühle Analyse abgeben konnte. Jeder Satz ist dazu geeignet, mal ganz gepflegt auszurasten. Es fehlen praktisch die Begriffe um auszudrücken, was für eine heuchlerische, hinterfotzige, gewissenlose, verlogene Kreatur dieser Kornblum ist.
Ein herrliches Interview, richtig wirr. De facto behauptet Kornblum, dass der Weltgeist in die Ukraine weitergezogen ist, mal sehn was die Popper dazu sagen.
Wie inzwischen üblich, muß man das Wesentliche zwischen den Zeilen erschließen. Den Hinweis auf den "failed state" zeigt, dass den Herren inzwischen klar geworden ist, wohin die Reise geht. Das läuft auf einen Totalverlust der Ukraine hinaus, mitsamt dem unvermeidlichen Gesichts- und Glaubwürdigkeitsverlust. Auf einmal will es dann niemand mehr gewesen sein.
Das Erstaunliche ist, dass die Entwicklung seit Monaten abzusehen war, Putin hatte von vorneherein die besseren Karten. Trotzdem wurde jegliche gesichtswahrende Kompromissmöglichkeit konsequent blockiert. Kornblum gibt hierfür übrigens eine Teilerklärung, die Bezugnahme auf Bosnien zeigt, dass unsere Eliten glaubten und noch glauben, sie können mit den Russen Schlitten fahren wie mit den Serben.
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