Dienstag, 30. September 2014

Natural Born Füller

Lange ging nichts unter der einst als leserfreundliche Kurzdomain eingeführten Adresse ppq.so. Nach einem technischen Ausfall beim Registrar streikte die somalische Adresse, als sie ihren Widerstand aufgab, tat sie das anfangs ausschließlich im Format http://ppq.so, während sie sich weiter weigerte, sich unter www.ppq.so aufzulösen.

Das ist immer noch so, obwohl sich Miriaden von Experten über Monate den Kopf über Gründe der Krankheit und Heilungsmöglichkeiten zerbrochen haben. Dafür aber funktioniert nun immerhin eine Anwahl über das - noch simplere - Adressformat ppq.so - pur in die Adresszeile des Browsers eingegeben, ganz ohne http:// oder www.

Falls jemand eine Idee hat, warum das so ist: Wir haben keine.

Nackte Busen für die Front

Als die Ukraine noch ein friedliches Land war, standen sie ganz vorn an der Front und protestierten. Gegen Fußball und Fifa, gegen Prostitution und Regierung: Die Frauen der feministischen Kampftruppe Femen waren für die Medien im freien Europa monatelang ein ganz heißes Thema - schließlich zogen sie sich bei jeder ihrer Aktionen halbnackt aus, was immer tolle Bilder versprach.

Tolle Bilder lieferten auch die Mitglieder der Rockgruppe Pussy Riot. Mal ließen sie sich halbnackt zu Protestzwecken gangbangen, mal schrillten sie ihr mißtönend` Lied vom Altar einer orthodoxen Kirche. Immer aber waren Nadezhda Tolokonnikova und Maria Alyokhina für ihre Fans bei den deutschen Zeitungen und Fernsehanstalten Heldinnen, etwa in der Nachfolge von Alexander Solshenizin und Andrej Sacharow. Schließlich waren die schrill kostümierten Dissidentendarstellerinnen auch das einzige bisschen Protest gegen Putin, das sich zwischen Brest und Wladiwostok zeigen ließ.

Femen und Pussy Riot teilten einen Aufstieg in den guten Zeiten, als Protest noch Spiel und Spaß war und ein nackter Busen als Unterhaltungsangebot in der "Tagesschau" gut zwischen anderen Nichtigkeiten versendet werden konnte. Die beiden "Protestbewegungen" teilen aber nun, wo sich aus gutem Grund heftig gegen Krieg und Mord, gegen Weltmachtpolitik und Globalschach auf dem Rücken von Zivilisten protestieren ließe, auch dasselbe Schweigen. "Updates will be coming soon", verspricht die Femen-Webseite seit August 2013. Von Pussy Riot war die letzte Neuigkeit, dass die tapferen "Künstlerinnen" den "Hannah-Arendt-Preis" entgegennehmen durften.

Proteste aber? Nackte Brüste gegen den Krieg? Gegen die Bombardierung von Donezk? Gegen den Völkermord im Nordirak? Gegen Putin? Brok? Obama? Gegen Sex und Dollerei, Korruption und Weltmeisterschaft? Nichts. Als habe es die "Bewegung" Femen so wenig gegeben wie die "Punkgruppe" Pussy Riot, sind die Schönwetter-Protestler ebenso schnell aus den Schlagzeilen verschwunden wie sie damals aufgetaucht waren, als die freie Welt nach Bildern suchte, um eine Regimewechselkampagne gegen die Ukraine einleiten zu können.

Es ist vorbei. Jetzt, wo in Kiew Nazis aus Regierungstruppen marschieren, verbietet es sich, aus Protest ein Hitlerbärtchen zu tragen. Jetzt, wo der Diktator Janukowitsch durch demokratische gewählte Eurokraten ersetzt wurde, verbietet es sich selbst für die sehenswerten Damen, die allein bei Femen mitmachen durften, das Oberteil auszuziehen.

Was bleibt, sind noch ein paar Aufräumarbeiten und Gespräche mit der Illustrierten "Stern". "Femen ist keine Spaßaktion!", versichert die "Aktivistin" Zana Ramadani da im offenen Widerspruch zu den Realitäten. Pussy Riot dagegen machen jetzt was, um "weiblichen Gefangenen zu helfen".

Montag, 29. September 2014

Wer hat es gesagt?


"Der stets informierte, immer rationale und selbstbestimmt handelnde Verbraucher existiert im Alltag nicht."

Ukraine: Nichts ändert sich wirklich

Im Jahr 1821 war Texas ein Teil des von Spanien unabhängig gewordenen Mexiko. Schon während des mexikanischen Unabhängigkeitskrieges sammelten sich hier viele Abenteurer aus den Vereinigten Staaten an. Nachdem der nordamerikanische Oberst Stephen F. Austin 1823 die Genehmigung der Zentralregierung Mexikos erhalten hatte, mit 300 Familien im Staatsgebiet von Texas zu siedeln, gründete er die Stadt San Felipe de Austín. Die Vereinbarung mit Austin war sehr einfach. Er musste seine US-amerikanische Staatsbürgerschaft gegen eine mexikanische eintauschen und unterstand somit der mexikanischen Gerichtsbarkeit. Immer mehr Siedler aus dem Norden erreichten danach den Golf von Mexiko. Es war der Beginn der angloamerikanischen Kolonisation, bis 1835 siedelten bereits rund 45.000 Menschen aus dem Norden in Texas.

Die Spannungen zwischen amerikanischen Siedlern auf der einen und den Mexikanern und der mexikanischen Regierung unter Präsident General Santa Anna auf der anderen Seite wurden immer heftiger, als Mexiko die Sklaverei verbot. Besonders religiöse, kulturelle und politische Probleme schienen unüberbrückbar.

Landspekulanten aus den USA schürten jedoch das Misstrauen gegen Mexiko. Als Stephen F. Austin bei einem Besuch in Mexiko-Stadt inhaftiert wurde und sich auf Grund persönlicher Enttäuschung gegen einen Verbleib in Mexiko aussprach, sahen Separatisten ihre Chance. Nach Austins Rückkehr erklärten sie in einer eilig einberufenen Versammlung die Loslösung Texas' von Mexiko. Santa Anna entsandte deswegen kurz darauf Truppen nach Texas. Am 2. Oktober 1835 begann mit dem Gefecht von Gonzales der Texanische Unabhängigkeitskrieg.

Am 2. März 1836 riefen die Texaner, im Vertrauen auf den Beistand der herrschenden Partei in den Vereinigten Staaten, die unabhängige Republik Texas aus und ernannten den General Sam Houston zum militärischen Oberbefehlshaber. Das mexikanische Heer unter Santa Anna besetzte im Zuge der Feindseligkeiten San Felipe de Austín, die Hauptstadt von Texas.

Am 6. März 1836 wurde die Missionsstadt Alamo von den Mexikanern nach dreizehntägiger Belagerung eingenommen. Dabei kamen alle Verteidiger (weniger als 190) ums Leben. Unter den Gefallenen waren auch Davy Crockett, James Bowie und William Travis.

Die mexikanischen Truppen wurden am 21. April 1836 in der Schlacht von San Jacinto von den Texanern unter Sam Houston überraschend geschlagen. In den folgenden Jahren versuchte die mexikanische Regierung die Unabhängigkeit der Texaner durch weitere militärische Expeditionen rückgängig zu machen; scheiterte aber.

Als unabhängige Republik wurde Texas von Frankreich und dem Vereinigten Königreich am 23. November 1839 beziehungsweise am 14. November 1841 anerkannt. Erster Präsident der unabhängigen Nation und Republik Texas wurde der General Sam Houston. Mit Unterbrechung war er es bis kurz vor dem Zusammenschluss mit den USA. Von 1856 bis 1861 war Sam Houston Gouverneur des US-Bundesstaates. Stephen F. Austin wurde Außenminister seines Staates, starb aber bereits zwei Monate nach Amtsantritt an einem Lungenleiden.

In Texas selbst aber verlangte die Mehrheit den Anschluss an die Vereinigten Staaten. Das Land wurde darauf am 19. Februar 1845 von den USA annektiert, der US-Kongress billigte dies nachträglich am 1. März 1845. Die förmliche Aufnahme in den Staatenbund erfolgte am 29. Dezember 1845. Hierüber entbrannte 1846 der Mexikanisch-Amerikanische Krieg, der am 2. Februar 1848 mit dem Vertrag von Guadalupe Hidalgo endete.

Sonntag, 28. September 2014

Verbot der Woche: Hitler unbehaust

Große Gefahr aus einem kleinen Dorf in Oberösterreich! Hier in Braunau steht auch fast 70 Jahre nach dem Ende des II. Weltkrieges noch ein dreistöckiges, ockerfarbenes Haus, in dem 1889 der heutige Fernsehliebling Adolf Hitler geboren wurde.

Für die Opfer eine Beleidigung, für die Braunauer allerdings noch lange kein Grund, das frühere Zuhause von Baby Adolf endlich abzureißen. Seit drei Jahren steht das Gebäude leer, ebenso lange diskutiert die Gemeinde, ob man die grausame Geschichte der Geburt des Millionenschlächters einfach vergessen, oder das Gebäude durch einen Abriss aus der Menschheitsgeschichte tilgen soll.

Eine schwierige Frage, auch für den Konsensethiker Hilmar Therback, der bei Hitler-TV seit Jahren die Redaktion Abrechnung verantwortet. "Hitler lebte als Baby nur wenige Wochen in dem Haus", erklärt der Chefgeschichtsmoderator. Das mache eine Entscheidung über den Grad der Verseuchung der Mauern schwieriger als im Fall der Neuen Reichskanzlei in der Berlin, die der Diktator über Jahre für seine irren Zwecke missbraucht hatte, oder im Fall des Hauses in der Zwickauer Frühlingsstraße, in dem der dreiköpfige Nationale Untergrund seine Verbrechen plante..

Therback, der Hitler als "täglich auf verschiedenen Kanälen auftauchendes Trade-Mark-Gesicht mit Bürstenbart" als ein Stück Alltag der Deutschen sieht, fordert vor einem Abrissbeschluss längerfristige, genaue Untersuchungen. "Wir müssen wissen, ob aus den Wänden wirklich noch Blut austritt." Beurteilt werden müsse auch, was eine lange Jahre im Haus lebende Familie für Spätschäden erlitten habe.

Die Gelegenheit scheint günstig: Der einflussreiche „Stadtverein Braunau“ hat das Thema auf seine Agenda gesetzt, am Freitag berät der Vorstand. Und auch das österreichische Innenministerium signalisiert Zustimmung zu seinen Plänen. Zudem können die Befürworter auf den zweifachen Oscar-Preisträger Branko Lustig, den Produzenten des Sandalenfilms „Gladiator“, verweisen: Der befürwortet die Idee ebenfalls und hat versprochen, in Los Angeles weitere Geldgeber zu finden.

„Der Wunsch, nichts mit Hitler zu tun haben zu wollen, ist ja verständlich“, sagt der Konsensethiker Therbank. „Aber so funktioniert das nicht. Was, wenn im vermieteten ,Hitler-Haus‘ ein Kind auf die Welt kommt und die Eltern es Adolf nennen?“ Dann werde das Bein dicke, die Welt werde wieder auf Oberösterreich schauen, die NPD erstarken und der Faschismus weltweit die Macht übernehmen.

Verbot der Woche: Die bürgerschaftlich-engagierte Serie im Netz

Medien voller Menthol

Nichts ist wirklich neu in der Welt, weder der viel zu warme kalte Sommer noch die staatstheaterreifen Stücke, mit denen deutsche Massenmedien um die Aufmerksamkeit des Publikums betteln. Immer schnellerer, immer höherer oder tieferer, immer grausamer und erschröcklicher müssen die Meldungen sein, die das Volk bei der längst laveden Stange halten sollen.

Eine Wirtschaftskrise, die nicht die erste ist und nicht die letzte bleiben wird, findet sich ausgerufen zur allesbeendenden Apokalypse. Ein Bürgerkrieg in Nordafrika wird zum Menetekel für den kommenden Jüngsten Tag, der Russe, der eben noch Befreier war, ist nun wieder ein kalter Krieger, der Friedensnobelpreisträger aber bombardiert sein neuntes islamisches Land, während das Publikum sich fragt, wo das auf einmal alles herkommt: Früher gab es den Islam, das war der Glaube der Moslems. Jetzt aber? Islam und Islamismus, Salafismus und Wahabiten; gemäßigte Taliban und radikaler Extremismus gegen extreme Radikale.

Eine Welt der Rekorde, eine Welt des Irrwitzes, eine Welt nicht vor dem Ende, aber kurz vor dem Ende der Vernunft, die geschichtserfahrere Beobachter wohlig-warm erinnert an das letzte Zeitalter, das mit fantastisch zusammenfabulierten Schlagzeilen zu Ende ging: Geschichten aus der alten Zeit, als die Arbeiter und Bauern noch herrschten, neu erzählt für ein junges Publikum.

Damals also, vor 20 Jahren, die Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik war gerade dabei, aus dem Urlaub in Ungarn nicht zurückzukehren an den Arbeitsplatz, obwohl der doch ein Kampfplatz für den Frieden war, damals also druckte das DDR-Staatsorgan Neues Deutschland eines Tages im September eine ganzseitige Dokumentation, die den stabsmäßig organisierten Menschenhandel durch die Bundesrepublik aufdeckte. Unter der Überschrift „Ich habe erlebt, wie BRD-Bürger gemacht werden“ enthüllte der Mitropa-Koch Hartmut Ferworn, "Mitglied der SED, glücklich verheiratet, drei Kinder" (ND), wie er aus dem geliebten Vaterland DDR nach Wien entführt worden war. Unbekannte betäuben den Arglosen mit einer Menthol-Zigarette, „professionelle Menschenhändler“ wollen ihn dann in den Westen verschleppen. So, das ist nun klar, verschwinden also die vielen, vielen Menschen aus der DDR Richtung Westen. Sie gehen nicht freiwillig. Nein, sie werden geholt.

Wie es weitergeht, ist klar, denn so geht es immer weiter. In der Nachdrehe zum Bericht veröffentlicht das SED-Parteiblatt dreispaltig empörte Lesermeinungen, die DDR-Fernsehsendung „Objektiv“ im DDR-Fernsehen am gleichen Abend wäscht scharf nach. Eine irrsinnige, durch keinen Beweis und keinen Fakt befeuerte Medienkampagne läuft, die nur die, die sie miterleben durften, an all die irrsinnigen, durch keinen Beweis und keinen Fakt befeuerten Medienkampagnen erinnert, die heute fröhlich und gänzlich sinnfrei durch die Gegend rollen: Das Land hält sich den Bauch vor Lachen über den Unsinn, der ihm als Wahrheit verkauft werden soll.

Aber wie ein guter Skispringer bleiben die Staatsmedien auch damals in der Vorhalte, so nah der Hang auch rückt und so sehr jedem ihrer Schreiber klar sein muss, dass niemand auf der ganzen Welt auch nur eine einzige Zeile glauben wird. Aber die unsichtbaren Panzer, das Spargarantieversprechen der Merkelin mit dem schmalen Gehalt, die Sache mit dem Untergang von Tuvalu und Gabriels Versprechen, der Tod der Glühbirne werde uns alle retten, haben sie doch auch geglaubt.

Also wo steht der nächste Schwachsinn? Wo ist die Dummheit heute zu hause, wo hat noch einer einen zu erzählen, der noch absurder, noch bizarrer, noch dreister um die Ecke kommt als die 2300-Kilometer Grenzmauer der Ukraine, als die V2, die übernächstes Jahr Amerikaner in den Weltraum bringen wird und als die Märchen vom wohlstandsbringenden Gesamteuropa? Das Neue Deutschland braucht seinerzeit anderthalb Monate, ehe es am 3. November 1989 „in eigener Sache“ eine Entschuldigung druckt, knirschend. Am 5. Januar 1990 schließlich folgt der endgültige Rückzug: Hartmut Ferworn zieht seine Darstellung zurück. Alles war gelogen. Schade, denn das wissen die meisten schon seit dem ersten Tag.

Samstag, 27. September 2014

Fremde Federn: Die perfekte Delle

Der normale Leser kennt sich ja nicht mehr aus. Als Religion ist der Islam fantastisch, aber als Islamismus ein barbarisches Verbrechen. Radikale Islamanhänger stolpern irgendwo an der Grenze, Salafisten, die Streife gehen, sind schon darüber. was ist mit dem Unterschied zwischen Sunniten, Wahabiten, Schiiten? Warum hört man so wenig von den Obaditen? Was ist mit den Charidschiten? Kann der Sufismus da mithalten oder ist er gar schuld? warum überhaupt muss ich das alles wissen, obwohl mit Aberglaube im Grunde überhaupt nicht interessiert?

Hendryk M. Broder setzt sich in der "Welt" mit den Schwierigkeiten auseinander, die Ungläubige mit einer Religion haben können, die von innen aus gesehen so perfekt ist wie der Kommunismus für das SED-Politbüro gewesen ist.

"Der Islam ist perfekt. Nur manche Muslime sind es nicht." Ein Satz, der sich weise und konziliant anhört. Kein Mensch ist perfekt, jeder kann sich irren. Der Subtext freilich ist totalitär. So wenig, wie es einen perfekten Menschen geben kann, kann es auch kein perfektes System, keine perfekte Religion geben.

Jeder Demokrat weiß, dass Demokratie kein finaler Zustand, sondern Work in Progress ist. Sie muss ständig nachgebessert werden. Es ist, als wollte man wissen, was einen hinter dem Horizont erwartet. Man kommt ihm näher, ohne ihn je zu erreichen.

Nur Anhänger totalitärer Systeme sind von ihrem Glauben so angetan, dass sie ihn für perfekt halten. Der Kommunismus war perfekt, der Nationalsozialismus ebenso. Kam es bei der Umsetzung in die Praxis zu Problemen, dann lag es nur an den Menschen, die der Aufgabe nicht gewachsen waren. In diese argumentativen Fußstapfen treten jetzt die Anhänger Mohammeds. Er war ein perfekter Mensch, der Islam ist perfekt, nur manche Muslime sind es nicht.

Mit so einer Zauberformel lässt sich jede Gräueltat auf "menschliches Versagen" zurückführen und rechtfertigen. Zu diesem Zweck wurde die Unterscheidung zwischen dem Islam und dem Islamismus erfunden. Der Islam ist eine "Religion des Friedens", das haben in den letzten Tagen Präsident Obama, Ministerpräsident Cameron und der deutsche Innenminister Thomas de Maizière ausdrücklich bestätigt.

Der Islamismus dagegen ist eine "menschenverachtende Ideologie", deren Weg mit Leichen gepflastert ist. Und das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Außer, dass die Verbrechen, die "im Namen des Islam" begangen, auf das Konto des Islamismus gebucht werden.

Ehrlich gesagt, mir ist das zu kompliziert. Ich blick da nicht durch. Vielleicht kann mir jemand helfen, ein wenig Klarheit herzustellen: Fallen die Anschläge vom 11. September in die Zuständigkeit des Islam oder des Islamismus? Das Aufhängen von Homosexuellen an Baukränen, das Steinigen von Ehebrecherinnen und das Abhacken von Händen und Füßen als Strafen bei Diebstahl – entspricht so etwas den Geboten des Islam oder der Praxis des Islamismus? Weisen die Anschläge von London, Madrid, Bali, Pune, Mumbai, Djerba, Ankara, Amman und Nairobi – nur um ein paar zu nennen – in die Richtung Islam oder Islamismus?

Wenn die Hamas ein Dutzend vermeintliche Verräter im Hof einer Gaza-Moschee standrechtlich erschießt – geschieht das im Einklang mit den Regeln des Islam oder nach dem Gusto der Islamisten? Wenn Millionen von Muslimen in der ganzen Welt gegen ein paar Mohammed-Karikaturen demonstrieren, die sie nur vom Hörensagen kennen, und wenn bei diesen Umzügen über 100 Menschen zu Tode kommen, muss man das unter Islam oder Islamismus verbuchen?


Und wenn in einer Berliner Moschee ein aus Dänemark zugeflogener Imam dazu aufruft, die "zionistischen Juden bis zum letzten zu jagen und zu töten", artikuliert sich darin die Nächstenliebe des Islam oder vielmehr der raue Sound des Islamismus?

Was ist noch Islam, und was schon Islamismus?

Der komplette Text steht hier.

Foreign Fighters: Bataillon d'Amour

Das ukrainische Asow-Bataillon wirbt auf Facebook gerade händeringend um "ausländische Freiwillige". Die seien "willkommen, sich unserer Revolution anzuschließen". Die "internationale Einheit" sei "noch im Aufbau in der Region Mariupol - Schwarzes Meer / Asowschen Meer", nachdem der Innenminister der Ukraine am "18. September 2014 den Auftrag erteilt" habe, das in den Kämpfen im Sommer zerschlagene Regiment neu aufzustellen.

Kommandant Andriy Biletsky hat wenig zu bieten. "Niemand wird bezahlt ... einschließlich der Ukrainer ... Wir haben ein sehr begrenztes Budget", heißt es bei Gaston Besson, dem Koordinator der "Internationalen ukrainischen Legion". Aber man werde sich um jeden kümmern, der es bis nach Kiew schaffe.

Bewerber sollen nur vorher ein paar persönliche Daten durchgeben: "Alter, ob Sie verheiratet sind, Kinder". Wichtig auch, wie lange die künftigen Krieger bleiben wollen? "Ein kurzer Zeitraum von mindestens zwei Monaten ist möglich, oder aber ein längerer von vier bis sechs Monaten". Wer so lange bleiben kann, darf dem Asow-Bataillon voll beitreten. "Bitte senden Sie mir grundlegende Informationen, um zu verstehen, wer Sie sind und was Ihre Motivation ist, sich uns anzuschließen." Zugelassen sind nur Freiwillige aus europäischen Ländern - "aus politischen Gründen".

Es reicht dann, einfach nach Kiew zu kommen, dann gibt es einen Kontakttelefonnummer, eine Email-Adresse und den Namen eines englischsprechenden Kontaktmannes vom SNA, dem politischen Flügel des Asow- Regiments. Nach der Grundausbildung in der Kiewer Militärbasis - "bis Sie fit sind" - folgt die Verlegung zur Basis im Südosten der Ukraine, "um die Frontlinie zu verstärken".

Mitzubringen sind "so viel persönliche militärische Ausrüstung wie möglich", gefragt sind nur Männer mit "starker" militärischer Ausbildung. Nur wer Englisch und Ukrainisch und Russisch, braucht keine Kampferfahrung: "Wir brauchen Übersetzer". Ansonsten gilt: "Denken Sie daran, wir sind der militärische Flügel der SNA, wir sind Sozialisten, Nationalisten und Radikale". Man habe "starke Ideen für die Zukunft der Ukraine und Europas".

Geboten werden Abenteuer ganz eigener Art. "Sie werden hier nur Krieg, vielleicht den Tod oder eine schwere Verwundung finden", lockt die Söldner-Ausschreibung, "aber sicher auch unvergessliche Erinnerungen und Freunde fürs Leben."

"Ehre für das Reg. Asow. Sieg Heil, Kameraden! Für ein Europa ohne Juden! Für unsere Ideale, für den Nationalsozialismus! Sieg Heil!", schreibt ein Fan auf der Facebook-Seite des Asow-Bataillons.

Freitag, 26. September 2014

Zitate zur Zeit: Die angenehmen Grenzen einer Hierarchie

Es ist doch für jeden offensichtlich, dass manche Männer klüger sind als andere, manche stärker, und eine glückliche Minderheit skrupelloser als die übrigen, woraus wir klar folgern können, dass unser Schöpfer beabsichtigte, uns in den angenehmen Grenzen einer Hierarchie leben zu lassen.

Machen Sie alle Menschen gleich, dann erheben sie die Dummheit zur Weisheit und verlieren die Fähigkeit, beides zu unterscheiden.

Bernard Cornwell, Starbuck, "Der Verräter"

Cover des "Spiegel": Erlesene Scheußlichkeit

Der „Spiegel“, oder was von dem Magazin noch übrig ist, legt ein neues Heft vor, aus Artikeln, die noch vom letzten übrig waren. Bisher ist den meisten deutschen, die das ehemalige Nachrichtenmagazin nicht lesen, wenig mehr als das Cover von "Ebola - Die entfesselte Seuche" bekannt - es lässt Schlimmes befürchten.

Es ist, als würde sich plötzlich die große Liebe unseres Lebens wieder melden. Um einen letzten Besuch bei uns anzukündigen. Wird sie noch einmal jene sinnlichen oder intellektuellen Reize entfalten, mit denen sie uns einst den Kopf verdreht hat? Oder wird sie noch immer so öde und aufgeschwemmt sein wie bei unserer letzten echten Begegnung vor 20 Jahren? Wir sind gespannt. Und weil unsere große Liebe das weiß, schickt sie freundlicherweise eine Postkarte voraus. Damit wir uns einen Eindruck machen und vorfreuen können. Mit zitternden Händen öffnen wir also den Briefkasten - und können es nicht fassen. Wir sehen eine Collage aus den Gesichtern Toter mit dem Spruch „Stoppt Putin“. Oder in die Frage „Wie schädlich ist Pornografie?“. Eine springende Frau, die für funktionierende Gelenke wirbt. Etwas über einen neuen Staat in Europa, der angeblich „Erdogan“ heißt.

All diese Motive zusammen erzeugen nicht annähernd eine so brechreizende Bestürzung wie das Cover der letzten Ausgabe des „Spiegel“. "Ebola“ erschien am 22. September. Sofort prangte das Cover an allen Bahnhofsbuchhandlungen und Zeitungskiosken. Als U2 kürzlich für geschätzte 100 Millionen Dollar ihr neues Album an Apple verkauften, damit der Konzern seine Kundschaft damit zwangsbeglücken konnte, war das eine soziale Zudringlichkeit, mehr nicht. Das Cover von "Ebola" aber ist eine ästhetische Katastrophe.

Alle Welt Ü40 schaut hin. Und dann das, dieser Tritt in die Magengrube. Ein traurig schauender, augenscheinlich schwarzer Mann mit Maske prangt über einer baktierologisch offenbar verseuchten Ebola-Schrift. Die wiederum wächst aus einer Art Atom-Lichtblitz, der sich von einer in Ausschnitten gezeigten Erdkugel nach oben ausbreitet. Der halbvermummte Mann könnte Arzt sein, oder, darauf deuten seine toten Augen, ein Ebola-Opfer. Es könnte aber auch der Typ vom Cover der Pink-Floyd-CD "Momentary Lapse of Reason" sein. Oder ein Taucher, das lässt seien Tauchermaske vermuten. Wer sich niemals mit dem Gedanken trug, einmal eine Boden-Luft-Rakete abzufeuern - der wünscht es sich spätestens beim Anblick der „Spiegel“-Homepage. Man klicke sie auf eigene Gefahr an, denn dort ist das Grauen auf die Spitze getrieben: "Ebola - Gefahr für den Weltfrieden“ steht da. Als gäbe es Weltfrieden.

Wie kann etwas bedroht sein, das nicht existiert? Der „Spiegel“ krümmt sich um eine Antwort. Auch ästhetisch erinnert seine Aufmachung an die frommen Illustrationen im "Wachturm", an die Plakate einer Pferderevue wie "Apassionata" ("Zeit für Träume"), an Szenen aus "Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger" - und leider auch an besonders missratenes Artwork von Pink Floyd, man denke nur an die kommende CD " "The Endless River". Zuständig für die meisten und meistens bahnbrechenden Cover dieses Magazins sind unbekannte Designer, die immer wieder Erstaunliches produzieren. Eine Oma als Mutter. Ein Bundestrainer mit Kriegsbemalung. Hitler. Hitler. Oder Hiler. Ein vermummter Scharfschütze über brutalistischem Gewehr. Ein paar Dutzend echte Tote auf dem Cover. Keine Spezialeffekte, kein Photoshop, keine optischen Tricks - echtes, großes, ikonisches Theater.

Was aber hat den „Spiegel“ - also Chefredakteur Büchner und seine Ehefrau - geritten, dermaßen tief ins Klo zu greifen? Instinktlosigkeit? Müdigkeit? Die Erkenntnis, dass ein langweiliges Produkt ein esoterisches Design braucht, wie sich auch moderne Modelle von Jaguar oder BMW am Geschmack chinesischer Parteibonzen, russischer Oligarchen oder afrikanischer Despoten orientieren?

Vielleicht war es ja britischer Humor. Gewiss, es lässt sich der Anblick des "Spiegel"-Titels in seiner erlesenen Scheußlichkeit schwerer von der zerebralen Festplatte löschen als das kostenlose U2-Album aus der Mediathek. Ohnehin könnten die Erwartungen an Nachrichten niedriger kaum sein, die weitgehend auf Skizzen verworfenen früherer Weltuntergangsnachrichten (Ebola 2011, „Das Weltvirus“, 2009 , „Der Irre und die Bombe“, 2005 beruhen.

Vielleicht ist eben deswegen noch Hoffnung, dass uns die große Liebe nur einen Streich gespielt hat. Dass es irgendwann einmal wieder echte Nachrichten geben wird, Kommentare, die gegen den seichten Konsens wettern, und einen Puls, der hochgeht, während man liest, wie es sich wirklich verhalten hat, als Obama zu den Waffen rief und die deutschen Offensivkräfte in der Türkei hängenblieben wie einst Rommel vor El Alamain. High Hopes, gewiss.

Diesmal aber ist schlechterdings keine Nachricht denkbar, die das erzählt, wonach dieses Cover aussieht.

Donnerstag, 25. September 2014

Umfrage: Zufrieden wie nie

Es ist der unüberbrückbare Spalt zwischen Wahrnehmung und Wahrheit den eine Umfrage des bei den Deutschen immer noch äußerst beliebten Portals T-Online zeigt. 1003 Mitbürgerinnen und Mitbürger hatte das für seine treffsicheren Prognosen bekannte Meinungsforschungsinstitut Dimap nach ihrer Ansicht zur aktuellen Bundesregierung gefragt und Triumphales zutage gefördert.

Seit 1933 war keine deutsche Regierung so beliebt, das Ansehen der in der Bevölkerung weitgehend unbekannten Bundesregierung ist nach dem aktuellen ARD-"Deutschlandtrend" auf einem Rekordhoch und selbst der uhuartige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) darf mit seiner Außendarstellung zufrieden sein.

Doch was ist das? Wo unter den tausend Befragten 59 Prozent zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung waren, sind es in einer angehängten T-Online-Umfrage nur ganze 2,3 Prozent. Selbst zusammengerechnet mit den nur so lala Zufriedenen kommt die Regierung nur auf Beifall von 5,7 Prozent - das ist der schlechteste Wert seit der Woche vor dem Ende der Amtszeit von Helmut Schmidt.

Ein Spalt, breit wie die Kluft zwischen Meinung und veröffentlichter Meinung, wie der Medienwissenschaftler Hans Achtelbuscher analysiert. Während Dimap ausgebildete Staatsbürger befrage, vorzugshalber in Behörden und staatlichen Institutionen, mache sich im Internet eine "Verwahrlosung der Sitten durch digitale Enthemmung" breit. "Man will den Herrschenden zeigen, dass man sie ablehnt", sagt der ausgebildete Entroposoph, der am An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung in Halle an der Saale zu allen Fragen der virtuellen Moderne forscht.

Medien seien in solchen Situationen mit ihrer Brückenfunktion häufig überfordert, sie versuchten einerseits, Regierungspolitik zu loben, andererseits aber, Nachrichten an Menschen zu verkaufen, die oft anderer Meinung seien. "Sender, Nachrichtenagenturen und Magazine sitzen mit den Parteien in einem Boot, grundsätzliche Kritik verbietet sich da aus Gründen der politischen Rücksichtnahme", analysiert der Wissenschaftler. So verweise man letztlich lieber darauf, dass 80.000 Abstimmende nur ein winziger Ausschnitt der Gesamtbevölkerung seien. "Das sind dann renitente Randgruppen, über die man souverän hinwegregieren muss."

Geschwistersex: Freigabe für Einstiegsdroge

Sollte der Staat es verbieten, wenn erwachsene Musiker Lieder darüber singen, dass Geschwister Sex miteinander haben - wenn die Fans das hören wollen? Nein, meint der Deutsche Ethikrat mehrheitlich - und hat empfohlen, das Verbot des Liedes "Geschwisterliebe" der Gruppe Die Ärzte nach 27 Jahren Verbot aufzuheben. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die in Deutschland als einzige staatliche zugelassene Zensurbehörde agiert, hatte das in dem von Farin Urlaub komponierten Gesang angedeutete „inzestuöse Verhältnis“ als „verherrlichend“ eingestuft. Damit sei das Lied dazu geeignet, „Jugendliche sexualethisch zu desorientieren“. Es fungiere somit als "Einstiegsdroge" in Geschwister-Sex.

14 Mitglieder des Beratergremiums unterstützen in einer 80-seitigen Stellungnahme zum Inzestverbot einen Kurswechsel. Zwar gaben acht Mitglieder eine anderslautende Beurteilung ab, dennoch könnte neben dem Lied "Geschwisterliebe" auch das seit 1987 verbotene Album "Die Ärzte" wieder öffentlich gehandelt werden. Bislang durfte das Lied weder öffentlich aufgeführt, beworben, noch Jugendlichen unter 18 Jahren zugänglich gemacht werden.

Künftig aber soll es nicht nur erlaubt sein, eine ausgedachte sexuelle Beziehung eines Protagonisten zu einer ausgedachten 14-jährigen Schwester über die Vorfreude auf den geschwisterlichen Geschlechtsverkehr bis zum eigentlichen Geschlechtsakt (3. Strophe) zu beschreiben. Vielmehr plädiert der Ethikrat dafür, auch dir Durchführung von einvernehmlichem Sex unter Geschwistern über 18 Jahren nicht mehr unter Strafe zu stellen. "Strafrecht ist nicht dazu da, Moralvorstellungen zu schützen", glaubt Jura-Professor Joachim Renzikowski, der ein Leipziger Geschwisterpaar vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vertrat.

Mittwoch, 24. September 2014

HFC: Dynamo, das war unsere Show

So machen die das: Dresdens Hefele kneift Halles Furuholm mal eben kräftig ins Fleisch.
Timo Furuholm hätte alles klar machen können in diesem ersten Spiel des Halleschen FC gegen Dynamo Dresden seit zwölf Jahren. Aber der Finne, kurz zuvor für den agilen, aber manchmal ein wenig unglücklich agierenden Osawe gekommen, will das Tor, das an diesem Abend vor 12500 Zuschauern im ehemaligen Kurt-Wabbel-Stadion das entscheidende gewesen wäre, nicht schießen, er will es schön schießen. Irgendwie unter die Latte, über den kleinen Benjamin Kirsten im Tor hinweg. Furuholm läuft allein aufs Tor zu, er könnte sogar noch nach links hinüberlegen. Stattdessen aber hämmert er den Ball in die Wolken.

Es ist zu diesem Zeitpunkt in der Mitte der zweiten Halbzeit die erste Torchance der Gastgeber seit Wiederanpfiff. Hatte die bis zu diesem fünften Heimspiel der Saison zu Hause noch immer sieglose Mannschaft von Sven Köhler die besten Momente der ersten Halbzeit für sich gehabt und gegen Ende zu sogar ein deutliches Übergewicht erreicht, packten die favorisierten Gäste das Spiel in der zweiten Hälfte bei den Hörnern. Der HFC schafft es eben noch, mit vielen taktischen Fouls den Ball vom eigenen Tor wegzuhalten. Doch nach jeden Befreiungsschlag und jedem halbherzig gespielten Konter läuft Dynamo neu an und kommt immer wieder zu Ecken.

Erstaunlich, denn die Führung der Dresdner war in der 25. Minute eher ohne Ansage gekommen. Nach einem schönen Spielzug der Gastgeber über rechts außen geht der Ball in der Vorwärtsbewegung verloren, Eilers läuft links durch, Krebs, der dritte neue Mann in der daheim stets maladen Innenverteidigung des HFC in dieser Saison, hat die Flanke eigentlich schon geblockt. Sie kommt aber doch durch. Und umgeben von drei HFC-Abwehrspieler hält Fetsch den Fuß hin und trifft zum 0:1.

Hängende Köpfe in Halle wie noch bei jedem Heimauftritt der Saison. Die Körpersprache erzählt von Enttäuschung und die Dynamo-Fankurve steigert ihren Endlosgesang noch einmal kräftig, während die erstmals wieder mit einer Fahne der "Saalefront" geschmückte HFC-Fantribüne erschrocken schweigt. Hört denn das Elend niemals auf?

Heute doch. Denn diesmal dauert es nur sieben Minuten, ehe die Rot-Weißen einen krassen Abwehrfehler der Sachsen nutzen können. Nach einem schönen Angriff über den erneut auffälligen Osawe wehrt Dynamo-Kapitän Fiel im zweiten Anlauf unglücklich in die Mitte ab, Pfeffer flankt erneut hinein - und in der Mitte steht Kruse und überwindet Kirsten aus Nahdistanz.

Hefele, bis dahin schon mehrfach durch Meckerei bei dem in halle wohlbekannten Schiedsrichter Peter Gagelmann aufgefallen, reklamiert Abseits. Aber Gagelmann gibt das Tor.

Nun hat Halle das Spiel im Griff. Dynamo beginnt bereits, vorsichtig auf Zeit zu spielen. Und das denkbar ungeschickt: Bei einem Einwurf für Halle spaziert Hefele mit dem Ball weg, um seinen Abwehrkollegen Gelegenheit zu geben, sich zu ordnen. Zack, hat Gagelmann die Gelbe Karte in der Hand.

Es ist nun ein Kampfspiel, bei dem beide Mannschaften vor allem versuchen, die Spielzüge des Gegners zu zerstören. Meist gelingt das, manchmal erst im letzten Moment wie kurz nach dem Ausgleichstreffer, als Osawa frei durch, aber eine Sekunde später als Kirsten am Ball ist. Der Brite erwischt den Dresdner beim Überspringen mit dem Fuß im Gesicht, großes Palaver, Dresdner Empörung, Aufregung. Nochmal Gelb. Im Gegenzug hat Vincienzo Griefo die größte Chance für Dresden. Bis zur Strafraumgrenze ist die Dresdner 19 frei durch, HFC-Torwart Kleinheider aber bleibt einfach stehen. und Griefo schießt ihn an, statt ihn auszuspielen.


Der Knick im halleschen Spiel kommt dann seltsamerweise mit der zweiten Halbzeit, die in Cottbus noch so hervorragend war. Als wären die Füße schon schwer, geht nach vorn gar nichts mehr. Dresden dagegen drückt - bis Köhler Osawa, der unglaublich viel gelaufen ist, herausnimmt, und den zuletzt verletzten Finnen Furuholm in die offene Feldschlacht wirft.

Es hätte ein weiterer Glückgriff des dienstältesten Trainer der 3. Liga sein können. Hätte Furuholm nach Gogias genialem Zuspiel die Abgebrühtheit früherer Tage gezeigt. So aber bleibt es beim 1:1, das beiden Mannschaften nicht unrecht zu sein scheint. Zumindest bis sich erneut Hefele in Erinnerung bringt: Als Gogia auf links außen an ihm vorbeispurten will, fällt der Dynamo mit der Hippie-Frisur den Georgier in Kungfu-Manier. Peter Gagelmann, der im Unterschied zu früheren Auftritten an der Saale eine fehlerlose Leistung zeigt, ist sofort zur Stelle, und diesmal hat er Gelb und Rot in der Hand.

Gewinnen will nun nur noch der HFC, Dynamo Dresden beißt und kratzt, um das Remis zu halten. Mit Erfolg am Ende, zur Enttäuschung von Sascha Pfeffer, der nach dem Schlusspfiff schimpfend abtrabt. Mit ein wenig Glück war mehr drin, diesmal, der erste Heimsieg und der Sieg gegen Dynamo seit 24 Jahren. Aber wer sein Glück in der Fremde verbraucht, hat eben daheim keins mehr übrig.

Ukraine: Atomangriff auf Verteidigungsminister

Erst Putins Angriffe mit unsichtbaren Panzern, dann sein Versuch, den Bau des faschistischen Schutzwalls im Osten der Ukraine durch gedungene Internettrolle lächerlich zu machen - und nun hat der Kreml die Ukraine offenbar auch noch unbemerkt mit Atomwaffen angegriffen.

Der ukrainische Verteidigungsminister Waleri Geletej, der zuletzt schon die Lieferung von unsichtbaren Waffen aus Nato-Ländern an die Ukraine angekündigt hatte, berichtete, der Flughafen der ostukrainischen Stadt sei mit nuklearen Gefechtsköpfen von einem Granatwerfer vom Typ 2S4 Tjulpan beschossen worden. Spuren des Angriffs wollte der Generaloberst wie immer nicht vorlegen.

Nachdem ihm daraufhin intern vorgeworfen wurd, er mache die ukrainische Regierung unglaubwürdig, rückte selbst der "Spiegel" von Plänen ab, seine nächste Nummer mit einem Titelbild aufzumachen, das Wladimir Putins Gesicht in einem Atompilz zeigt. Die Atombombenstory sei "dann doch zu viel der Propaganda" gewesen, befand das Fachmagazin.

Was die CIA 2004 vom Kalifat wusste

Es war der Dezember 2004, als der National Intelligence Council der CIA ein Papier mit dem Titel "Mapping the global Future" vorlegte, das vorausgesagt, dass im Jahr 2020 ein neues Kalifat auf der Weltbühne erscheinen würde. Der Bericht wurde dem US-Präsidenten vorgestellt, den Mitgliedern des Kongresses, den Kabinettsmitgliedenr und den wichtigsten beteiligten Beamten der Administration. Danach wurde er sogar veröffentlicht.

Das fiktive Szenario blieb allerdings folgenlos. Schlimmer noch: Aus den Vorhersagen einer möglichen Zukunft wurden Schlussfolgerungen gezogen, die das Gegenteil dessen bewirkten, was notwendig gewesen wäre. „Heute steht der islamischen Ummah an der Schwelle zu einem monumentalen Wandel, dort, wo die Staaten des Warschauer Pakts vor rund 18 Jahren standen“, sagten die Autoren voraus. Der Eiserne Vorhang sei seinerzeit gefallen, weil die Menschen den Glauben an den Kommunismus verloren hätten und ihre Hoffnungen auf den Kapitalismus richteten. Die muslimische Gemeinschaft aber habe nun sowohl Kommunismus als Kapitalismus aufgegeben und warte auf die Entstehung eines Kalifats. Alle Hoffnungen in der arabischen Welt gülten nicht der Demokratie, sondern dem Zusammenbruch der herrschenden Regime, die dann vom Kalifat absorbiert werden sollten.

Zukunftsmusik, die niemand hören wollte. Der Bericht behauptete etwa, dass die Stärke des neuen Kalifats darin liegen werde, dass eine globale islamische Bewegung das Kalifat an die Macht tragen werde. Die Überzeugung der muslimischen Massen für eine Rückkehr zum islamischen Weg des Lebens durch die Wiederherstellung des Kalifats sei der wichtigste Faktor bei der Bestimmung, ob ein Kalifat wird Erfolg haben werde oder scheitern müsse. „Das ist wichtiger als Technologie und Ressourcen, die beide schnell gewonnen werden, so lange das Kalifat ist in der Lage, sich zu verteidigen“, heißt es. Alle Fortschritte eines islamischen Staates im historischen Sinne stützen sich ausschließlich auf die islamische Ideologie.

Erstaunlich, wie sich die Bilder zehn Jahre nach Erstellung der Studie mit den Realitäten und den Plänen der Islamisten decken, obwohl eine globale Bewegung nicht in Sicht ist: Das Gespenst des Islamischen Staates ist wie das Echo der Warnungen vor dem kalifat. Die Pläne der einen wirken wie eine Übertragung aus der Analyse der anderen.

Die Veränderungen des Terrorismus, die die CIA voraussah, sind jedoch andere als die, die heute zu besichtigensind. Statt kompliziertem Bio-Terror oder Anschlägen mit gestohlenen Atombomben halten die Gruppen den alten handwerklichen Methoden der Selbstmordanschläge, Auto-Korso-Raids und Kalaschnikow-Attacken die Treue. Richtig hingegen ist die Voraussage, dass die Entstehung des Kalifats wird dazu führt, dass die Regime in den muslimischen Ländern eins nach dem anderen zusammenbrechen - den Domino-Effekt, der in umgekehrter Reihefolge eintrat. Erst stützte der Westen die Bewegungen gegen die Autokraten, die in Nordafrika mit harter Hand herrschten. Dann brachen die Regime zusammen. Und danach bauten Islamisten ihre Macht aus.

Die Bindung an den Westen und seine Werte des Individualismus führte hier, so sagte ein Kritiker damals schon voraus, „zur groben Unterschätzung des Eindringens islamischer Gedanken und Gefühle in die muslimischen Ländern und zur Ignoranz der Idee einer Wiederherstellung des Kalifats gegenüber“. Dabei schien 2005 schon klar, dass der eigentlich Konflikt zwischen der Erhaltung der weltlichen Ordnung und der Machtübernahme des politischen Islam tobte. Die Regime in der muslimischen Welt galten als Hüter westlicher Interessen, sie wurden von Muslimen verabscheut und der einzige Grund, warum sie überlebten, war die hartnäckige Unterstützung westlicher Regierungen.

Als die ausblieb, taten Muslime allerdings nicht das, was die Autoren der Studie einen imaginären Enkel von Bin Laden beschreiben lassen: Sie brechen nicht auf zu den Ufern des neuen Kalifats, sie wählen nicht die Antithese zur westlichen Modernisierungsideologie. Stattdessen sehen wir eine Massenmigration von Muslimen in den Westen, eine Flucht aus der muslimischen Welt, die jedoch nicht einhergeht mit einer Liebe zu westlichen Werten. Im Gegenteil: Die Fluchtburgen vor Mord und Verfolgung, vor Armut und Rückständigkeit ziehen Hass auf sich, Verachtung und eine verstärkte Hinwendung zum Glauben.

Dass der Westen darauf mit Bemühungen reagiert, seine muslimischen Bevölkerung dazu zu überzeugen, westliche Werte zu übernehmen, während er gleichzeitig vorgibt, muslimische Eigenheiten als gleichwertig zu respektieren, spricht Bände für die westliche Ratlosigkeit angesichts einer Entwicklung, die logisch aus westlicher Sicht nicht mehr zu begreifen ist. Von unten folgt dem ein Festlegung von der Muslimen als Fundamentalisten, die die westliche Lebensart im Grunde im Innersten ablehnen. Von oben wird das beantwortet mit einer Erklärung, wonach eine Ablehnung der westlichen Zivilisation keine Ablehnung ist, wenn sie nicht militant vorgetragen wird.

Muslime, die wie der Terrorfürst Bin Laden gern westliche Güter wie DVDs, Satelliten-TV oder Smartphon benutzen, gelten als gemäßigt, obwohl auch sie westliche Konzepte wie Freiheit, Demokratie und Individualismus häufig ablehnen. Das eine aber ist langfristig nicht ohne das andere zu haben, denn Freiheit, Demokratie und Individualismus sind Grundlage von Entwicklung, Fortschritt und Wachstum. Ein Kalifat als Möglichkeit, mit dem Westen zu konkurrieren, ist dagegen Glaubenssache. Und daran glauben können zumindest Teile der muslimischen Welt.

Dienstag, 23. September 2014

Friedenskrieger gegen Islamistenhorden

Letzter Aufruf für den angeblichen islamistischen Staat in Teilen Syriens: Die USA und mehrere arabische Nationen haben mit Luftangriffen gegen IS-Stellungen im Land des Diktators Assad begonnen. Im Einklang mit dem amerikanischen Völkerrecht war der entmenschte Machthaber in Damaskus vorab über die humanitäre Mission informiert worden. Dadurch konnte eine widerrechtliche Verletzung des syrischen Luftraumes verhindert werden.

Die Koalition der Willigen, die von US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama angeführt wird, habe die Extremisten mit einem Mix aus Kampfjets, Bombern und Tomahawk-Marschflugkörpern angegriffen, teilte Pentagonsprecher John Kirby mit. Der Angriff wurde schulbuchmäßig mit von See aus abgeschossenen Tomahawk-Marschflugkörpern begonnen, später sei mit Flugzeugen scharf nachgewaschen worden.

Die USA nutzen die humanitären Angriffe auf Syrien gleich zum Test der neuen F-22 "Raptor" Kampfflugzeuge, die sich dank Tarnkappeneigenschaften vor der nicht existierenden Luftabwehr der barbarischen Islamistenhorden verbergen können. Die F-22-Jets gelten mit 189 Millionen Dollar Anschaffungskosten als die teuersten Jagdflugzeuge der US-Luftwaffe, eine Erprobung in einem Gefecht ohne Gegner bot sich da an, hieß es in Washington. 

Der Uno-Sicherheitsrat hattedem Einsatz zuvor nicht widersprochen. Das Gremium verhängte zuletzt im August drastische Wirtschaftssanktionen gegen den Islamistischen Staat, einen Militäreinsatz wollte es weder beraten noch ein Mandat für ein militärisches Eingreifen erteilt. Kritik an den damit völkerrechtswidrigen Angriffen auf dem Gebiet eines souveränen Staates blieb dennoch aus. Experten der "Zeit" hatten ersatzweise bereits im vergangenen Jahr ein neues Völkerrecht erfunden, nach dem "es aber auch ein Recht gibt, verfolgten Bevölkerungsgruppen in einem Staat beizustehen", auch wenn der das nicht wolle.

Seitdem ist Artikel 2 der UN-Charta mit dem Satz "Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt" obsolet. An seine Stelle getreten sei, so die "Zeit", eine "Relativierung des Gewaltverbotes", die es fremden Mächten mit ausreichend guter Begründung erlaube, eine "einseitige Schutzgewährung durch militärische Gewalt als gerechtfertigt anzusehen".

Diese Regel gilt seit der humanitären Intervention der Nato im Kosovo-Konflikt, sie gilt jedoch ausdrücklich nicht für Russland, das als entmenschte Diktatur unter der Knute eines Irren selbst jederzeit damit rechnen müsse, befreit zu werden.

Verhinderte Friedensmacht: Deutsche Truppen sitzen fest

G20 gegen U2: Payday, bloody payday

Eben haben sie der Welt noch völlig kostenlos ihr neues Album vor die virtuellen Türen gelegt, auf einmal aber geraten die Mitglieder der irischen Rockband U2 ins Fadenkreuz der führenden Industrie- und Schwellenländer. Deren G20-Gruppe hat erste Schritte gegen die Steuerflucht der erfolgreichen Popgruppe beschlossen: Die Finanzminister und Notenbankchefs der G20 billigten bei ihrem Treffen im australischen Cairns ein Maßnahmenpaket gegen aggressive Steuergestaltung und Gewinnverlagerungen.

Ein harter Schlag für die Band, die bereits vor Jahren mit ihrer Firma U2 Ltd. ins holländische Exil gezogen war, wo für die Millionenumsätze und -gewinne nur Promille der daheim in Irland fälligen Steuern gezahlt werden müssen. In den Niederlanden zahlen Künstler keine Abgaben auf Lizenzeinnahmen, auch die Rolling Stones verwalten ihre Rechte deshalb von einer Briefkastenadresse an der Heerengracht Nummer 566 in Amsterdam aus.

SPD-Chef Sigmar Gabriel begrüßt die Maßnahmen. Gabriel sieht eine der zentralen Aufgabe für seine Partei in der Bändigung globaler Superstars. „Wir müssen den Pop-Kapitalismus zähmen“, sagte der Pop-Beauftragte der SPD beim einem Parteikonvent in Berlin. Mir Blick auf die Steuervermeidungsstrategien von Rockbands wie U2 in Europa sagte er: „Das ist asozial.“

Basis für das Vorgehen der G20 gegen die Rockbands ist ein Aktionsplan der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Dieser Plan will sicherstellen, dass Rockstars ihre Gewinne dort versteuern, wo sie sie erwirtschaften. Bis Ende 2015 soll das Gesamtpaket stehen. Knapp die Hälfte der 15 Maßnahmen steht fest. Ein zweites Paket an Vorschlägen soll in einem Jahr präsentiert werden.

Ziehen alle OECD- und G20-Länder mit, werden etwa 90 Prozent der derzeit aktiven Superstars erfasst. OECD-Generalsekretär Angel Gurria hatte im Vorfeld bereits vom "ehrgeizigsten Modernisierungsvorhaben des weltweiten Steuersystems seit 100 Jahren" gesprochen.

Hintergrund der OECD- und G20-Pläne ist die Praxis, mit der Rockkonzerne wie U2, die Rolling Stones und David Bowie zwar hohe Gewinne erzielen, dank legaler Tricks und eines komplizierten Firmengeflechts aber wenig oder gar keine Ertragssteuern zahlen. Sie verschieben Gewinne und Aktivitäten zwischen Hochsteuer- und Tiefsteuerländern hin und her. Dabei nutzen sie nationale Schlupflöcher und international nicht abgestimmte Steuerregeln.


Der Frontmann von Bono, hat sich betroffen über die Vorwürfe der Steuerflucht geäußert. «Wir zahlen Millionen und Abermillionen an Steuern», sagte Bono. Man habe sich nach einer Steuerreform in Irland, die Einkommen auf Autorenrechte stärker belastet, im Jahr 2006 entschieden, mit der Rechteverwertungsfirma in die Niederlande zu ziehen. So bleibe einfach mehr Geld übrig, um weiter mit großem Einsatz gegen Armut, Hunger und Aids vor allem in Afrika zu kämpfen.

Montag, 22. September 2014

Zitate zur Zeit: Die Reihen fest geschlossen

"Die Stärke und Unbesiegbarkeit unserer Partei liegt in der Einheit und Geschlossenheit ihrer Reihen, in der Einheit des Willens und Handelns, in der Fähigkeit der Parteimitglieder, ihren Willen im Willen und in den Wünschen der Partei aufgehen zu lassen."

G. M. Malenkow bei der Trauerkundgebung auf dem Roten Platz in Moskau am 9. März 1953

Mehr Zitate zur Zeit

Schwanzvergleich mit dem Erbfeind: Welches Land hat wie viel Feuerkraft?

Der „Global Firepower Index“ gibt an, welche Armeen die meiste Schlagkraft haben. In einer neuen Serie stellt PPQ die Streitkräfte großer Staaten gegenüber und erklärt, wer in welchem Bereich besser ausgestattet ist. In Folge 1 geht es um den Erbfeind, mit dem Deutschland über die künftige Wachstumsstrategie für Europa über Kreuz liegt: Wer schneidet besser ab: Das imperiale Frankreich oder das bei Hades-Plan strippenziehende Deutschland? Deutschland gegen Frankreich: Die beiden mächtigsten Armeen der Euro-Zone im Direktvergleich.

Berlin oder Paris – wer würde in einem militärischem Konflikt als Gewinner hervorgehen? Die Website „Global Firepower Index“ rechnet die harten Fakten gegeneinander auf mit Statistiken zur Ausstattung der Armeen. Und sie urteilt: Die Bundesrepublik und Frankreich haben die zwei größten Armeen der Euro-Zone. Während die Frankreich mit 228000 aktiven Soldaten punktet, führt Deutschland 145000 Reservisten ins Feld.

Luftwaffe
Rund 1200 Flugzeuge bilden das Rückgrat der französischen Streitkräfte. Die deutsche Luftwaffe dagegen hat in den Jahren seit dem letzten Aufeinandertreffen enorm abgerüstet. Sie besitzt nur noch 710 Flugzeuge, davon sind ganze 74 für Angriffe ausgerüstet, von denen wiederum etwa nur zehn Prozent derzeit betriebsbereit sind. Frankreich setzt hier voll auf Luftüberlegenheit – mit 260 Jägern hat die Luftwaffe hier mehr als dreimal soviel Maschinen wie Deutschland. Mit 561 Helikoptern besitzt Frankreich außerdem hundert Helikopter mehr als Deutschland, das dafür allerdings mehr kaputte Hubschrauber sein eigen nennt..

Marine
Mit 120 Schiffen hat Frankreich die mit Abstand größte Flotte der Euro-Welt. Deutschland dagegen besitzt nur 82 meist kleinere Schiffe. Das Schulschiff „Gorch Fock“ wurde zuletzt auch noch außer Dienst gestellt.

Panzer
Fast ein Gleichstand! 423 französischen Panzern stehen immerhin 408 deutsche gegenüber. Rein statistisch punkten die Franzosen aber auch sonst auf dem Land: Sie haben mit 7290 Schützenpanzern fast doppelt so viele wie die Deutschland – allerdings sagt die schiere Anzahl nichts über die Modernität oder die Einsatzfähigkeit der Maschinen aus.


Budget
Der Index klammert Raketen und Nuklearwaffen aus, wer aus einer echten Auseinandersetzung als Sieger hervorgeht, bleibt offen, allerdings hat Frankreich Atomwaffen, die Deutschland nicht besitzt. Dennoch lässt sich zumindest mit einem Blick auf das Verteidigungsbudget 2013 ein Fazit ziehen: Mit rund 45 Milliarden Dollar schlägt der deutsche Militärhaushalt den der Franzosen um zwei Milliarden.

Sonntag, 21. September 2014

Kein kein kein

Eigentlich ist es ganz einfach. Wenn man Erfolge feiern will, muss man in Zweifelsfall nur die Kriterien für Sieg und Niederlage ändern. Das weiß auch Heiko Maas: "Bilder, die nach bisheriger Sichtweise nicht Kinderpornografie sind und die auch keine Posing-Bilder sind, wo es also einen klaren sexuellen Bezug in unnatürlicher Haltung gibt, sondern ganz einfach Nacktbilder - die können jetzt von den Ermittlern aufgegriffen und verfolgt werden", sagte der Justizminister im Zusammenhang mit der Verschärfung des diesbezüglichen Strafrechts.

Keine Kinderpornografie, keine Posing-Bilder, kein klarer sexueller Bezug - kein Wunder ... dass Mass überzeugt ist, die Zahl der Täter in Form von Ermittlungsverfahren erfolgreich nach oben treiben zu können.

Diesmal zum Mars: V2 soll wieder fliegen

Knappe 70 Jahre nach dem letzten Start einer V2-Rakete vom Versuchsstartplatz in der Tucheler Heide hat die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa die Weichen für eine Wiederaufnahme von Starts der V2-Rakete gestellt. Die Nasa präsentierte für das Projekt zwei Projektpartner: die amerikanischen Unternehmen Boeing und SpaceX. Sie sollen bis 2017 eine neue Generation der V2-Rakete entwickeln, die Astronauten ab 2017 zur Internationalen Raumstation ISS befördern und wieder zurück zur Erde bringen sollen. Der Auftrag hat ein Gesamtvolumen in Höhe von umgerechnet 5,2 Milliarden Euro.

Das Unternehmen gilt als Schlag gegen die Vormacht der Sowjetunion im Weltraum und soll den USA den Weg zu einer späteren Mars-Mission öffnen.

Dazu plant die Weltraumbehörde Nasa, aus dem von Wernher von Braun entwickelten Flugkörper ein ausschließlich mit demokratischen Astronauten bemanntes Raumschiff zu machen, das aus einem Mannschafts- und einem Servicemodul besteht. Die Kapsel besitzt einen Durchmesser von fünf Metern, sie kann bis zu sieben Astronauten aufnehmen und zudem Frachtgut transportieren.

Das ursprünglich A4 genannte Flugobjekt nutzt in den USA wieder den traditionellen Namen V2, den sich Goebbels einst ausgedacht hatte. Deutsche Medien notieren die Rückkehr zum Traditionsnamen allerdings eher verschämt. Wohlwollend wird hingegen bemerkt, dass die weiterentwickelte V2 "mit ihren großen Fenstern und den sanften Rundungen ganz anders" aussehe als frühere Modelle. Die neue V2 habe zudem Bremsraketen und könne damit "an praktisch jeden Landeort mit der Präzision eines Helikopters aufsetzen".


Muslimische Massenproteste: Fuck you, Isis!

Muslime stehen auf gegen Hass und Gewalt.
Mehrere tausend der in Deutschland lebenden 4,3 Millionen Muslime haben mit Demonstrationen in und vor 2000 Moscheen im Land ein machtvolles Zeichen gegen rechten Rassismus und islamistischen Fanatismus gesetzt. Tausende nahmen wie immer am traditionellen Freitagsgebet teil, mehrere hundert setzen sich dann unter dem Motto "Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht" bei einem Aktionstag auf die Straße. Allein in der Millionenstadt Berlin kamen mehr als tausend Menschen zu einem öffentlichen Friedensgebet zusammen.

Zu den ersten muslimischen Demonstrationen seit den Protesten gegen die israelische Gaza-Politik hatten die im Koordinationsrat der Muslime (KRM) vertretenen Religionsgemeinschaften aufgerufen. Ziel sei es, sich gegen den islamistischen Terror protestieren, der nichts mit dem Islam zu tun hat, sich von Extremisten zu distanzieren, die den Koran falsch verstanden haben, und dem selbsternannten gottesstaat Isis die Rote Karte zu zeigen.

Demonstranten ließen keinen Zweifel an ihrer Motivation. "Fuck Isis" und "Geht zurück in Euer Mittelalter" stand auf Plakaten, die Muslime mit sich führten. Die Führung des Gotteststaates, aber auch Organisationen wie Al Kaida und Boko Haram wurden in Sprechchören aufgefordert, sich aufzulösen. "Ihr seid die Schande Gottes" riefen Protestierer, „Tod, Tod Isis“ und „Kindermörder Islamischer Staat“ schallte es aus den Reihen der Demonstranten.

«Die Muslime zeigen, dass Hass und Gewalt niemals im Namen des Islam legitimierbar sind», sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der gekommen war, um sich selbst ein Bild der Stimmung zu machen und sich dabei von einem Team der ARD filmen zu lassen. Im ganzen arabischen Raum sei kein Platz für Gewalt gegen Christen, Muslime oder Juden. «Anschläge gegen Gotteshäuser, gleich welchen Glaubens, sind Anschläge gegen uns alle.»

SPD-Chef Sigmar Gabriel stimmt seinem CDU-Kollegen in dieser Frage zu. «Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Hass haben in Nordafrika nichts zu suchen.» Anschläge auf Moscheen, Synagogen und Kirchen verurteile er auf das Schärfste. Wenn schon Anschläge, dann müssten sie anderswo durchgeführt werden, hieß es in Berlin.

Die Grünen-Fraktion im Bundestag forderte zugleich mehr Einsatz gegen Ausgrenzung. Cem Özdemir, der in Absprache mit de Maiziere in eine andere Moschee geeilt war, um sich von einem anderen ARD-Team filmen zu lassen, forderte einen Ausbau der staatlichen Hilfe für junge Leute, die irrtümlich in den Terrorismus abrutschen. «Es fehlen Programme, die die Zivilgesellschaft im Kampf gegen Intoleranz unterstützen.»

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, verurteilte Hass gegen Juden und Terror im Namen des Islams. Wenn Menschen den muslimischen Glauben missbrauchen, um Unrecht zu begehen, seien das in Wahrheit Terroristen und Mörder, die den Islam in den Dreck ziehen, sagte Mazyek mit Blick auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Man habe den Begriff "Islamismus" und die Vokabel Salafismusvor wenigen Jahren eigens eingeführt, um den wahren Islam zu schützen. Man wolle keine Distanzierungsorgie, sagte Mazyek, "aber wir wollen auch nicht schweigen, wenn hierzulande aus Rassismus Brandanschläge auf Moscheen und Synagogen verübt werden".

Samstag, 20. September 2014

Gauck fordert früheres Zusehen

Bundespräsident Joachim Gauck hat der amerikanischen Führung einen Bruch des Völkerrechts und der Menschenrechte vorgeworfen. Dies mache zurzeit einen Staatsbesuch in den USA unmöglich, sagte Gauck der "Rheinischen Post". Zugleich warf er der Führung in Washington vor, mit Schutzbehauptungen eine angebliche Bedrohung durch den Islamischen Staat als Vorwand dafür zu nehmen, das Selbstbestimmungsrecht anderer Völker einzuschränken.

Er kritisiere nicht die USA als Land, sondern dessen Regierung. "Mir geht es um die Missachtung von Bürgerrechten, von Menschenrechten und um den Bruch des Völkerrechts", betonte Gauck. Diese müssten sichergestellt sein. "Wenn ich nach Syrien blicke, dann sehe ich nicht nur die Regierung, sondern auch die Regierten. Ihr Schicksal ist der Grund für meine Kritik am Weißen Haus."

Die USA hatten kürzlich ohne UN-Mandat Bewaffnete auf syrisches Staatsgebiet geschickt, um dort gegen islamistische Geiselnehmer vorzugehen. Der Bundespräsident äußerte harsche Kritik an der Position, man könne den USA einen islamischen Staat im Norden Afrikas nicht zumuten. "Das Selbstbestimmungsrecht der Völker hat Vorrang ... Ich kann nicht nachvollziehen, dass wir in vorauseilendem Gehorsam die Empfindsamkeiten der USA ernster nehmen sollten als das Selbstbestimmungsrecht der irakischen und syrischen Bevölkerung", betonte Gauck.

Der Bundespräsident lobte zudem ein "außerordentlich verantwortungsvolles" Vorgehen der Bundesregierung in der IS-Krise und verteidigte die Lieferung von Decken in die Ukraine. "Unsere Nachbarn hatten das Recht, der Nato beizutreten, die für sie nicht nur als politisches Bündnis, sondern auch als Verteidigungsbündnis von zentraler Bedeutung war und ist." Sicherheitsgarantien seien deshalb unverzichtbar. "Ich erwarte (aber) nicht, dass von der IS-Krise eine kriegerische Bedrohung für Mitteleuropa ausgeht", sagte er. Auf die Frage, ob es mit dem US-Präsidenten Obama eine diplomatische Lösung werde geben können, sagte Gauck: "Ja, das wird es."

Grundsätzlich forderte er ein frühzeitiges Engagement bei internationalen Konflikten. "Wir sollten nicht immer nur über die letzte denkbare Möglichkeit, also die Frage, ob man Militär einsetzt, diskutieren", sagte Gauck. "Wir sollten in den Blick nehmen, was wir tun können, bevor ein blutiger Konflikt ausbricht. Anders ausgedrückt: Wir sollten früher zusehen", betonte er.

ppq/Reuters/dpa

ARD verteidigt sich: Russland-Hetze nicht durchgängig

Nach einem dreisten Versuch des ARD-Programmbeirat, die Ukraine-Berichterstattung der ARD in die Nähe von Manipulation, Einseitigkeit und absichtlicher Auslassung von Fakten zu rücken, hat ARD-Chefredakteur Thomas Baumann sich entgeistert gezeigt. Die Beiratsmitglieder hatten Beiträge des Staatssenders als "fragmentarisch", "tendenziös", "mangelhaft" und "einseitig" geschmäht. „Den Vorwurf einer einseitigen und tendenziösen Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt weise ich energisch zurück“, sagte er dem Tagesspiegel. Zwar habe das Erste sicherlich häufig den Eindruck erweckt, auf Seiten des Westens energisch gegen die entmenschte Diktatur im Osten zu streiten. Das aber sei sowohl Staatsdoktrin seit rund 100 Jahren als auch Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.

Der Chefredakteur des Hauses, Dr. Kai Gniffke, verteidigte die Hauslinie. "Entscheidend ist für mich, dass die Gesamtleistung stimmt und die Sendezeit gefüllt ist", argumentierte er. In zahlreichen Vorabendserien, Krimis und Rateshow sei "keine Spur Russland-Hetze enthalten" gewesen, so dass er sagen könne, dass "wir uns um größtmögliche Unvoreingenommenheit und Unabhängigkeit bemüht haben". Das gelinge nicht immer, manchmal auch nie, aber so sei das nun mal.

„Es gab und es gibt zahlreiche Beiträge, Sendungen und Sondersendungen im Ersten Programm, die in der Summe die Lage in der Ukraine und die Ursachen der Krise differenziert und unter verschiedenen Aspekten thematisiert haben und thematisieren“, sagte Baumann weiter. So sei Putin trotz seines Verhaltens nicht durchweg als vertierter Irrer dargestellt worden, sondern immer mal wieder auch als kranker und gemeiner Wahnsinniger, der versuche, sich eine imaginäre Zarenkrone aufzusetzen.

Die Korrespondentinnen und Korrespondenten vor Ort hätten unter schwierigsten Bedingungen – oft hatten sie keinerlei Informationen und mussten sich alles ausdenken - mit ihrer Arbeit entscheidend dazu bei, das ARD-Publikum so wahrheitsgetreu wie möglich zu informieren. Viel sei da oft nicht drin, zumal an Tagen, an denen das ukrainische Innenministerium keine Pressemitteilungen verschicke. „Was sollen unsere Kollegen denn dann vorlesen?“

Anfangs hatten zahlreiche Zuschauer die ARD-Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt kritisiert, so lange das möglich war auch in den Kommentarspalten des Senders selbst. Die ARD reagierte prompt. In Kommentaren klargestellt, dass es sich bei allen Kritikern um gefährliche Trolle, von Moskau gesteuerte fünfte Meinungskolonnen und rechtsextreme Putin-Versteher handelt. Die von ihnen geäußerte ungerechtfertigte Kritik konnte durch die vorläufige Schließung der Kommentarspalten, die als Einfallstor für Putin verbale Panzer galten, beendet werden.

Berufsverbot für Journalisten: EU listet Russen-Knechte aus

Freitag, 19. September 2014

EUnited we stand

Kaum geht es um was, gehen die Leute auch wieder zur Wahl. Schottland gilt mit einem Mal als Menetekel, als Signal und Warnschuss für Europa, das nach einer Phase der Aufblähung im Begriff war, in Kleinstaaterei zu zerfallen.

Die Zentralisten sind dem noch einmal entkommen, Europa kann, das britische Votum für eine Beibehaltung der Union, weitermachen wie bisher: Kein Land braucht Kompetenzen, die besser in Brüssel liegen, keine Region muss über sich selbst bestimmen, wenn da irgendwo noch eine Regierungsebene ist, die von weiter oben aus einen umfassenderen Überblick hat.

Es ist das Wesen von Unabhängigkeitsbestrebungen, zu scheitern, so lange die grundsätzliche Verfasstheit der völkerrechtlichen Entität, von der sie sich lösen wollen, stabil ist. Die Südstaaten der USA haben das erfahren, die Separatisten in Kanada, die Basken, die Katalonen und die Südtiroler. Nur wo das staatliche Gerüst, in dem Regionen hängen, wackelt, gelingen Ausbruch und Neuordnung, zumindest, wenn es den Machtinteressen der Nachbarn gefällt. In Skandinavien war das so, in Jugoslawien, im Kosovo, beim Zerfall der Sowjetunion.

Die große Einheit kann ihre Glieder nicht mehr halten, die streben aus dem für ewig und unlösbar gehalten Bund aus Sprachen, Kulturen, Traditionen und Erbgutclustern entlang von Risslinien auseinander, die zuvor häufig nicht einmal mehr zu sehen gewesen waren.

Nichts ist für immer und kein Land, kein Staatenbund, keine Völkerfamilie bleibt für ewig beieinander, das ist die einzige Botschaft, die die Geschichte hat. Alles sammelt sich in guten Tagen, um in schlechten auseinanderzufallen. Je größer die Reiche, desto schneller werden sie geschmiedet, je schneller sie geschmiedet wurden, desto langsamer schreitet ihr Zerfall voran. Aber was heißt schnell oder langsam im Angesicht der Geschichte? Mal dauert es länger, wie im Fall des Römischen Reiches, das tausend Jahre existierte, mal scheint das Ende schon nach 307 Jahren fast erreicht, mal ist nach siebeneinhalb Jahrzehnten und mal nach zwölf Jahren schon Schluss.

Die EU hat in diesem Jahr ihren 21. Geburtstag gefeiert, still und heimlich, denn zum Gratulieren wäre wohl ohnedies niemand gekommen. Nächstes Jahr, so hat es James Cameron den Briten versprochen, darf Großbritannien abstimmen, ob und unter welchen Bedingungen es in der Gemeinschaft bleiben will.

Geld, das uns beieinanderhält

Islamistischer Staat: Interreligiöser Dialog soll helfen

Die Terrormiliz Islamischer Staat rekrutiert weiterhin Tausende neue Mitglieder. Die CIA geht nach neuesten Erkenntnissen von bis zu 31.500 IS-Kämpfern im Irak und Syrien aus. Genau wisse man es nicht, es könnten 20.000 Dschihadisten sein, eventuell aber auch 31.500.

Der US-Auslandsgeheimdienst CIA schätzt die Zahl der Dschihadisten im Irak und Syrien damit deutlich höher als zuletzt vor zwei Jahren, als die Experten des Geheimdienstes von 7000 bis 10000 Kämpfern ausgingen. Wie es dem selbsternannten Kalifat gelungen ist, die Anzahl seiner Bewaffneten zu verdreifachen, ohne dass die CIA davon etwas mitbekam, konnte CIA-Sprecher Ryan Trapani nicht sagen.

Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, gab Europa eine Mitschuld. Während die USA nur rund 100 Kämpfer in die Reihen der brutalen Mordbanden entsandt hätten, mordeten und brandschatzten inzwischen mehr als 10.000 Europäer für das Kalifat.

Deutschland will sich nach den Worten von Außenminister Walter Steinmeier dennoch nicht an einem Militäreinsatz gegen den islamistischen Staat beteiligen. Während die USA Luftangriffe auf Syrien ankündigten, die vom amerikanischen Völkerrecht gedeckt sind, kündigte CDU-Vize Wolfgang Bosbach einen interreligösen Dialog mit den oft verwirrten jungen Männern an, die für die skrupellosen islamistischen Führer zu den Waffen griffen. In einer Zeit, "in der Deutsche wieder gegen Amerikaner kämpfen", so hieß es in Berlin, sei "Dialog auf allen möglichen Ebenen notwendig und ohne Alternative".

Der Dialog soll keine kurzfristige Hauruck-Aktion werden, sondern eine "systematische Kampagne von Gesprächen" unter Leitung der Bundeszentrale für Politische Bildung. Zu ihm gehören Begegnungen im eigenen lebensweltlichen Kontext mit Gesprächen im Gemüseladen, Nachbarschaftskontakten und Informationsgespräche zum einseitigen oder gegenseitigen Kennenlernen, Projektdialogen zum gemeinsamen Planen von Aktivitäten wie multikulturellen Stadtteilfesten und Mediationsdialogen im Konfliktfällen, aber auch der offene institutionelle Dialog mit mandatierten Repräsentanten und Opfergespräche mit verführten jungen Leuten.

Der Vorbereitungskreis, der den Dialog noch vor Weihnachten bundesweit ausrollen wird, wies darauf hin, dass in einem Land mit starker christlicher Prägung stets zu beachten ist, dass Begegnungen zwischen der christlich geprägten Mehrheitsbevölkerung und den jungen Menschen, die auf die Rattenfänger der Terrororganisationen hereingefallen sind, nur selten strukturell symmetrisch sein können.

Es gehe darum, dass Vertreter des Mehrheitschristentums mit dem Minderheitsislam respektvoll zusammentreffen und deren Anliegen gegenüber der Mehrheitsgesellschaft ernst nehmen. Wichtigstes Anliegen des Dialoges soll das Arbeiten an einer gedeihlichen Atmosphäre in gemeinsamen Lebensräumen sein, dazu sei es notwendig, Verständnis für Benachteiligung und die legitimen Anliegen der Terrormiliz zu zeigen.