Richtiger Fußball geht etwa so: Es ist kalt, möglichst noch regnerisch, die eigene Mannschaft müht sich, aber das Tor ist wie vernagelt. Der Schiedsrichter versagt, der eigene Trainer verzweifelt. Es ist ein Drama, das fortwährend am Rande der Tragödie balanciert. Für einen gewöhnlichen Zuschauer sterbenslangweilig. Für jeden Menschen aber, der erwählt worden ist, dieser oder jener Mannschaft auf ihren Irrwegen durch Pokalpleiten und Ligatriumphe, durch Aufstiege, Abstiege und Neuerfindungen zu folgen, ist es das Theater des Lebens, ein jede Woche live neugeschriebenes Kapitel einer unendlichen Geschichte, die mal zu Tränen rührt und mal zum Jubeln zwingt.
Ganz anders, wo die deutsche Nationalmannschaft aufläuft. Aller zwei Jahre sammeln sich rund um die Weltturniere, in die das Team von Jogi Löw stets als einer der Mitfavoriten geht, ein Fan-Volk ganz anderen Zuschnitts. Sie haben es gern sonnig, sie werden beim Zuschauen gern am Platz bedient. Sie sind gekommen, um zu siegen, Niederlagen verschlagen ihnen generell die Laune, denn sie verstehen nicht, dass alles zusammengehört: Das Leiden und das Versagen und das Gerettetwerden und das lässige Dominieren.
Die Gattung der Event-Fans, gern von Kopf bis Fuß von Lidl, Rossmann und Real ausgestattet mit Girlanden in Nationalfarben, Trikots und Autofähnchen, absolviert Länderspiele am liebsten in der Gruppe. Möglichst groß soll sie sein und möglichst stimmungsvoll, jedes Spiel ein Klassentreffen der mit Aldi-Stift nationalfarben geschminkten Gelegenheitsexperten für Jogi-Taktik und Özil-Dribbelei. Kommentiert wird das Ganze neuerdings von Sprecherdarstellern, die nicht mehr "deutsche Mannschaft" sagen, sondern sich mit "unsere Elf" offensiv auf die Seite der begeisterten Volksmassen stellen.
Im Säurebad des Volksfrohsinns ist nichts übriggeblieben von der kalten Pflicht, bei Länderspielen Heribert Faßbender oder Gerd Rubenbauer zuzuhören, die ohne Taktiktafel und Co-Moderator von den Mühen berichteten, die es bedeutet, eine häufig gleichstarke gegnerische Mannschaft in die Knie zu zwingen. Männer wie Jürgen Kohler, Matthias Sammer und Andy Brehme waren Titelhelden im Kickers, nicht in der "Bunte". Erich Ribbeck und Rudi Völler trugen schlechte Laune spazieren, wenn sie verloren hatten.
Fußball war noch ein Kampfsport, kein Kinderspiel, das zum Vergnügen auf Marktplätzen einem Publikum gezeigt wurde, das glaubt, ein Mensch könne durch eine Außenspiegelfahne zum Fußballfan werden. Wo früher Männer um Männer herumstanden, auf den Tribünen und vor dem Fernseher, sitzen heute Studentinnen, der Bionade-Adel findet sich mit Fahrrad und allen vier Kindern ein, der Herr Professor sitzt neben der Oberschülerin, der die Kunstturnerin anzusehen ist. Fort ist aller Achselschweiß, alles Proletenhafte. Wurst und Bier sind Volkskultur, Turnschuhe Pflichtbekleidung.
In der Fan-Hölle des Public Viewing darf man sich über die Schnitte der Trikots unterhalten. Lecker, diese Argentinier. Die Generation Schwarz-Rot-Geil, 2006 aus einem sorgfältig inszenierten Missverständnis entstanden, hat den Fußball annektiert. Sie stellen die Räume zu, in denen Kenner früher Nationalmannschaft guckten, sie fahren hupend um den Block, als hätten sie selbst gewonnen, sie rauben dem schönsten Sport der Welt mit ihren Deutschland-Hawaiiketten, den Irokesenperücken und der schwarz-rot-goldenen Kinderschminke die Seele, das Herz und die Würde.
Aus Fußball ist Karneval geworden, aus bitterem Ernst ein unendlicher Spaß. Deutsche Fußballer sind nicht mehr deutsche Fußballer, sondern "unsere" Fußballer. Reporter tragen statt Hemd und Hose Nationalmannschaftstrikot. Trainer heißen Jogi, als könnten sie zaubern, Frauen schreien bei erzielten Treffern lauter als ihre Männer. Und die Kanzlerin, die Klima eigentlich großschreibt, jettet ohne Rücksicht auf die "ökologischen Kosten für kommende Generationen" (Angela Merkel) zu wichtigen Spielen, als wären es wichtige Gipfel. Vor Ort stellt sie sich in die Kabine und erzählt jungen Männern etwas von der nationalen Aufgabe, endlich wieder einen Titel zu holen.
Ganz anders, wo die deutsche Nationalmannschaft aufläuft. Aller zwei Jahre sammeln sich rund um die Weltturniere, in die das Team von Jogi Löw stets als einer der Mitfavoriten geht, ein Fan-Volk ganz anderen Zuschnitts. Sie haben es gern sonnig, sie werden beim Zuschauen gern am Platz bedient. Sie sind gekommen, um zu siegen, Niederlagen verschlagen ihnen generell die Laune, denn sie verstehen nicht, dass alles zusammengehört: Das Leiden und das Versagen und das Gerettetwerden und das lässige Dominieren.
Die Gattung der Event-Fans, gern von Kopf bis Fuß von Lidl, Rossmann und Real ausgestattet mit Girlanden in Nationalfarben, Trikots und Autofähnchen, absolviert Länderspiele am liebsten in der Gruppe. Möglichst groß soll sie sein und möglichst stimmungsvoll, jedes Spiel ein Klassentreffen der mit Aldi-Stift nationalfarben geschminkten Gelegenheitsexperten für Jogi-Taktik und Özil-Dribbelei. Kommentiert wird das Ganze neuerdings von Sprecherdarstellern, die nicht mehr "deutsche Mannschaft" sagen, sondern sich mit "unsere Elf" offensiv auf die Seite der begeisterten Volksmassen stellen.
Im Säurebad des Volksfrohsinns ist nichts übriggeblieben von der kalten Pflicht, bei Länderspielen Heribert Faßbender oder Gerd Rubenbauer zuzuhören, die ohne Taktiktafel und Co-Moderator von den Mühen berichteten, die es bedeutet, eine häufig gleichstarke gegnerische Mannschaft in die Knie zu zwingen. Männer wie Jürgen Kohler, Matthias Sammer und Andy Brehme waren Titelhelden im Kickers, nicht in der "Bunte". Erich Ribbeck und Rudi Völler trugen schlechte Laune spazieren, wenn sie verloren hatten.
Fußball war noch ein Kampfsport, kein Kinderspiel, das zum Vergnügen auf Marktplätzen einem Publikum gezeigt wurde, das glaubt, ein Mensch könne durch eine Außenspiegelfahne zum Fußballfan werden. Wo früher Männer um Männer herumstanden, auf den Tribünen und vor dem Fernseher, sitzen heute Studentinnen, der Bionade-Adel findet sich mit Fahrrad und allen vier Kindern ein, der Herr Professor sitzt neben der Oberschülerin, der die Kunstturnerin anzusehen ist. Fort ist aller Achselschweiß, alles Proletenhafte. Wurst und Bier sind Volkskultur, Turnschuhe Pflichtbekleidung.
In der Fan-Hölle des Public Viewing darf man sich über die Schnitte der Trikots unterhalten. Lecker, diese Argentinier. Die Generation Schwarz-Rot-Geil, 2006 aus einem sorgfältig inszenierten Missverständnis entstanden, hat den Fußball annektiert. Sie stellen die Räume zu, in denen Kenner früher Nationalmannschaft guckten, sie fahren hupend um den Block, als hätten sie selbst gewonnen, sie rauben dem schönsten Sport der Welt mit ihren Deutschland-Hawaiiketten, den Irokesenperücken und der schwarz-rot-goldenen Kinderschminke die Seele, das Herz und die Würde.
Aus Fußball ist Karneval geworden, aus bitterem Ernst ein unendlicher Spaß. Deutsche Fußballer sind nicht mehr deutsche Fußballer, sondern "unsere" Fußballer. Reporter tragen statt Hemd und Hose Nationalmannschaftstrikot. Trainer heißen Jogi, als könnten sie zaubern, Frauen schreien bei erzielten Treffern lauter als ihre Männer. Und die Kanzlerin, die Klima eigentlich großschreibt, jettet ohne Rücksicht auf die "ökologischen Kosten für kommende Generationen" (Angela Merkel) zu wichtigen Spielen, als wären es wichtige Gipfel. Vor Ort stellt sie sich in die Kabine und erzählt jungen Männern etwas von der nationalen Aufgabe, endlich wieder einen Titel zu holen.
10 Kommentare:
Interessant: Menschen, welche scheel gucken, wenn schwarz-rot-Gold am Fahnenmast vor dem Haus (bei geziemender Gelegenheit) hochgezogen wird, schwenken das beim Fußball. Inzwischen scheinen die Nationalfarben eher als Fußballfarben gesehen zu werden. Lustig auch, daß "Public Viewing" korrekt übersetzt, schlicht "Öffentliche Aufbahrung" bedeutet und heißt. In der Tat: Die Nation wird aufgebahrt.
Habe ich es doch gewußt !
@ppq ist Russe und NEIDISCH !
das würde ich so nicht unterschreiben
Ja, gestern war ein herrlicher Tag! Kein Honk belästigte den Badesee! Mach bitte ewig so weiter, Joggi, mit deiner Ölf!
Aber ansonsten muß man doch sagen, daß es eine vergnügliche WM ist: Regenspiel, viele Tore, die Stars (Neymar, Messi, Müller) treffen das Tor, die Großen fliegen raus.
Ich habe mir das Vergnügen gemacht, bei einigen Spielen die letzten zehn Minuten (plus nachspielzeit) zu betrachten ... und das ist schon unterhaltsam !
Fußball?
Brot und Spiele..., genauso öde wie Tennis, Formel 1 und der ganze andere Kram. Nur sind eben die Proleten damit fein beschäftigt.
Mich kratzt dieser Scheiss wirklich in keinster Weise. Jedenfalls ist der white thrash zu beschäftigt um auf den Straßen herumzulungern.
Na ja, wenn das ein Ablenkungsmanöver für die Proleten ist, dann erwarte ich doch vom Bildungskleinbürger, daß er jetzt gegügend Zeit hat, sich politisch bewußt und engagiert zu verhalten.
U.a. das Vergreifen an Kindern mit Down-Syndrom, Milliarden-Skandale der Landesbanken, das Abschieben der RomaSintiTalente an die dt. Unterschicht, das Verrotten von Schulen und Kindergärten dürften genügend Betätigungsfelder bieten.
Wenn Kreti und Pleti saufen und zur öffentlichen Leichenschau gehen, warum sollen die anderen sich um anderes ausser ihr Privates kümmern?
Jedes Engagement in diesem Land sollte vermieden werden, bis es zusammenkracht.
Hier jemand mit dem gleichen Gedanken, durchdekliniert an der Schnappatmung, die ein deutscher Fan mit schwarz angemaltem Gesicht in den Fachmedien für Public Wixing verursacht hat: http://sciencefiles.org/2014/06/26/rassismus-voyeristen-und-rassismus-blockwarte/
Solange in dieser "Sportart" Privatflugzeuge mit Bargeld unterwegs sind werden wir das ertragen müssen, fürchte ich.
Die Jungs sind nicht doof und freuen sich auf ihre eigene Insel in der Karibik. Vielleicht wird es ja besser, wenn es keine Inseln mehr gibt.
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