Samstag, 19. April 2014

HFC: Ein Mann für gewisse Sekunden

Häme, Hohn, zynischer Applaus, das ist es, was HFC-Stürmer Pierre Merkel bekommt, nachdem ihn HFC-Trainer Sven Köhler in der 67. Minute für Florian Brügmann eingewechselt hat. Merkel hat sich seinen Ruf als adäquater Nachfolger des selbsternannten Superstürmers Andis Shala seit Sommer vergangenen Jahres hart erarbeitet - und auch im Spiel gegen die Stuttgarter Kickers scheint der großgewachsene Mann mit der 21 fest entschlossen, ihn zu verteidigen. Merkel ist kaum auf dem Platz, da verliert er zum ersten Mal den Ball. Im zweiten Versuch passt er ins Nichts. Im dritten stolpert er über die eigenen Füße und fällt.

Alles wie immer also in Halle und auch der Spielstand steht wie immer Kopf. Obwohl der HFC bereits in den ersten fünf Minuten fünf Chancen hatte, um eine beruhigende Führung herauszuschießen, steht es seit der 25. Minute 0:1. Wiedereinmal war es harmloser Flankenlauf von Calmita, der den Ball zwei Meter vor der Grundlinie des HFC-Tores nicht mehr erreichen kann. Aber Toni Lindenhahn, nach langer Pause wegen der Gelbsperre von Francky Sembolo erstmals wieder von Anfang an auf dem Platz, geht auf Nummer Sicher und fällt den Stuttgarter.

Fast hätte Pierre Kleinheider den Elfmeter von Marchese gehalten. Aber eben nur fast. So stellt sich früh ein Gefühl von Déjà-vu ein. Wie gegen Rostock liegt die bessere Mannschaft zurück, wie gegen Rostock verliert der Gastgeber nach dem Schock des Rückstandes den verglichen mit den ersten fünf Minuten ohnehin schon fortwährend dünner gewordenen Spielfaden. Die Fankurve tut ein übriges, um die Verunsicherung zu steigern: Nachdem der nach einem berühmten Komiker benannte Schiedsricher Karl Valentin ein von den 10.000 Zuschauern gesehenes Handspiel im Stuttgarter Strafraum händewedelnd ignoriert, wirft einer der verlässlich anwesenden Wahnsinnigen mit einem Knaller nach Kickers Torwart Redl. Palaver, Gewese, Valentin unterbricht. Rituale, Durchsagen, Gemecker.

Dann geht es weiter, nun aber von hallescher Seite spürbar weniger zielstrebig. Vor allem Daniel Ziebig hat auf der linken Seite große Probleme gegen den wieselflinken Randy Edwini-Bonsu, der in etwa das zeigt, was Toni Lindenhahn vermissen lässt. Stuttgart hat jetzt Chancen, Halle hadert mehr mit dem Humor von Karl Valentin, der den Rot-Weißen eine gelbe Karte nach der anderen zeigt. Als erneut ein Knaller im Stuttgarter Strafraum explodiert - erstaunlicherweise von einem Teil des mit Applaus gefeiert - unterbricht Valentin das Spiel eine Minute vor dem Halbzeitpfiff. Das Fanprojekt baut das Halbzeitspiel auf, dann wieder ab.

Nach fünf Minuten geht es weiter, nach einer Minute ist dann wieder Schluss und Halbzeitpause. Das Fanprojekt baut das Halbzeitspiel wieder auf. Ein Mädchen trifft an der Torwand dreimal.

Der HFC trifft weiter nicht. Vom Druck der ersten paar Minuten ist auch im zweiten Durchgang nicht mehr viel zu sehen, es fehlt an Struktur und Willen, Furuholm hadert mit den Zuspielen, Tim Kruse spielt verdächtig viele Fehlpässe, bei Lindenhahns Läufen ist an der Strafraumgrenze das Pulver alle. Ziebig immerhin hat Randy Edwini-Bonsu so entnervt, dass der jetzt Mittelstürmer spielt und nicht mehr viel reißt.

Sven Köhler sieht auch, dass die Dynamik des Rostock-Spiels fehlt. Er bringt Merkel, dann Nachwuchsmann Chris Reher, schließlich noch Robert Schick, dem Mann mit dem Fleischklopfer.


Nun geht noch mal was, nun drückt der HFC wie in den ersten fünf Spielminuten. Pierre Merkel gelingt tatsächlich eine butterweiche Flanke, doch kurz vor Timo Furuholm köpft ein Stuttgarter den Ball ins Toraus. Dann erobert Chris Reher den Ball, die Uhr hat noch zehn, zwanzig Sekunden Spielzeit. Furuholm geht zur Grundlinie und passt nach innen auf Pierre Merkel, der bis zu diesem Moment in 21 Liga-Spielen im HFC-Dress ein Tor gemacht hat. Das war im März beim 4:2 gegen Unterhaching, als der "Kanzler" in der Nachspielzeit mit links ins Tor traf. Ein Mann für gewisse Sekunden - denn hier und heute macht er es wieder wie gegen Haching und zuvor schon im Pokal gegen den VfL, diesmal mit rechts: Aus fünf Metern trifft Merkel zum hochverdienten 1:1, das zugleich den endgültigen Klassenerhalt bedeutet, weil die Mannschaften am Tabellenende die 47 Punkte des HFC nicht mehr erreichen können.

Der Kanzler - fünf Männer können ihn nicht stoppen.

4 Kommentare:

Fan73 hat gesagt…

Geldsperre von Francky Sembolo?
Naja, ohne Knete hätte ich auch keine Lust zu arbeiten....

Gruß

Carl Gustaf hat gesagt…

vier spieltage vor ultimo den klassenerhalt gesichert ... das hätte ich zu weihnachten sofort unterschrieben ... und auferstanden ist zu ostern schon so mancher ... glückwunsch uns allen ...

Anonym hat gesagt…

Ach, Fußball. Ist nicht hilfreich. Kunstvolles Hauen und Treten sowie den großen Donnerzauber (so bis 300 Meter)machen ist viel besser.

derherold hat gesagt…

Ey, z.Zt. ist Chemie - mit Ausnahme von *Dings* - bester Zonenclub in der 3. Liga !

Wer hätte das gedacht angesichts der Winselei von @ppq zum Jahresende ?