Mittwoch, 26. Februar 2014

Wulff-Jahre bei PPQ: Opferabend im Free-TV

Alles geopfert, alles verloren. Zwei Jahre nach dem Scheißesturm aus Massemacht, der den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff an einem Wintermorgen wegblies, ist der einst so beliebte CDU-Politiker rehabilitiert. Wulff, so zeigte das Sat.1-Dokudrama "Der Rücktritt" verdeutlicht, wie ein unkalkulierbares Staatsversagen einen Mann vernichtet hat, der immer nur das Beste wollte und in allen seinen Ämtern stets ganz aufrichtig und unverhohlen die Hände aufhielt.

Verantwortlich einmal mehr: Eine Ermittlungsbehörde, die bei ihrem Umgang mit Sebastian Edathy   Christian Wulff jedes Maß verloren hat, um unter Missachtung der Unschuldsvermutung und mit der Benennung von Details aus seiner Privatsphäre einen der führenden Repräsentanten der jungen deutschen Demokratie zu vernichten. Dabei hatte Wulff wie später Edathy eigentlich nichts gemacht! Oder doch so gut wie nichts glasklar Strafbares.

Ein menschliches Drama, das in zahlreichen Parallelwelten ganz anders ausgegangen wäre. Der "Spiegel" und der "Stern" hatten seinerzeit schon aufgehört, in der Causa Hauskauf zu recherchieren, auch die "Bild"-Zeitung war bereits dabei, die Geschütze wieder einzufahren. Dann dieser taktisch kluge Anruf des Bundespräsidenten bei Kai Dieckmann, dem Chef des größten deutschen Boulevardblattes. Von dem konnte Wulff, das zeigt nicht zuletzt der Ablauf der Affäre Edathy, erwarten, dass er eine Klärung des Problems auf die leise Art bewirken würde.

Hinter den Kulissen wird etwas verabredet, ein wenig Geben, ein wenig Nehmen, und schon ist die Sache ausgestanden. So läuft das ja im politischen Berlin, so lief es auch bei Edathy. Mauscheln, Kaupeln, Schaden von Partei und Staat abwenden. Das Beispiel Fußball-WM 2006 zeigt, wie gern die Medien dabei mittun.

Doch hier war es ein Rechenfehler. Denn Dieckmann nutzte nun ausgerechnet die Drohungen des Präsidenten gegen die freie Presse, um dem bereits angeschlagenen Niedersachsen den nächsten Schlag zu versetzen. Wulff, der erste Deutsche, der bei einem frei verfügbaren Haushaltseinkommen, das seine Frau Bettina später auf 3500 Euro monatlich beziffert, von keiner Bank einen Kredit zum Hauskauf bekommen hätte, verließ sich auf Mechanismen, wie er sie aus Niedersachsen kannte. Und scheiterte, weil das, was er als Bundespräsident anzubieten hatte - exklusive Interviewtermine - weniger wert war als das, was ein Rücktritt einzubringen versprach: Eine einmalige Trophäe, den zuckenden Skalp eines echten Präsidenten.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wäre Wulff Kohl gewesen, hätt er die Affäre einfach ausgesessen.
Dem konnte im Amt des brd-Präsers doch keiner was! Doch wer Fersengeld gibt (statt einzustecken), der wird gejagt ...

Da mußte auch sein Weib erkennen, daß sie ein Weichei hat und sie hat schnell auch das Weite gesucht.

Und die Moral von der Geschicht?Lieber einen breites Gesäß als weiche Eier!

Kreuzweis

derherold hat gesagt…

Ceterum cernseo ... der Medienapparat operiert wiesungsgemäß mit ständigen Schauprozessen, die wie bei Kachelmann, NSU oder Wulff eben nicht allein "medial" bleiben wie bei Brüderle.

Anzunehmen, der Springer-Konzern würde einem Diekmann die Erlaubnis erteilen, einen CDU(!)-Politiker abzuschießen, um eine Trophäe zu erhalten, ist unwahrscheinlich.

April´45, Prawda: "Genosse Ehrenburg vereinfacht" ... wahrscheinlich die private Meinung des Herrn Alexandrow. ;-)