Freitag, 20. Dezember 2013

Rußland: Rechtsstaat außer Kontrolle

War es die Olympia-Absage von Bundespräsident Joachim Gauck, die den russischen Diktator Wladimir Putin in die Knie gezwungen hat? Oder treibt der ehemalige Geheimdienstoffizier ein besonders perfides Spiel, um die westlichen Demokratien hinters Licht zu führen und seine entschiedensten Gegner zu schwächen? Überraschend selbst für die deutsche Spitzenpolitik hat Putin in Moskau verkündet, seine hartnäckisten und gefährlichsten Gegner - die Mitglieder der Rockband Pussy Riot und den ehemaligen Ölmagnaten Michael Chodorkowski - begnadigen zu wollen.

"In der nächsten Zeit wird ein Erlass unterschrieben, der seine Begnadigung ermöglicht", sagte Putin zum Fall Chodorkowski. Die Freilassung der Mitgliederinnen der berühmtesten russsischen Band war ihm sogar nur einen knappen Nebensatz wert. Offizieller Anlass dafür ist der 20. Jahrestag der russischen Verfassung.

Kritiker im Westen bemängelten die Amnestie. Hier zeige sich das "zaristische Selbstverständnis" des Kreml, heißt es bei n-tv. Putins versuche nur, vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi gut Wetter beim Westen zu machen, zeige dabei aber, dass der russische Rechtsstaat außer Kontrolle sei. Wie bei der Aussetzung der Absenkung der Rentenbeiträge in Deutschland, hieß es in Berlin, gebe es für die plötzliche Freilassung keine Rechtsgrundlage. "Putin handelt nach Gutsherrenart, wie man das Diktaturen kennt", hieß es bei den Grünen. Zudem widerspreche er einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, der im Juli erst befunden hatte, dass das Verfahren gegen den früheren Milliardär "auf einer juristisch soliden Grundlage" gestanden habe. Das müsse auch Rußland respektieren.

"Dieser Gnadenakt des russischen Präsidenten Putin ersetzt kein unabhängiges Rechtssystem, geschweige denn führt er zu mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Russland", sagte die frühere Grünen-Chefin Claudia Roth. Putin bezwecke einzig und allein, seine Kritiker im Westen mundtot zu machen. Sie werde aber dennoch nicht nach Sotschi fahren.

Das Bundespräsidialamt wollte den Fall nicht kommentieren, dem Vernehmen nach erwägt der Bundespräsident nach seinem Überraschungscoup jedoch, im kommenden Jahr auch nicht bei der Fußball-WM in Brasilien anzutreten. Nach einem Urteil der Bundeszentrale für politische Bildung, das Gauck vorliegt, war und ist Brasilien kein Rechtsstaat. Dies wolle der Bundespräsident durch keine Reise schnellstmöglich ändern.

7 Kommentare:

eulenfurz hat gesagt…

Da hat der in der BRD inhaftierte Horst Mahler aber Glück gehabt, daß er nicht auch so einer Gutsherren-Amnestie zum Opfer fällt. Der würde es wahrscheinlich als Beleidigung empfinden, wenn das von ihm so verhaßte System eine menschliche Regung zeigen würde.
http://eulenfurz.wordpress.com/2013/12/20/falsche-tone/

Orwell hat gesagt…

Wollte gerade einen Artikel über eine Amnästie für Maler und Co schreiben, - aber nu, liebe Eule, - nicht mehr.

:D

Die Anmerkung hat gesagt…

Es wurde auch Zeit, daß Putin die Forderungen von Claudia Roth erfüllt.

Nunnoch Pussy Riot on Tour in Germany, ich hab's verpaßt, mit symbolischer Schändung des Kölner Doms, weil es dem Meisner zu gönnen ist, dann ist alles gut.

Anonym hat gesagt…

Mit_Glieder_Innen ? - Doch eher Ohne_Glieder_Innen - Aber wie dem auch sei, Sind diese edlen Kämpfer_Innen für die Mensch_Innen-Rechte erst wieder frei, dann ist zumindest das grösste Unrecht an den Frau_Innen seit Menschengedenken einigermassen rückgängig gemacht.

Anonym hat gesagt…

Da werden die Russen und insbesondere ihre Führung aber buttermilch weinen, wenn Claudia Roth sie nicht mit dem Glanz ihrer Anwesenheit beehrt. - Möchte nicht wissen, mit wie vielen Jahren der Schande und der Schmach die infamen Russen dafür büssen werden müssen :-( :-(

ppq hat gesagt…

die pussys müssen sicher erstmal noch zweites lied lernen

aber für wetten, dass... wird es sicher schon so reichen

Volker hat gesagt…

"Sie werde aber dennoch nicht nach Sotschi fahren."

Womit hat Putin diese Vorzugsbehandlung verdient?