Der beleibte Parteivorsitzende reagiert auf Nachfragen dünnhäutig, aber beim Kampf um die Basis arbeitet die deutsche Sozialdemokratie professionell und zielsicher. "Flyer" (SPD) zeigen der zweifelnden Mitgliedschaft zum Beispiel, wo der Koalitionsvertrag "unsere Handschrift" trägt: Rund 20 Milliarden schwer reiht sich dort ein "mehr" ans andere, ein Ausgabenrausch, der sich über 16 Einzelpunkte zieht, von denen nicht einer etwas anderes bietet als die Idee vom betreuten Leben, gefasst in Verbote, Beschränkungen, Auflagen und neue Vorschriften.
Nicht, dass das einen echten Sozialdemokraten irritieren würde. Die ehemalige Arbeiterpartei, heute politische Heimat von überwiegend männlichen und protestantischen Angestellten und Beamten mit Hochschulabschluss, deren Durchschnittsalter bei 59 Jahren liegt, lechzt nach Vorgaben, Richtlinien und Restriktionen. Die Sorge der Parteiführung um den führenden deutschen Staatsrechtler Sigmar Gabriel gilt dann auch eher dem Umstand, dass die bei der Mitgliederbefragung Abstimmungsberechtigten das mit der Union ausgehandelte Paket zu wenig staatsstärkend, zu wenig regulierend, zu wenig besteuernd und zu wenig auf mehr Ausgaben orientiert finden könnten.
Die Gegenmaßnahmen aber laufen, Wie es sich für eine obrigkeitliche Partei gehört, liefert die Führung ihren Unterführern zur Argumentation in den Ortsvereinen eine "Musterrede zum Koalitionsvertrag", die unter dem Titel "Der Weg bisher – der Weg vor uns" wortwörtlich vorgibt, wie die "lieben Genossinnen und Genossen" auf Linie gebracht werden sollen. In tausenden von Ortsgruppen wird das neunseitige Dokument in den kommenden Tagen verlesen werden, ehrgeizige Ortsgruppengenossen werden es sogar frei herunterbeten in der Gewissheit, hier an dem Ort zu stehen, "an dem eine moderne sozialdemokratische Politik auf der Höhe der Zeit formuliert wird", wie es in dem von der Parteizentrale verteilten Manuskript heißt.
Um das große Anliegen zu unterstützen und Lust auf mehr zu machen, hier die spannenden ersten Zeilen des Werkes, das am Ende schon für das wirbt, "was eine von der SPD geführte Regierung in Zukunft anders machen will".
Liebe Genossinnen und Genossen,
hinter uns liegen Wochen, in denen von Euch allen viel Geduld und Solidarität gefordert war. Ihr habt Gelassenheit aufgebracht angesichts ständig neuer und nicht immer erfreulicher Zwischenmeldungen. Und Ihr habt den Genossinnen und Genossen, die in den Verhandlungen standen reichlich Vertrauen entgegengebracht. Dafür vielen Dank!
Der Weg hierher war für uns alle kein Spaziergang.
Das Wahlergebnis Ende September hat uns alle doch sehr ernüchtert. Es hat uns nicht den Weg in unsere Wunschkoalition eröffnet. Das Gleiche gilt allerdings auch für die Bundeskanzlerin und ihre Union. Und deshalb haben wir akzeptiert, dass wir auch unter den nicht gewünschten Umständen einen Gestaltungsauftrag haben.
Denn wir können nicht leichtfertig darüber hinweg gehen: Die Wählerinnen und Wähler haben uns schlicht beauftragt, auch aus diesem Wahlergebnis etwas zu machen.
Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Und sie ist vor allem nicht in irgendeinem Hinterzimmer getroffen worden. Der Parteikonvent hat jeweils das entscheidende Wort gehabt. Und er hat den Weg hin auf eine Große Koalition gewählt.
Es gab dazu sehr unterschiedliche Meinungen in der Partei. Doch ich bin sicher, dass in diesen Tagen mit Blick auf das erzielte Verhandlungsergebnis eine deutliche Mehrheit der Mitglieder der SPD zu der Überzeugung gelangen wird, dass der Weg, den die SPD eingeschlagen hat, der richtige ist.
Nicht der, den wir selbst wählen würden. Sondern der, den die Wählerinnen und Wähler uns bei der Bundestagswahl gewiesen haben.
Liebe Genossinnen und Genossen,
das ist allerdings eine Frage, über die wir nicht spekulieren müssen, wie das zuvor immer der Fall gewesen ist. Nein, diesmal werden wir es genau wissen. Denn Ihr, die Mitglieder, habt jetzt die letzte, die endgültige Entscheidung zu treffen.
Alle Mitglieder bekommen die Wahlunterlagen per Post zugeschickt. Eure Küche, Euer Wohnzimmer ist das Wahllokal, der Briefkasten an der Ecke die Urne.
Es liegt also in Eurer Hand!
Wir haben gemeinsam einen engagierten Wahlkampf geführt. Ich finde, deshalb ist es gut und richtig, wenn wir jetzt auch gemeinsam entscheiden, wie wir mit der Verantwortung umgehen, die uns die Wählerinnen und Wähler übertragen haben.
Liebe Genossinnen und Genossen,
in diesen Tagen hat wieder einmal ein Satz von Willy Brandt zeitenübergreifende Wahrheit bewiesen: „Das Wesen der Demokratie ist der Kompromiss. Wenn er zusammen mit der SPD ausgehandelt werden muss, ergibt es einen besseren Kompromiss.“
Das ist die Essenz der Verhandlungen, der Gehalt der getroffenen Koalitionsvereinbarung, das Leitmotiv einer neuen Bundesregierung – wenn Ihr den Weg dazu freimacht:
Es geht um gute Kompromisse. Kompromisse, die das Leben vieler Menschen in Deutschland, vor allem das Leben der vielen Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unsere Gesellschaft mit ihrer Arbeit tragen, einfacher, sicherer, besser machen helfen.
Vor uns liegt ein „Koalitionsvertrag der kleinen Leute“. Viele sich empfinden mit Stolz so und leiden nicht an Großmannssucht. Sie stehen früh auf, hängen sich rein und stehen ihre Frau und ihren Mann. Und abends wissen sie, was sie getan haben.
Gerade diese Leistungsträger unserer Gesellschaft haben es in den letzten Jahren immer schwerer gehabt. Und eine große Zahl hat dabei den Glauben verloren, dass Politik für sie noch etwas tun kann – ja, überhaupt tun will, was ihnen im Alltag hilft.
Wir haben jetzt die Chance zu zeigen: Wir wollen und können etwas für Euch zum Besseren wenden. Ihr sollt im Alltag merken, dass sich etwas tut. Allem voran mit anständigen Löhnen für harte Arbeit:
Wir können dafür sorgen, dass Tarife in allen Branchen endlich wieder breite Geltung bekommen. Wir haben jetzt die Chance, dass in einem Jahr ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro gilt. Überall, in Ost und West. Wir können erreichen, dass Werkverträge und Leiharbeit eingedämmt werden und endlich die Regel gilt: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“
Und zwar nach hundert Jahren Kampf auch für die Frauen. Im Koalitionsvertrag haben wir die nötigen rechtlichen Schritte vereinbart. Dazu auch für bessere Aufstiegsmöglichkeiten und mehr Frauen in den Unternehmensspitzen.
Und wir können auch dafür sorgen, dass alle, die ihr Leben lang hart arbeiten, auch danach im Alter ein anständiges Auskommen haben:
Wer 45 Jahre Beiträge in die Rentenkasse gezahlt hat, wird ab nächstem Juli schon ab 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können. Wer immer gearbeitet hat, wird künftig auf jeden Fall mehr Rente als nur Grundsicherung bekommen – auch wenn der Lohn nur gering war, gibt es rund 850 Euro solidarische Lebensleistungsrente. Die Rentenangleichung von Ost und West wird in wenigen Jahren endlich geschafft sein.
Auch für Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren sind, gilt künftig die verbesserte Anrechnung.
Aber nicht nur bei den Einkommen können wir in einer Koalition für Millionen Menschen spürbare Verbesserungen erreichen. Wir haben die Chance, viele auch bei den großen Ausgaben zu entlasten:
Hier geht es zur kompletten "Musterrede zum Koalitionsvertrag"
Nicht, dass das einen echten Sozialdemokraten irritieren würde. Die ehemalige Arbeiterpartei, heute politische Heimat von überwiegend männlichen und protestantischen Angestellten und Beamten mit Hochschulabschluss, deren Durchschnittsalter bei 59 Jahren liegt, lechzt nach Vorgaben, Richtlinien und Restriktionen. Die Sorge der Parteiführung um den führenden deutschen Staatsrechtler Sigmar Gabriel gilt dann auch eher dem Umstand, dass die bei der Mitgliederbefragung Abstimmungsberechtigten das mit der Union ausgehandelte Paket zu wenig staatsstärkend, zu wenig regulierend, zu wenig besteuernd und zu wenig auf mehr Ausgaben orientiert finden könnten.
Die Gegenmaßnahmen aber laufen, Wie es sich für eine obrigkeitliche Partei gehört, liefert die Führung ihren Unterführern zur Argumentation in den Ortsvereinen eine "Musterrede zum Koalitionsvertrag", die unter dem Titel "Der Weg bisher – der Weg vor uns" wortwörtlich vorgibt, wie die "lieben Genossinnen und Genossen" auf Linie gebracht werden sollen. In tausenden von Ortsgruppen wird das neunseitige Dokument in den kommenden Tagen verlesen werden, ehrgeizige Ortsgruppengenossen werden es sogar frei herunterbeten in der Gewissheit, hier an dem Ort zu stehen, "an dem eine moderne sozialdemokratische Politik auf der Höhe der Zeit formuliert wird", wie es in dem von der Parteizentrale verteilten Manuskript heißt.
Um das große Anliegen zu unterstützen und Lust auf mehr zu machen, hier die spannenden ersten Zeilen des Werkes, das am Ende schon für das wirbt, "was eine von der SPD geführte Regierung in Zukunft anders machen will".
Liebe Genossinnen und Genossen,
hinter uns liegen Wochen, in denen von Euch allen viel Geduld und Solidarität gefordert war. Ihr habt Gelassenheit aufgebracht angesichts ständig neuer und nicht immer erfreulicher Zwischenmeldungen. Und Ihr habt den Genossinnen und Genossen, die in den Verhandlungen standen reichlich Vertrauen entgegengebracht. Dafür vielen Dank!
Der Weg hierher war für uns alle kein Spaziergang.
Das Wahlergebnis Ende September hat uns alle doch sehr ernüchtert. Es hat uns nicht den Weg in unsere Wunschkoalition eröffnet. Das Gleiche gilt allerdings auch für die Bundeskanzlerin und ihre Union. Und deshalb haben wir akzeptiert, dass wir auch unter den nicht gewünschten Umständen einen Gestaltungsauftrag haben.
Denn wir können nicht leichtfertig darüber hinweg gehen: Die Wählerinnen und Wähler haben uns schlicht beauftragt, auch aus diesem Wahlergebnis etwas zu machen.
Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Und sie ist vor allem nicht in irgendeinem Hinterzimmer getroffen worden. Der Parteikonvent hat jeweils das entscheidende Wort gehabt. Und er hat den Weg hin auf eine Große Koalition gewählt.
Es gab dazu sehr unterschiedliche Meinungen in der Partei. Doch ich bin sicher, dass in diesen Tagen mit Blick auf das erzielte Verhandlungsergebnis eine deutliche Mehrheit der Mitglieder der SPD zu der Überzeugung gelangen wird, dass der Weg, den die SPD eingeschlagen hat, der richtige ist.
Nicht der, den wir selbst wählen würden. Sondern der, den die Wählerinnen und Wähler uns bei der Bundestagswahl gewiesen haben.
Liebe Genossinnen und Genossen,
das ist allerdings eine Frage, über die wir nicht spekulieren müssen, wie das zuvor immer der Fall gewesen ist. Nein, diesmal werden wir es genau wissen. Denn Ihr, die Mitglieder, habt jetzt die letzte, die endgültige Entscheidung zu treffen.
Alle Mitglieder bekommen die Wahlunterlagen per Post zugeschickt. Eure Küche, Euer Wohnzimmer ist das Wahllokal, der Briefkasten an der Ecke die Urne.
Es liegt also in Eurer Hand!
Wir haben gemeinsam einen engagierten Wahlkampf geführt. Ich finde, deshalb ist es gut und richtig, wenn wir jetzt auch gemeinsam entscheiden, wie wir mit der Verantwortung umgehen, die uns die Wählerinnen und Wähler übertragen haben.
Liebe Genossinnen und Genossen,
in diesen Tagen hat wieder einmal ein Satz von Willy Brandt zeitenübergreifende Wahrheit bewiesen: „Das Wesen der Demokratie ist der Kompromiss. Wenn er zusammen mit der SPD ausgehandelt werden muss, ergibt es einen besseren Kompromiss.“
Das ist die Essenz der Verhandlungen, der Gehalt der getroffenen Koalitionsvereinbarung, das Leitmotiv einer neuen Bundesregierung – wenn Ihr den Weg dazu freimacht:
Es geht um gute Kompromisse. Kompromisse, die das Leben vieler Menschen in Deutschland, vor allem das Leben der vielen Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unsere Gesellschaft mit ihrer Arbeit tragen, einfacher, sicherer, besser machen helfen.
Vor uns liegt ein „Koalitionsvertrag der kleinen Leute“. Viele sich empfinden mit Stolz so und leiden nicht an Großmannssucht. Sie stehen früh auf, hängen sich rein und stehen ihre Frau und ihren Mann. Und abends wissen sie, was sie getan haben.
Gerade diese Leistungsträger unserer Gesellschaft haben es in den letzten Jahren immer schwerer gehabt. Und eine große Zahl hat dabei den Glauben verloren, dass Politik für sie noch etwas tun kann – ja, überhaupt tun will, was ihnen im Alltag hilft.
Wir haben jetzt die Chance zu zeigen: Wir wollen und können etwas für Euch zum Besseren wenden. Ihr sollt im Alltag merken, dass sich etwas tut. Allem voran mit anständigen Löhnen für harte Arbeit:
Wir können dafür sorgen, dass Tarife in allen Branchen endlich wieder breite Geltung bekommen. Wir haben jetzt die Chance, dass in einem Jahr ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro gilt. Überall, in Ost und West. Wir können erreichen, dass Werkverträge und Leiharbeit eingedämmt werden und endlich die Regel gilt: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“
Und zwar nach hundert Jahren Kampf auch für die Frauen. Im Koalitionsvertrag haben wir die nötigen rechtlichen Schritte vereinbart. Dazu auch für bessere Aufstiegsmöglichkeiten und mehr Frauen in den Unternehmensspitzen.
Und wir können auch dafür sorgen, dass alle, die ihr Leben lang hart arbeiten, auch danach im Alter ein anständiges Auskommen haben:
Wer 45 Jahre Beiträge in die Rentenkasse gezahlt hat, wird ab nächstem Juli schon ab 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können. Wer immer gearbeitet hat, wird künftig auf jeden Fall mehr Rente als nur Grundsicherung bekommen – auch wenn der Lohn nur gering war, gibt es rund 850 Euro solidarische Lebensleistungsrente. Die Rentenangleichung von Ost und West wird in wenigen Jahren endlich geschafft sein.
Auch für Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren sind, gilt künftig die verbesserte Anrechnung.
Aber nicht nur bei den Einkommen können wir in einer Koalition für Millionen Menschen spürbare Verbesserungen erreichen. Wir haben die Chance, viele auch bei den großen Ausgaben zu entlasten:
Hier geht es zur kompletten "Musterrede zum Koalitionsvertrag"
Zum Download der überzeugenden Vorlage für die eigene Mitgliederversammlung hier
2 Kommentare:
Nöö - gebt zu, dass das ein Titanic-Fake ist!
Aber wer weiss: Die Leistungen der deutschen Sozialdemokratie und der Kommunisten sind ja auch schon 1894 von E. Richter gewürdigt worden, lange vor Ende dieses Experiementes - Ende? Dadadas läuft ja noch!!
nein, das ist echt. langsam kommen sogar die hauptamtlichen schreiber drauf: die musterrede ist wirklich echt
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