Das hatten sich die Organisatoren hervorragend ausgedacht. Am Morgen des großen Abschiedstages weint der Himmel über Halle, trübe schauen die Wolken den letzten Minuten der Generation Aufstieg im Dress des Halleschen Fußballclub zu. Dann eine erste Halbzeit gegen den FC Saarbrücken, die mehr von den Emotionen auf den Tribünen lebt als vom Geschehen auf dem Rasen. Dort stehen noch ein letztes Mal drei der dienstältesten Spieler zusammen auf dem Platz: Torwart Darko Horvat, Abwehrrecke Jan Benes und Mittelfeldspieler Nico Kanitz verkörperten - zusammen mit dem rotgesperrten Marco Hartmann - sechs Jahre lang den Aufstieg des halleschen Traditionsklubs vom Verbandsliga-Bürgerschreck zur sechstbesten Mannschaft Ostdeutschlands. Man sieht das heute allerdings wiedermal nicht gut, denn was die drei Oldies, der ebenfalls vor dem Abschied stehende Dennis Mast, die drei Leihspieler Ziebig, Leistner und Furuholm und die drei für die nächste Saison schon vertraglich verpflichteten Kojola, Wagefeld und Zeiger zeigen, ist eher Fußball zum Abgewöhnen.
Doch heute verzeihen das die 11.000 auf den Rängen, denn heute ist nicht nur das Ergebnis egal, sondern auch, wie es zustande kommt. Die Fans haben schon zu Spielbeginn eine Choreografie aufgezogen, um sich von "Horvat, unser Torwart" zu verabschieden. Dessen Rückennummer 13 wird überall in die Luft gereckt, einige halten auch Schilder min "Nico - wir danken dir" oder ein fach nur "Danke, Nico" in die Höhe. Unten auf dem Platz holt der HFC zwar eine Ecke nach der anderen. Aber direkte Torgefahr entsteht nur nach einer Flanke von Wagefeld, die eine Saarbrücker beinahe selbst ins Tor lenkt, und bei einem Kopfball von Benes, den Saarbrückens Keeper Fernandez mit dem Körper aufhält.
Saarbrücken wirkt, als wollten sie den Hallensern die Party nicht verderben. Bis zum Strafraum der Rot-Weißen spielen die Blau-Schwarzen mit. Danach geht nichts mehr. Wie so oft in dieser schweren, langen und an Höhe- wie an Tiefpunkten reichen ersten Drittligasaison des Vereins, der am 19. Mai vor einem Jahr den langersehnten Sprung zurück in den Profifußball geschafft hatte, fehlt es an der letzten Konsequenz, an Ideen und vorn auch an Durchschlagskraft. Obwohl Kanitz und Mast hin und wieder die Seiten tauschen, Furuholm sich zurückfallen lässt und Benes sich immer wieder auf rechts außen anbietet, passiert nichts Zählbares.
Aber es ist ja egal. Unentwegt singt die Fankurve von Darko Horvat und Nico Kanitz, unentwegt marschiert auch der von Karlsruhe verpflichtete Dennis Mast am langen Band seines Mentors Daniel Ziebig, als müsste er seinem neuen Verein noch einmal beweisen, das der die richtige Entscheidung getroffen hat. Zur Halbzeit haben allerdings viele genug gesehen. "Noch 45 Minuten", stöhnt es hier und da. Wer hier öfter ist, weiß ja, wie ein Unentschieden zur Halbzeitpause riecht.
Nichts da. In der zweiten Halbzeit geht plötzlich mehr nach vorn, über Mast zumeist, aber auch Anton Müller kurbelt jetzt energischer und Benes, der auf seiner Seite permanent freisteht, wird gelegentlich angespielt. Und sieh - es geht doch. Der Tscheche, der das neue Vertragsangebot des HFC abgelehnt hat, obwohl er mit einer weiteren Saison Rekordspieler der 2000er Jahre hätte werden können, flankt. Und Furuholm macht das 1:0. Beinahe.
Es ist, als wären jetzt erst alle wach geworden. Aus dem "Chemie - Halle"-Wechselgesang von Kurve und Tribüne wird jetzt "Darko - Horvat", aus dem Trainingsspielchen, das bis dahin nahezu ohne Körperkontakt absolviert wurde, ein ansehnliches Freundschaftsspiel. Mit dem besseren Ende für Halle: Nachdem Mast wiedereinmal lang geschickt wurde, holt ihn sein Gegenspieler kurz vor dem Toraus von den Beinen. Elfmeter.
Den soll, so zumindest haben es sich Maik Wagefeld und Daniel Ziebig gedacht, doch nun bitte Darko Horvat schießen. das Stadion tobt. Horvat lässt sich zum Mittelkreis schieben. Horvat, Horvat, brüllen die Ränge. Der Senior der dritten Liga schaut zur Bank hinüber, wo Trainer Sven Köhler und dessen Assistenz Dieter Strozniak empört mit den Armen wedeln. Horvat dreht sich unter Ziebigs Arm weg. Und geht in seinen Kasten zurück.
Vorn macht Furuholm den Ball rein. 1:0, der siebte Heimsieg ist in Greifweite, die Saison, in der Winterpause schon so gut wie verdorben, könnte so enden, wie sie im Juli letzten Jahres gegen Kickers Offenbach angefangen hat. Oder sogar noch besser, denn nun drückt und presst der Gastgeber wie in seinen besten Momenten. Nun geht es auch ohne Elfmeter. Der eingewechselte Lindenhahn, eigentlich die Enttäuschung der Saison, lupft den Ball wunderbar auf Furuholm, der diesmal von außen kommt. der Finne passt nach innen. Und dort steht Anton Müller, vor Wochen schon so gut wie aussortiert, und drückt den Ball unter die Latte.
Alles ist reine Seligkeit, pures Glück und ungetrübte Freude. Vergessen die Meckerei zwischendurch, die die "Trainer-raus"-Rufe, die Zweifel an der Tauglichkeit von Management, sportlicher Leitung und Spielerpersonal und die großen Sorgen angesichts nur einer Handvoll Spieler, die bisher für die kommende Spielzeit unter Vertrag stehen. Alle in Halle sind eine Familie, geeint von nunmehr 46 Punkten. Bester Aufsteiger. Nur noch viertschlechtester Sturm. Nur noch neuntschlechteste Abwehr.
Die setzt auch noch mal aus, es ist die 72. Minute und es gelingt Saarbrückens Sökler irgendwie, an der gesamten Parade stehenden Abwehr vorüberzulaufen, parallel zum Tor. Und am Ende der Reihe abzuschließen.
Ernüchterung aber kehrt heute keine mehr ein. Halle kommt kurz aus dem Tritt, da der FCS aber nun gewillt scheint, unbedingt einen Punkt aus Halle mitzunehmen, ergeben sich riesige Räume für Konter. Landestypisch bleiben sie ungenutzt: Dreimal werden Mast und Ziebig ganz links außen gefoult. Dreimal setzt Wagefeld den Freistoß gefährlich in Tornähe, aber nicht ins Netz. Furuholm verstolpert eine 100-prozentige, Hauk anschließend eine 150-prozentige. Der erstere soll möglichst bleiben, der letztere hat seine Papiere schon. Wohl keine falsche Entscheidung.
Einer geht aber nun schon ganz: Darko Horvat darf in der 87. Minute vom Platz, winkend geht er ab, die Gesänge zu seinen Ehren werden noch einmal lauter, Ersatzkeeper Jürgen Rittenauer, der ebenfalls gehen soll, kommt, hält noch dreimal und dann ist endlich Schluß. Hinterm Stadion reißt der Himmel auf, Silberjodid-Bomber Sandro Wolf hat ganze Arbeit geleistet. Eine penetrantes Fernsehteam verdirbt Darko Horvat seine geplante Stadionrunde. Ein Schwung Volk aus der Fankurve nutzt die Gelegenheit und stürmt wie immer den Platz, so dass auch die Mannschaft sich nicht von ihrem Publikum verabschieden kann. Die Organisatoren hatten das wirklich gut ausgedacht: Alle Ordner stehen an der Mittellinie und schauen dem Treiben konzentriert zu.
Jubel, Trubel, Heiterkeit vor den Mauern des früheren Kurt-Wabbel-Stadions, eine Tribüne voller Helden, ein Platz voller feiernder Fans, Tränen in ein paar Augen beim emotionalen Höhepunkt einer Spielzeit, die genau im Ziel endet und doch von Abschiedsgefühlen geprägt ist. "Ich hoffe, unsere Schuhe sind für unsere Nachfolger nicht zu groß", sagt Nico Kanitz. "Welche Nachfolger", knurrt unten einer.
Doch heute verzeihen das die 11.000 auf den Rängen, denn heute ist nicht nur das Ergebnis egal, sondern auch, wie es zustande kommt. Die Fans haben schon zu Spielbeginn eine Choreografie aufgezogen, um sich von "Horvat, unser Torwart" zu verabschieden. Dessen Rückennummer 13 wird überall in die Luft gereckt, einige halten auch Schilder min "Nico - wir danken dir" oder ein fach nur "Danke, Nico" in die Höhe. Unten auf dem Platz holt der HFC zwar eine Ecke nach der anderen. Aber direkte Torgefahr entsteht nur nach einer Flanke von Wagefeld, die eine Saarbrücker beinahe selbst ins Tor lenkt, und bei einem Kopfball von Benes, den Saarbrückens Keeper Fernandez mit dem Körper aufhält.
Saarbrücken wirkt, als wollten sie den Hallensern die Party nicht verderben. Bis zum Strafraum der Rot-Weißen spielen die Blau-Schwarzen mit. Danach geht nichts mehr. Wie so oft in dieser schweren, langen und an Höhe- wie an Tiefpunkten reichen ersten Drittligasaison des Vereins, der am 19. Mai vor einem Jahr den langersehnten Sprung zurück in den Profifußball geschafft hatte, fehlt es an der letzten Konsequenz, an Ideen und vorn auch an Durchschlagskraft. Obwohl Kanitz und Mast hin und wieder die Seiten tauschen, Furuholm sich zurückfallen lässt und Benes sich immer wieder auf rechts außen anbietet, passiert nichts Zählbares.
Aber es ist ja egal. Unentwegt singt die Fankurve von Darko Horvat und Nico Kanitz, unentwegt marschiert auch der von Karlsruhe verpflichtete Dennis Mast am langen Band seines Mentors Daniel Ziebig, als müsste er seinem neuen Verein noch einmal beweisen, das der die richtige Entscheidung getroffen hat. Zur Halbzeit haben allerdings viele genug gesehen. "Noch 45 Minuten", stöhnt es hier und da. Wer hier öfter ist, weiß ja, wie ein Unentschieden zur Halbzeitpause riecht.
Nichts da. In der zweiten Halbzeit geht plötzlich mehr nach vorn, über Mast zumeist, aber auch Anton Müller kurbelt jetzt energischer und Benes, der auf seiner Seite permanent freisteht, wird gelegentlich angespielt. Und sieh - es geht doch. Der Tscheche, der das neue Vertragsangebot des HFC abgelehnt hat, obwohl er mit einer weiteren Saison Rekordspieler der 2000er Jahre hätte werden können, flankt. Und Furuholm macht das 1:0. Beinahe.
Es ist, als wären jetzt erst alle wach geworden. Aus dem "Chemie - Halle"-Wechselgesang von Kurve und Tribüne wird jetzt "Darko - Horvat", aus dem Trainingsspielchen, das bis dahin nahezu ohne Körperkontakt absolviert wurde, ein ansehnliches Freundschaftsspiel. Mit dem besseren Ende für Halle: Nachdem Mast wiedereinmal lang geschickt wurde, holt ihn sein Gegenspieler kurz vor dem Toraus von den Beinen. Elfmeter.
Den soll, so zumindest haben es sich Maik Wagefeld und Daniel Ziebig gedacht, doch nun bitte Darko Horvat schießen. das Stadion tobt. Horvat lässt sich zum Mittelkreis schieben. Horvat, Horvat, brüllen die Ränge. Der Senior der dritten Liga schaut zur Bank hinüber, wo Trainer Sven Köhler und dessen Assistenz Dieter Strozniak empört mit den Armen wedeln. Horvat dreht sich unter Ziebigs Arm weg. Und geht in seinen Kasten zurück.
Vorn macht Furuholm den Ball rein. 1:0, der siebte Heimsieg ist in Greifweite, die Saison, in der Winterpause schon so gut wie verdorben, könnte so enden, wie sie im Juli letzten Jahres gegen Kickers Offenbach angefangen hat. Oder sogar noch besser, denn nun drückt und presst der Gastgeber wie in seinen besten Momenten. Nun geht es auch ohne Elfmeter. Der eingewechselte Lindenhahn, eigentlich die Enttäuschung der Saison, lupft den Ball wunderbar auf Furuholm, der diesmal von außen kommt. der Finne passt nach innen. Und dort steht Anton Müller, vor Wochen schon so gut wie aussortiert, und drückt den Ball unter die Latte.
Alles ist reine Seligkeit, pures Glück und ungetrübte Freude. Vergessen die Meckerei zwischendurch, die die "Trainer-raus"-Rufe, die Zweifel an der Tauglichkeit von Management, sportlicher Leitung und Spielerpersonal und die großen Sorgen angesichts nur einer Handvoll Spieler, die bisher für die kommende Spielzeit unter Vertrag stehen. Alle in Halle sind eine Familie, geeint von nunmehr 46 Punkten. Bester Aufsteiger. Nur noch viertschlechtester Sturm. Nur noch neuntschlechteste Abwehr.
Die setzt auch noch mal aus, es ist die 72. Minute und es gelingt Saarbrückens Sökler irgendwie, an der gesamten Parade stehenden Abwehr vorüberzulaufen, parallel zum Tor. Und am Ende der Reihe abzuschließen.
Ernüchterung aber kehrt heute keine mehr ein. Halle kommt kurz aus dem Tritt, da der FCS aber nun gewillt scheint, unbedingt einen Punkt aus Halle mitzunehmen, ergeben sich riesige Räume für Konter. Landestypisch bleiben sie ungenutzt: Dreimal werden Mast und Ziebig ganz links außen gefoult. Dreimal setzt Wagefeld den Freistoß gefährlich in Tornähe, aber nicht ins Netz. Furuholm verstolpert eine 100-prozentige, Hauk anschließend eine 150-prozentige. Der erstere soll möglichst bleiben, der letztere hat seine Papiere schon. Wohl keine falsche Entscheidung.
Einer geht aber nun schon ganz: Darko Horvat darf in der 87. Minute vom Platz, winkend geht er ab, die Gesänge zu seinen Ehren werden noch einmal lauter, Ersatzkeeper Jürgen Rittenauer, der ebenfalls gehen soll, kommt, hält noch dreimal und dann ist endlich Schluß. Hinterm Stadion reißt der Himmel auf, Silberjodid-Bomber Sandro Wolf hat ganze Arbeit geleistet. Eine penetrantes Fernsehteam verdirbt Darko Horvat seine geplante Stadionrunde. Ein Schwung Volk aus der Fankurve nutzt die Gelegenheit und stürmt wie immer den Platz, so dass auch die Mannschaft sich nicht von ihrem Publikum verabschieden kann. Die Organisatoren hatten das wirklich gut ausgedacht: Alle Ordner stehen an der Mittellinie und schauen dem Treiben konzentriert zu.
Jubel, Trubel, Heiterkeit vor den Mauern des früheren Kurt-Wabbel-Stadions, eine Tribüne voller Helden, ein Platz voller feiernder Fans, Tränen in ein paar Augen beim emotionalen Höhepunkt einer Spielzeit, die genau im Ziel endet und doch von Abschiedsgefühlen geprägt ist. "Ich hoffe, unsere Schuhe sind für unsere Nachfolger nicht zu groß", sagt Nico Kanitz. "Welche Nachfolger", knurrt unten einer.
3 Kommentare:
Also Marco Hartmann wurde auf der "after-Show-Party" auf der Bühne von unserem Stadionsprecher interviewt.
"...die 11.000 auf den Rängen,..."
Die da hatten recht: Baut das Stadion und sie werden kommen !
Mein Gott, Ende der 90iger, 1.800 Zuschauer, Romonta Amsdorf, Hospitality aus dem Merseburger Südeck. :-))
hartmann ist korrigiert
@herold: das ist wie bei diesem ewigen autobahnstreit. baust du eine dorthin, wo vorher keiner fuhr, fahren danach leute lang, sowenig dass denen, die gegen den bau sind, auch gefällt.
der große spaß ist ja, dass über die 17 mio für das stadion etwa 100 mal soviel gestritten wurde wie über die 17 mio für die leopoldina. obwohl am stadion geschätzte 20 x mehr leute ihren spaß haben. oder deshalb?
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