In den privaten Plauderecken, den ungelesenen Internet-Kolummnen, dort verstecken die deutschen Qualitätsmedien sie am liebsten, die hellsichtigen, nachdenklichen, ohne jede marktschreierische Korrektheit auskommenden Überlegungen weit abseits des ewigen Agentur-Einerlei. Eric T. Hansen, ein Amerikaner in Deutschland, unterhält bei Zeit Online so ein Denkerstübchen. Hier stellt der Mann, der als mormonischer Missionar nach Deutschland kam, den amerikanischen Blick auf deutsche Gepflogenheiten aus – oft verwundert, manchmal verblüfft – und meist gar nicht so sehr amerikanisch wie es einen die restliche „Zeit“ glauben machen will.
Denn Hansens Blick ist überwiegend weniger der des Ausländers, der auf bizarre Sitten und seltsame Rituale schaut. Sondern der eines geistig normal gebliebenen Beobachters, dem die Aufgabe zukommt, einen fortwährend in exzentrische Streiterein verstrickten Haufen lauthals jammernder Selbstdarsteller einen Publikum aus überwiegend schweigend leidenden Zuschauern erklären zu müssen. Dabei gelingen dem 52-Jährigen Kostbarkeiten, die tief in die absonderliche deutsche Seele blicken lassen. Zum NPD-Verbot etwa meint Hansen, dass es „in den meisten Demokratien der Welt eine Unmöglichkeit“ wäre. Demokratie müsse auch das Undemokratische erlauben, sonst sei sie ja keine mehr, glaube er. „Meist sind es Länder wie Thailand, Indonesien, China und Saudi-Arabien, die Parteien verbieten“, heißt es weiter, „in demokratischen Ländern ist es eher eine Ausnahme, mit den zwei großen Ausnahmen Türkei und natürlich Spanien, wo baskische separatistische Parteien am laufenden Band verboten werden“.
Schaut auch der Deutsche mit noch so viel Abscheu auf die aus SPD- wie aus CDU-Sicht undemokratische Demokratie der USA. Hansen ist stolz: „In den vergangenen zweihundert Jahren haben wir in Amerika keine einzige Partei verboten“. Was die vermutlich verfassungswidrigen Parteien wie das faschistische National Socialist Movement oder die marxistische Communist Party USA anbetrifft, hoffe der Amerikaner einfach, „dass die Menschen in der Lage sind, sie nicht zu wählen“, denn „es wäre für uns verfassungsfeindlich, eine verfassungsfeindliche Partei zu verbieten.“
Ganz anders die Lage in Deutschland, wo in den vergangenen 60 Jahren vier Parteien verboten wurden, zählt man nur die, die in der westlichen Demokratie vom demokratischen Meinungsbildungsprozess ausgeschlossen wurde. „Ich verstehe das auch: Nach der Erfahrung mit Hitler wollen die Deutschen auf Nummer sicher gehen“, schreibt Hansen. nachvollziehbar, denn „sollte aller Erwartungen zum Trotz die NPD bei der nächsten Bundestagswahl an die Macht kommen, würde sie wahrscheinlich erst mal gegen die Demokratie vorgehen.“
Was sage ein solches Parteienverbot aber über Staat und Volk aus? Leiste die Politik hier symbolisch Abbitte, weil sie das Morden der NSU nicht habe unterbinden können?
Oder treibe Sehnsucht nach Sicherheit die Deutschen? „Deutsche bekommen ja schnell ein wohliges, sicheres Gefühl, wenn etwas endgültig verboten wird.“ Die deutsche Liebe zu Verboten sei ja berühmt. „Wenn ein englisches Kind einen Deutschen nachmachen will, dann schreit es mit schriller Stimme: "Es ist verboten! VER-BO-TEN!" Und seine Eltern sagen sich: "Wir haben einen Komiker in der Familie."
Dass Eric T. Hansen verstanden hat, wie es hierzulande läuft, zeigt seine Beobachtung, dass das Wort „Verboten“ in Deutschland selber nicht mehr so lustig gefunden wird. „Dafür höre ich eine andere, moderne Form umso häufiger: "Das geht nicht". Dies sei quasi die erkenntnistheoretisch-philosophische Variante von "verboten" - "das geht nicht" bedeutet, es ist nicht verboten, darf aber nicht gemacht werden. Die Formulierung „vermittelt einem das Gefühl, dass da jemand ist, der es besser weiß, der weiser und erfahrener ist und Gott sei dank die Sache unter Kontrolle hat.“
Zurück nun zur NPD und dem angestrebten Verbot. „Ich persönlich traue den Deutschen schon zu, wenn es hart auf hart kommt, die NPD nicht zu wählen“, sagt Hansen. Doch scheinbar trauten sich die Deutschen das selber nicht zu. Vor allem viele Politiker glaubten, wohl es könne ein großer Fehler sein, die Sache den Wählern zu überlassen, die an der Hand genommen und geführt werden müssen. "Es wäre doch viel einfacher für das Volk, die NPD nicht zu wählen, wenn es die Partei nicht gibt, oder?"
Vielleicht zeige sich im Verbot also nicht Abbitte, nicht Reue und nicht die Sehnsucht nach Sicherheit, sondern „einfach der Wunsch nach einer besseren, moderneren Demokratie – einer Demokratie, in der man einfach keine falsche Wahl treffen kann?"
Denn Hansens Blick ist überwiegend weniger der des Ausländers, der auf bizarre Sitten und seltsame Rituale schaut. Sondern der eines geistig normal gebliebenen Beobachters, dem die Aufgabe zukommt, einen fortwährend in exzentrische Streiterein verstrickten Haufen lauthals jammernder Selbstdarsteller einen Publikum aus überwiegend schweigend leidenden Zuschauern erklären zu müssen. Dabei gelingen dem 52-Jährigen Kostbarkeiten, die tief in die absonderliche deutsche Seele blicken lassen. Zum NPD-Verbot etwa meint Hansen, dass es „in den meisten Demokratien der Welt eine Unmöglichkeit“ wäre. Demokratie müsse auch das Undemokratische erlauben, sonst sei sie ja keine mehr, glaube er. „Meist sind es Länder wie Thailand, Indonesien, China und Saudi-Arabien, die Parteien verbieten“, heißt es weiter, „in demokratischen Ländern ist es eher eine Ausnahme, mit den zwei großen Ausnahmen Türkei und natürlich Spanien, wo baskische separatistische Parteien am laufenden Band verboten werden“.
Schaut auch der Deutsche mit noch so viel Abscheu auf die aus SPD- wie aus CDU-Sicht undemokratische Demokratie der USA. Hansen ist stolz: „In den vergangenen zweihundert Jahren haben wir in Amerika keine einzige Partei verboten“. Was die vermutlich verfassungswidrigen Parteien wie das faschistische National Socialist Movement oder die marxistische Communist Party USA anbetrifft, hoffe der Amerikaner einfach, „dass die Menschen in der Lage sind, sie nicht zu wählen“, denn „es wäre für uns verfassungsfeindlich, eine verfassungsfeindliche Partei zu verbieten.“
Ganz anders die Lage in Deutschland, wo in den vergangenen 60 Jahren vier Parteien verboten wurden, zählt man nur die, die in der westlichen Demokratie vom demokratischen Meinungsbildungsprozess ausgeschlossen wurde. „Ich verstehe das auch: Nach der Erfahrung mit Hitler wollen die Deutschen auf Nummer sicher gehen“, schreibt Hansen. nachvollziehbar, denn „sollte aller Erwartungen zum Trotz die NPD bei der nächsten Bundestagswahl an die Macht kommen, würde sie wahrscheinlich erst mal gegen die Demokratie vorgehen.“
Was sage ein solches Parteienverbot aber über Staat und Volk aus? Leiste die Politik hier symbolisch Abbitte, weil sie das Morden der NSU nicht habe unterbinden können?
Oder treibe Sehnsucht nach Sicherheit die Deutschen? „Deutsche bekommen ja schnell ein wohliges, sicheres Gefühl, wenn etwas endgültig verboten wird.“ Die deutsche Liebe zu Verboten sei ja berühmt. „Wenn ein englisches Kind einen Deutschen nachmachen will, dann schreit es mit schriller Stimme: "Es ist verboten! VER-BO-TEN!" Und seine Eltern sagen sich: "Wir haben einen Komiker in der Familie."
Dass Eric T. Hansen verstanden hat, wie es hierzulande läuft, zeigt seine Beobachtung, dass das Wort „Verboten“ in Deutschland selber nicht mehr so lustig gefunden wird. „Dafür höre ich eine andere, moderne Form umso häufiger: "Das geht nicht". Dies sei quasi die erkenntnistheoretisch-philosophische Variante von "verboten" - "das geht nicht" bedeutet, es ist nicht verboten, darf aber nicht gemacht werden. Die Formulierung „vermittelt einem das Gefühl, dass da jemand ist, der es besser weiß, der weiser und erfahrener ist und Gott sei dank die Sache unter Kontrolle hat.“
Zurück nun zur NPD und dem angestrebten Verbot. „Ich persönlich traue den Deutschen schon zu, wenn es hart auf hart kommt, die NPD nicht zu wählen“, sagt Hansen. Doch scheinbar trauten sich die Deutschen das selber nicht zu. Vor allem viele Politiker glaubten, wohl es könne ein großer Fehler sein, die Sache den Wählern zu überlassen, die an der Hand genommen und geführt werden müssen. "Es wäre doch viel einfacher für das Volk, die NPD nicht zu wählen, wenn es die Partei nicht gibt, oder?"
Vielleicht zeige sich im Verbot also nicht Abbitte, nicht Reue und nicht die Sehnsucht nach Sicherheit, sondern „einfach der Wunsch nach einer besseren, moderneren Demokratie – einer Demokratie, in der man einfach keine falsche Wahl treffen kann?"
9 Kommentare:
In der Tat aufregend, wie wenig sich die Enkel in gewissen Haltungen von ihren ungeliebten Großeltern unterscheiden. "VER-BO-TEN!" Und das meine ich nicht nur bzgl. der als Komikerensemble verkannten NPD. Wobei ich mich schon bei dem Gedanken ertappt habe, sollte das Verbotsverfahren aktuell werden, einfach mal diese Partei zu wählen. Ich würde mir das zwar nie verzeihen, aber für echten Bürgerprotest müssen Opfer gebracht werden.
Um sich am dezidiertesten von den verhaßten Großeltern zu distanzieren, deren gesamte Einstellungen und Handlungen ja bekanntlich nur dumm, schlecht und falsch waren, sollten sich die geläuterten Enkel endlich dazu entschließen das VERBIETEN ein für alle mal zu VERBIETEN.
"Das geht nicht" ist ja noch harmlos.
Mir wurde zur Erziehung noch ein erhaben-vonobenherabes "Sowas macht man nicht!" vorgetragen.
(Heutzutage müsste es natürlich "manIn" heißen.)
"verbot der woche" geht ja in die richtung, das verbieten wird das letzte sein, was im rahmen der aktion verboten wird
Das Herrenvolk - civis romanus sum - kann sich das auch (noch) leisten...
gern doch. pauschale zuschreibungen sind imemr fragwürdig, in diesem zusammenhang sind sie so gar ausgesprochen bescheuert
Ja, böse Zwickmühle mit der Demokratie. Wie schütze ich das Volk vor sich selber ? Ich persönlich gönne dem rechten Mob die Wahlkampfkostenrückerstattung nicht. Leider sind das etliche Millionen.
@Borsig
Und ich gönne sie niemandem, und das sind noch mehr etliche Millionen Steuergeld.
Und die zwingende Logik: Weil ich die Parteienfinanzierung pauschal nicht mag, müssen alle Parteien verboten werden.
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