Donnerstag, 9. August 2012

Mit dem Zweiten sieht man rechter

Sie wollten das Fest der Jugend der Welt unterwandern, den deutschen Amateursport vor aller Augen bloßstellen und Kinder und Jugendliche nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern überall in der Republik in einen Strudel aus Hass, Gewalt und Menschenverachtung zerren. Mit letzter Tinte konnten Rostocker Antifaschisten das Vorhaben der Ruderin Nadja Drygalla und ihres Freundes Michael Fischä stoppen - binnen weniger Tage gelang es Funktionären und Medien, die schwärende Wunde am Standbein der olympischen Gesellschaft mit Hilfe von Kadergesprächen und aufklärenden Reportagen auszubrennen. Anschließend schwenkten die Aufklärer sofort herum und wandten sich gegen übertriebene Ansprüche an junge Sportler und gegen die eben noch verhängte Sippenhaft

Während ältere, erfahrenere "Spiegel"-Leser das Muster kennen, weil es sich in jedem Skandal wiederholt, kamen ausgerechnet die jüngsten Sportfreunde nicht mehr mit. "Mutti, darf ich jetzt gar nicht mehr mit dem Nils spielen, weil der Vater Faschist ist?", fragten viele Steppkes ängstlich. In Leserbriefen an die Redaktion der "Bravo" spielten sich Dramen ab: Beim Zelten an der Ostsee etwa hatte die 14-jährige Dortmunderin Sina den ein Jahr älteren Ronny kennen- und lieben gelernt. "Erst am Tag danach habe ich kapiert, dass Ronny ein Fascho ist", schreibt die Tochter eines Zahnarztehepaares aus wem Westend, die sich selbst als "fortschrittliches Mädchen" bezeichnet und auch schon an "Bunt statt braun"-Demonstrationen teilgenommen hat.

Sie liebe den Ronny trotz seiner "kruden Weltanschauung" und habe auch schon viel mit ihm über das 3. Reich und die menschenverachtenden Ansichten der NPD diskutiert. "Trotzdem habe ich jetzt Angst, dass ich vielleicht später nicht studieren darf, wenn ich weiter versuche, ihn von seinem falschen Weg abzubringen", schreibt die hübsche Blondine.

Das ZDF hat sich den vielen Ängsten und Befürchtungen angenommen, die jetzt in Kindergärten, auf Zeltplätzen und in Jugendfreizeitheimen grassieren. In den Kindernachrichten auf ZDF Tivi nahm sich die Politikredaktion der komplizierten Materie auf beeindruckend schlüssige Weise an: Die NPD sei eine "umstrittene Partei", mit der man deshalb keine Kontakte pflegen sollte, rät die Redaktion ihren jungen Zuschauern, viele Menschen seien auch der Meinung, Menschen, die mit Menschen befreundet seien, die sich an dieses demokratische Kontaktverbot nicht halten, sollten selbst mit einem Kontaktverbot belegt werden.

Bettina Roehl schreibt an den Bundespräsidenten

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Jagd geht weiter. Wie ich gestern im antifaschistischen Rundfunk der Volksrepublik Bayern gehört habe, steht ein weit kapitaleres Nazischwein kurz davor zur Strecke gebracht zu werden. Gedächtniszitat: "Die Staatsanwaltschaft München hat Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen eine Radiomoderatorin eines privaten Radiosenders aufgenommen. Die Moderatorin hatte in einer Sendung mit dem Nazislogan "Arbeit macht frei", versucht ihre Zuhörer trotz der heissen Witterung zum Arbeiten zu motivieren."
Namen wurden in der Radiomeldung zum Glück nicht genannt.

eulenfurz hat gesagt…

Man sollte auch diejenigen ausgrenzen, die - bewußt oder unbewußt - Lebensmittel von Nazibauern kaufen.

In Greifswald fragte man schon vor Jahren: Und wieviel Nazi steckt in Deinem Essen?

Anonym hat gesagt…

Das ist wirklich gut.

ppq hat gesagt…

nun mal nicht so zurückhaltend. das ist ein didaktisches meisterwerk, wie es karl-ede schnitzler nicht wunderbarer hinbekommen hätte

Cordt hat gesagt…

Hoffentlich handelt die Bundesregierung und geht endlich auf die Vorschläge aus der Arbeiterkl..., neh, Mitte der Gesellschaft ein, eine klare Gesetzgebung gegen Rechtsverdächtiges zu veranlassen. Dann muß sich der ÖR nicht so viel Mühe geben, den Kleinen den Unfug der Großen zu erklären, und als anständiger Bürger weiß man, wie man sich richtig zu verhalten hat. Genaueres regeln Kurse und Schaukästen relevanter örtlicher gesellschaftlicher Gruppen.


@ eulenfurz, "Nazisalate"

Das Umfeld des Greifswalder IKUWO zeichnet sich sowieso durch ein besonders spießig und hausbacken wirkendes Konzept aus, ein trefflich guter Mensch zu sein. Nonkonformismus nach zentraler Dienstvorschrift.
Man besucht den Ort auch nur, wenn man Gymnasiast ist und woanders noch nicht rein darf, oder sich aus Versehen mal wirklich ein Künstler dahin verirrt hat.

Cordt hat gesagt…

Genau, ppq. Warum hat der sich noch nicht richtungsweisend in die Debatte eingeschaltet?

ppq hat gesagt…

todesgründe, glaube ich

Volker hat gesagt…

1986 gab´s einen KPdSU-Parteitag. Das ND hat die Gorbatschow-Rede vollständig gedruckt, die JungeWelt gekürzt.
Ein aufmerksamer Kommilitone hat beide Varianten gelesen und im ML-Seminar den Assi nach den Gründen für die Widersprüche zwischen beiden Varianten gefragt. Ob die JW uns was von Gorbatschows ungewöhnlichen Gedanken vorenthalten will?

Das war zu dieser Zeit unvorstellbar. Was für den Katholiken die Jungfrau Maria, war für die DDR der KPdSU-Führer. Da gibt es nicht zu meckern oder zu hinterfragen. Dass die DDR-Presse die Rede entstellt war so realistisch als würde der Papst die unbefleckte Empfängnis verleugnen. Der Studienkollege spinnt.
Um das ´spinnt´ zu umschreiben, murmelten einige amüsiert „Gorbatschow wird verboten“. Das war in diesem Kontext für jedermann erkennbar Satire, wie etwa „die Erde ist eine Scheibe“.

2, in Worten: zwei, Jahre haben gereicht, bis die Wirklichkeit die Satire überrollte.
Gorbatschows „Umgestaltung und neues Denken“ war zwar nicht verboten. Aber die Auflage so klein, dass nur ganz Schnelle oder welche mit Beziehungen ran kamen.
Ein halbes Jahr später wurde der SPUTNIK verboten.

Die Einführung der Sippenhaft in Deutschland erschien mir vor 2 Jahren genauso glaubhaft wie „Gorbatschow wird verboten“.
Nun ist auch das geklärt.
Ist wohl besser nicht zu glauben, dass der rotfaschistische Mob zu irgendeiner Schweinerei nicht fähig wäre.

eulenfurz hat gesagt…

@Volker
Und das war erst der Anfang! Mit den Rassegesetzen war es weiland auch noch nicht erledigt.

Am Tun der heutigen Antifaschisten und Demokraten läßt sich erahnen, wozu ihre Großväter auch fähig waren. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, und ein Schwein bleibt immer ein Schwein, mag es sich braun, rot oder bunt lackieren!