Blödsinn, Blödsinn, du musst wandern, von dem einen Land zum anderen, das ist seit Jahren bekannt. Selten aber ist es deutschen Medien gelungen, diese alte Lehre in der Realität so beispielhaft durchzuexerzieren wie im Falle der „pazifischen Inselnation“ (taz) Kiribati, die sich in diesem Jahr anschickt, anstelle der jahrzehntelang beständig im Meer versinkenden Nachbarinselgruppe Tuvalu in den Fluten der schäumenden Klimasee unterzugehen.
Diesmal war es die Taz, die unter der Überschrift „Pazifiknation muss umsiedeln“ einen Urs von Wälterlin vermelden ließ, „die pazifische Inselnation Kiribati geht unter“. Ursache sei „der steigende Meeresspiegel“, Präsident Anote Tong verhandele deshalb nun „mit Fidschi über einen Umzug der 100.000 betroffenen Menschen“.
Es war der 22. Mai, als die Taz das moderne Märchen erzählte, der renommierte „Focus“ wartete acht Tage und preschte dann hinterher. Focus-Redakteur Michael Odenwald erzählte die Schauergeschichte von der armen Untergangsinsel in eigenen Worten nach, es gelang ihm dabei sogar, die von der Taz angeführten Tong-Originalzitate sinngemäß, aber nicht wörtlich aus dem Deutschen zu übersetzen: „Sie müssen Arbeit finden, damit sie von der Bevölkerung als Immigranten akzeptiert und nicht als Flüchtlinge gesehen werden“, hatte die Taz den Insel-Präsidenten zitiert, „sie müssen Arbeit finden und nicht als Flüchtlinge, sondern als fähige Immigranten, die nicht als Bürger zweiter Klasse angesehen werden“, machte der Focus etwas kraus daraus.
Beide Zeitschriften berufen sich bei ihren Berichten aus der Klimakatastrophen-Heimwerkstatt auf eine „jüngste Bekanntgabe“ des Präsidenten (Taz) beziehungsweise auf eine „Erklärung gegenüber Medienvertretern“ (Focus), die im Focus-Text unversehens zu einer Aussage „im Fernsehsender Fiji One“ mutiert.
Das Verwunderliche: Außerhalb von Taz und Focus hat weltweit niemand berichtet, dass Anote Tong seine Nation umsiedelt und dazu mit Vertretern der Fiji-Inseln verhandelt. Weder australische noch neuseeländische Zeitungen griffen die Ankündigung des Umzuges von 100.000 Menschen auf, auch amerikanische Newsseiten und britische Zeitungen, die einst die Mär vom Untergang Tuvalus erfunden hatten, sprangen auf.
Das ist allerdings auch nicht verwunderlich, denn genaugenommen stammen Anote Tongs Ankündigungen, Land auf Fidji kaufen zu wollen, von Anfang März 2012. Die Schweizer Zeitung 20min berichtete darüber, auch Associated Press kabelte, dass Tongs Regierung plane, Land auf Fidji zu kaufen, er aber hoffe, dass es niemals benötigt werde.
Ein Satz, der in Taz und Focus dem Platzmangel zum Opfer fiel. Dafür konnten beide Medien den oben zitierten Originalsatz mit den Flüchtlingen, die Arbeit finden müssten, um nicht als Bürger zweiter Klasse zu gelten, direkt und nahezu wortwörtlich aus einem Kiribati-Untergangstext aus dem Jahr 2008 destillieren, der ihn seinerzeit aus einem Film von www.fijitv.info übernommen hatte.
Nur das Land musste von Neuseeland auf Fidji geändert werden, um großen, brandaktuellen Klimajournalismus zu produzieren.
Viel Zeit bleibt nicht mehr: 2006 hatte Anote Tong bei n-tv große Erfolge mit der Aussage gefeiert, dass „unsere Inselstaaten in zehn Jahren unter Wasser stehen werden“. In vier Jahren wäre es soweit.
Gruseln mit der Südsee-Ente
Gruseln mit der Südsee-Ente
Diesmal war es die Taz, die unter der Überschrift „Pazifiknation muss umsiedeln“ einen Urs von Wälterlin vermelden ließ, „die pazifische Inselnation Kiribati geht unter“. Ursache sei „der steigende Meeresspiegel“, Präsident Anote Tong verhandele deshalb nun „mit Fidschi über einen Umzug der 100.000 betroffenen Menschen“.
Es war der 22. Mai, als die Taz das moderne Märchen erzählte, der renommierte „Focus“ wartete acht Tage und preschte dann hinterher. Focus-Redakteur Michael Odenwald erzählte die Schauergeschichte von der armen Untergangsinsel in eigenen Worten nach, es gelang ihm dabei sogar, die von der Taz angeführten Tong-Originalzitate sinngemäß, aber nicht wörtlich aus dem Deutschen zu übersetzen: „Sie müssen Arbeit finden, damit sie von der Bevölkerung als Immigranten akzeptiert und nicht als Flüchtlinge gesehen werden“, hatte die Taz den Insel-Präsidenten zitiert, „sie müssen Arbeit finden und nicht als Flüchtlinge, sondern als fähige Immigranten, die nicht als Bürger zweiter Klasse angesehen werden“, machte der Focus etwas kraus daraus.
Beide Zeitschriften berufen sich bei ihren Berichten aus der Klimakatastrophen-Heimwerkstatt auf eine „jüngste Bekanntgabe“ des Präsidenten (Taz) beziehungsweise auf eine „Erklärung gegenüber Medienvertretern“ (Focus), die im Focus-Text unversehens zu einer Aussage „im Fernsehsender Fiji One“ mutiert.
Das Verwunderliche: Außerhalb von Taz und Focus hat weltweit niemand berichtet, dass Anote Tong seine Nation umsiedelt und dazu mit Vertretern der Fiji-Inseln verhandelt. Weder australische noch neuseeländische Zeitungen griffen die Ankündigung des Umzuges von 100.000 Menschen auf, auch amerikanische Newsseiten und britische Zeitungen, die einst die Mär vom Untergang Tuvalus erfunden hatten, sprangen auf.
Das ist allerdings auch nicht verwunderlich, denn genaugenommen stammen Anote Tongs Ankündigungen, Land auf Fidji kaufen zu wollen, von Anfang März 2012. Die Schweizer Zeitung 20min berichtete darüber, auch Associated Press kabelte, dass Tongs Regierung plane, Land auf Fidji zu kaufen, er aber hoffe, dass es niemals benötigt werde.
Ein Satz, der in Taz und Focus dem Platzmangel zum Opfer fiel. Dafür konnten beide Medien den oben zitierten Originalsatz mit den Flüchtlingen, die Arbeit finden müssten, um nicht als Bürger zweiter Klasse zu gelten, direkt und nahezu wortwörtlich aus einem Kiribati-Untergangstext aus dem Jahr 2008 destillieren, der ihn seinerzeit aus einem Film von www.fijitv.info übernommen hatte.
Nur das Land musste von Neuseeland auf Fidji geändert werden, um großen, brandaktuellen Klimajournalismus zu produzieren.
Viel Zeit bleibt nicht mehr: 2006 hatte Anote Tong bei n-tv große Erfolge mit der Aussage gefeiert, dass „unsere Inselstaaten in zehn Jahren unter Wasser stehen werden“. In vier Jahren wäre es soweit.
Gruseln mit der Südsee-Ente
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