Sonntag, 3. Juni 2012

Stechuhren für Freizeitkicker

Wer kennt sie nicht, die Kommunalpolitiker, die sich nach getaner Arbeit noch den Aufraffen, stundenlange Sitzungen und Empfänge zu absolvieren? Die Modellbauer, die am freien Wochenende zu Ausstellungen fahren? Oder die Hundezüchter, die nach Feierabend ehrenamtlich an der weiteren Ausformung ihrer Spezialarten arbeiten? EU-Kommissar Laszlo Andor weiß Bescheid über die Mehrbelastung, die für ehrenamtliche Fußballtrainer, Laienpriester, Armenhelfer und Freizeitpolitiker und -kicker entsteht. Und er handelt: Mit einer Änderung der Arbeitszeitrichtlinie soll künftig nicht nur die Lohnarbeit unter Gesetzesvorbehalt gestellt werden, sondern auch festgeschrieben sein, wie viel und wie lange jemand nebenberuflich tätig sein darf.

Europa wird damit wieder ein Stück menschenfreundlicher. Künftig dürfen Menschen eine Gesamtwochen-Arbeitszeit von insgesamt 48 Stunden nicht mehr überschreiten. Konkret heiße das, hieß es aus Brüssel, dass ein in Vollzeit Beschäftigter mit einer 40-Stunden-Woche höchstens noch acht Stunden wöchentlich Nebentätigkeiten wie Putzen und Saubermachen in der eigenen Wohnung, Fußballnachwuchs trainieren, an der Modelleisenbahnplatte basteln oder Essen an Obdachlose austeilen dürfe. Auch für sich selbst und seine Familie dürfe er nicht länger als acht Stunden kochen, nähen oder Hausmusik machen.

Ziel sei es, eine gesundheitsgefährdende Überlastung der Ehrenamtler zu vermeiden, erklärte ein EU-Sprecher. Um absehbare Problemen bei der Erfassung der Gesamtarbeitszeit der Europäer von Anfang an zu begegnen, setzt Laszlo Andor auf modernste Technik. Bei Freiwilligen Feuerwehren, Hundezüchterverbänden und Obdachlosenhilfevereine würden ab 2013 ebenso Stechuhren zum Einsatz kommen wie an Fußballplätzen, in Kirchen und bei Chören. Die Richtlinie der EU-Kommission sehe vor, dass Ehrenamtler ab Januar eine sogenannte "Ehrencard" bei sich führen müssen, mit deren Hilfe der Zeiteinsatz zentral kontrolliert werde.


3 Kommentare:

Cordt hat gesagt…

Mir gefällt besonders der Richtlinienpassus mit den "kostenlosen medizinischen Untersuchungen" für Nachtarbeiter sowie deren Recht, auf Wunsch in "besonderen Situationen" (aha, in denen also!) in die "Tagarbeit" wechseln zu dürfen.

Ich denke, daß die kostenlose Untersuchung zweifelsfrei durch einen medizinisch geschulten Wunderheiler mit EU-Notstandsdiplom erfolgen kann, so er die 48-Stunden pro Woche noch nicht überschritten hat.

Anonym hat gesagt…

Mit 48 Stunden/Woche dürfte in Halle kein Stadtrat auskommen.
Kaum ein Abend, an dem die Freizeitpolitiker nicht unterwegs sind.
Einfach mal einen begleiten.
Dann darf man sie auch lächerlich machen.

ppq hat gesagt…

ja, schlimm. und die ganze mühe für so bescheidene ergebnisse! zum glück macht die eu diesem missbrauch menschlicher freizeit ja jetzt endlich ein ende