Montag, 30. April 2012

Analogschrott für den Fortschritt

Morgen ist endgültig Schluss mit analogem Sat-TV, Deutschland geht einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zu mehr Zukunftsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit voran. 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger hatten es bisher verweigert, ihre analogen Satelliten-TV-Receiver gegen neue, blitzblanke digitale Geräte auszutauschen. Ausflüchte wie „geht doch noch“, „ist erst vier Jahre alt“ und „damit kriege ich aber dieselben Sender“ bekam zu hören, wer die Ewiggestrigen sogenannten Analogies von den unbedingten Vorteilen der neuen digitalen Fernsehwelt mit Empfangsausfällen bei Gewitter und unnatürlich hautunreinen HD-Ansagergesichtern überzeugen wollte.

Letztlich musste der Staat eingreifen und eine Abschaltung der analogen Ausstrahlung veranlassen, um die Menschen endlich zu ihren Glück zu zwingen. „Wer nun nicht in die schwarze Röhre gucken möchte, muss schnell umrüsten“, freut sich die staatliche Nachrichtenagentur dpa mit den vielen fernöstlichen Receiverherstellern, denen das deutsche Vorpreschen beim Satellitenempfang eine Sonderkonjunktur von den Ausmaßen eines Lotto-Jackpots beschert.

20 Millionen Geräte werden in der Nacht zum 1. Mai schlagartig zu Fernsehschrott, ein Kupfer-, Stahl- und Kunststoff-Gebirge von 40.000 Tonnen Gewicht. Aufeinandergestapelt ergäben die schrottreifen Empfangsgeräte einen Turm von 1.400 Kilometern Höhe, selbst als Kette aneinandergeflochten würden die 20 Millionen Receiver mehr als dreimal um Claudia Roths Hals reichen.

Bei einem durchschnittlichen Anschaffungspreis von 50 Euro lösen sich Werte von rund einer Milliarde Euro im Bruchteil einer Sekunde in Nichts auf. Und dass, obwohl die ungeheuer nachhaltige Menge an Elektromüll nach Angaben eines Grünen-Sprechers hervorragende Dämmeigenschaften besitzt.

Mit dem April geht in Deutschland nicht nur das Zeitalter des analogen Satellitenfernsehens zu Ende, nein, es entsteht auch ein milliardenschwerer Bedarf an Neuanschaffungen. 20 Millionen sogenannte LNB müssen getauscht werden – zu den reinen 200 Millionen Euro Anschaffungskosten kommen weitere rund 500 Millionen Euro Arbeitskosten für Satellitenbaufirmen. Eine weitere halbe bis ganze Milliarde Euro wird für neue Digitalreceiver fällt – gerade in Zeiten, in denen die Schere zwischen Arm und Reich zu weit auseinanderklafft wie noch nie, werden die Ärmsten der Armen gezwungen, vom knappen Hartz-4-Etat Geld abzuknapsen, um wenigstens via RTL2 und Pro7 weiter an den gesellschaftlichen Debatten teilnehmen zu können.

Was laut dpa „für alle Betroffenen eine Gelegenheit" ist, "ihren TV-Empfang auf den Prüfstand zu stellen“, gleicht in Wirklichkeit einer allumfassenden TV-Zwangsabgabe: „Wer noch analog Sat-TV schaut und nicht zahlen will“, frohlockt die staatliche Nachrichtenagentur, “empfängt ab Mai nur noch Rauschen“.

Folglich zahlen alle kollektiv die Rechnung, die die Fernsehsender und Satellitenbetreiber aus rein wirtschaftlichen Erwägungen ausgestellt haben, auch die, die sich nach Angaben der "Welt" schon den reinen Strom nicht mehr leisten können. Dabei gab es beim analogen TV bis zuletzt keine Bandbreitenprobleme, allerdings eben auch keine Möglichkeit, heute noch frei empfangbare Programme später verschlüsselt anzubieten. Das ist der Plan, wie der Satellitenbetreiber Astra zugibt: Die Ausstrahlung in drei unterschiedlichen Qualitäten, nämlich analog, digital SD und digital HD, sei „wirtschaftlich nicht sinnvoll“. Digitales Fernsehen biete eine „weitaus bessere Bild- und Tonqualität sowie eine deutlich größere Programmvielfalt als analoges TV“, heißt es weiter. Wobei ungenannt bleibt, worin der Vorteil von noch mehr Sendern mit noch mehr gleichen Inhalten liegen soll.

13 Kommentare:

eulenfurz hat gesagt…

Wer keine Glotze besitzt und auch ohne konditionierte Unterhaltungspropaganda ein ausgefülltes Leben zu führen in der Lage ist, hat diese Sorgen zum Glück nicht.

Doch zur Erinnerung: Ab 2013 wird für alle die Propagandasteuer fällig! Wir danken unseren Agitprop-Kommissaren für die Zwangsbeteiligung an der schönen neuen Welt!

Oels hat gesagt…

Was nützt der neue Receiver, wenn das Haus in dem er steht dank Energiesparverordnung abrisspflichtig ist.

vakna hat gesagt…

Bitte bestätigt mir, dass nicht alle eure Beiträge diese miese Recherchequalität haben!

Auf den 29 Transpondern mit bisher 29 Programmen kann man ohne Kopfstände 120 HD-Programme oder bis zu 240 SD-Programme unterbringen, da wundert es mich, dass Astra und die Programmanbieter nicht schon eher umgestellt haben. Sie strahlen alle diese Programme ja teilweise schon jahrelang digital aus. Einen "staatlichen Eingriff" braucht es dazu nicht und verschlüsseln werden die ö.r. Propagandasender ohnehin nicht. Wenn ihr euch nächstens mal wieder über die GEZ-Gebühren (oder die geplante Glotzsteuer ab 2013) aufregt, denkt bitte daran, dass die Sender die Rechte für ganz Europa zahlen müssen, eben weil sie nicht verschlüsseln.

Wo habt ihr die Zahl von 20 Millionen Empfängern her? Jeder Sky-Kunde empfängt digital, jeder der HD haben will ebenfalls, Technikinteressierte sowieso. Neue Fernseher mit Sat-Empfangsteil können sowieso nur digital. Ausländer haben schon lange Digitalempfang, weil niemand ausser den Deutschen noch analog über Satellit überträgt. Was bleibt da noch übrig? Sicher nicht 20 Millionen!

Was gemeint sein könnte ist, dass 20 Millionen Geräte nicht mehr verwendbar sind, auch wenn sie sowieso schon nicht mehr verwendet wurden. Ich bin zum Beispiel mit 2 Analogreceivern dabei, die aber seit Jahren nicht mehr in Betrieb sind.

Noch kruder ist die Behauptung, der/die/das LNB müsste immer mit getauscht werden. Reine Unterband-LNBs gibts schon seit Jahren nicht mehr, wer in letzter Zeit neu installiert oder einen LNB-Defekt hatte, besitzt ein Vollband-LNB.

Euer Beitrag hat die Qualität von online-Leserkommentaren: Man hat keine Ahnung, aber meckern kann man ja mal.

Ich erwarte übrigens mit Spannung einen Beitrag über das faktische Ableben der Mittelwelle. Wieviele Detektor-, (Pendel-)Audion- und Superhet-Empfänger da nutzlos geworden sind! Das sind dann wirklich hunderte Millionen!
Ach, Mittelwelle hört niemand mehr? UKW und DAB hat bessere Qualität, mehr Auswahl? Ach sooooo...

ppq hat gesagt…

hallo vakna,

40 mio haushalte, davon 15 % nicht umgestellt - dpa-angabe. mal 2 receiver x pi x daumen.

bei der lnb-geschichte bist du wohl weiter vorn als viele andere. ich weiß von bekannten, die in dem metier tätig sind, dass sie seit monaten und in den letzten wochen nochmal verschärft auf die dächer gerufen werden. um was zu machen? lnbs wechseln.

nenn mir bitte eine sparte von irgendwas, wo der anbieter einseitig irgendwann einseitig gesagt hat, so, was du da als zugangszeug gekauft hast, bediene ich jetzt nicht mehr. schmeiß weg den scheiß und kauf was neues.

mir fällt vergleichbares nicht ein - außer den c-netz-handys.

ppq hat gesagt…

was die mittelwelle anbelangt - also bei mir kommt da noch was

DAB? ist das nicht das, wo sie zehn jahre versucht haben, ein paar hörer zu finden? indem sie millionen und abermillionen an steuermitteln da reingepresst haben?

Anonym hat gesagt…

@vakna: Ich denke, dass bei der Erstellung des Beitrages extrem penibel recherchiert worden ist. Andernfalls wäre dem Autor sicher entgangen, dass Claudia Roth einen Hals hat.

Anonym hat gesagt…

Investruinen wurden schon öfter unters Volk geworfen: die Videodisc,8-Track, Betamax, HD DVD.
***
Meine No-Name-Analogreceiver haben zum Glück nicht lange genug gehalten um mich jetzt in Verlegenheit zu bringen.

ppq hat gesagt…

aber das war seinerzeit doch nicht alternativlos. MD? musste man nicht.

VOLLBLONDE BUSINEN hat gesagt…

Ohh, MD war aber sehr Geil, nur leider 10 Jahre zu spät auf den Markt geworfen.

Anonym hat gesagt…

mit Pipi in den Augen berichtet der zdf Reporter aus neu york , "stolz" sind sie , die Ostküstler ; "wir werden siegen" - so ein Geschäftsmann . Siegerneusprech , finanziert mit Ihren Gebühren .

auch schlimm :

ich stehe in der Schlange , warte auf die Obstdame - sie ist beschäftigt , eine sozialdemokratistisch fehlsozialisierte V°tze mit Pudel kann sich nicht entscheiden - ich halte den Diskretionsabstand ein - so wie jeder Mitteleuropäer - eine weitere Konsumdumpfbacke drängelt sich tatsächlich vor . "Entschuldigen Sie " sage ich zur Obstfrau - ich warte bereits länger as diese Dame .

Der Klügere gibt nach - solange bis er der Dumme ist .

Die Drängeldame lacht hysterisch und versucht mich in ein Gespräch zu verwickeln .

"Wissen Sie..." sage ich zur Drängeldame ... " mein Großvater hätte so etwas wie sie ( aus technischen Gründen "sie" klein ) ...also mein Großvater hätte so etwas wie sie in eine geeignete Einrichtung gesteckt - sie wählen spd - na gut - d.h. aber nicht , daß sie sich hier wie ein B Mensch verhalten dürfen .

Die Hermestüchleindame lächelt mich an .

Morgen geh ` ich zur Demo . VRIL

Anonym hat gesagt…

Mit den LNBs war ein toller Werbetrick.
Erst in den letzten Tagen lies man durchblicken, das die in den letzten 10 Jahren produzierten alle digital tauglich sind.

ppq hat gesagt…

dafür sind schon wieder alle möglichen sender nicht mehr da, wo sie waren

Kurt hat gesagt…

Ich bin gespannt, wann der Rundfunkempfang auf digital umgestellt wird. Das wird einen Tsunami an plötzlich nutzlosen Geräten bedeuten.
Das düfte aber nicht der Grund sein, warum die Einfühung immer wieder verschoben wird. Der Grund wird sein, daß dann viel zu viele Sender empfangbar sind. Damit können die Vertreter des heutigen Radio-Oligopols, synonym mit der Landesmedienanstalt, noch nicht umgehen.