Montag, 13. Februar 2012

NSU: Alle unter einer Decke

Ein Sumpf, der am Gebirge hinzieht und alles schon Errungene verpestet. Drei Monate nach der Entdeckung der neonazistischen Terrorzelle aus Jena, die sich in Zwickau versteckt gehalten hatte, wird das Ausmaß der Verquickungen von Einzelpersonen, Politikern und Institutionen in die geheimgehaltene Mordserie der zwei tödlichen Drei immer erschreckender. Galt zu Beginn nur als sicher, dass Verfassungsschützer und Polizei eine schützende Hand über die Neonazisten und sich die andere vor die Augen gehalten hatte, gerät jetzt auch das von den ehemaligen SS-Angehörigen Paul Dickopf und Rolf Holle gegründete Bundeskriminalamt in den Strudel der Verquickungen. Wie die Welt unter Bezugnahme auf die hauseigene "Bild" berichtet, wurden "wichtige Daten vom Handy des mutmaßlichen NSU-Unterstützers André Eminger" auf Veranlassung des BKA gelöscht. Die Sonntagsausgabe der "Bild" verweise auf die Email von einer BKA-Mitarbeiterin an einen Bundespolizisten, in der dieser aufgefordert wurde, die Daten von dem Handy zu löschen, das das BKA der Bundespolizei nach der Festnahme von Eminger zur Auswertung übergeben hatte.

Was soll da vertuscht werden? Welche Informationen hatte Eminger, der verdächtigt wird, ein Paul-Panther-Video hergestellt zu haben, auf seinem Handy gespeichert - acht Wochen nach Beginn der Großfahndung nach Unterstützern der NSU? Handelt es sich vielleicht um das Handy, das ein anderer Prominenter sich aus Angst vor Abhöraktionen fremder Geheimdienste von einem ganz, ganz engen Freund aus Kindertagen ausborgte?

Die Faktenlage ist noch flüssig, die Betroffenen bedauern es zutiefst, dass Freundschaftsdienste wie die Anfertigung eines Videos und die Benutzung eines NSU-Handys "ein falsches Licht" auf gemeinsame Beziehungen werfen. Es "wachsen die Zweifel am Aufklärungswillen der Sicherheitsbehörden", vermutet die FR geheime Ränkespiele im Hintergrund. Gut, dass wenigstens einige Behörden aufräumen: Gegenüber der "Bild" hat ein BKA-Sprecher die veranlasste Löschung der geheimen Hinweise auf eine vielleicht noch weitergehende Unterwanderung der Gesellschaft durch die Braune Armee Fraktion: "Um in diesem sensiblen Verfahren eine Dislozierung der vorhandenen Asservate in verschiedenen Behörden zu vermeiden, wurde seitens BKA die Bundespolizei gebeten, als Kopie vorhandene Handy-Daten zu vernichten."

Die Verwendung des Begriffes "Dislozierung", der die von der jeweiligen Truppenführung vergenommene räumliche Verteilung ihrer Einheiten auf die zu verteidigenden Frontbereiche beschreibt, deutet darauf hin, dass hier militärische Strategien angewandt werden, weil es sich um militärische Operationen handelt. Das Beobachtungsportal Endstation Rechts, das im Vorfeld schon vermutet hatte, die drei mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe seien 1999 vom Verfassungsschutz laufen gelassen worden, sie jetzt "Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker" laufen. "Experten vermuten, das BKA könnte so versucht haben, eigene Informanten im NSU-Umfeld zu schützen", heißt es, wobei diese "Experten" nicht näher bezeichnet werden, um sie zu schützen.

Obwohl wie es Goethe nannte, "Gemeindrang eilt, die Lücke zu verschließen", ist es PPQ erstmals gelungen, alle vorhandenen Informationen über die Verstrickungen von Hitler, Böhnhardt, Mundlos, dem Verfassungsschutz, Jena, der FDJ, der Schweiz und Nokia grafisch aufzubereiten. Mit dem Schaubild oben, das für Unterrichtszwecke per Mail bei der Redaktion abgerufen werden kann, wird die im "Faust" aufgeworfene Frage "Doch wie? – Wo sind sie hingezogen?" wenigstens außergerichtlich geklärt. Ja, klagt Mephistopheles, "unmündiges Volk, du hast mich überrascht, sind mit der Beute himmelwärts entflogen; drum haben sie an dieser Gruft genascht!"

Der Wohnwagen. Mordplatz nach dem erfolgreichen Bankraub, ihr dritter oder zwölfter war, man weiß es nach nur drei Monaten bundesweiter Ermittlungen nicht. Mephistopheles: "Ich habe schimpflich missgehandelt, ein großer Aufwand, schmählich! Ist vertan; Gemein Gelüst, absurde Liebschaft wandelt den ausgepichten Teufel an. Und hat mit diesem kindisch-tollen Ding der Klugerfahrne sich beschäftigt, so ist fürwahr die Torheit nicht gering, die seiner sich am Schluss bemächtigt."


Ein Land schreibt einen Thriller:

NSU: Eine Muh, eine Mäh, eine Zschäperättätä
NSU: Von der Zelle in die Zelle
NSU: Die Spur der Schweine
NSU: Gewaltbrücke zu den Sternsingern
NSU: Gebührenwahnsinn beim Meldeamt
NSU: Nun auch auf dem linken Auge blind
NSU: Die Welt ist klein
NSU: Verdacht auf Verjährung
NSU: Weniger hats schwer
NSU: Terrorwochen abgebrochen
NSU: Rechts, wo kein Herz schlägt
NSU: Was steckt dahitler?
NSU: Neue Spuren ins Nichts
NSU: Tanz den Trinitrotoluol
NSU: Der Fall Braun
NSU: Honeckers rechte Rache
NSU: Die Mundart-Mörder
NSU-Todeslisten: Sie hatten noch viel vor
NSU: Was wusste Google?
NSU: Kommando späte Reue
NSU: Die tödliche Bilanz des braunen Terror
NSU: Mit Hasskappen gegen den Heimsieg
NSU: Mordspur nach Möhlau

10 Kommentare:

derherold hat gesagt…

Das ist wieder typisch. Es wird nur an der Oberfläche gekratzt !

Mit Verweisen auf *Jupp* und *Schweiz* und *Bratwurst* ist es nicht getan !

Wenn schon Verstrickung, dann bitte richtig bewältigen und auf den Schoß (Kinderkrippe), faschistische Männlichkeitsrituale (Goldbroiler essen) und auf persönliche Kontakte in das Ausland (Pan Tau) die Aufmerksamkeit lenken.

ppq hat gesagt…

verstehe ich nicht, ist doch alels da! margot und egon als die kinderkrippen- und jugendgruppenerzieher. campingwagen als synonym für männlichkeitsrituale (draußen, cowboy, karl may). für die auslandskontakte bürgt das NSU-logo oben mitte: eindeutig wurde der name von der northern state university in south dakota/US entlehnt. deshalb ermitteln die behörden in den USA jetzt wohl auch, wie ich gerade las

eulenfurz hat gesagt…

Natürlich ist das eine militärische Operation, schließlich weiß niemand, ob die Braune Armee-Fraktion immer noch im Nationalsozialistischen Untergrund meuchelt und mordet.

Teja hat gesagt…

Die ersten beiden Kommentare sind ja noch lustiger als der Text.

Anonym hat gesagt…

MZ-web.de Im Fall der mutmaßlichen Zwickauer Terrorgruppe NSU wachsen die Zweifel am Aufklärungswillen der Sicherheitsbehörden. Wie die Berliner Zeitung erfuhr, hatte der sächsische Verfassungsschutz versucht, wichtige Informationen über den Verdächtigen E. zurückzuhalten. Ein möglicher Grund wäre, dass ein Informant aus der Szene geschützt werden soll.

Volker hat gesagt…

Also, ein Bild vom Ro 80 hätten wir in der Sammlung schon erwartet.

ppq hat gesagt…

volker, bitte hab verständnis. das hier soll und darf keine werbeveranstaltung für gesellschaftsgefährdende gefährte werden, sonst steigt uns das Bundesblogampelamt aufs dach

Anonym hat gesagt…

Und die Mörder Mannichls morden immer noch unenteckt herum.

Kurt hat gesagt…

Für mich ist das alles logisch. Die Informationen müssen aus einer Hand kommen, wenn sie stringent sein sollen. Verschiedentlich wurde angedeutet, man müsse der NPD jetzt nur noch eine Verbindung zu den zwei tödlichen Drei nachweisen, dann könne man sie drankriegen, verbieten.
Also wird die Fraktion, die das will, natürlich die Quellenlage in ihrem Sinne beeinflussen. Und andere wollen anderen Honig aus zwei toten Bankräubern und einer mutmaßlichen Brandstifterin saugen, deswegen gibt es so einen Hickhack.
Hat eigentlich irgendwer das komplette Paul-Panther-Video gesehen? Also, irgendwer, der darüber öffentlich berichten könnte? Ich denke nämlich, daß es nur den Tagesschauschnipsel gibt. Mehr konnte der Neffe vom Chef auf die Schnelle nicht zusammenschneiden.

Egal auf welche Kappe die Löschung von Handydaten geht. Je weniger Originalinformationen zur Verfügung stehen, umso besser lassen sich welche erfinden. Schaun mer mal.
Und bis dahin singen wir:
Zwei U, Zwei We
Eine Zschäperätete ...

M. Manie hat gesagt…

Alle unter einer Decke? Oder alles unter einer Decke? - Na, ischa komisch!

War's 'ne Steppdecke oder bloß 'n gesteppter Schlafsack? Einer, eine oder mehrere davon? Und was machten die alle unter besagter Decke? Wer lag in der Mitte, wer unten und/oder oben, wer gab den Burgerklops und/oder -schinken dazwischen her? Gab's auch 'ne Käsescheibe? Edamer, Tilsiter, Chester? Wo lag das Salatblatt? Eisbergsalat oder plunderiger Grüner? War's womöglich alles 'n Terror-Auftrag von McDonald, BurgerKing u.ä. gegen die schmutzige Konkurrenz tückischer (türkischer) Dönerbrater, daher Dönermord?

Also da blick' noch durch, wer will! Fragen über Fragen!

Was hatten die tödlichen Zwei von Drei für ein Verhältnis zu einander, außer Löchern im Kopf oder anderswo? Spannendenste Frage: Was war unter der Decke bzw. im Schlafsack wirklich los? Der Teufel oder Himmler im gemieteten Wohnwagen?

Jessas! Das Grauen kraucht...