Samstag, 4. Februar 2012
Lechts und Rinks
Ach, es hätte lustig, unterhaltsam und vielleicht sogar ein wenig informativ werden können. Doch die Twitter-Steilvorlage der Dauer-Vertriebenen Erika-Steinbach, die etwas ungelenk glaubte, die deutsche Geschichte ein bisschen zurechtrücken zu müssen, wurde in rhetorischer Weh- und Beleidigkeit beerdigt und begraben.
Dabei hatte alles so gut angefangen. Steinbach twitterte verwegen, aber nicht vollkommen dumm: "Die NAZIS waren eine linke Partei. Vergessen? NationalSOZIALISTISCHE deutsche ARBEITERPARTEI". Okay, vielleicht doch vollkommen dumm. Aber als jemand, dem der ideologische Stehsatz "links = gut, rechts = böse --> basta!" so langsam aus den Ohren kommt, weil er nicht so schnell kotzen kann, ist man ja schon mit wenig zufrieden - und sogar von Erika Steinbach.
Als ob weder 20 dicke Stalin-Biografien noch das Schwarzbuch des Kommunismus noch ganze Bibliotheken zum Totalitarismus geschrieben worden wären, greifen sie aber immer noch, die Erklärungs-Dichotomien von 1789: egalitär – elitär, progressiv – konservativ, internationalistisch – nationalistisch. Oder um es kurz zu machen: Links ist besser als Rechts, weil Links das Gute will (und wer das Gegenteil behauptet, ist rechts).
Links und Rechts werden in solchen Diskussionen NIE, bei Strafe: NIE, mit Fakten behelligt, mit ihrer bisherigen Politik konfrontiert oder darauf abgefragt, was sie bisher in der Geschichte angerichtet haben. Das ist offenbar auch gut so, weil Fakten Vergleiche nach sich zögen - und Vergleiche sind des Teufels. Man darf nicht einfach die einen Toten gegen die anderen aufrechnen, weil die einen tendentiell für eine gute Sache, die anderen für eine schlechte geopfert wurden (siehe oben).
Dieser Reinheits-Gedanke wurde soweit vorangetrieben, dass sich beispielsweise in Deutschland die eigentlich Rechten lieber "bürgerlich" nennen, weil "rechts" zum Schimpfwort geraten ist, zu einem Attribut, dass lieber gleich Nazis aufgeklebt wird.
Über diese merkwürdige Gemengelage hätte man im Nachgang von Frau Steinbachs Äußerungen reden können. Man hätte sagen können: Frau Sudetenland hat zwar nicht alle Latten am Zaun, aber ... Doch dieses "aber" blieb aus. Statt dessen ereilte uns das übliche ideologische Meister-Propper-Geblubber: Steinbach versuche "eine Nähe zwischen der NSDAP und der Sozialdemokratie herzustellen" (was übrigens auch die zeitgenössischen Kommunisten versucht haben), ihr Twitter-Satz sei eine "unglaubliche Entgleisung" (Inwiefern?) und "eine bösartige Verhöhnung der Opfer des NS-Terrorregimes" (Kann sich jemand an eine "bösartige Verhöhnung der Opfer des Stalin-Regimes" erinnern?).
Danke, deutsche Öffentlichkeit. Wegen dir muss man Sympathien für das blonde Blitz-Mädel Erika empfinden. Hast du gut gemacht!
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Nein, ich bin kein Freund von Frau Steinbach. ich muß dem Kommentator aber zustimmen, ich hab im SPON Forum die Diskussion zum Thema verfolgt, mal zum Lachen, mal zum Weinen wie die Linke die Geschichte verbiegt.
Etwas noch zur Person Steinbach und deren Tätigkeit.
Mein Vater ist auch Heimatvertriebener. Weder in einem Verband aktiv, noch sonstwie in der Vergangenheit lebend. Ich habe mich auch nie so gefühlt. Wenn ich mir anschau, wie manche Migranten in der 3 Generation noch Sonderrechte bekommen, Quoten für sie diskutiert werden und und und, da verspür ich mehr und mehr Lust in einen Vertriebenenverband einzutreten.
Und wer regt sich über all die türkischen Interessenvertreter auf die meinen Deutsch lernen wäre des Teufels und am Schönsten ist es im türkischen Verein. Modeschauen für islamische Migrantinnen sind hip aber wenn sich Sudeten einmal im Jahr treffen steht das 3.Reich wieder auf?
Kommentar veröffentlichen