"Die Deutschen beschäftigen sich skrupulös mit Geschichte und Moral", heißt es in einem der wenigen Beiträge, die sich zur Feier des Tages mit dem ehemals alleweil groß begangenen "Weltfriedenstag" beschäftigen. Es fehle ihnen einfach der "Wille zur Macht", bemerkt Peter Bürger auf heise.de.
24 Stunden nach dem vorübergehenden Ende der Debatte um Westerwelle und dessen deutsche Weigerung, in Libyen militärisch einzugreifen, kommen seine "Zehn Vorschläge zur Abschaffung des deutschen Pazifismus" gerade recht. Der Deutsche als solcher habe immer noch nicht verstanden, dass seine "ökonomische und technologische Spitzenstellung einer Berufung zu Höherem gleichkommt", kritisiert der Autor. Es sei jedoch Zeit, dass "wir unsere eigene Welt- und Geschichtswahrnehmung gründlich in Frage stellen". Alexander Haig, der die nach Ruhe und Frieden lechzenden Deutschen in Ost und West während der 80er Jahre mit der Eröffnung verblüffte, es gebe "Wichtigeres, als im Frieden zu sein", könnte plötzlich zum Idol werden.
Friede an sich, so suggerieren es schlagartig alle großen Parteien und Großkommentatoren, ist gar kein Wert! Lieber im Stehen sterben als im Knien leben!, heult es aus den Oppositionsbaracken wie aus dem Regierungslager. Wen es zum Kriege zog, dem huldigt die Süddeutsche Zeitung in einem Essay zum Weltfriedenstag als mutigen Mann "Im Libyen-Einsatz bewies Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy Mut", heißt es dort. Als erster Staat habe Frankreich die Regierung der Rebellen anerkannt und auf dem Sturz des Diktators, der kürzlich noch im Garten des Präsidentenpalastes in Paris gezeltet hatte, beharrt. "Ein Bauchgefühl", das zum Kriege drängt.
Gut gemacht, lobt die SZ: "Sarkozy fühle sich in dem Krieg nicht nur als politischer, sondern auch als militärischer Anführer", beschreibe ein Vertrauter, er habe sich "wie ein Feldherr über Generalstabskarten gebeugt und mit der strategischen Situation in Tripolis vertraut gemacht." So einen wollen wir auch. Denn die Logik ist unbestechlich, die Bilanz unwiderlegbar. Weltweit sind sämtliche Kriege am Ende von den Guten gewonnen worden, die es nicht sind, sind nur noch nicht beendet. Stets haben sich die höheren Werte durchgesetzt, immer obsiegte die Moral über die Unmoral, wenn auch häufig nur, weil die Unmoral der Sieger durch den Sieg zur Moral wird. Seit die Atombombe in die Welt kam, gelingt es überdies, Konflikte zunehmend blutsparend abzuwickeln. Der Anschein, hervorgerufen durch immer fleißigere Berichterstattung, ist zwar ein anderer.
Doch die Zahlen sind eindeutig: Die große Bombe hat große Opfer gefordert, aber verglichen mit der Kalaschnikow, der Haubitze und dem Panzer ist sie keine Massenvernichtungswaffe. Sogar durch kleinkalibrige Pistolen sind auf der Welt mehr Menschen gestorben als durch Kernwaffen. Nicht zu reden davon, wie viele Leben Atomsprengköpfe eventuell gerettet haben, weil sie kleine, kurze und einfache Kriege zwischen Mächten mit Atomwaffen seit inzwischen 66 Jahren unmöglich machen. Großbritannien, Pakistan und Israel sind sicher, auch Mordkorea weiß es längst und der Iran natürlich auch.
Nur die Deutschen, erst neuerdings wieder kriegslüstern, verweigern sich der notwendigen Erkenntnis noch: Ein Land, das in Ruhe gelassen werden möchte, braucht Atomwaffen. Sofort wird es egal, wieviele Menschen dort gequält, in ihren Rechten beschnitten, ermordet oder sonstwie schikaniert werden. Die Atombombe schafft Recht, wo keines ist, sie macht souverän zu den eigenen Bedingungen und unangreifbar selbst für ein gebeugtes und wie Weidenruten gewundenes Völkerrecht. Waffen schaffen Frieden, und Atomwaffen tun das besonders effektiv. So lange sie nicht benutzt werden, ist Ruhe. Und wenn sie benutzt worden sind auch wieder.
Der Friede muss bewaffnet sein II
Der Friede muss bewaffnet sein
5 Kommentare:
Oha, sie brauchen uns auf Friedenswacht? Wo kann man sich melden?
Für manche Journalisten muß es ein Graus sein, mit Schlips oder Fliege am Schreibtisch zu hocken und sich Friedenstexte auszudenken. Wie schön haben es hingegen jene, die stahlhelmbehelmt den Friedenskämpfern hinterherzotteln dürfen und jeden Tag pulitzerpreisverdächtige Kurzprosa in die heimische Redaktion kabeln.
Manchmal ist das Leben ganz schön ungerecht.
Korrigiert mich, aber, die jetzt auf Westerwelle einprügeln, weil er die Heckler und Koch nicht schnell genug rausgeholt hat, wollten doch vor ein paar Jahren partout "Kein Blut für Öl" spenden und applaudierten dem eher ungeliebten Kanzler Schröder für seine, nun ja, defensive Irak-Politik. Oder? Orientiert sich im Umkehrschluss die Haltung zur deutschen Außenpolitik nicht an der deutschen Außenpolitik, sondern am Außenminister? Und wenn Westerwelle mit lauten Hurra in Libyen einmarschiert wäre: Würden die o.G. nicht genau so wieder auf dem FDP-Mann rumhacken? Ich frage ja nur.
ja, soll sieht es aus.
andererseits gibt ein solcher zustand einem handlungsfreiheit. egal was du machst, die kritik wird vernichtend, das weisst du dann schon vorher
also das atommächte seit 66 jahren keine kriege geführt haben ist aber schon eine recht zynische auslegung.. aber mir fällt es ohnehin schwer die allgemeine stossrichtung ihrer texte auch nur zu erahnen.. das scheint teilweise im textfluss zu kippen.. wo da die satire eventuell anfängt oder aufhört, falls sie überhaupt vorhanden ist, erschlieest sich mir nur selten.. aber das ist ja auch in allererster linie mein problem..
zynisch? die wahrheit, die reine wahrheit. die grafiken sind ja nicht von uns, sondern aus einem projekt einer schulklasse aus idaho.
was die übrigen anmerkungen betrifft: die welt ist erstens gar nicht lustig, zweitens aber unfreiwilig doch. und drittens ist das oben im blogtitel erklärt: wir sprechen offenbar verschiedene sprachen, meinen aber etwas ganz anderes. leuchtet das ein?
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