Vierzig Milliarden Euro, sie waren "einfach weg", wie die kenntnisreiche Süddeutsche Zeitung klagte. Bund, Länder und Gemeinden müssten sich "in den nächsten Jahren auf deutlich geringere Steuereinnahmen einstellen und den Spardruck damit kräftig erhöhen", analysierte das Steuerfachblatt: "Bis Ende 2013 fließen 38,9 Milliarden Euro weniger in die Staatskassen als bisher eingeplant". Das stehe nun leider nach Abschluss der Beratungen des Steuerschätzerkreises (Foto oben) mit. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble war erschüttert. Von 2011 an müsse der Staat mit deutlich geringeren Steuereinnahmen rechnen. "Wir liegen erst 2013 wieder da, wo wir 2008 waren, aber nicht höher", wusste der Finanzminister letztes Jahr im April, nachdem ihm das Schätzergremium für 2011 Steuerausfälle von 11,7 Milliarden Euro vorhergesagt hatte.
11,7 - nicht 11,3, nicht 11,9, nein, 11,7, denn das hier ist eine exakte Wissenschaft. Oder doch zumindest eine Veranstaltung, die so tut und von den Medien so behandelt wird, als wäre sie mehr als ein Ratespiel. Letztes Jahr kam der Schätzerkreis - 35 Abgesandte aus den Finanzministerien von Bund und Ländern, der Bundesbank, von Forschungsinstituten, der Kommunen, des Sachverständigenrats und des Statistisches Bundesamtes - auch für 2012 zu ernüchternden Ergebnissen: 12,3 Milliarden Euro weniger Steuern werde der Staat einnehmen, hatten die Schätzer ausgerechnet, und 2013 steige der Ausfall dann sogar auf 13,7 Milliarden Euro.
Alles in allem, so die hochbezahlten Experten nach immerhin dreitägigen Beratungen, werde der Staat "frühestens 2013 mit 561,3 Milliarden Steuereinnahmen wieder das Niveau vor der Krise von 2008 erreichen.
Es ist dann selbstverständlich wieder anders gekommen. Kaum schätzt der Steuerkreis wieder, schon hat er sich verschätzt. Die "Steuereinnahmen auf Rekordkurs" heißt es nach der diesjährigen Schätzerrunde bei der staatlichen Nachrichtenagentur dpa. In diesem Jahr werde die öffentliche Hand demnach 555 Milliarden Euro einnehmen, gerade mal noch sechs Milliarden weniger als im Rekordjahr 2008. Für 2014 rechne man mit Einnahmen von rund 49 Milliarden, verglichen mit der Schätzung vom vergangenen Jahr. Bis 2015 sollen die Steuereinnahmen dann auf 652 Milliarden Euro steigen, das ist so sicher wie das Amen in einer beliebigen Moschee.
Für die drei geschätzten Jahre 2011 bis 2013 haben sich die Experten also alles in allem nur um 135,3 Milliarden Euro verschätzt - eine Abweichung von acht Prozent. Das hätte ein Affe mit Dartpfeilen wahrscheinlich annähernd erreicht - allerdings in viel kürzerer Zeit.
Doch auch diese Steuerschätzung, ungefähr so nachhaltig ist wie eine Rasur mit Blondierungscreme, dient nun wieder als Grundlage für die Aufstellung der öffentlichen Haushalte. Sicher aber ist dabei nur eins: Am Ende wird eine Meldung stehen, die von Steuerquellen berichtet, die "weniger als erwartet" oder "mehr als erwartet" sprudeln.
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1 Kommentar:
Weniger ist eben manchmal mehr.
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