Freitag, 14. Januar 2011

Wiedergeboren als unschuldige Zielscheibe

Er war ein junger Mann, ein liebender Sohn, ein guter Freund. Bis Sarah Palin kam und eine Landkarte ins Internet stellte, auf der Fadenkreuze die US-Bundesstaaten markierten, die frühere Fast-Vizepräsidentin am liebsten erschossen hätte. Jared Lee Loughner handelte und verübte einen Mordanschlag auf die demokratische Abgeordnete Gabrielle Giffords, wie es ihm die Ikone der Hockey-Mums aufgetragen hatte. Das von der Republikanerin herangezüchtete "Klima des Hasses", wie es der Nobelpreisträger Paul Krugman in der "New York Times" genannt hatte, hatte sein erstes Opfer gefunden, analysierte der "Spiegel".

Die Karte von Palins Kampagne "Take back the 20" habe "20 Demokraten ins Visier" genommen, die zur Wiederwahl standen, darunter auch die bei dem Attentat schwer verletzte Giffords. "Die politischen Gegner standen - so der optische Eindruck - im Fadenkreuz eines Zielfernrohrs", wusste das Blatt zu berichten. Wieder "Schüsse im Land der politischen Hassprediger", hieß es nicht etwa bezogen auf Irak, Iran oder Afghanistan, sondern gezielt auf die USA. Die Politik dort nämlich radikalisiere sich zusehends, das Attentat auf die Kongressabgeordnete sei nur "der tragische Höhepunkt dieser Entwicklung". Für den Gewaltakt gegen die 40 Jahre alte Abgeordnete gebe es "natürlich keine klaren Anstifter". Doch es bleibe "ein schaler Nachgeschmack", denn es gebe "viele, welche die Stimmung im Vorfeld aufgeheizt haben".

Klare Analyse, die von der Geschichte bezeugt wird. Gewalt, recherchierte die "Spiegel"-Redaktion im Archiv, ist dort nämlich "nichts Neues". Ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo politische Gegner miteinander kumpeln und Attentatsopfer wie Wolfgang Schäuble und Oskar Lafontaine die Anschläge auf ihr Leben überleben durften, starben in den USA immer wieder führende Politiker in politischen Auseinandersetzungen. "Die Auseinandersetzungen um Sklaverei, um Rassentrennung, um Vietnam, um Abtreibungsrechte wurden blutig geführt. Erst 1995 jagte der Rechtsextremist Timothy McVeigh ein Regierungsgebäude in Oklahoma in die Luft und tötete dabei 168 Menschen", zeigt das Magazin vorbildlich auf die Wurzeln des Hasses.

Das überzeugte deutschlandweit. Von der Rheinischen Post ("Hass im Herzen, die Waffe in der Hand") über die Illustrierte Stern ("Zorn, Hass und Bigotterie sind ungeheuerlich") bis zur Süddeutschen Zeitung ("Attentat auf Giffords Das Mekka der Eiferer") waren sich Kommentatoren einig: "Blanker Hass gibt mittlerweile den Ton in den USA an", fasst die "taz" emotionslos zusammen, Gegner würden dort jetzt zu Feinden (Handelsblatt), die USA sei jetzt "Ein Land in Scherben", weinte "Die Zeit" Krokodilstränen.

Wie richtig diese Ferndiagnose ist, hat Le Penseur jetzt herausgefunden. Denn so grauenvoll die Karte der Republikaner war (Bild oben rechts), die Demokraten hielten unter der Überschrift "Behind Enemy Lines" im selben Stil dagegen. Statt menschenverachtende Fadenkreuze wie das böse Amerika, verwendet das gute, das quasi deutsche Amerika allerdings unschuldige Zielscheiben (oben links).

Mehr erschütternde Wiedergeburten

1 Kommentar:

Tuttiho Bull hat gesagt…

Das Zielscheibenboard ppq hat noch einen Kracher aus der Prantl-Prawda übersehen. In einem Qualitätsartikel mit Titel "Kill Him" heißt es:

"Deshalb steht hinter dem radikalen Antietatismus der Rechtsextremen mehr als nur Freiheitsliebe und Missbehagen an staatlicher Ineffizienz."
http://sueddeutsche.de/politik/nach-dem-attentat-von-arizona-nicht-nachgeben-nachladen-1.1045887-2

Super. Jeder der den Staat nicht kultisch verehrt ist rechtsextremes Schwein !!