Neue Berichte mit neuen Einzelheiten von der "Gorch Fock" werfen neue Fragen auf. Der "Spiegel", überwiegend von ungedienten Militärspezialisten betrieben, berichtet über "hemmungslos betrunkene Soldaten" an Bord und einen Kommandanten, der " meist in Badehose unterwegs" gewesen sei: Offiziersanwärter, gekommen, um das fröhliche Kriegshandwerk zu erlernen, beklagten sich "über den massiven Alkoholkonsum der Stammbesatzung" des Segelschulschiffes.
Abgesehen von Berichten aus dem Jahr 2009, als von Soldaten in Mittenwald die Rede war, die zum Alkoholtrinken gezwungen worden sein wollten, ein einmaliger Vorgang, der auf Alkoholkonsum in der gesamten Bundeswehr hinzudeuten scheint. Auf neun Seiten berichtet der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus dem "Spiegel" vom Genuss geistiger Getränke an Bord, davon "wie ein Offizieranwärter das Erbrochene der Offiziere von Deck schrubben musste" und dass ein Besatzungsmitglied den Neuankömmlingen "im Rausch sogar mit dem Tod gedroht habe."
Altgediente Soldaten und Offiziere fragen sich besorgt: Ist das noch meine Bundeswehr? Die Armee, in der wir nüchtern so viel Spaß hatten? Wo wir Maskensaufen und Bierrennen für den Frieden machten? Denn was jetzt öffentlich wird, geht weit über alles hinaus, was seit den Napoleonischen Kriegen in deutschen Armeen denkbar war. Die NVA etwa, Bild oben, war eine völlig "trockene" Armee, Alkohol zu trinken galt hier als verpönt. Ganz anders bei der Bundesmarine: "Je mehr über die Zustände auf dem einstigen Paradeschiff der deutschen Marine herauskommt, desto mehr stellt sich die Frage nach Disziplin und Ordnung auf dem Segler", orakelt Matthias Gebauer, bisher der "einzige Online-Journalist, der mit dem Kanzler Dienstreisen macht", nun aber aufgestiegen zum "Spiegel"-Wehrbeauftragten.
Alkohol bei der Armee? Schnaps auf See? Wermut auf Wache? Bier auf Bude? Unfassbare Einzelheiten, die das Bild von der deutschen Bundeswehr als Spaßarmee mit durchweg traumatisierten Mitmarschierern nachhaltig zu trüben droht. Nie zuvor hatten einfache Rekruten das "Erbrochene der Offiziere wegschrubben" müssen, hatten Stammbesatzungen "hemmungslos gesoffen", waren mörderische Scherze auf Kosten der Neuankömmlingen erlaubt gewesen. Der Nahblick auf die "Gorch Fock" wird zum Blick in den Abgrund. Alkohol bei der Armee. Betrunkene bei der Bundeswehr. Ein Schock, der Deutschland nachhaltig traumatisieren wird.
Menschenverachtende Experimente an lebenden Soldaten hier:
Missbrauch bei der Bundeswehr
Waterboarding mit Heringsbrühe
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4 Kommentare:
Hallo,
zunächst mal ein dickes Lob für diesen guten Blog. Es ist gut, dass kluge, vom Mainstream abweichende, Meinungen im Internet veröffentlicht werden.
Nun zu der ganzen Gorch Fock Geschichte. Sicher sind viele Presseberichte – wie üblich – reißerisch und schlecht recherchiert. Auch ist die zeitliche Nähe der Ablösung des Kommandanten des Schiffes mit Berichten in der Bildzeitung nicht sehr glücklich. Dennoch halte ich die Entscheidung Von KTzG für richtig. In relativ kurzer Zeit hat es auf dem Schiff zwei Todesfälle gegeben. Es ist es nun mal in der christlichen Seefahrt so, dass der Skipper erst mal für alles verantwortlich gemacht wird.
Der Kommandant der Gorch Fock hat nun sicher einen besonders schwierigen Job. Wenn es stimmt, dass er unvorbereitete Teenager als Kursanten bekommt, dann ist das keine gute Voraussetzung für die Hochseesegelei. Damit muss aber der Skipper fertig werden.
Auf einem Schiff sollte Sicherheit oberstes Gebot haben! Ich finde übrigens das Argument daneben, dass Offiziere ja harte Kerle (oder KerlInnen) sein müssen und durch alles durch müssen. Eine moderne Armee braucht auch kluge Köpfe in rückwärtigen- und Verwaltungsdiensten. Deshalb halte ich es auch nicht für erforderlich, dass nun jeder Offiziersanwärter auf einem Rahsegler aufentern muss.
Ich weiß natürlich nicht, was auf der Gorch Fock vorgefallen ist. Die Vorwürfe sind aber nun mal in der Welt und die ganze Sache muss ordentlich aufgeklärt werden. Das geht nur von unabhängiger Seite.
Übrigens habe ich als Zeitsoldat bei der ehemaligen NVA gedient und segle ab und zu selbst (natürlich auf wesentlich kleineren Schiffen).
Bemerkenswert ist, daß ständig neue "Entlarvungen" vorgenommen werden - vorzugsweise an Gegenständen, Handlungen, die jahrzehntelang nicht interessierten ...und schon gar nicht, solange "das eigene Lager" in (Regierungs-)Verantwortung war.
Ich war in den 80igern bei den FschJg (nach der Marine vllt. die Truppe mit dem größten Machismo und Korpsgeist) und kein NVA-(Ex-)Rekrut kann sich vorstellen, wie harmlos, gesittet, bürgerlich, "trocken" der Dienst dort abgelaufen ist.
"Alkoholexzesse" kann ich an drei Fingern abzählen ...
... ich versuche mir gerade vorzustellen, div. Zeitungen/Magazine kämen auf die Idee, TODESFÄLLE in einem Krankenhaus und BTM-Mißbrauch unter den Zivilidientleistenden in einen Kontext zu stellen. ;-)
Ich bin empört, schockiert und besoffen und fordere umgehend eine Kosmetikkompanie zur Grundversorgung aller Bumswehrsoldat_innen!
vielen dank für lob und ergänzung. wie jeder, der mal eine uniform anziehen musste, ohne sich das ausgesucht zu haben, empfinde ich natürlich trauer, wur und scham beim gedanken an die vorgänge, die es da wohl gibt, wie wir jetzt wissen.
nein, mal ernsthaft. so schrecklich das alles ist, es ist so neu wie die enthüllung, der amtierende kanzler sei eine frau.
alles, was ich bisher an "vorwürfen" gehört habe, ist keineswegs außerhalb dessen,w as man auf youtube sehen und auch schon öff-rechtl. dokus bestaunen durfte. woher jetzt die überraschung rührt, dass an bord nicht die ganze zeit weiße ausgehuniformen und glacehandschuhe getragen wurde, weiß ich nicht. ich sehe bisher - trotz der unfälle, denn das es unfälle waren, da widerspricht ja keiner - keine ursache, das ganze thema so hysterisch abzuarbeiten.
aber letztes jahr um etwa die zeit hatten wir die missbrauchsfälle bei den katholen und in den internaten, mit denen genauso aufgeregt umgegangen wurde. vielleicht ist das ein saisonales muster? sobald wetter, fdp und bludbad nichts mehr hergeben?
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