Generationen von Historikern haben gerätselt und gestritten, ein Bundestagspräsident hat über die Antwort seinen Hut genommen, ein Dokufilmer seine ganze Laufbahn darauf aufgebaut und mehrere Fernsehsender haben den Auslöser der Frage als tragende Säule fest in ihr Programm eingebaut.
Nur die Frage war bislang trotzdem unbeantwortet: Was hat Menschen an Hitler fasziniert? Und was fasziniert sie bis heute weiter? Philipp-Hariolf Jenninger glaubte, ein überirdisches "Faszinosum" entdeckt zu haben, betonte die entsprechenden Redeteile aber falsch, so dass zahlreiche Abgeordnete den Sitzungssaal entsetzt verließen. Ungebeugt stellte der seinerzeit zweihöchste Repräsentant des Staates dennoch die Frage "War er nicht wirklich von der Vorsehung auserwählt, ein Führer, wie er einem Volk nur einmal in tausend Jahren geschenkt wird?"
Falsche Frage. Schon am Tag danach trat Jenninger zurück, ohne die Faszination damit abschwächen zu können, die bis heute von Hitler ausgeht. Der Führer, je länger er tot ist, desto häufiger kommt er vor, je weiter das von ihm angerichtete Grauen zurückliegt, um so häufiger wird ihm gedacht, wird es aufgearbeitet und nachgestellt, wie die unbestechliche Google-Timeline zeigt.
Vergebens aber war das nicht, wie eine mutige Dokumentation des Bayrischen Rundfunks jetzt zeigt. Auch sie geht der Frage nach, warum Menschen etwa den Obersalzberg besuchen, von dem aus das Böse zwischen 1937 und 1945 über den größten Teil Europas herrscht. Eine halbe Million Besucher kommen heute noch in jedem Jahr, um die Reste der früheren Reichskanzlei Dienststelle Berchtesgaden zu besuchen. Die Massen strömen freilich nicht wegen Hitler, sie besuchen den Berghof nicht wegen des Odems der Geschichte, nicht wegen lässt der in seiner Bedeutung für die Geschichtsschreibung bislang völlig unterschätzte Film wissen. Sondern (Film oben, ab Sekunde 21) natürlich wegen des "hohen fachlichen Standards" und der "guten didaktischen Aufbereitung" der Ausstellung im Dokumentationszentrum Obersalzberg, das allein deshalb "zu den meistbesuchten Museen Deutschlands" zählt.
Der Rest der Wahrheit über den Sieg des Didaktismus über den Führerkult beim Augenzeugen Anmerkung
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1 Kommentar:
Sehr schön. Hat mich doch glatt veranlaßt, alte Fotoalben rauszukramen und das Führerwohnquartier zu bebildgeschichten.
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