Die deutsche Liberaldemokratie hat ihren Maulwurf ausgegraben, die Kanzlerin den Schock verdaut, von einem US-Botschaftspraktikanten "nicht kreativ" genannt worden zu sein. Während Wikileaks-Chef Julian Assange noch auf der Flucht in einem Bauernhaus in Großbritannien ist, macht die Bundespolitik unbeirrt Nägel mit Köpfen in Sachen druchdringender Transparenz. Künftig, so hat der stets gut informierte hauptstädtische Berlinpankowblogger jetzt neue Pläne der Regierung enthüllt, soll der bisher mit großem Erfolg an der Veröffentlichung ehemaliger Geheimdaten ohne Zustimmung der betroffenen arbeitenden Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen eine zweite Behörde für die veröffentlichung aller übrigen staatlichen Dokumente zur Seite gestellt werden.
Damit werde einer Forderung entsprochen, die schon lange im Volk gärt: Das verlange immer mehr Aufklärung über alle Details des Behördenhandeln, über abgelehnte und verworfene Pläne, über interne Memos und Post-it-Zettel aus den verwaltungen. "Auch bei den aktuellen Montags-21-Demos in Stuttgart, Schönefeld und bei der Anti-Baum-Demo in Charlottenburg wurden immer wieder Rufe nach bedingungsloser Offenheit laut", resümiert der Pankowblogger. Schon einmal, Ältere erinnern sich mit feuchten Augen, war es dem deutschen Volk in Form einer wütenden Menge gelungen, sich Zutritt und Einsicht in die geheimsten der geheimen Unterlagen zu verschaffen. Auch jetzt wolle es "nicht dumm sterben und wissen, was los ist", zitiert der Text auf bpb eine unüberschaubare Menschenmenge.
Die Regierung hat reagiert und nach Jahren von Bespitzelung, Ausspionierung und heimlicher Beleidigung nimmt sie nun ihre Arbeit auf. Die BdGU, die Bundesbehörde für diplomatische Geheimdienstunterlagen, im Amtsdeutsch „Die oder der Bundesbeauftragte für die Unterlagen der diplomatischen Geheimdienstes der ehemaligen befreundeten Staaten der Welt“ genannt, ist seit gestern offiziell und amtlich online und ebenso nach vorheriger Anmeldung und Ausfüllen des grünen „Ja- ich-bin-kein-Terrorist“ -Normblattes in Berlin besuchbar. Dort (J.-Assange-Straße 666, 10815 Berlin), und auch im Internet gibt es Antrags-Formulare für die Akteneinsicht.
Jeder einzelne, egal ob Diplomat, Diktator, Kanzlerin, Außenminister, Parteivorsitzender, Büroleiter oder Scheich, hat nun das Recht, von der Bundesbeauftragten Auskunft darüber zu verlangen, ob in den Unterlagen Informationen zu seiner Person enthalten sind. Einzige Bedingung ist, dass er selbst kein Betroffener im Sinne des Täterparagraphen 12 der Verordnung über den Schutz persönlicher Daten im Krisenfall ist. Ist diese Bedingung erfüllt, hat der einzelne das Recht auf Auskunft, Einsicht in Unterlagen und Herausgabe von Unterlagen nach Maßgabe des Gesetzes (Kopien 50 Eurocent/Blatt A4). Eile ist nicht geboten, denn im Gegensatz zu den Unterlagen des DDR-Geheimdienstes, die es damals nur auf leicht vernichtbarem Papier und auf Tonbändern gab, sind die Akten diesmal sicherer aufbewahrt.
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