Eine schnellstlebige Zeit, dieses heute! Nachmittags noch heile Welt in Deutschland, der "Spiegel" hat eine DIW-Studie gefunden, die die Mär vom Fachkräftemangel endgültig enttarnt. Es ist 14 Uhr in Hamburg und Deutschland hat alles, was braucht, um die Zukunft zu bestehen! Die Leute sind da, nur die Stellen fehlen! "Die deutsche Industrie klagt seit Jahren über den Mangel an Fachkräften und vermeintlich fatale Folgen für die Wirtschaft", resümiert das ehemalige Nachrichtenmagazin. Völlig zu unrecht, wie "DIW-Forscher" herausgefunden hätten: Die nämlich "haben sich die populäre These genauer angeguckt - und sind zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: Sie ist falsch."
Neue Angst am Arbeitsmarkt, ein Funken Hoffnung erstirbt in den Augen von zehntausenden prekär beschäftigten Ingenieuren, Juristen und Feinmechanikern. Trotz CDU-Parteitag, trotz Angela Merkels Neuausrichtung der deutschen Politik auf ein Mehr an christlichem Fundamentalismus: Es sind die Stellen, die fehlen, nicht die Menschen, die sie besetzen könnten. Hilflos hält die "Wirtschaftswoche" noch dagegen: "Der Fachkräftemangel ist real", heißt es da, die FDP-Bundestagsfraktion wirft ein relativierendes der "Fachkräftemangel ist in Ostdeutschland Realität" in die Runde und die "Märkische Allgemeine" polstert der Befund mit der Schlagzeile ab "DIW bezweifelt grundlegenden Fachkräftemangel".
Die Endabrechnung aber ist ohne den "Spiegel" gemacht. Vier Stunden später aber sieht Deutschland klarer. 18 Uhr, es ist dunkel geworden, aber im "Spiegel"-Hochhaus brennt noch Licht. "Deutschland streitet über den Fachkräftemangel - Existiert er oder nicht?", fragt die Illustrierte nun "Experten, alle Dax-Konzerne und die Arbeitsagentur". Die Antwort ist nun mindestens bis morgen Mittag amtlich: "Selbst in Regionen und Branchen, die jetzt noch verschont sind, wird es in Zukunft Probleme geben", heißt es unheilvoll. Wer jetzt noch keine Angst vor Arbeitslosigkeit hat, wird bald Angst vor einem Mangel an Mitarbeitern haben. wer jetzt noch keine Fachkraft hat, die an seiner Dönerbude Fladenbrote passend schneidet, wird nun bald auch keine mehr finden. Wo eben noch der Mangel weg war, fehlt jetzt doch wieder der Mensch, und wo er nicht fehlt, wird er in Bälde fehlen. Wenigstens bis zur nächsten vollen Stunde, denn eines wird Deutschland nie leiden: Mangel am Mangel.
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