Es waren endlich mal wieder alle waren da, außer Erich Honecker. Fernsehberichte wie Liveübertragungen von der Ehrenparade auf dem Roten Platz, gemessene Präsidentenworte von heiligem Ernst, bunte Menschenmengen beim Volksfest, das nicht wie seinerzeit zur 750-Jahr-Feier die Berliner und ihre Gäste, sondern das während der friedlichen Revolution im Osten federführende Bremen und die ostdeutschen Fernsehanstalten zu Ehren des 20. Jahrestages des "Anschlusses" (Matthias Platzeck) der DDR an die bessere deutsche Republik feierten. Nachdem Genossen der neuen Deutschen Volkspolizei im Namen der Demokratie ein Transparent, das den Artikel 146 des Grundgesetzes zitierte, vom Rande der Einheitsfeierlichkeiten entfernt hatte (Diktaturenvergleich: Karl Eduards Kanal), konnte die Party mit Volksfestcharakter richtig losgehen.
Christian Wulff stellte sich als Präsident aller Muslime in Deutschland vor und wetterte: "Natürlich spielt es eine Rolle, woher einer kommt. Es wäre schade, wenn das nicht so wäre." Es sei Konsens, dass in Deutschland deutsches Recht und Gesetz gelten, aber wenn ein Kind keine guten Deutschkenntnisse habe, dürfe es auch nicht zur Schule gehen. Sei es aber erstmal Schulkind, dürfe es auch einen Abschluss verlangen. Dann plädierte Wulff entschlossen für mehr Kinderarbeit: "Kein Kind soll ohne Berufschance bleiben."
Eine große Rede, eine wegweisende Rede, die als deutlicher Beleg für die These der DDR-Revolutionäre gelten darf, dass "die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft in unserem Land offensichtlich gestört ist" (Neues Forum), da waren sich alle Beobachter schon vorab einig.
"Der Bundespräsident hat darauf hingewiesen, was es heute bedeutet ein Volk zu sein", glaubte Bundeskanzlerin Angela Merkel herausgehört zu haben. Zuvor habe die Musikzeitschrift "Rolling Stone", als Spinger-Blatt eigentlich der endgültigen Vollendung der Einheit verpflichtet, zahllose ostdeutsche Leser und Nicht-Leser mit einer Liste der "Besten deutschen Platten aller Zeiten" beleidigt und empört, indem es nicht ein einziges ostdeutschen Musikwerk erwähnte.
Wulff aber machte die Schmerzen schnell vergessen. "Er ist einer, der ruhige, klare Worte spricht", gab Grünen-Chefin Renate Künast zu, sich etwas gelangweilt zu haben. "Kein rhetorisches Glanzstück, aber auch nicht wirklich schlecht", fand es der Redenkritiker des "Spiegel". "Die entscheidende Botschaft dieses Appells lautet: Wir sind Deutschland!", rief Wulff in Richtung des ihm vor Monaten unterlegenen Präsidentschaftsbewerbers Joachim Gauck, der in seiner Geburtstagsrede zum Einheitstag am Abend zuvor krude Thesen und Ungeheuerlichkeiten wie “Bei der Versorgung wollen selbst diejenigen integriert sein, die unsere Kultur ablehnen, sie sogar bekämpfen und denunzieren” und “Wenn eingewanderte Familien sich noch jahrelang der Landessprache verweigern, dann werden alle Integrationsbemühungen scheitern” geäußert hatte.
Christian Wulff mag es eher allgemeiner, unverbindlicher, präsidialer. Deutschland lebe von Vielfalt, vermutet er, auch wenn es Nachholbedarf etwa bei Sprach- und Integrationskursen für die gesamte Familie gebe, sei das Land doch weiter, als es die aktuelle Debatte vermuten lasse, auf die er nicht weiter eingehen wolle. Hatte Gauck noch gefordert, Kinder aus Familien, in denen nicht deutsch gesprochen wird, zwangsweise möglichst früh in Kindergärten einzuweisen, appellierte Wulff an "die Verantwortungs- und Entscheidungselite", die er "in einer abgehobene Parallelwelt" sieht. Während draußen hunderttausende Bürger umschwärmt von eifrigen MDR- und RBB-Reportern auf einer Fressmeile mit Spezialitäten aus allen 16 vereinten Bundesländern schnabulierten, was Küche und Herd hergaben, verneigte sich Wulff "vor allen, die für diese Freiheit gekämpft haben." Der WDR brachte derweil einen Einheitsbericht aus einem zur Schließung stehenden Bergwerk, der Bayrische Rundfunk entschied sich zu einem Geburtstagsreport über "Schützenleben in Bayern" und der SWR brachte anlasspassgerecht "Ein Windhund wird Weltmeister".
Am Abend wurde in Berlin weitergekämpft. Die Zuhörer der Festrede reisten zum nächsten Spektakel der Geburtstagsparty: Mit dem Regierungs-Airbus ging es von Bremen nach Berlin, wo ein Super-Einheits-Feuerwerk vorbereitet war.
Die gesamte Rede im Wortlaut hier.
Christian Wulff stellte sich als Präsident aller Muslime in Deutschland vor und wetterte: "Natürlich spielt es eine Rolle, woher einer kommt. Es wäre schade, wenn das nicht so wäre." Es sei Konsens, dass in Deutschland deutsches Recht und Gesetz gelten, aber wenn ein Kind keine guten Deutschkenntnisse habe, dürfe es auch nicht zur Schule gehen. Sei es aber erstmal Schulkind, dürfe es auch einen Abschluss verlangen. Dann plädierte Wulff entschlossen für mehr Kinderarbeit: "Kein Kind soll ohne Berufschance bleiben."
Eine große Rede, eine wegweisende Rede, die als deutlicher Beleg für die These der DDR-Revolutionäre gelten darf, dass "die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft in unserem Land offensichtlich gestört ist" (Neues Forum), da waren sich alle Beobachter schon vorab einig.
"Der Bundespräsident hat darauf hingewiesen, was es heute bedeutet ein Volk zu sein", glaubte Bundeskanzlerin Angela Merkel herausgehört zu haben. Zuvor habe die Musikzeitschrift "Rolling Stone", als Spinger-Blatt eigentlich der endgültigen Vollendung der Einheit verpflichtet, zahllose ostdeutsche Leser und Nicht-Leser mit einer Liste der "Besten deutschen Platten aller Zeiten" beleidigt und empört, indem es nicht ein einziges ostdeutschen Musikwerk erwähnte.
Wulff aber machte die Schmerzen schnell vergessen. "Er ist einer, der ruhige, klare Worte spricht", gab Grünen-Chefin Renate Künast zu, sich etwas gelangweilt zu haben. "Kein rhetorisches Glanzstück, aber auch nicht wirklich schlecht", fand es der Redenkritiker des "Spiegel". "Die entscheidende Botschaft dieses Appells lautet: Wir sind Deutschland!", rief Wulff in Richtung des ihm vor Monaten unterlegenen Präsidentschaftsbewerbers Joachim Gauck, der in seiner Geburtstagsrede zum Einheitstag am Abend zuvor krude Thesen und Ungeheuerlichkeiten wie “Bei der Versorgung wollen selbst diejenigen integriert sein, die unsere Kultur ablehnen, sie sogar bekämpfen und denunzieren” und “Wenn eingewanderte Familien sich noch jahrelang der Landessprache verweigern, dann werden alle Integrationsbemühungen scheitern” geäußert hatte.
Christian Wulff mag es eher allgemeiner, unverbindlicher, präsidialer. Deutschland lebe von Vielfalt, vermutet er, auch wenn es Nachholbedarf etwa bei Sprach- und Integrationskursen für die gesamte Familie gebe, sei das Land doch weiter, als es die aktuelle Debatte vermuten lasse, auf die er nicht weiter eingehen wolle. Hatte Gauck noch gefordert, Kinder aus Familien, in denen nicht deutsch gesprochen wird, zwangsweise möglichst früh in Kindergärten einzuweisen, appellierte Wulff an "die Verantwortungs- und Entscheidungselite", die er "in einer abgehobene Parallelwelt" sieht. Während draußen hunderttausende Bürger umschwärmt von eifrigen MDR- und RBB-Reportern auf einer Fressmeile mit Spezialitäten aus allen 16 vereinten Bundesländern schnabulierten, was Küche und Herd hergaben, verneigte sich Wulff "vor allen, die für diese Freiheit gekämpft haben." Der WDR brachte derweil einen Einheitsbericht aus einem zur Schließung stehenden Bergwerk, der Bayrische Rundfunk entschied sich zu einem Geburtstagsreport über "Schützenleben in Bayern" und der SWR brachte anlasspassgerecht "Ein Windhund wird Weltmeister".
Am Abend wurde in Berlin weitergekämpft. Die Zuhörer der Festrede reisten zum nächsten Spektakel der Geburtstagsparty: Mit dem Regierungs-Airbus ging es von Bremen nach Berlin, wo ein Super-Einheits-Feuerwerk vorbereitet war.
Die gesamte Rede im Wortlaut hier.
3 Kommentare:
"...verneigte sich Wulff vor allen, die für diese Freiheit gekämpft haben."
Ja, Danke. Wir haben sie uns nur ein wenig anders vorgestellt. Ein Grund mehr, Inszenierungen wie der Einheitsfeier-Freßmeile fern zu bleiben.
Na ja, Gauck sagt ja auch so dies und das. Wäre er jezt BuPrä würde er genauso dämlich daherquatschen (müssen) wie Wulff.
Am schönsten ist diser geredete Satz:
1848 begann Karl Marx sein Kommunistisches Manifest mit den berühmten Worten “Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus.”
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