Mittwoch, 16. Juni 2010

Nachholende Vorausahnungen


Die Experten wussten alle Bescheid. Kommentatoren und Korrespondenten konnten es dem Bundespräsidenten an der Nase ansehen: Als Horst Köhler "wegen des Klimawandels zu einem grundlegend anderen Lebensstil" aufrief, ahnte es die "tagesschau", als er "die Ernennung des neuen Bundeskabinetts für einige mahnende Worte an die schwarz-gelbe Regierung" nutzte, war für den "Spiegel" alles klar: Der Bundespräsident war absolut unübersehbar völlig total amtsmüde.

Allerdings blieb die sichere Kenntnis streng geheim. Kein Wort, nirgends, in keiner deutschen Zeitung, auf keiner Webseite, nicht einmal in einem das Gras wachsen hörenden Blog. Wenn in deutschen Qualitätsmedien von Amtsmüdigkeit im Zusammenhang mit Horst Köhler die Rede war, dann nach den unbestechlichen Google-Archiven (Bild oben) nur im Zusammenhang mit anderen Politikern - Michel Glos etwa, der vor Köhler das Handtuch geworfen hatte und von Köhler entlassen worden war.

Die Welle der Vorausahnungen, die sich seit dem Rücktritt des Präsidenten auf Google-News zu 630 rückwärtsprophetischen Beiträgen über Horst Köhlers Amtsmüdigkeit aufgeschaukelt hat, entstand erst im Nachhinein. Quasi im selben Moment, in dem der Bundespräsident ohne Absprache mit den Leitmedien vor die Presse und zurück trat, konnte im Kaffeesatz von heute die Vergangenheit als Zukunft gelesen werden.

Dann aber hatten es alle schon immer gewusst. Der "Südkurier" verabschiedet ein "amtsmüdes Staatsoberhaupt in den Vorruhestand", die "Welt" diagnostiziert einen "klassischen Fall von Amtsmüdigkeit", die "Rheinische Post" erinnert sich sogar genau, gehört zu haben, wie die ehemalige Klimakanzlerin Angela Merkel den "amtsmüden" Amtsinhaber warnte: "Die Menschen, die die Debatte um die Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz nicht in allen Details mitbekommen haben, werden Sie nicht verstehen".

Köhlers Antwort ist nicht überliefert, bei Bedarf aber wird sie später natürlich auch von Anfang an gewusst worden sein. Plusquamperfekt oder Futur II, Knochenschau und Vogelflug, Wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts, das aber lieber spät als nie.


2 Kommentare:

Sudanese aus Blankenese hat gesagt…

sie muessen echt ma aufhoern mit ray wilson, dem praesentesten kuenstler auf ppq gleich hinter kachel gott.

der is so cool wie groenemeyer, dr. alban oder die spice girls (als sie nur noch zu viert waren).

ppq hat gesagt…

das lied passte einfach, scheißegal ob der cool ist