CNBC, der Nachrichtenkanal von General Electric, wusste es schon vergangene Woche. 51 deutsche Millionäre, so berichtete der US-Sender, hätten einen Brief an die frühere Klimakanzlerin Angela Merkel geschrieben und inständig darum gebeten, künftig mehr Steuern bezahlen zu dürfen. Deutsche Qualitätsmedien allerdings boykottierten die lustige Aktion - nirgendwo fand sich auch nur eine Zeile zum Spaßbrief der Besserverdienenden, auch Tage später beschwieg der Holzmedienwald den dicken Hund aus den Millionärvillen standhaft und still.
Ein Brief deutscher Millionäre an die deutsche Kanzlerin, der nur in den USA bekannt wird? Kann das wahr sein? Oder handelt es sich bei dem von den angloamerikanischen Qualitätsjournalisten zitierten Schreiben etwa um eines aus dem Jahre 2005, das damals tatsächlich von Millionären geschrieben und von einem breiten Medienecho begleitet an die Vorsitzende der Großen Rettungskoalition geschickt worden war?
So ist es. Siebenmal nur musste PPQ sich direkt an CNBC wenden, bis die Antwort kam: Nein, es gibt keine andere Quelle als die CNBC-Nachricht dafür, dass Millionäre ihre fünf Jahre alte Bitte um höhere Besteuerung erneuert hätten. "This article is the only information available regarding German Millionaires Volunteer to Pay 'Rich Tax", lässt uns Melissa Siewert von der "Consumer Care"-Abteilung der NBC-Tochter wissen. CNBC-Korrespondentin Silvia Wadhwa fand die angejahrte News aus dem Jahr, in dem der inzwischen längst vergessene Papst Johannes Paul II. starb, wohl einfach immer noch frisch genug, um sie nochmal zu verbreiten.
Immerhin fanden sich ja dann ja sofort ein paar ehemalige Pop-Prominente bereit, auf Anregung des "Spiegel" an die Bundesregierung zu appellieren, die Reichen nun endlich mal stärker zu belasten. Herbert Grönemeyer und Marius Müller-Westernhagen ("geiler is schon, wir hätten viel Moos") lehnen es gemeinschaftlich ab, weiter so hoch bezahlt zu werden wie bisher. Weniger netto vom brutto, das müsse die Linie sein, rechnete der Göttinger Sänger Herbert Grönemeyer dem Rockmagazin vor.
"Wenn man Gemeinschaft möchte, müssen diejenigen, die leichter viel Geld verdienen, auch leichter mehr Geld abgeben", so Grönemeyer. Er unterstütze Steuererhöhungen für Wohlverdiener, denn er habe bisher keine Möglichkeit gefunden, sein überzähliges Geld ohne Staatshilfe loszuwerden.
Seinem zuletzt von zahlreichen kommerziellen Misserfolgen geplagten Kollegen Marius Müller-Westernhagen ("dann trinken wir Schampus, bis wir verrecken...") geht es genauso. Auch er nutzt die Gelegenheit, sich vor einer im Oktober beginnenden Deutschland-Tour, zu der es überall noch Karten gibt, mit der Forderung nach höheren Abgaben wieder ins Gespräch zu bringen. "Mit einer sogenannten Vermögensteuer Geld zu versteuern, welches bereits versteuert ist, ist unlogisch", glaubt Westernhagen ("Ich muss auch kein Rock´n´Roll-Star sein"). "Mit einer Anhebung des Spitzensteuersatzes hingegen auch die Spitzenverdiener angesichts der Finanzkrise in die Pflicht zu nehmen, ist nachvollziehbar und gerecht." Ein klarer Fall für CNBC-Korrespondentin Silvia Wadhwa, die Westernhagen schleunigst in seiner neuen Wohnung besuchen sollte. Klo überm Hof und ne Menge Kummer.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Nun, Grönenuschel hat nach seiner Rückkehr aus London auch (mit tränenerstickter Stimme) von der Schönheit des Ruhrgebiets geredet.
... und ist dann nach Berlin gezogen.
Kommentar veröffentlichen