Montag, 10. Mai 2010
Rette Dich wer kann
Hoijoijoi, das war wieder eine Rettung, die Angela Merkel und der Rest der EU da hingelegt haben. Alle Achtung, denkbar knapp wie die Münchner Meisterschaft damals gegen Schalke, dann aber doch beruhigend sicher und ballgewandt. In letzter Sekunde, "bevor die Märkte in Fernost öffnen" (Tagesschau) und das "Wolfsrudel" (dpa) der Spekulanten wieder losprescht, um den Euro zu zerfleischen, gelang es dem Krisenstab, das seit Monaten lodernde Papiergeldfeuer mit einer dicken Decke aus neugedruckten Scheinen zu ersticken. Die Europäische Zentralbank, die ihre Unabhängigkeit dadurch nachwies, dass sie zum exakt selben Zeitpunkt wie die europäischen Regierungschefs tagte und exakt dasselbe beschloß, besorgt die Kohle, indem sie beginnt, wacklige Anleihen aus kippligen Euroländern aufzukaufen.
Um zu verhindern, dass jemand merkt, wie auf diesem Wege eine zusätzliche transnationale Schuldenkasse außerhalb der Verantwortung der gewählten Regierungen geschaffen wird, haben die Finanzminister sich für die Lösung entschieden, mit der früher bereits Erfolgsbanken wie die Hypo Real Estate, die Sachsen LB und die West LB Furore machten: Nicht die EU-Kommission wird ihren Mitgliedsländern Geld leihen, sondern eine eigens gegründete Zweckgesellschaft. Noch scheint nicht bekannt, ob die in einer Steueroase angesiedelt wird, um Steuergeld zu sparen. Sie werde aber in jedem Fall Eurobonds auflegen, das so von gierigen Spekulanten auf der Jagd nach sicherer Rendite eingeworbene Geld steht dann für die Rettung bedrohter Euro-Länder zur Verfügung.
Geschickt umgehen die Regierungen damit augenzwinkernd die kleinliche No-bail-out Klausel der EU-Verfassung, perspektivisch dürften nun die diversen Schattenhaushalte der öffentlichen Hand von Pensionskassen über KfW-Kredite bis zu den Rettungsschirm-Bürgschaften der Sofin gute Chancen haben, die sichtbaren öffentlichen Schulden um ein Vielfaches zu übertreffen. Der einst angestrebte "Stabilitätspakt", dessen einziges Machtinstrument das Verschicken von "Blauen Briefen" blieb, endet als Transferunion ohne unabhängige Zentralbank, Europa wird endlich eins, ein Volk, ein Währungsreich und mit Sarkozy und Merkel nur zwei Führer. Und die nächste Rettung kommt bestimmt, mit noch mehr Geld und noch mehr beruhigenden Sprüchen in den Abendnachrichten: Ja, so gerettet werden ist fast wie sterben.
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6 Kommentare:
In den letzten DDR-Wochen ging bei uns der Spruch rum:
"Entweder die sind wirklich so dumm - oder sie arbeiten perfekt". Es stellte sich dann heraus, dass die (die meisten jedenfalls) wirklich so dumm waren.
Aber wie ist es heute, begreift das Gesindel in Berlin und Brüssel wirklich nichts?
Ich finds nur schön wie "wirksam" dieser neue Rettungsschirm ist. Der Euro und die Börsenkurse rasseln wieder hoch - und das eigentlich nur wegen einer simplem Meldung. Ich frag mich nur was das Ganze nun bedeutet - nach meiner Anschauung nur, dass eben irgendwann der Steuerzahler für alles aufkommen muss - aber natürlich erst wenn die Spekulanten Ihre Schäfchen ins Trockene gebracht haben.
ja, die bösen spekulanten. hatten heute ihren großen tag. da war für kleines geld eine menge großes drin
wumms
"Der Steuerzahler" wird für überhaupt nichts aufkommen - es gibt keine Steuersenkungen, drastische Steuererhöhungen kann ich mir nur bei Vermögenssteuern (Erbschaftsteuern) vorstellen -der Bierdeckel wird jetzt bis zum Rand vollgeschrieben: bei Deutschland >100% BIP.
Dann gibt es eine Währungsreform, die Vernichtung von Versicherungs- und Sparguthaben, massive Renten"anpassungen". Die Frage ist nur, inwieweit wir bis dahin schon auf dem Weg zum "ökosozialen Umbau" der Gesellschaft vorangeschritten sind.
Verschuldungsgrenzen sind sinnlos, "Sparen" dürfte angesichts der auf dem Zahnfleisch daherrutschenden Kommunen auch kaum möglich sein.
Irgendwas muß ich verpaßt haben. Da war heute immer von irgendwelchen »Prinzipien« die Rede, die Frau Merkel aufgegeben habe. Wo soll sie die denn überhaupt plötzlich hergehabt haben?
ja, ein rätsel. aber da sie nun weg sind, werden wir nie mehr erfahren, wo sie hergekommen waren
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