Verbittert wird sie vermittelt, die gute alte DDR. "Wenn Eltern im Osten ihren Kindern von Alltagserinnerungen erzählen, neigten sie oft zum Weichspülen der DDR", so analysiert der "überwiegend drittmittelfinanzierte" (Wikipedia) Soziologe Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin messerscharf, was er in endlosen Stunden an den Abendsbrotstischen bei alten DDR-Familien zwischen Zeitz und Zappendorf erfahren musste. Da wird über Halstücher gescherzt und die baumwollene FDJ-Bluse mit der aus Kunststoffstoff verglichen, die ostdeutschen Kindergärten werden bedenkenlos gelobt und kaum jemand bekennt noch, wie schrecklich viele Ostrocktitel waren - selbst unser Werbepartner Google, als NSW-Ausländer der Sehnsucht nach einer Rückkehr des Staatssozialismus unverdächtig, verharmlost zu unserem großen Staunen in unserer Serie "Wofür wir gern werben" auf das Verharmlosenste: "Ostalgie ist Lebensfreude" propagiert der Noch-Netzriese in unserer pekunären Rechtsaußenspalte.
Nostalgie wie nie, so hieß es deshalb völlig zurecht beim Bundeskongress der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Neustrelitz, denen die tote DDR Arbeit und Brot noch auf viele Jahre zu sichern verspricht, auch denn der Vertreters Sachsen-Anhalts augenblicklich wegen systembedingten Rücktritts passen muss. Es werde nur von positiven Erinnerungen berichtet, der soziale Bereich werde idealisiert, die Diktatur ausgespart, zitiert die Nachrichtenagentur dpa die einzig amtliche DDR-Sicht. Deshalb gelte es jetzt für Lehrer, die Landeszentralen für politische Bildung und den Rest der Volkserziehungsforschung, dem etwas entgegenzusetzen: Kinder sollten erfahren, wie es wirklich war, die neue Nummer vom "Mosaik" nicht bekommen zu können, die Bierflasche vor dem Kauf herumdrehen zu müssen, um eklige Schwebteilchen zu entdecken, oder in einer Schlange nach der neuen Deep-Purple-Lizenzplatte anzustehen, um dann nur Alan Parsons Project zu bekommen.
Johannes Rink, Vorsitzender des Bundesverbandes der Opfer des Stalinismus, forderte, DDR-Geschichte eher und umfangreicher als bisher zu vermitteln. Nötig seien verpflichtende Fahrten zu Gedenkstätten, wie sie die DDR im Rahmen der beliebten Jugendweihe durchführte. Auch könnten schon in den Kindergärten Lieder gesungen werden, die die sozialistische Lebensweise entlarvten und die Freundschaft zur ruhmreichen Sowjetunion als leere Pflichtübung enttarnen.
Es gehe um eine umfangreichere Vermittlung von DDR-Geschichte als bisher. «Es kann nicht sein, dass 15-, 16-, 17- Jährige nicht wissen, wer Walter Ulbricht war", sagte Johannes Rink. Schließlich wisse jeder in dem Alter, wer Ludwig Ehrhard, Hans Wilhelmi
und Hermann Höcherl gewesen sei. Dabei sei Ulbricht als gelernter Tischler bereits 1908 dem Arbeiterjugendbildungsverein Alt-Leipzig beigetreten, er habe im Ersten Weltkrieg als Soldat an der Ost- und Westfront gedient, sei dann nach Paris emigriert und habe es von dort aus konsequent abgelehnt, Großbritannien im Weltkrieg gegen Deutschland zu unterstützen, weil "der englisch-französische Kriegsblock den Krieg gegen die sozialistische Sowjetunion will". Nicht zuletzt spielte Ulbricht mehrfach öffentlich Tischtennis und stand für eine vielgeleckte Briefmarke Modell.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
11 Kommentare:
Das "Standardwerk" von Klaus Schroeder ist aber wirklich sehr gut und dürfte auch in der Stadtbibliothek von Halle stehen.
Meine Lieblingsbegegnung mit der Ostalgie:
2002, 26-jährige Immobilienwirtin mit 3er-Coupe´ vor der Tür und frisch aus dem Südafrika-Urlaub zurück, erzählt mir, welche Vorzüge die DDR hatte. :-)
Meine Erfahrung ist, daß seltener Frauen und seltener "das einfache Volk" ostalgisch sind, sondern eher der (männliche) Mittelbau.
... das Lehrerkader linientreu sind und gerne Irrungen+Wirrungen mittragen, ist ja kein ostdt. Spezifikum.
Wes Brot ich fress, des Lied ich sing.
Darf ich meinen Senf von gestern recyclen?
aber gern doch! wir sagen ja auch immer, es war nicht alles gut in der ddr.
Hehe, Blogkopie!
Der Verfassungsschutz hat unter dem Namen seiner Partei zugeschlagen.
Ist das der Adelsschlag?
Wenn ich von Ostalgie rede, dann meine ich immer die wehmütigen Gedanken an Sibirien, die mich befallen, wenn ich mich im überfüllten Mitteleuropa aufhalte.
ja, die hirnlose truppe stalkt hier traditionell rum. das bringt sicher unglaublich sympathien
ich meinte den neuerlichen reklameeintrag der flachzangen, denen kein eigener blogname eingefallen ist
Hab heute morgen schon überlegt, ob ich es per "Mißbauch melden"-Knopf verpetze, bin dann aber doch erstmal auf Arbeit gegangen. Würde das helfen oder ist es guuuuuuugel egal oder ist es dann doch zu viel der Aufmerksamkeit?
Für mein Empfinden ist es eine ziemlich dreiste Kopie und was diese Partei anfaßt wird zu Scheiße, so ähnlich wie weiland bei König Midas.
als diensthabender blogwart habe ich es der parteizentrale gemeldet. da rollen jetzt köpfe
Kommentar veröffentlichen