Rüttgers und Rumänien, die Geschichte eines "Wahlkampfeklats" (dpa) oder gezieltes Ausbremsen eines unbequemen Ministerpräsidenten, der den Mut hat, eine schreckliche Wahrheit auszusprechen? Rein numerisch gesehen liegt Jürgen Rüttgers, der stocksteife Volkstribun, mit seinen Vermutungen über die Art, in der im ehemaligen Reich von Nikolae Ceaucescu gearbeitet wird, völlig daneben. In Rumänien arbeiten Beschäftigte im Durchschnitt wöchentlich 41,7 Stunden und damit etwas länger als Deutsche - die durchschnittliche effektive Arbeitszeit liegt hier bei 41,1 Stunden in der Woche.
Der Fremdenfeind Jürgen Rüttgers rührt jedoch mit seiner "Hetze" (Jusos) an einen wunden Punkt: Statistisch gesehen ist jeder Rumäne genauso lange an seinem Arbeitsplatz wie sein deutscher Kollege, er stellt in derselben Zeit aber immer noch nicht einmal die Hälfte an Gütern her. Das liegt nach Ansicht des "Manager-Magazin" an nebelhaften "fehlenden Qualifikationen und schlechteren persönlichen Lebensbedingungen"; aber auch nicht näher bezeichnete "Mentalitätsunterschiede" spielten wohl eine Rolle. In der Erntezeit etwa steige der Krankenstand schlagartig auf 20 Prozent, auch bestehe "eine hohe Diebstahlgefahr", weil "aus den Zeiten des Sozialismus die Einstellung" stamme, "man besorgt sich im Betrieb, was es im Handel nicht gibt".
Davon war vor zwei Jahren auch die SPD um ihren damaligen Parteichef Kurz "Mecki" Beck und seinen heutigen Nachfolger Franz Müntefering felsenfest überzeugt. In Rumänien werde niemals ein Handy von derselben Qualität entstehen können wie im Ruhrgebiet, hieß es damals, als Kurt Beck sein nagelneues Nokia-Handy mutig boykottierte und auf Steuerzahlerkosten auf in China gebautes Gerät der Konkurrenz umstieg, um deutsche Arbeitsplätze zu erhalten. Die Standortpolitik des finnischen Telefonkonzerns nannte die SPD damals "menschenverachtend".
Wer es nicht passend hat, muss eben mit großen Scheinen zahlen.
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6 Kommentare:
was wird nur peter maffay dazu sagen?
Wer ist Peter Maffay?
Aber mal zum Thema: Ich habe die Rumänen in etwa auch so kennengelernt, und zwar von Seiten einer Hilfsorganisation, die da unten etwas unterstützend tätig werden wollte. Es sind halt die böhsen, böhsen Secundärtugenden, an denen einige Sachen scheitern, und wenn es nur darum geht, daß man belegen können muß, was man so mit Hilfsgeldern anstellt. Ich wäre also beinahe geneigt, Rüttgers mal einfach so aus vollem Herzen rechtzugeben, wenn das nicht so fürchterlich Autobahn wäre.
friedrich, sei vorsichtig. rüttgers recht geben heißt "rüpeln" und rüpeln in internetforen heißt demnächst stoppschild
Ich bin ja vorsichtig. Habe ja extra im Konjunktiv geschrieben und im letzten Moment die rhetorische Kurve gekriegt. Teilweise zumindest. Ansonsten habe ich mich etwas vertan, denn natürlich scheitert nichts an Secundärtugenden, sondern am Fehlen derselben. Diese Richtigstellung macht zwar meinen Satz schön logisch, bringt mich aber wieder — der geneigte Leser ahnt es schon — einem Stopschild näher. Fehlen von Secundärtugenden zu beklagen ist wahrscheinlich auch Autobahn.
die FAZ hatte vor vier wochen einen rassistischen artikel, in dem es hieß, in bulgarien würden im wahlkampf traditionell stimmen gekauft.
mich schüttelt es heute noch. wie kann man nur so entgleisen
Tja, das ist halt das Flaggschiff der dekadenten bürgerlichen Presse. Dem ND würde so etwas nie passieren.
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