Auch 36 Stunden nach der Eröffnung eines "Thor Steinar"-Ladens mitten in der in barocker Händelstimmung schwingenden Innestadt der sachsen-anhaltinischen Kulturhauptstadt Halle reißen die Proteste gegen den arabischen Investor nicht ab.
Schon als sich die Türen des Geschäfts gestern zum ersten Mal öffneten, hatten 300 Hallenserinnen und Hallensern mit einer Protestdemo ihren festen Willen bekundet, weiter andere Marken viel lieber kaufen zu wollen. Der zünftig von einem italienischen Schuhladen und einem vietnamesischen Schürzenhändler flankierte Laden mit dem kernigen nordischen Namen "Oseberg" bietet nach Erkenntnissen von Opferberatern und Verfassungsschutz ausschließlich Kleidung an, die in der "rechten Szene" (dpa) als streng geheimes Erkennungszeichen gilt. Damit werde das Ladenlokal der Dubaier Firma Faysal al Zarooni Group zu einem Treffpunkt extremistischer und radikaler Nazis, die sich mit Hilfe der Pullover aus Pakistan miteinder vernetzen wollten, bis das Vierte Reich errichtet sei.
Das geschieht getarnt und unauffällig. Von fern sieht alles ganz harmlos aus - ein klarer Hinweis darauf, wie gefährlich das "Oseberg" wirklich ist. Während im Laden einige offenbar als junge Mädchen getarnte Nazialtkader auffällig so tun, als würden sie nur viel zu enge T-Shirts mit Tarnaufdrucken wie "Cuba" anprobieren, laufen Verkäufer herum, denen man nicht ansieht, dass sie eigentlich Mitgliedausweise für verbotene Organisationen verteilen. Im Schaufenster wird eine Aushilfe auf 400-Euro-Basis gesucht - bislang vergeblich, vielleicht, weil das demokratische Halle einfach nicht bereit ist, in einem Naziladen zu jobben, vielleicht aber auch, weil das braune Halle keine Lust hat, für einen Araber den Rücken krumm zu machen.
Man weiß es nicht und wird es vermutlich nie erfahren. Zum Glück gingen wenigstens die Widerstandsaktionen vor der Tür erfolgreich weiter. Ein mutiger junger Mann hielt während der Vorort-Recherche des PPQ-Teams direkt vor dem Eingang eine in ihrer schlichten Selbstverständlichkeit überaus ergreifende Mahnwache. Dazu hatte er eine Flasche Bier als Proviant dabei und eine kleine Sammelschüssel für Spenden aufgestellt, die dazu dienen werden, weitere kreative Protestaktionen zu finanzieren.
Alles blieb gewaltfrei: Die leere Flasche wurde nach Beendigung des stummen Akts zivilen Widerstands nicht etwa in die Schaufensterscheibe geworfen. Sondern sorgsam auf einem Fenstersims gegenüber abgestellt. Dort holte sie sich binnen weniger Minuten ein Flaschensammler.
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3 Kommentare:
Ist das nun Ausdruck besonderen Cynismus — Geld sammeln, aber zu faul sein, die Pfandflasche wegzubringen (und daß es sich um eine solche gehandelt hat, setze ich voraus, denn ein Gutmensch wird sicher eher Durst leiden als Bier aus Einwegflaschen zu trinken) oder war das ein Akt sozialistischer Solidarität (»ich bin zwar ein ganz, ganz armes Schwein, aber es gibt noch ärmere Schweine, denen ich großzügig die Flasche überlasse«)?
es war eine pfandflasche. eventuell wars ein akt gelebter solidarität? oder die spenden flossen heute besonders flüssig.
Betteln ist doch Selbstzweck. Sind die linken Halleschen Studenten noch nicht so weit, daß sie - wie in anderen Städten - sich einfach zum Schmökern ihrer Bücher am Straßenrand platzieren und eine Büchse hinstellen, in der Hoffnung, irgendein Geldstück würde schon klebenbleiben?
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