Das demokratische Deutschland am Scheideweg und wer scheidet dahin? Die stolze deutsche Sozialdemokratie, mit einigen langjährigen Ausnahmen seit 1895 Garant von Lehrern im Parlament und Genossen im Gewerkschaftsvorstand. Seit Kurt "Mecki" Beck, der Totengräber der Tradition, in Unfrieden geschieden wurde von seinem Amt als Parteivorsitzender, hat sich die SPD "neu aufgestellt" (Franz Müntefering). Sie hat einen farblosen Bürokraten zu ihrem besten Mann gekührt und einen harschen Sauerländer im Rentenalter auserkoren, sie die nächsten 20 Jahre mit Charme und neuen Ideen zu alten Ufern zurückzuführen. Ihr Finanzminister hat die Finanzkrise so lange geleugnet, bis die Parteigremien in ihr die Chance sahen, zu alter Größe zurückzuwachsen.
Und dann das. Den Schwarzen zu rot, den Roten zu schwarz, den Grünen zu Schröder und den Gelben zu Steuern: Die Politik mit "klarer Kante" (Franz Müntefering) hat die Partei von Bebel und Brandt an den Abgrund geführt und es ist nicht mal mehr ein weiter Weg bis ganz hinunter in die Tiefe, dorthin, wo Splitterparteien wie die CSU mit bundesweit 7 Prozent warten.
Es wird nicht soweit kommen, das ist klar. Zu groß ist der Hunger nach Macht, als dass die Funktionsträger in der zweiten und dritten Reihe ewig zuschauen könnten bei der Wählerstimmendiät, die nicht Beck und nicht Müntefering, nicht Steinmeier und nicht Steinbrück zu verantworten haben. Sondern die unglückliche Positionierung der SPD zwischen denen, die einen fürsorglichen Staatskapitalismus mit bundeseigener Post und bundeseigenem Fernmeldewesen errichten wollen, und denen, die eher für kapitalistische Staatsfürsorge mit Bundes-E-Mail und Tempolimit und Fahrradhelm eintreten.
Da führt kein Weg mehr hinaus, diesen gordischen Knoten knüpft niemand mehr auseinander. So wird es kommen, wie gegangen ist: Andrea Nahles, als Behinderte bei gleicher Eignung ohnehin vorrangig einzustellen, wird nach dem Sturz von Franz Müntefering und Frank Steinmeier, der an einem sonnigen Oktobermittwoch stattfinden wird, neue Parteivorsitzende. Eine erste Frau, endlich auch links, wo das Herz schlägt und der Fortschritt zu Hause ist. Umgehend werden dann Vereinigungsverhandlungen mit der nach dem Debakel bei der Bundestagswahl und dem Rücktritt von Oskar Lafontaine wegen des Fundes obskurer Kinderbilder auf dem Laptop eines freien Wahlkampfmitarbeiters grundlegend umformierten Linken-Spitze eingeleitet. Man trifft sich in einem kleinen verschwiegenen Hotel im Westerwald, hunderte Fernsehteams lauern in den Gebüschen ringsum. "Die Zersplitterung der Arbeiterklasse muss ein Ende haben", sagt Nahles beim Verlassen des Pools, in dem sie nach einer weiteren Zwölfstundensitzung in lauwarmem Seifenwasser entspannt hat.
Die Vergangenheit hat endlich wieder Zukunft, die Partei eine klare Perspektive. Ein Ruck geht durch Recklinghausen und die versprengten Sozialdemokraten in Perleberg und Parchim. Ein Jahr sollen sich die Mitglieder der beiden großen linken Parteien, so beschließen es zwei Handvoll Spitzenfunktionäre später in der finnischen Sauna, beschnuppern können. Zum 21. und 22. April 2011 ist dann der Vereinigungsparteitag angesetzt. Diesmal wird aber nicht das Metropol-Theater in Berlin gebucht wie 65 Jahre zuvor. Diesmal findet die Party in der Schalke-Arena statt! "Genossen, wir wollen den Schub dieses Tages", ruft Ehrenpräsident Lothar Bisky danach programmatisch in die große Runde, "mit in den Bundestagswahlkampf nehmen". Der Wolf Globalisierung gehöre gezähmt, sagt die neue Parteivorsitzende Nahles, die Dritte Welt gerettet, der Mittelstand entlastet, breite Schultern müssten mehr tragen als schmale, nachts sei es kälter als draußen und damit müsse Schluß sein, damit auch künftige Generationen noch Schulden machen und ab und an ein Bier trinken gehen könnten. Franz Müntefering und Gregor Gysi werden Ehrenvorstand, auch Franz Steinkühler tritt wieder in die Partei ein. Angela Merkel sagt, sie habe keine Angst vor der vereinigten Linken. "Zwei Lahme ergeben ja noch immer keinen Blinden", heißt es in ihrer wöchentlichen Youtube-Botschaft an das deutsche Volk.
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