Mittwoch, 20. Mai 2009
Mannichl: Der Revolver raucht nicht mehr
Es war kalt in Deutschland, damals, kurz vor Weihnachten 2008, als der Passauer Polizeichef Alois Mannichl von einem riesenhaften, kahlgeschorenen und mit einer Schlange im Gesicht tätowierten Rechtsradikalen mit einem zufällig herumliegenden Lebkuchenmesser beinahe erstochen wurde.
Eine Tat, die zeigte, "daß hier keine Einzeltäter am Werk waren, sondern daß die Neonazis inzwischen auf ein dichtes Netz zurückgreifen können", wussten die Verfolgten des Naziregimes (VVN). Dafür sei ganz wesentlich die NPD verantwortlich, die auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann für eine "neue Dimension" verantwortlich machte.
Sechs Monate später ist nichts mehr übrig vom Traum vom rauchenden Revolver, den der schlangentätowierte Lebkuchenmessernazi im Auftrag der organisierten Rechten in der Hand hält, während er mit der anderen seinen NPD-Mitgliedsausweis vorzeigt, als habe die NPD selbst ein Interesse daran, möglichst schnell möglichst gründlich verboten zu werden.
50 Mann hatte die Sonderkommission Lebkuchenmesser, die sechs Wochen nach der Tat daran ging, den Schneematsch im Rinnstein vor dem Tatort wegzufegen, um eventuell vom Täter hinterlassene Zigarettenkippen, Speichelspuren oder Visitenkarten sicherzustellen. Ähnlich CSI-artig wirkten auch die anderen Fahndungsbemühungen: Gegenstände wurden von einem Spielplatz gesammelt, die zugewachsene Wunde im Polizeichef wurde auf Ernsthaftigkeit geprüft und aller paar Tage verkündete der Soko-Chef, man werde den Täter sicher bald haben.
Dann musste die kripo-intern "Sonderkommission Fürstenzell" genannte Sondereinheit zur Aufklärung des Staatsverbrechens neuer Qualität im April die ersten Männer abgeben. Von den Zigarettenkippen hatte man nie mehr etwas gehört, auch die Gegenstände vom Spielplatz hatte offenbar nicht der Täter benutzt, um vor und nach seiner ruchlosen Tat zur Entspannung ein wenig im gefrorenen Sand zu spielen.
Der "Spiegel", der vor sechs Monaten noch von einer von Rechtsextremen begangenen Tat ganz sicher wusste, berichtet nun, die Soko sei nach der "angeblich von einem Rechtsextremisten begangenen Tat" gegründet worden. Und werde nun aufgelöst.
"Es gibt einfach nichts mehr zu tun", hat ein Insider dem "Spiegel" erzählt, in dem Beobachter den Mann wiedezuerkennen glauben, der der Hamburger Illustrierten seinerzeit in "höchster Seelenpein" berichtet hatte, dass der Terrorist Holger Grams in Bad Kleinen von Terrorfahndern "hingerichtet" worden sei und er habe zuschauen müssen.
Ein Schicksal, dem der Schlangenmann nun sicher entgehen wird. Die Soko wird irgendwie von München aus weiterfahnden, auch Alois Mannichl ist bald nicht mehr in Passau, um gleich dem Detective Charlie Crews in der US-Serie "Life" selbst nach dem Mann zu suchen, der sein Leben zerstört hat. Hat er? Alois Mannichl wird pünktlich zur Auflösung der Soko Kripochef der gesamten niederbayerischen Polizei.
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1 Kommentar:
Da schau her: Fall und Aufstieg des Lebkuchengemesserten.
Der Begriff "Mannicheln" bekommt hier eine neue Qualität: Ehestreit mit Körperverletzung als Basis für eine steile Karriere.
Hinter jedem großen Mann steht halt eine starke Frau. Notfalls mit einem Lebkuchenmesser.
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