Mittwoch, 8. April 2009

Wiedergeboren als Messias

Andrea Nahles, schon seit langer Zeit als Musketierin im Dienst des kleinen Mannes, mag es ganz gern sehr konkret. Die Welt steht am Abgrund, das hat auch die reich verheiratete Arbeiterführerin entzückt bemerkt. Zeit für neue, bahnbrechende Ideen, die einen Schritt weiterführen.

Nicht mehr Sozialismus oder Kapitalismus will die engagierte Teilzeit-Rentnerin. Nein, "was wir brauchen, ist die Synthese von praktischem Denken und idealistischem Streben", zitiert sie in einem selbstgemachten "Zukunftspapier" ganz konkret den ganz wehrlosen Willy Brandt. Schonungslos fabuliert sie dann von einem „wirtschaftlichen Zusammenbruch“, mit dem wahrscheinlich die drohenden Lieferengpässe bei Neuwagen wegen der Abwrackprämie gemeint sind. Und davon, dass das "Bankenwesen" nicht mehr funktioniere, Unternehmen vor dem Bankrott ständen und die Arbeitslosigkeit steige.

All das war, wenigstens soweit sich Andrea Nahles erinnern kann, noch niemals da. Keine Ölkrise in den 70er, keine Montanstreiks in den 80ern, kein Nullwachstum in den 90ern. Nein, hier und heute ist der Punkt, "an dem eine neue Vision des Fortschritts definiert werden" muss.

Und Andrea Nahles, neuerdings ohne Musketierbart, ist ihr Messias: „Die derzeitige Wirtschaftsordnung birgt den Keim des Scheiterns, wenn wir nicht regulieren“, sagt sie und nennt Alternativen: Politiker wie sie, erfahren in Gelddingen durch ihre segensreiche Tätigkeit bei den Landesbanken, sollen künftig die oberste Aufsicht über die Finanzmärkte führen. In den Unternehmen bestimmen dann nicht mehr gierige Manager allein, sondern gierige Mitarbeiter dürfen auch ihre Meinung sagen. „Nur durch eine Umstrukturierung der Wirtschaftsordnung können wir eine von Freiheit und Gleichheit geprägte Gesellschaft schaffen", glaubt die Revolutionärin, die ein "neues Modell des Wohlstandes" will, das "global realisiert werden kann", von dem sie aber noch nicht sagt, wie sie es sich genau gedacht hat.

Nur der Name steht schon fest: Die "gute Gesellschaft" soll es heißen, abgekürzt Nahlismus. Ist der verwirklicht, wird es allen gut und keinem besser gehen, die Vögel werden zwitschern, das Klima wird ein Fest sein und das Leben eine Feier, zu der alle eingeladen sind. Getränke sind gratis, "eine Vielfalt unterschiedlicher, mehr kundenorientierter Geschäftsmodelle" wird bei "Geschäftsbanken, Genossenschaftsbanken und regionalen Banken“ für Freude sorgen und bei ehemaligen Kleinverdienern für großes Glück. Und die Enkel, die zurückgelehnt und frei in der guten Gesellschaft leben werden, werden einst sagen, ja, der Tag, an dem Andrea den Nahlismus begründete, das war ein schöner Tag.


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5 Kommentare:

Kreuzberg-Jakob hat gesagt…

Ihr scheint zuviel Bundestagsdebatte oder Börsen-Nachrichten zu gucken.
Fangt mal an zu denken, bevor Ihr so einen drögen Blödsinn schreibt!
Oder kriegt Ihr das bezahlt?
Ich bin nicht gerade ein Freund von Nahles, aber:
Natürlich hat sie recht, wenn sie feststellt, daß sowas noch nie da war!
Die Ölkrise Anfang der 70er diente dazu, die Ölpreise in die Höhe zu treiben und war in keiner Weise eine Wirtschaftskrise.
Die Krise 1929, die in gewisser Weise verglichen werden kann, führte zwingend zum 2.Weltkrieg.
Die Machtverhältnisse verlagerten sich grundlegend nach seinem Ende. Die USA forderten für ihre Unterstützung die Reste des Empires ein, hatten Deutschland und den Rest des zerstörten Europa im wirtschaftlichen und militärischen Würgegriff, während die UdSSR sich mit den kümmerlichen Resten begnügte, aber immerhin ein Gegengewicht darstellte.
Alles inzwischen vom Imperialismus gefressen! Es gibt nichts mehr zu gewinnen!
Die einzige noch boomende Wirtschaft ist die Waffenproduktion, die jetzt hochgefahren wird. Für den Absatz von Waffen sorgen Kriege.
Kein anderer Ausweg!
Und schon gar nicht, wenn solche idiotischen Artikel erscheinen!
Leider gibt es Leute, und zwar nicht wenige, die das Denken entweder nicht gelernt haben, oder jedesmal, wenn es ihnen vorkommt, als finge es wieder an, zur Flasche oder Bibel greifen. Die lesen sowas gerne - nach einem weiteren Griff zum bevorzugten Beruhigungsmittel spielen sie dann 'ne Runde Krieg auf'm PC oder gehen in die Kneipe und reden vom Aufschwung.
Habt Ihr irgendeine Idee, woher der kommen soll, wenn keine Vorräte da sind, Gelder verschleudert werden, die von den Bürgern geliehen sind und niemals zurückgezahlt werden können und alle Leute vom Staat leben - oder wollt Ihr behaupten, daß ein Angestellter oder Dienstleister Werte schafft? Die kriegen ihr Geld letztendlich alle vom Staat! Ja, auch der Dienstleister!
Wenn keinerlei Werte geschaffen werden, kann man sich nämlich keinen Staat mehr leisten!
Ihr könnt sagen: "Die Waffenproduktion bietet Arbeitsplätze, also werden da Werte geschaffen."
Das wäre richtig, wenn sich finanzstarke Länder finden würden, die unsere Waffen kaufen! Tun sie aber kaum noch! Die Waffen kauft die Bundesrepublik. Ein Teil davon wird verschenkt, damit auch morgen noch Krisengebiete vorhanden sind!
Zur Zeit baut man gerade die Mongolei dazu aus!
Das kostet Milliarden!
Und ist nicht das einzige teure Projekt! Die Kriegsflotte ist ein Kostenfaktor, der unabsehbare Folgekosten nach sich zieht.
Die Arbeiter, die solche Aufträge ausführen, werden sich freuen, daß ihr Arbeitsplatz gesichert ist. Bezahlt werden auch sie aus dem Steuertopf. Weil keiner die teuren Kähne kaufen kann, jagen wir Piraten, was nicht besonders erfolgreich abläuft, und fälschen zu diesem Zweck Landkarten - auch ein Job mit Zukunft, der keinerlei Werte schafft. So liest man doch, daß sich der Golf von Aden zwischen Kenia und Madagaskar, bzw. den Seychellen erstreckt. Kein Wunder, daß unsere Kinder keinen Geografieunterricht mehr haben. Wenigstens da werden Gelder gespart. Und das vergleicht ihr mit der sogenannten Ölkrise der 70er?
Außerdem ist im Gegensatz zu den 30er Jahren keine 3.Welt zum Ausplündern mehr da! Es sei denn, Ihr wollt die USA oder China angreifen?
Wer in diesem Land Steuern zahlt, hat das Geld dafür meist gerade aus dem Steuertopf bekommen!
Der Chinese wird sich irgendwann darüber ärgern....
das kommt uns dann noch teurer zu stehen - falls es Deutschland bis dahin noch gibt, was bezweifelt werden kann.

ppq hat gesagt…

vielen dank für die ausführliche mitteilung, auch wenn deren sinn etwas dunkel bleibt. woher kommt der waffenhandel plötzlich? geht es in dem text um waffenhandel?

erklärend dazu: nahles hat ein papier vorgelegt, dass die "gute gesellschaft" als ziel ausgibt, die wege dorthin skizziert sie in der art der sed: noch mehr dies, noch weniger jenes, wir müssen alle zusammenrücken und blablabla.

das ist quatsch mit soße. schon der ansatz allein, die "gute gesellschaft" ist als würde man gutes wetter versprechen. unter gutem wetter aber versteht jeder etwas anderes und nicht alle verstehen unter guter gesellschaft, was nahles für gut befindet.

das ist ein typisches beispiel für leute, die ausziehen, andere nicht nach ihrer eigenen fasson glücklich werden zu lassen, die gefahr des scheiterns inklusive, sondern denken, sie selbst könnten die welt mit ihrer art zwangsbeglücken.

dass die dame vom "zusammenbruch der wirtschft" faselt, zeigt, dass sie auch historisch ungebildet ist. zusammenbruch? wenn das hier de zusammenbruch ist, dann wird die apokalypse eine gartenparty mit freigetränken.

das ist doch einfach nur dummes gewäsch, was die da schreibt, mal ehrlich. nur worthülsen, parolen, alter wein in neuen schläuchen.

Eisenschwein hat gesagt…

@kreuzberg-jakob: dass leute wie du kaum ansatzweise verbergen wollen, nicht mehr alle latten am zaun zu haben, ist schon erstaunlich. dein zitat: "Kein anderer Ausweg! "Und schon gar nicht, wenn solche idiotischen Artikel erscheinen!" ist trotzdem großartig.

ppq hat gesagt…

ja, ich hatte uns bisher eine unfassbar große wirkungsmächtigkeit zugestanden. etwa wie in dem zeichentrickfilm damals, wo der kleine junge einen stift hat, und was er mit em mlt, wird echt. also wenn wir hier schrieben, hitler lebt, käme er zur tür rein.

kreuzberg hat mich aber überzeugt, dass es noch viel mächtiger ist. ganz im sinne von marxengelslenin oder wers jezt im einzelnen sprach: eine idee wird zur materiellen gewalt, wenn sie die massen ergreift.

also massen, es ist an euch!

Kreuzberg-Jakob hat gesagt…

Versucht doch nicht, Euch kleiner zu machen, als Ihr seid!
Wobei der letzte Satz natürlich völlig richtig ist - wenn man so 10 bis 20 Figuren als Massen bezeichnen will ... was m.E. nirgends widerlegt wird.