Manchmal und sehr selten blinzelt ein bisschen Realität durch die Milchglasscheibe an virtuellen Nonsens-Nachrichten, auf die sich der mediale Mainstream tagtäglich wie beiläufig einigt. Abseits vom dpa-Einheitsbrei finden sich dann Perlen der Berichterstattung, die ahnen lassen, was hinter den Kulissen aus Volksverblödung und Abwrackprämien-Theaterdonner gespielt wird.
Heute hat die Wirtschaftswoche ein Stück zur Geschichte der Pleite der Hypo Real Estate und dem Umgang des Bundesfinanzministers Peer Steinbrück damit. Zur Erinnerung: Die Hypo Real Estate war einst die "Bad Bank" der Hypovereinsbank, vollgestopft mit uneinschätzbaren Immobilienrisiken. Dann folgte der Börsengang, dann begann die Erfolgsstory, die mit dem Aufstieg in den Dax gekrönt wurde. Wenig später schon war die Bank pleite.
Plötzlich und unerwartet, zumindest behaupten das alle beteiligten. dabei gibt es Hinweise darauf, dass Peer Steinbrück schon sechs Monate vor dem Zusammenbruch Hinweise auf eine milliardenschwere Schieflage hatte. Der SPD-Mann verweigert bisher jede Auskunft darüber, ob er schon im Frühjahr 2008 Informationen über die wirkliche Lage der HRE erhalten hatte.
Mit gutem Grund. Denn als der Minister am 29. September 2008 mit großer Tatkraft daran ging, ein Rettungspaket für die "systemisch relevante" Bank zu schnüren, war die fünfjährige Haftungsfrist der früheren HRE-Mutter HypoVereinsbank (HVB) gerade ein paar Stunden abgelaufen. Nur knapp also rutschte der Steuerzahler als Haftungsträger hinein - hätte Steinbrück eine Woche früher reagiert, wäre die HVB-Mutter Unicredito in der Pflicht gewesen.
Hat Steinbrück bewusst die Haftungsansprüche gegenüber der HVB verjähren lassen?, fragt die Wirtschaftswoche. Volker Wissing von der FDP würde es gern wissen. „Wenn Steinbrück wohlwissentlich die HVB aus der Haftungspflicht entlassen hat durch Fristverstreichung und so den deutschen Steuerzahlern Milliardenlasten aufbürdet, ist das Steinbrücks Watergate.“ Es geht um mehr als die bisher gewährten 86 Milliarden Euro staatliche Bürgschaften und Garantien. Nach einem Gutachten der Wirtschaftsprüfgesellschaft PricewaterhouseCoopers, das Wiwo zitiert, liegen die HRE-Risiken bei 235 Milliarden Euro.
Warum aber hat Steinbrück, der sonst penibel auf jeden Euro achtet, dies getan? In Berlin sprießen die Gerüchte. Die HVB war stark im Geschäft mit Ost-Immobilien involviert. Dabei sei es, schreibt die Wiwo, "offenbar nicht immer mit rechten Dingen zugegangen". Es gebe aktenkundige Fälle, in denen "die HVB Objekte bis zum Fünffachen ihres tatsächlichen Wertes taxierte und dann zu hoch mit Pfandbriefen versah". Hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) versagt, die dem Finanzminister unterstellt ist? Wie konnte aus der "Bad Bank", deren Immobilienbewertungem noch kurz zuvor niemand über den Weg traute, binnen kurzer Zeit ein Vorzeigeunternehmen werden, das sich anschickte, die deutsche Erfindung "Pfandbrief" in alle Welt zu verkaufen? Wie konnte ein Teil der HVB, den die Mutter wegen der unkalkulierbaren Risiken abgestoßen hatte, plötzlich zu einem der 30 größten deutschen Unternehmen werden?
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